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Deutscher Bun<strong>de</strong>stag – 15. Wahlperio<strong>de</strong> – 27 – Drucksache 15/3700<br />

Im österreichischen Bun<strong>de</strong>sministerium für Gesundheit<br />

und Frauen wird <strong>de</strong>rzeit eine Leitlinie zum Umgang mit<br />

Patientenverfügungen ausgearbeitet, die mit <strong>de</strong>r Österreichischen<br />

Ärztekammer (ÖÄK) abgestimmt wer<strong>de</strong>n<br />

soll. Nach Auskunft <strong>de</strong>s Ministeriums geht <strong>de</strong>r Ärztekammer<br />

die darin geplante Anerkennung <strong>de</strong>r Verbindlichkeit<br />

von Patientenverfügungen jedoch zu weit. Falls keine Einigung<br />

auf dieser Ebene erzielt wird, könnte es doch noch<br />

zu einer gesetzlichen Regelung kommen. 159)<br />

Die Österreichische Ärztekammer verfügt bislang nicht<br />

über eine eigene Richtlinie zu Patientenverfügungen.<br />

Die Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r haben für <strong>de</strong>n Gesundheitsbereich<br />

keine Gesetzgebungskompetenz, sodass es auch auf dieser<br />

Ebene keine Regelung für Patientenverfügungen gibt.<br />

4.8 Polen<br />

Das polnische Recht kennt bislang keine ausdrückliche<br />

Regelung von Patientenverfügungen. Rechtlich sind alle<br />

Äußerungen eines Patienten, die dieser bei vollem Bewusstsein<br />

macht, grundsätzlich zu berücksichtigen, wenn<br />

sie im Einklang mit <strong>de</strong>n einschlägigen Vorschriften stehen.<br />

160) In <strong>de</strong>r Literatur fin<strong>de</strong>n sich Stimmen, die auch die<br />

Möglichkeit von Vorausverfügungen für <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r<br />

Äußerungsunfähigkeit aus <strong>de</strong>n gesetzlichen Garantien <strong>de</strong>r<br />

Patientenautonomie herleiten (z. B. Nesterowicz 1998,<br />

147). Zum Teil wird in Anlehnung an die existieren<strong>de</strong>n<br />

Regelungen in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn161) darüber hinaus eine<br />

ausdrückliche gesetzliche Anerkennung von Patientenverfügungen<br />

gefor<strong>de</strong>rt162). Die Terminologie ist nicht ein<strong>de</strong>utig:<br />

Es wird von „Lebenstestament“ (testament życia),<br />

„medizinischem Testament“ (testament medyczny) o<strong>de</strong>r<br />

von „Willenserklärungen <strong>de</strong>s Patienten für die Zukunft“<br />

(oświadczenia woli pro futuro pacjenta) gesprochen.<br />

Ausgangspunkt <strong>de</strong>r Argumentation zugunsten von Patientenverfügungen<br />

ist dabei die Patientenautonomie, die in<br />

Polen in verschie<strong>de</strong>nen Vorschriften garantiert ist: Verfassungsrechtlich<br />

ergibt sie sich aus <strong>de</strong>r allgemeinen Handlungsfreiheit<br />

(Artikel 41 Abs. 1 Verf. 163): Freiheit <strong>de</strong>r Person;<br />

Artikel 47: Recht, über sein persönliches Leben zu<br />

entschei<strong>de</strong>n). Im Gesetz über die Anstalten <strong>de</strong>r Gesundheitsfürsorge164)<br />

sind in Kapitel 1a die Patientenrechte geregelt.<br />

Artikel 19 § 1 Nr. 3 lautet: „Der Patient hat das<br />

Recht, seine Zustimmung zur Erteilung bestimmter Gesundheitsleistungen<br />

zu erteilen o<strong>de</strong>r die Leistungen abzulehnen,<br />

nach<strong>de</strong>m er angemessene Information erhalten<br />

hat.“ Das Gesetz über <strong>de</strong>n Arztberuf165) regelt in<br />

Artikel 32 § 1, dass <strong>de</strong>r Arzt grundsätzlich nur mit Zu-<br />

159) Vergleiche BmGF (2004), Stand: August 2004.<br />

160) Vergleiche CDBI (2003), 54.<br />

161) Rechtsvergleichen<strong>de</strong> Aufbereitung etwa bei Poklewski-Koziełł<br />

(2000b), 4 ff.<br />

162) Vergleiche Poklewski-Koziełł (2000b), 13.<br />

163) Verfassung: Konstytucja v. 2.4.1997, Dz. U. [Gesetzblatt] Nr. 78,<br />

poz. 483.<br />

164) Gesetz vom 30.8.1991, Ustawa o zakładach opieki zdrowotnej,<br />

Dz.U. [Gesetzblatt] Nr. 91, poz. 408 mit Än<strong>de</strong>rungen.<br />

165) Gesetz vom 5.12.1996, Ustawa o zawodzie lekarza, konsolidierte<br />

Fassung Dz. U. [Gesetzblatt] 2002, Nr. 21, poz. 204 mit Än<strong>de</strong>rungen.<br />

stimmung <strong>de</strong>s Patienten Untersuchungen durchführen<br />

o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Gesundheitsleistungen erbringen darf. Dies<br />

ist über Artikel 192 § 1 Strafgesetzbuch 166) abgesichert,<br />

<strong>de</strong>r die Durchführung eines ärztlichen Eingriffs ohne Zustimmung<br />

<strong>de</strong>s Patienten unter Strafe stellt.<br />

Beispielhaft herangezogen wird auch das in <strong>de</strong>r Praxis anerkannte<br />

Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r schriftlichen Erklärungen von Angehörigen<br />

<strong>de</strong>r Zeugen Jehovas, die im Voraus – für <strong>de</strong>n Fall<br />

einer Äußerungsunfähigkeit zum Behandlungszeitpunkt –<br />

erklären, dass sie Transfusionen von Blut und bestimmten<br />

Blutprodukten ablehnen, auch wenn dies eine lebensbedrohliche<br />

Situation hervorrufen könnte. 167) Die<br />

Bindungswirkung solcher Erklärungen wird von ihren<br />

Befürwortern mit <strong>de</strong>n gesetzlichen Garantien <strong>de</strong>r Patientenautonomie<br />

begrün<strong>de</strong>t (s. o.).<br />

Diejenigen, die eine ausdrückliche gesetzliche Regelung<br />

von Patientenverfügungen for<strong>de</strong>rn, schlagen konkret vor,<br />

im Gesetz über <strong>de</strong>n Arztberuf eine Regelung <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung<br />

von Willenserklärungen <strong>de</strong>s Patienten für Situationen<br />

in <strong>de</strong>r Zukunft zu schaffen, in <strong>de</strong>nen er – etwa wegen<br />

Bewusstlosigkeit – an<strong>de</strong>rs nicht mehr in <strong>de</strong>r Lage ist, seinen<br />

Willen auszudrücken. Die neue Vorschrift solle <strong>de</strong>m<br />

Arzt die Pflicht auferlegen, sich an einen <strong>de</strong>rart erklärten<br />

Willen zu halten, soweit dies nicht rechtswidrig wäre. Daneben<br />

soll <strong>de</strong>r Gesundheitsminister ermächtigt wer<strong>de</strong>n,<br />

eine Verordnung zu erlassen, die die beson<strong>de</strong>ren Wirksamkeitserfor<strong>de</strong>rnisse<br />

solcher Willenserklärungen zu regeln<br />

hätte. 168)<br />

Soweit man eine Bindung an Vorausverfügungen schon<br />

auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>s gelten<strong>de</strong>n Rechts annimmt, fin<strong>de</strong>t diese<br />

je<strong>de</strong>nfalls Grenzen in <strong>de</strong>n gesetzlichen Regelungen <strong>de</strong>r<br />

Endphase <strong>de</strong>s Lebens. Die aktive „Euthanasie“ (eutanazja<br />

czynna) ist verboten und wird als Tötung bestraft.<br />

169) Auch <strong>de</strong>r im Rahmen <strong>de</strong>r ärztlichen Selbstverwaltung<br />

erlassene ärztliche Ethikko<strong>de</strong>x (Ko<strong>de</strong>ks etyki<br />

lekarskiej – KEL 170)), <strong>de</strong>ssen Prinzipien die Ärzte von<br />

Gesetzes wegen einzuhalten haben (Artikel 4 Gesetz über<br />

<strong>de</strong>n Arztberuf), regelt ausdrücklich das Verbot <strong>de</strong>r „Euthanasie“<br />

(Artikel 31 KEL). Die Frage <strong>de</strong>r „passiven Sterbehilfe“<br />

(eutanazja bierna) ist hingegen nicht <strong>de</strong>rart ein<strong>de</strong>utig<br />

geregelt. Der Ethikko<strong>de</strong>x sieht vor, dass <strong>de</strong>r Arzt<br />

in <strong>de</strong>r Sterbephase nicht verpflichtet ist, Wie<strong>de</strong>rbelebungsmaßnahmen<br />

o<strong>de</strong>r eine „hartnäckige“ Intensivtherapie<br />

166) Gesetz vom 6. Juni 1997, Ko<strong>de</strong>ks karny, Dz.U. [Gesetzblatt] Nr. 88,<br />

poz. 553 mit Än<strong>de</strong>rungen.<br />

167) Beispiel einer vom Anästhesiologenverband herausgegebenen Erklärung<br />

und Diskussion bei Wiwatowski/Chmielewska/Karnas<br />

(1999).<br />

168) Vergleiche Poklewski-Koziełł (2000a); Poklewski-Koziełł (2000b), 14.<br />

169) Vergleiche Żelichowski (2001a); zur Son<strong>de</strong>rform <strong>de</strong>r Tötung auf<br />

Verlangen, Artikel 150 KK, mit <strong>de</strong>r Möglichkeit erheblicher Strafmil<strong>de</strong>rung<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Absehens von Strafe – vgl. Medwid/Kober<br />

(2000); kritisch: Szkotnicki (1997), 19.<br />

170) Konsolidierter Text in: Obwieszczenie nr 1/04/IV prezesa Naczelnej<br />

Rady Lekarskiej z dnia 2 stycznia 2004 r. [Bekanntmachung Nr. 1/<br />

04/IV <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Hauptrats <strong>de</strong>r Ärzte (NRL) vom<br />

2.01.2004], in: Biuletyn NRL 1/2004, unter www.nil.org.pl/xml/nil/<br />

gazeta/biuletyn (29.1.2004). Zu Inhalt und Rechtsnatur <strong>de</strong>s KEL:<br />

Żelichowski (2002).

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