Hegel und die analytische Philosophie - Friedrich-Schiller ...
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jeweiligen "Weltbild"-Hintergr<strong>und</strong>es stark machen.<br />
Gewiß ist erst noch zu fragen, ob <strong>Hegel</strong> mit seiner Totalitätsvorstellung recht hat. Ist sein<br />
Konzept nicht doch überzogen? Oder sollte zumindest sein Gr<strong>und</strong>gedanke, sollte der<br />
Ansatzpunkt seiner Totalitätsvorstellung - <strong>die</strong> These einer prinzipiellen Kongruenz von<br />
Bewußtseins- <strong>und</strong> Gegenstandsform - unausweichlich sein? Hat sich <strong>die</strong> <strong>analytische</strong> <strong>Philosophie</strong><br />
in ihrem weiteren Verlauf <strong>die</strong>ser Auffassung <strong>Hegel</strong>s angenähert?<br />
III. Erkennen <strong>und</strong> Wirklichkeit<br />
Ich komme zum dritten Punkt, zur Frage nach dem Verhältnis von Erkennen <strong>und</strong> Wirklichkeit.<br />
1. Linguistic turn: sprachlicher Bezug auf Gegenstände<br />
Die heutige <strong>analytische</strong> <strong>Philosophie</strong> diskutiert <strong>die</strong>se Frage nicht mehr als <strong>die</strong> von Denken <strong>und</strong><br />
Wirklichkeit, sondern als <strong>die</strong> von Sprache <strong>und</strong> Wirklichkeit. Seit dem linguistic turn sagt man:<br />
`Welcher Art auch immer <strong>die</strong> Gegenstände sein mögen, auf <strong>die</strong> wir uns beziehen, man darf nicht<br />
außer Acht lassen, daß wir uns wesentlich mittels der Sprache auf sie beziehen <strong>und</strong> daß daher<br />
alle Gegenstandsaussagen zuallererst einmal den sprachlichen Sinnbedingungen genügen<br />
müssen.' - Es wird meine These sein, daß der linguistic turn eine sprachphilosophische<br />
Reformulierung von <strong>Hegel</strong>s Idee einer prinzipiellen Kongruenz von Erkenntnis- <strong>und</strong><br />
Gegenstandsform erlaubt. Die Begründung <strong>die</strong>ser These erfordert etliche Einzelschritte <strong>und</strong><br />
Differenzierungen. Dabei wird es insbesondere zwei Versionen des linguistic turn zu<br />
unterscheiden gelten: eine commonsensualistische <strong>und</strong> eine idealistische. Nur <strong>die</strong> letztere steht<br />
<strong>Hegel</strong> nahe.<br />
2. Die commonsensualistische Standard-Version: Sprache als Zugangs-Bedingung zu<br />
sprach-unabhängigen Gegenständen<br />
Die Standardversion linguistischen <strong>Philosophie</strong>rens versteht <strong>die</strong> Sprachanalyse als <strong>die</strong> Methode<br />
der Wahl zur Analyse unserer Gegenstandsbezüge. Hingegen erhebt sie keine ontologischen<br />
Ansprüche. Sie behauptet nicht, daß <strong>die</strong> Sprachlichkeit unseres Gegenstandsbezugs im Wesen<br />
der Gegenstände begründet sei. Vielmehr gelten ihr <strong>die</strong> Gegenstände gerade unabhängig davon,<br />
was wir über sie sagen, als seiend <strong>und</strong> als so seiend, wie sie sind. Der Vorrang der Sprachanalyse<br />
resultiert allein daraus, daß unsere Bezugnahme auf Gegenstände primär sprachlicher Art ist.<br />
Aber das tangiert nicht das Sein der Gegenstände als solcher. Die notwendige Sprachlichkeit<br />
unserer Bezugnahme macht nicht <strong>die</strong> Gegenstände selbst zu sprachlichen Gebilden - so wenig<br />
wie der Umstand, daß man eines Flohs nur mittels einer Pinzette habhaft werden kann, den Floh<br />
zu einem pinzettenartigen Gebilde macht. Die Sprache ist nur eine für uns unumgängliche oder<br />
privilegierte Zugangsbedingung zu Gegenständen bzw. eine Vollzugsbedingung unserer<br />
Bezugnahme auf Gegenstände. Aber es wäre offenbar absurd anzunehmen, daß <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />
Gegenstände selbst zu Entitäten von irgendwie sprachlicher Natur machen sollte.<br />
Kurzum: das linguistische Argument in seiner Standardform zielt nicht darauf, den Gegenständen<br />
eine irgendwie sprachliche Natur zu unterstellen oder zu implementieren, sondern läßt <strong>die</strong>