Mitteilungsblatt - Eisenbahn-Unfallkasse
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Aus der Arbeit des Widerspruchsausschusses<br />
Zahnschaden als Unfallfolge<br />
In unserer ständigen Rubrik „Aus der Arbeit des Widerspruchsausschusses“ berichtet<br />
Rudi Ludwig, Mitglied des Widerspruchsausschusses der EUK, über einen Fall aus<br />
der Praxis und die dazu getroffene Entscheidung.<br />
Der <strong>Eisenbahn</strong>betrieb birgt viele Gefahren. Besonders gefährdet sind all jene Personen,<br />
die rund um das rollende Rad ihrer Tätigkeit nachgehen. Wer hat ihn nicht schon<br />
gesehen, den Rangierer, auf dem Trittbrett stehend, sich mit einer Hand haltend, mit<br />
der anderen Zeichen gebend, auf dem Gleis dahin rauschend.<br />
Unser heutiger Fall handelt von einem Rangierer und seiner gefahrgeneigten Tätigkeit.<br />
Hergang<br />
Nass, kalt, noch nicht ganz<br />
hell, aber trotzdem muss 100<br />
Prozent Leistung erbracht<br />
werden. Herr W. war am Morgen<br />
des Unfalltages mit einer<br />
Rangiereinheit unterwegs. Er<br />
stand auf dem Trittbrett des<br />
letzten Wagens. Beim Überfahren<br />
einer Weiche entgleiste<br />
dieser Wagen, ohne dass<br />
Herr W. dies hätte voraussehen<br />
können. Durch die starke<br />
Schlingerbewegung sowie<br />
das Rütteln und Stoßen des<br />
entgleisten Wagens verlor er<br />
den sicheren Halt und stürzte<br />
ins Schotterbett. Die Wucht<br />
des Aufpralls auf Rücken und<br />
Hinterkopf raubte ihm für kurze<br />
Zeit den Atem.<br />
Herbeieilende Kollegen verständigten<br />
den Notarzt, der<br />
wiederum veranlasste den<br />
Transport ins Krankenhaus auf<br />
einer Vakuummatratze wegen<br />
des Verdachts einer Wirbelsäulenverletzung.<br />
Herr W. hatte Glück. Die Wirbelsäule<br />
zeigte keine knöchernen<br />
Verletzungen und<br />
die Kopfwunde sah schlimmer<br />
aus als sie tatsächlich<br />
war. Für die ebenfalls erlittene<br />
Gehirnerschütterung war ein<br />
Krankenhausaufenthalt von<br />
wenigen Tagen ausreichend.<br />
Anschließend wurde die Be-<br />
handlung ambulant mit Krankengymnastik<br />
und Massagen<br />
fortgesetzt.<br />
Anerkennung als<br />
Arbeitsunfall<br />
Die EUK – als zuständiger Unfallversicherungsträger<br />
– erkannte<br />
den Arbeitsunfall an<br />
und verständigte den Versicherten<br />
mittels Bescheid darüber.<br />
Inhalt dieses Bescheides<br />
war auch eine genaue<br />
Bezeichnung der Unfallfolgen,<br />
aber auch der gesundheitlichen<br />
Einschränkungen, die<br />
bei Herrn W. schon vor dem<br />
Unfall bestanden hatten und<br />
nicht Unfallfolge sind.<br />
Weiterer Fortgang<br />
Nach rund einem halben Jahr<br />
erreichte die EUK ein Heil- und<br />
Kostenplan des Zahnarztes<br />
von Herrn W. Der Zahnarzt<br />
teilte mit, dass sein Patient<br />
die Lockerung verschiedener<br />
Zähne auf seinen Rangierunfall<br />
zurückführe. Nach seiner<br />
ärztlichen Erfahrung liege<br />
dies durchaus im Bereich des<br />
Möglichen.<br />
Ermittlungen<br />
Die EUK bat den Zahnarzt Behandlungsberichte<br />
von der<br />
Zeit vor dem Unfall zu übersenden.<br />
Daraufhin wurde der<br />
EUK bekannt, dass Herr W.<br />
vor der Erstellung des Heil-<br />
und Kostenplans nicht Patient<br />
dieser Praxis war. Auf die an<br />
Herrn W. gerichtete Frage, wo<br />
er denn bisher Zahnbehandlungen<br />
habe durchführen lassen,<br />
teilte er mit: „Im Urlaub im<br />
Ausland.“ Der Vorgang wurde<br />
einer zahnärztlichen Gutachterin<br />
mit der Bitte um Prüfung<br />
vorgelegt.<br />
Bescheid<br />
Die Gutachterin konnte sowohl<br />
im Unfallhergang wie<br />
auch in den Verletzungen, die<br />
zeitnah zum Unfall dokumentiert<br />
sind, keine Anhaltspunkte<br />
für einen Zusammenhang der<br />
Zahnschäden mit dem Unfall<br />
finden. Der Gesamtzustand<br />
der Zähne lässt vielmehr den<br />
Schluss zu, dass mangelnde<br />
Mundpflege alleinige Ursache<br />
für die geklagten Beschwerden<br />
ist. Die EUK stellte mit<br />
Bescheid fest, dass die Lockerung<br />
verschiedener Zähne<br />
nicht als Unfallfolge anerkannt<br />
wird.<br />
Widerspruch<br />
Herr W. legte Widerspruch ein.<br />
Er begründete diesen damit,<br />
dass er doch immer im Urlaub<br />
Unfallversicherung<br />
Versicherte, die Leistungen des<br />
Unfallversicherungsträgers EUK<br />
erhalten, werden mittels Bescheid<br />
über die Anerkennung des Ereignisses<br />
als Unfall oder Berufskrankheit,<br />
über die Höhe der Zahlungen<br />
sowie über den Beginn<br />
und das Ende der Leistungen informiert.<br />
Ist der Versicherte mit dem Inhalt<br />
des Bescheides nicht einverstanden,<br />
kann er innerhalb der gesetzlich<br />
festgelegten Frist (ein Monat)<br />
Widerspruch einlegen. Daraufhin<br />
findet verwaltungsseitig eine<br />
Überprüfung statt. Sofern hier keine<br />
Abhilfe möglich ist, wird der angefochtene<br />
Bescheid dem Widerspruchsausschuss<br />
zur erneuten<br />
Überprüfung vorgelegt.<br />
den Zahnarzt aufgesucht habe,<br />
weil er sich eine Behandlung<br />
im Inland nicht leisten<br />
könne. Seine Zähne pflege er<br />
regelmäßig.<br />
Entscheidung<br />
Ein nicht alltäglicher Fall für<br />
den Widerspruchsausschuss.<br />
Die Erweiterung der Unfallfolgen<br />
auf die Zahnschäden ist<br />
nach genauer Sichtung der<br />
ärztlichen Unterlagen nicht zu<br />
begründen. Den in der gesetzlichen<br />
Unfallversicherung notwendigen<br />
Vollbeweis für seine<br />
Ansprüche konnte der Antragsteller<br />
nicht erbringen. Es<br />
musste somit beim Ausgangsbescheid<br />
der EUK bleiben. z<br />
EUKDialog 2/2009 11