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Hegel und die analytische Philosophie - Friedrich-Schiller ...

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McTaggart scheint der erste gewesen zu sein, der es verstand, <strong>Hegel</strong>interpretation <strong>und</strong><br />

<strong>analytische</strong> Klarheit zu verbinden. Moore hat seine <strong>analytische</strong> Begeisterung in <strong>Hegel</strong>kursen<br />

entwickelt. Es ist geradezu eine geschichtliche Ironie, daß <strong>die</strong>se von McTaggart exemplarisch<br />

demonstrierte Möglichkeit erst h<strong>und</strong>ert Jahre später - nach Dezennien von <strong>Hegel</strong>verdikt <strong>und</strong><br />

<strong>Hegel</strong>ignoranz - in der <strong>analytische</strong>n <strong>Philosophie</strong> unserer Tage wieder zum Tragen kommt. 48<br />

6. <strong>Hegel</strong>s Wiederkehr als Ergebnis der Selbstkritik der <strong>analytische</strong>n <strong>Philosophie</strong><br />

Eines muß allerdings klar sein: Die gegenwärtig zu konstatierende Wiederannäherung der<br />

<strong>analytische</strong>n <strong>Philosophie</strong> an <strong>Hegel</strong> ist nicht etwa ein Ergebnis plötzlich einsetzender <strong>Hegel</strong>-<br />

Lektüre, sondern <strong>die</strong> <strong>analytische</strong> <strong>Philosophie</strong> ist von sich aus, durch sukzessive selbstkritische<br />

Reflexion <strong>und</strong> Revision ihrer Gr<strong>und</strong>lagen zu Einsichten gelangt, <strong>die</strong> manchem verblüffend<br />

gleichen, was zweih<strong>und</strong>ert Jahre zuvor <strong>Hegel</strong> (in freilich ganz anderer Sprache <strong>und</strong><br />

Reflexionsform) entwickelt hatte.<br />

Von Anfang an hatte sich <strong>die</strong> <strong>analytische</strong> <strong>Philosophie</strong> durch eine im akademischen Bereich<br />

ungewöhnliche Bereitschaft <strong>und</strong> Fähigkeit zur Selbstkritik ausgezeichnet. Darin - nicht in<br />

einzelnen Thesen, <strong>die</strong> sich bald als Dogmen erweisen mochten - ist sie bew<strong>und</strong>ernswert <strong>und</strong><br />

vorbildlich geblieben.<br />

Ihre fortgesetzte selbstkritische Prüfung <strong>und</strong> Weiterentwicklung führte dazu, daß <strong>die</strong> <strong>analytische</strong><br />

<strong>Philosophie</strong> in der zweiten Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts nicht mehr ist, was sie in der ersten<br />

gewesen war. Tragende Gr<strong>und</strong>vorstellungen erwiesen sich spätestens seit Quines "Two Dogmas"<br />

von 1951 als unhaltbar - beispielsweise <strong>die</strong> starre Trennung zwischen logischen <strong>und</strong> empirischen<br />

Wahrheiten, <strong>die</strong> Ausnahmestellung der Logik, das empiristische Sinnkriterium oder <strong>die</strong><br />

Vorstellung einer alle Wissenschaften umfassenden Einheitswissenschaft auf physikalistischer<br />

Basis. Manchmal sagt man daher, seit den fünfziger Jahren sei <strong>die</strong> <strong>analytische</strong> <strong>Philosophie</strong> zu<br />

Ende. 49 Treffender sagt man wohl, sie sei seitdem von ihrer traditionell-<strong>analytische</strong>n in eine post-<br />

48 Zudem stand McTaggarts Version von <strong>Hegel</strong>ianismus dem Atomismus, wie Moore <strong>und</strong><br />

Russell ihn gegen Bradleys Monismus entwickelten, überraschend nahe. Anders als Bradley<br />

war McTaggart kein Monist, sondern ein Pluralist. Er vertrat <strong>die</strong> Auffassung, daß <strong>die</strong><br />

Realität aus den Bewußtseinsinhalten von Individuen bestehe. Moores <strong>und</strong> Russells Zuwendung<br />

zu Einzelheit <strong>und</strong> Pluralismus scheint also gegen den einen, den Bradleyschen <strong>Hegel</strong>ianismus,<br />

Motive des anderen, des McTaggartschen <strong>Hegel</strong>ianismus, zur Geltung gebracht zu haben.<br />

Tatsächlich hat Moore in seiner Dissertation einen atomistischen <strong>und</strong> pluralistischen Realismus<br />

vertreten, <strong>und</strong> ähnlich hat Russell seine "antiidealistische Revolte" als Übergang zum<br />

"Pluralismus" charakterisiert (vgl. Russell, <strong>Philosophie</strong>: Die Entwicklung meines Denkens, Kap.<br />

5, 55-66). - So führt nicht nur methodisch, sondern auch inhaltlich eine untergründige <strong>und</strong><br />

bislang nicht beachtete Linie von McTaggarts <strong>Hegel</strong>ianismus zur <strong>analytische</strong>n <strong>Philosophie</strong><br />

Moores <strong>und</strong> Russells.<br />

49 In jedem Fall sind <strong>die</strong> fünfziger Jahre ausschlaggebend. Damals erschienen auch<br />

Wittgensteins Philosophische Untersuchungen (1953) <strong>und</strong> Sellars' Empiricism and the<br />

Philosophy of Mind (1956). Manche sehen das Ende des Logischen Positivismus im engeren<br />

Sinn auch schon mit Hempels Aufsatz "Problems and Changes in the Empiricist Criterion of<br />

Meaning" von 1950 gekommen.

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