Hegel und die analytische Philosophie - Friedrich-Schiller ...
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Kongruenz von Begriff <strong>und</strong> Gegenstand nur von der Seite unserer Begrifflichkeit aus zu<br />
gewinnen gedenkt <strong>und</strong> für möglich ansieht, weshalb er sich folgerichtig auf Objektivität für uns<br />
beschränkt, 182 während er <strong>die</strong> Idee einer Entsprechung mit Gegenständlichkeit überhaupt - mit<br />
einer nicht schon menschlich konstituierten <strong>und</strong> restringierten Gegenständlichkeit - für<br />
hyperbolisch ansieht. Genau <strong>die</strong>se Sichtweise kehrt in der linguistischen Position wieder: eine<br />
Entsprechung besteht ihr zufolge nur zwischen unserer Begrifflichkeit <strong>und</strong> unserer<br />
Gegenständlichkeit, nicht etwa mit Gegenständlichkeit überhaupt. Wir haben, so Putnam, nur<br />
"Objektivität für uns", "Objektivität [...] nach Menschenmaß"; 183 ähnlich sagt Davidson:<br />
"natürlich bleibt <strong>die</strong> Wahrheit der Sätze sprachrelativ, aber objektiver geht es nun einmal<br />
nicht." 184 - Insofern kommt <strong>die</strong> linguistische Position einem "subjektiven Idealismus" der von<br />
<strong>Hegel</strong> kritisierten Art gleich.<br />
c. Nachbetrachtung: "linguistischer Idealismus"<br />
Das gibt Gelegenheit, noch einmal zur Kennzeichnung der linguistischen Position als<br />
"linguistischer Idealismus" Stellung zu nehmen. Die Bezeichnung ist unter der Bedingung<br />
zutreffend, daß man unter "Idealismus" (wie weithin üblich) eine Position versteht, <strong>die</strong> aus<br />
<strong>Hegel</strong>s Sicht bloß einen "subjektiven Idealismus" darstellt. 185 Das markiert zugleich den w<strong>und</strong>en<br />
Punkt der Konzeption.<br />
Zwar handelt es sich bei der linguistischen Position gewiß nicht in jeder Hinsicht um einen<br />
Idealismus der alten Art. Davor ist sie durch ihren Ausgang von der Sprache gefeit, der in<br />
bewußter Opposition zum idealistisch üblichen Ausgang vom Denken gewählt wurde. Dennoch<br />
sind <strong>die</strong> Folgen des neuen Ansatzes denen des alten auffallend gleich. Wie der traditionelle<br />
Idealismus alles Sein an Denkbedingungen gekoppelt <strong>und</strong> für ein Phänomen im Horizont des<br />
Denkens erklärt hatte, so bindet der linguistische Idealismus alles an Sprachbedingungen <strong>und</strong><br />
erklärt es für ein sprachlichen Bedingungen unterliegendes Phänomen. Wie ehedem das Denken<br />
den transzendentalen Rahmen gebildet hatte, so nun <strong>die</strong> Sprache. Die Gegenstände geraten jetzt<br />
mit gleicher Konsequenz unter das Diktat von Sprachbedingungen, wie sie zuvor unter dem von<br />
Denkbedingungen gestanden hatten. 186<br />
Unsriges <strong>und</strong> nicht auch Bestimmungen der Gegenstände selbst wären. Dies soll nun aber nach<br />
Kants Auffassung der Fall sein, <strong>und</strong> seine <strong>Philosophie</strong> ist subjektiver Idealismus" (<strong>Hegel</strong>,<br />
Enzyklopä<strong>die</strong> der philosophischen Wissenschaften im Gr<strong>und</strong>risse I, 119 [§ 42, Zusatz]).<br />
182 Die "empirische Realität" unserer Verstandesbegriffe bezieht sich Kant zufolge nur auf<br />
<strong>die</strong> "Erscheinungen".<br />
183 Putnam, Vernunft, Wahrheit <strong>und</strong> Geschichte, 82.<br />
184 Davidson, "On the Very Idea of a Conceptual Scheme", 198.<br />
185 In der Tat versteht man in der <strong>analytische</strong>n <strong>Philosophie</strong> unter "Idealismus"<br />
paradigmatisch <strong>die</strong> Position Berkeleys (das galt schon für Moores "The Refutation of Idealism"<br />
<strong>und</strong> gilt noch immer für Hackings Why Does Language Matter to Philosophy? <strong>und</strong> The Social<br />
Construction of What?), aber <strong>die</strong>s ist für <strong>Hegel</strong> nur subjektiver Idealismus (vgl. <strong>Hegel</strong>,<br />
Vorlesungen über <strong>die</strong> Geschichte der <strong>Philosophie</strong> III, 270).<br />
186 In <strong>die</strong>sem Sinn kann Hacking (bezeichnenderweise unter Rückbezug auf Berkeley)<br />
sagen: "certain formal moves are preserved" (Hacking, Why Does Language Matter to<br />
Philosophy?, 182).