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Drucksache 15/3700 – 46 – Deutscher Bun<strong>de</strong>stag – 15. Wahlperio<strong>de</strong><br />

die als Vertreter die Umsetzung <strong>de</strong>s eigenen Willens<br />

durchführen soll. Durch die Erteilung einer Vorsorgevollmacht<br />

hat es <strong>de</strong>r Patient selbst in <strong>de</strong>r Hand, eine Person<br />

seines Vertrauens mit <strong>de</strong>r Wahrnehmung seiner Interessen<br />

zu beauftragen. Steht <strong>de</strong>r Bevollmächtigte in einem beson<strong>de</strong>ren<br />

Näheverhältnis zum Patienten und ist er über<br />

<strong>de</strong>ssen Vorstellungen, Werthaltungen und Wünsche informiert,<br />

kann er in beson<strong>de</strong>rs qualifizierter Weise die Vertretung<br />

<strong>de</strong>s Patienten wahrnehmen. Daher sollte eine Patientenverfügung<br />

möglichst mit einer Vorsorgevollmacht<br />

o<strong>de</strong>r einer Betreuungsverfügung verbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

6.9 Koppelungsverbot<br />

Die Enquete-Kommission Ethik und Recht <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen<br />

Medizin empfiehlt <strong>de</strong>m Deutschen Bun<strong>de</strong>stag<br />

die rechtliche Prüfung, ob und gegebenenfalls wie eine<br />

Koppelung von Leistungen mit <strong>de</strong>m Ausfüllen einer<br />

Patientenverfügung gesetzlich unterbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />

sollte.<br />

Erläuterung: Das Abfassen einer Patientenverfügung ist<br />

eine freiwillige Vorsorgemaßnahme. Niemand darf hierzu<br />

– ob direkt o<strong>de</strong>r indirekt – verpflichtet wer<strong>de</strong>n. Es erscheint<br />

daher be<strong>de</strong>nklich, wenn beispielsweise die für alte<br />

o<strong>de</strong>r kranke Menschen ohnehin belasten<strong>de</strong> Situation <strong>de</strong>r<br />

Heimaufnahme bzw. Krankenhausaufnahme dazu missbraucht<br />

wür<strong>de</strong>, ihnen eine Patientenverfügung abzuverlangen.<br />

Insoweit sollte geprüft wer<strong>de</strong>n, ob eine solche<br />

Koppelung gesetzlich unterbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n muss.<br />

6.10 Patientenverfügung und Organspen<strong>de</strong><br />

Die Enquete-Kommission Ethik und Recht <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen<br />

Medizin ist <strong>de</strong>r Ansicht, dass bei <strong>de</strong>r Aufklärung<br />

über die Voraussetzungen und <strong>de</strong>n möglichen<br />

Inhalt einer Patientenverfügung und bei <strong>de</strong>r Veröffentlichung<br />

von Empfehlungen hierzu regelmäßig<br />

auch die Abfassung einer ergänzen<strong>de</strong>n Erklärung zur<br />

Organspen<strong>de</strong> empfohlen wer<strong>de</strong>n sollte. Es ist darüber<br />

aufzuklären, dass für <strong>de</strong>n Fall, dass die Bereitschaft<br />

zur Organspen<strong>de</strong> erklärt wird, in <strong>de</strong>r Patientenverfügung<br />

festgelegt wer<strong>de</strong>n muss, welche Erklärung <strong>de</strong>n<br />

Vorrang haben soll, falls im To<strong>de</strong>sfall eine Organspen<strong>de</strong><br />

medizinisch in Betracht kommt und ob <strong>de</strong>n<br />

zur Ermöglichung <strong>de</strong>r Organspen<strong>de</strong> im To<strong>de</strong>sfall erfor<strong>de</strong>rlichen<br />

medizinischen Maßnahmen zugestimmt<br />

wird. 223)<br />

Eine Lösung <strong>de</strong>s Konflikts zwischen Organspen<strong>de</strong>bereitschaft<br />

und <strong>de</strong>m Wunsch nach Behandlungsverzicht<br />

223) Die Enquete-Kommission verweist dazu auf die in <strong>de</strong>r Handreichung<br />

zur „Christlichen Patientenverfügung“ vorgeschlagene Formulierung.<br />

Sie lautet: „Grundsätzlich bin ich zur Spen<strong>de</strong> meiner Organe<br />

und Gewebe bereit. Es ist mir bewusst, dass Organe nur nach<br />

Feststellung <strong>de</strong>s Hirnto<strong>de</strong>s bei aufrechterhaltenem Kreislauf entnommen<br />

wer<strong>de</strong>n können. Deshalb gestatte ich ausnahmsweise für<br />

<strong>de</strong>n Fall, dass bei mir eine Organspen<strong>de</strong> medizinisch infrage<br />

kommt, die kurzfristige (Stun<strong>de</strong>n bis höchstens wenige Tage umfassen<strong>de</strong>)<br />

Durchführung intensivmedizinischer Maßnahmen zur Bestimmung<br />

<strong>de</strong>s Hirnto<strong>de</strong>s nach <strong>de</strong>n Richtlinien <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>särztekammer<br />

und zur anschließen<strong>de</strong>n Entnahme <strong>de</strong>r Organe.“, Kirchenamt/<br />

Bischofskonferenz ( 2 2003), 23.<br />

(s. Kapitel 3.5) ist we<strong>de</strong>r durch Stillschweigen noch<br />

durch Interpretation von Erklärungen möglich, son<strong>de</strong>rn<br />

nur in<strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Patientenverfügung geklärt wird, welche<br />

Erklärung für <strong>de</strong>n Fall, dass eine postmortale Organspen<strong>de</strong><br />

in Betracht kommt, Vorrang haben soll – die Erklärung<br />

zur Bereitschaft <strong>de</strong>r Organspen<strong>de</strong> unter Einschluss<br />

<strong>de</strong>r medizinischen Intensivmaßnahmen, die zur<br />

Ermöglichung <strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong> erfor<strong>de</strong>rlich sind, o<strong>de</strong>r die in<br />

<strong>de</strong>r Patientenverfügung erklärte Einschränkung bzw. Ablehnung<br />

solcher Maßnahmen.<br />

Eine Empfehlung dahin gehend, dass festgelegt wer<strong>de</strong>n<br />

sollte, dass die Patientenverfügung im Zweifel vorgeht,<br />

wie dies gelegentlich vorgeschlagen wird, lehnt die Enquete-Kommission<br />

wegen <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r hier in Konkurrenz<br />

stehen<strong>de</strong>n Rechtsgüter ab. Die Empfehlung, dass<br />

für <strong>de</strong>n Fall, dass sowohl eine Patientenverfügung als<br />

auch eine Erklärung zur Organspen<strong>de</strong>bereitschaft beabsichtigt<br />

ist, eine vorherige ärztliche Beratung beson<strong>de</strong>rs<br />

empfohlen wird, ist hilfreich und zu unterstützen. Durch<br />

eine solche Empfehlung entsteht aber leicht <strong>de</strong>r Eindruck,<br />

die Organspen<strong>de</strong>erklärung sei die Ausnahme und die Patientenverfügung<br />

die regelhafte Erklärung von Menschen,<br />

die sich Gedanken über ihr Sterben machen. Dies steht im<br />

Gegensatz zu <strong>de</strong>m gesellschaftlich und politisch anerkannten<br />

Ziel, so viele Menschen wie möglich zu einer Erklärung<br />

zur Organspen<strong>de</strong> (Ablehnung <strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />

Zustimmung zur Spen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r auf bestimmte Organe beschränkte<br />

Spen<strong>de</strong>bereitschaft) zu veranlassen. In Anbetracht<br />

<strong>de</strong>r möglichen gravieren<strong>de</strong>n Folgen sollte auch eine<br />

Aufklärung <strong>de</strong>r Öffentlichkeit über <strong>de</strong>n Zusammenhang<br />

von Organspen<strong>de</strong>bereitschaft und Patientenverfügung erfolgen.<br />

Dies sollte auch im Rahmen <strong>de</strong>r Aufklärung nach<br />

§ 2 TPG erfolgen. Erfor<strong>de</strong>rlich ist die Aufklärung darüber,<br />

dass die Durchführung einer postmortalen Organspen<strong>de</strong><br />

voraussetzt, dass alle zur Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s<br />

Kreislaufs nötigen intensivmedizinischen Maßnahmen<br />

zur Ermöglichung <strong>de</strong>r Organspen<strong>de</strong> im To<strong>de</strong>sfall angewen<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n müssen. Des Weiteren ist darüber aufzuklären,<br />

dass es, wenn sowohl ein Behandlungsverzicht in<br />

einer Patientenverfügung als auch eine Bereitschaft zur<br />

Organspen<strong>de</strong> erklärt wer<strong>de</strong>n soll, unerlässlich ist, in <strong>de</strong>r<br />

Patientenverfügung festzulegen, welche Maßnahmen <strong>de</strong>n<br />

Vorrang haben sollen, falls eine Organspen<strong>de</strong> medizinisch<br />

infrage kommt. In <strong>de</strong>m Muster für einen Organspen<strong>de</strong>ausweis<br />

224) sollte ein <strong>de</strong>utlicher Hinweis auf diese Problematik<br />

erfolgen. 225)<br />

224) Bun<strong>de</strong>sministerium für Gesundheit (1998).<br />

225) Son<strong>de</strong>rvotum von Prof. Dr. Linus Geisler, Dr. Wolfgang Wodarg<br />

und Dr. Michael Wun<strong>de</strong>r:<br />

Wir lehnen die Aussage: „Die Enquete-Kommission Ethik und<br />

Recht <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Medizin ist <strong>de</strong>r Ansicht, dass bei <strong>de</strong>r Aufklärung<br />

über die Voraussetzungen und <strong>de</strong>n möglichen Inhalt einer Patientenverfügung<br />

und bei <strong>de</strong>r Veröffentlichung von Empfehlungen<br />

hierzu regelmäßig auch die Abfassung einer ergänzen<strong>de</strong>n Erklärung<br />

zur Organspen<strong>de</strong> empfohlen wer<strong>de</strong>n sollte.“ ab.<br />

Die Abfassung einer ergänzen<strong>de</strong>n Erklärung zur Organspen<strong>de</strong> ist<br />

nur dann erfor<strong>de</strong>rlich, wenn zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Abfassung <strong>de</strong>r Patientenverfügung<br />

bereits eine positive Erklärung zur Organspen<strong>de</strong>bereitschaft<br />

vorliegt. Nur in diesem Fall muss geklärt wer<strong>de</strong>n, ob im<br />

Zweifelsfall die Erklärung zur Organspen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r die Patientenverfügung<br />

Vorrang hat.

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