Jahresbericht 2005 - Stiftung Maria Ebene
Jahresbericht 2005 - Stiftung Maria Ebene
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Clean Bludenz<br />
Statistische Daten zur Begleitung<br />
von Menschen mit Essstörungen<br />
10 Frauen - davon 3 Neuaufnahmen<br />
sowie 1 Abschluss und 1 Weitervermittlung<br />
Krankheitsbilder<br />
2 Personen Anorexie<br />
[Magersucht]<br />
4 Personen Bulimie<br />
[Ess - Brechsucht]<br />
1 Person Mischform<br />
Anorexie/Bulimie<br />
3 Personen Adipositas<br />
[Esssucht, 1 x mit Magenband]<br />
Altersstruktur<br />
1 Person unter 20 Jahren<br />
[Anorexie]<br />
2 Personen 20 - 30 Jahre<br />
[2 x Bulimie]<br />
4 Personen 30 - 40 Jahre<br />
[je 1 x Adipositas, Bulimie,<br />
Anorexie sowie Mischform]<br />
3 Personen über 40 Jahre<br />
[2 x Adipositas, 1 x Anorexie]<br />
Brief einer Frau an ihre „Freundin<br />
Magersucht“<br />
Liebe Magersucht!<br />
So lange schon teilst du mit mir<br />
mein Leben und oft weiß ich gar<br />
nicht mehr: Ist es überhaupt noch<br />
mein Leben oder ist es deines?<br />
Wer bin ich, wenn du nicht wärst,<br />
gäbe es da überhaupt noch etwas?<br />
Vor langer Zeit holte ich dich in<br />
mein Leben, du warst für mich die<br />
Rettung aus meiner Einsamkeit.<br />
Krankenhaus<br />
<strong>Maria</strong> <strong>Ebene</strong><br />
Therapiestation<br />
Carina | Lukasfeld<br />
Bei Menschen hatte ich Angst,<br />
ihre Ansprüche nicht zu befriedigen,<br />
ihnen nicht gefallen zu können<br />
und verlassen zu werden. Nur<br />
zu oft ist mir das passiert, dem<br />
Schmerz wollte ich aber nun entgehen.<br />
Der Hass auf mich selber,<br />
weil ich so schwer mit Menschen<br />
umgehen konnte, war groß.<br />
Deinen Ansprüchen konnte ich<br />
immer genügen, ich kannte mich<br />
aus, wusste, was richtig und<br />
falsch war – die Waage war Bestätigung<br />
genug. Und Abnehmen<br />
konnte ich, wenn ich es wollte.<br />
Ich musste nur mein Verlangen,<br />
meine Gier abtöten, das war der<br />
Schlüssel für Erfolg und bescherte<br />
mir Glücksmomente. Ich spürte<br />
endlich meine Kraft!<br />
Gleichzeitig wurde mein Äußeres<br />
so, dass meine Umwelt mich<br />
schonte – ich war krank und hatte<br />
eine Entschuldigung für vieles:<br />
keine Freunde zu haben und auch,<br />
nicht so hohe Erwartungen erfüllen<br />
zu müssen.<br />
Immer noch brauche ich das, um<br />
mich entziehen zu können, den<br />
Vorstellungen meiner Eltern zu<br />
entsprechen. Gleichzeitig tut es<br />
mir so weh, dass ich manchmal<br />
so allein bin. Ich sehne mich nach<br />
Wärme und Menschen.<br />
Leider weiß ich schon lange nicht<br />
mehr, ob es deine Anwesenheit<br />
ist, dass ich so einsam und traurig<br />
bin – Wie wäre es, wenn du nicht<br />
da wärst? Wenn ich normal ausse-<br />
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2005</strong> | <strong>Stiftung</strong> <strong>Maria</strong> <strong>Ebene</strong> | Seiten 28 und 29<br />
Beratungsstellen Clean<br />
Feldkirch | Bregenz | Bludenz<br />
Prävention<br />
Supro<br />
hen und essen könnte? Deine Existenz<br />
als sehr treue Freundin hat<br />
oft mein Dasein ausgefüllt, doch<br />
momentan empfinde ich dich als<br />
Belastung in meinem Leben. Jeder<br />
Versuch, ohne dich zu leben,<br />
löst immense Ängste in mir aus.<br />
Alles woraus ich Stärkegefühl<br />
ziehe, fällt weg. Ich spüre wieder<br />
massiv meine Unzulänglichkeit in<br />
Beziehungen. Ich bin allein. Da ist<br />
niemand, der mir bestätigt oder<br />
zeigt, dass mein Leben überhaupt<br />
irgend einen Sinn hat. Mir fehlt<br />
die Zuneigung anderer Menschen,<br />
da bisher du meine einzige und<br />
wichtigste Freundin warst, der<br />
ich meine Zeit widmete.<br />
Ich muss gezwungen werden, um<br />
es zu schaffen, dich loszulassen<br />
– du bist in meinem Leben viel zu<br />
wichtig geworden in den letzten<br />
Jahrzehnten. Zudem sehe ich in<br />
meiner Gier und Lust noch zu sehr<br />
Schwäche – ich fürchte, dadurch<br />
auch meine noch bestehenden<br />
Beziehungen zu gefährden. Meine<br />
Kontrollfähigkeit ist ein Zeichen<br />
von Stärke – das einzige Gefühl,<br />
im Leben etwas zu können. Was<br />
bin ich wert ohne sie?<br />
Gleichzeitig spüre ich aber, dass<br />
ich körperlich immer schwächer<br />
werde, je mehr ich mich und<br />
meine Bedürfnisse im Griff habe<br />
– und das stellt meine vermeintliche<br />
(Willens-) Stärke immer<br />
mehr in Frage. Geistige Stärke<br />
macht mich körperlich schwach<br />
– dieses Erkennen fördert in mir<br />
den Wunsch, dich nun aus meinem