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BBZ März 2012<br />
Frau Christine Lüders, die Präsidentin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />
Ende Januar 2012 hat die Leiterin<br />
der Antidiskriminierungsstelle<br />
des Bundes, Christine Lüders, eine<br />
Überarbeitung von Artikel 3 des<br />
Grundgesetzes vorgeschlagen, der<br />
die Benachteiligung aufgrund des<br />
Geschlechts, der Herkunft und der<br />
Religion verbietet. An dieser Stelle<br />
auch das Alter zu nennen, sei eine<br />
„nahe liegende und sehr sinnvolle Ergänzung“,<br />
sagte Frau Lüders. In den<br />
Verfassungen der Schweiz, Finnlands<br />
und Schwedens seien entsprechende<br />
Regelungen bereits verankert.<br />
Frau Christine Lüders stellte gleichzeitig<br />
zu Beginn des Themenjahres<br />
„Im besten Alter. Immer“ auch eine<br />
Umfrage vor, wonach sich etwa jeder<br />
fünfte Bundesbürger wegen des Alters<br />
schon einmal benachteiligt fühlte: 17<br />
Prozent der Rentnerinnen und Rentner<br />
und 34 Prozent der befragten 1502<br />
Schülerinnen und Studenten gaben<br />
an, aufgrund ihres (hohen oder auch<br />
geringen) Alters schon einmal benachteiligt<br />
worden zu sein.<br />
Probleme gebe es vor allem im Arbeitsleben,<br />
so der Kölner Jurist Felipe<br />
Temming. Das deutsche Arbeitsrecht<br />
sei „durchtränkt“ von altersdiskriminierenden<br />
Formulierungen, zudem<br />
würden die Gerichte in solchen Fällen<br />
nicht einheitlich urteilen. Temming<br />
forderte eine umfassende Rechtsreform<br />
und sprach sich ebenfalls dafür<br />
aus, das Grundgesetz zu ändern.<br />
Konkrete Vorschläge, wie man der<br />
Altersdiskriminierung entgegenwirken<br />
kann, soll nun eine Kommission<br />
unter dem Vorsitz des früheren<br />
Bremer Bürgermeisters Henning<br />
Scherf erarbeiten. Der SPD-Politiker<br />
erklärte, es sei ihm wichtig, einen<br />
„Handlungskatalog“ dazu vor Beginn<br />
des Bundestagswahlkampfes fertig zu<br />
stellen. In diese Kommission sollen<br />
unter anderem Gewerkschaften und<br />
Arbeitgeber sowie die großen Sozialverbände<br />
Vertreter entsenden.<br />
Neben Henning Scherf hat Christine<br />
Lüders offenbar bereits weitere<br />
Prominente gewonnen, die das Themenjahr<br />
unterstützen wollen, darunter<br />
die Schauspielerin Liz Baffoe und<br />
den Sänger Peter Maffay. Die beiden<br />
sollen als „Botschafter“ bei einer für<br />
April geplanten Aktionswoche mitmachen,<br />
erklärte Christine Lüders<br />
und kündigte an, dass die Antidiskriminierungsstelle<br />
gemeinsam mit der<br />
Bundesagentur für Arbeit Unternehmen<br />
auszeichnen werde, die vorbildlich<br />
mit Arbeitnehmern unterschiedlicher<br />
Altersgruppen umgehen.<br />
Auf einem Fachtag „Altersdiskriminierung<br />
– (k)ein Thema?“ im Oktober<br />
2008 im Rathaus Schöneberg<br />
hatte Frau Hanne Schweitzer vom<br />
Kölner Büro gegen Altersdiskriminierung<br />
darauf hingewiesen, dass die<br />
Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes<br />
in Deutschland<br />
keine frei zu treffende Entscheidung<br />
des nationalen Gesetzgebers gewesen,<br />
sondern in Folge einer Pflicht zur<br />
Umsetzung Europarechtlicher Richtlinien<br />
erfolgt sei – und das habe immerhin<br />
sechs Jahre gedauert.<br />
Und Diskriminierung wegen des<br />
Alters existiere, so Hanne Schweitzer<br />
auf dem damaligen Fachtag, deshalb<br />
betonte sie damals die Notwendigkeit<br />
Soz iale s<br />
Altersdiskriminierung,<br />
noch zu wenig publik?<br />
eines rechtlichen Schutzes der Betroffenen.<br />
Von Seiten des Kölner Büros<br />
gegen Altersdiskriminierung ist deshalb<br />
schon vor einigen Jahren die interaktive<br />
Webseite www.altersdiskriminierung.de<br />
eingerichtet worden,<br />
die wie eine Klagemauer funktioniert.<br />
Im September 2008 hat es offenbar<br />
150.000 Zugriffe gegeben. Das zeige,<br />
so Hanne Schweitzer damals, dass<br />
Altersdiskriminierung etwas ist, was<br />
viele Leute bewegt.<br />
Im September 2008 nannte sie als<br />
Beispiele für Altersdiskriminierung<br />
unter anderen die folgenden:<br />
So gelte bei der katholischen und<br />
bei der evangelischen Telefonseelsorge<br />
für die ehrenamtliche Arbeit<br />
immer noch eine Altergrenze von 65<br />
Jahren.<br />
Beim Mieten eines Autos sei eine<br />
Altersgrenze von 75 Jahren üblich.<br />
Das Höchstalter für die Zulassung<br />
als öffentlich bestellter und vereidigter<br />
Sachverständiger betrage 60<br />
Jahre. Der Widerruf der Zulassung<br />
erfolge bei Vollendung des 68. Lebensjahres.<br />
Infolgedessen würden<br />
Sachverständige oft das Land verlassen,<br />
denn anderswo, in Ländern wie<br />
Großbritannien, den Emiraten oder<br />
in Australien, werde ihnen der rote<br />
Teppich ausgerollt.<br />
Trotz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes<br />
sei Altersdiskriminierung<br />
in Deutschland noch<br />
immer eine alltägliche Erscheinung<br />
und als solche habe sie Folgen: Sie<br />
verhindere die gleichberechtigte Teilnahme<br />
von Bürgerinnen und Bürgern<br />
jeden Alters am sozialen und kulturellen<br />
Leben.<br />
Im Sommer 2008 hatte der EU-<br />
Kommissar für Soziales vorgeschlagen,<br />
den Schutz vor Diskriminierung<br />
zu verbessern, der dann auch für den<br />
Zugang zu Waren und Dienstleistungen<br />
gelten sollte. Der Bundesrat hat<br />
damals diesen Vorschlag abgelehnt;<br />
jetzt, mit der neuen Initiative gegen<br />
Altersdiskriminierung können sich<br />
die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
in diesem Bereich verbessern.<br />
R. S.