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Hegel und die analytische Philosophie - Friedrich-Schiller ...

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Aber nun ist es an der Zeit, <strong>die</strong> spezifisch <strong>Hegel</strong>sche Version von Holismus näher zu betrachten,<br />

um dann ihre Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede gegenüber Quine <strong>und</strong> Wittgenstein zu<br />

bestimmen.<br />

C. <strong>Hegel</strong>s Holismus: "Das Wahre ist das Ganze"<br />

Was ist <strong>Hegel</strong>s Sicht? Warum meint er, man müsse, um ein Einzelnes oder einen Teil zu erfassen,<br />

das Ganze erfassen?<br />

1. Gegen <strong>die</strong> Fiktion von Einfachheit - wider das Übersehen der Vermitteltheit<br />

<strong>Hegel</strong>s erstes Argument hatte ich schon genannt. Das `Einzelne' oder `Einfache' beruht auf<br />

komplexeren Bedingungen, als wir gemeinhin annehmen. Indem wir etwas als `Einzelnes' oder<br />

`Einfaches' bezeichnen, suggerieren wir (auch uns selbst), daß es für sich stehe <strong>und</strong> allein aus<br />

sich begriffen werden könne. Wir unterschlagen <strong>die</strong> Vermittlungsleistungen, <strong>die</strong> für seine<br />

Konturierung in Wahrheit unerläßlich <strong>und</strong> in seine Bestimmung als `Einzelnes' oder `Einfaches'<br />

bereits eingegangen sind. Nähme man <strong>die</strong>se Vermittlungen weg, so bliebe kein `Einzelnes' oder<br />

`Einfaches' übrig. Es gibt, so <strong>Hegel</strong>, weder in der Wirklichkeit noch im Denken ein Einfaches. 152<br />

Vermittlungen welcher Art sind beteiligt? Erstens ist `Einfachheit' ebenso wie `Einzelheit' eine<br />

Kontrastbestimmung; mit ihr sind zugleich andere Bestimmungen wie `Komplexität',<br />

`Abgegrenztheit', `Anzahl' <strong>und</strong> dergleichen im Spiel. Nur im Verb<strong>und</strong> solcher Bestimmtheiten -<br />

also gerade nicht einfach, nicht einzeln - kann etwas überhaupt als `Einfaches' oder `Einzelnes'<br />

bestimmt werden.<br />

Zweitens sind Einfachheit <strong>und</strong> Einzelheit allgemeine Bestimmungen - sie treffen offenbar auf<br />

vielerlei zu. Mithin kann ein Einfaches oder Einzelnes <strong>die</strong>se Bestimmungen allenfalls erfüllen,<br />

nicht aber erzeugen oder erschöpfen. Somit bedarf es, um von <strong>die</strong>sem Einfachen oder Einzelnen<br />

sprechen zu können, weiterer Begriffsraster, um <strong>die</strong>ses Einfache oder Einzelne von anderem<br />

von Fluß <strong>und</strong> Flußbett: "Man könnte sich vorstellen, daß gewisse Sätze von der Form der<br />

Erfahrungssätze erstarrt wären <strong>und</strong> als Leitung für <strong>die</strong> nicht erstarrten, flüssigen Erfahrungssätze<br />

funktionierten; <strong>und</strong> daß sich <strong>die</strong>s Verhältnis mit der Zeit änderte, indem flüssige Sätze erstarrten<br />

<strong>und</strong> feste flüssig würden" (Wittgenstein, Über Gewißheit, 140 [96]). "Die Mythologie kann<br />

wieder in Fluß geraten, das Flußbett der Gedanken sich verschieben. Aber ich unterscheide<br />

zwischen der Bewegung des Wassers im Flußbett <strong>und</strong> der Verschiebung <strong>die</strong>ses; obwohl es eine<br />

scharfe Trennung der beiden nicht gibt" (ebd., 140 [97]). Die Kompromißformel zwischen der<br />

älteren These vom schlechthin "harten Felsen" (Philosophische Untersuchungen) <strong>und</strong> der<br />

Veränderlichkeitsidee (Über Gewißheit) lautet dann: "Ja, das Ufer jenes Flusses besteht zum Teil<br />

aus hartem Gestein, das keiner oder einer unmerkbaren Änderung unterliegt, <strong>und</strong> teils aus Sand,<br />

der bald hier bald dort weg- <strong>und</strong> angeschwemmt wird" (ebd., 140 [99]).<br />

152 "Es gibt deswegen auch, es sei in der Wirklichkeit oder im Gedanken, kein so Einfaches<br />

<strong>und</strong> so Abstraktes, wie man es sich gewöhnlich vorstellt. Solches Einfache ist eine bloße<br />

Meinung, <strong>die</strong> allein in der Bewußtlosigkeit dessen, was in der Tat vorhanden ist, ihren Gr<strong>und</strong><br />

hat" (<strong>Hegel</strong>, Wissenschaft der Logik II, 6, 555).

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