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Hegel und die analytische Philosophie - Friedrich-Schiller ...

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man sich orientieren konnte, so wird nun der einst verfemte <strong>Hegel</strong> zum neuen Leitstern. 35<br />

8<br />

genommen" (ebd., 23). - Es war dann insbesondere Strawsons Buch Individuals von 1959,<br />

dessen Untertitel An Essay in Descriptive Metaphysics lautete, welches den <strong>analytische</strong>n Bann<br />

über `Metaphysik' brach.<br />

35 Das Verhältnis der <strong>analytische</strong>n <strong>Philosophie</strong> zu Kant läßt sich im Umriß folgendermaßen<br />

charakterisieren. In einer ersten Phase, bei Moore, Russell <strong>und</strong> Carnap, galten Kant <strong>und</strong> <strong>Hegel</strong><br />

gleichermaßen als diskreditiert. Zwar stand <strong>die</strong> Abkehr von <strong>Hegel</strong> im Vordergr<strong>und</strong>, aber Kant<br />

war davon ebenso betroffen. Moores "Widerlegung des Idealismus" war nach Russells<br />

Einschätzung gegen Kant gerichtet: "Soweit ich sehe, kam es Moore in erster Linie darauf an, <strong>die</strong><br />

Unabhängigkeit der Tatsachen von ihrem Erkanntwerden zu demonstrieren <strong>und</strong> den ganzen<br />

Kantschen Apparat der apriorischen Anschauungen <strong>und</strong> Kategorien, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Form unserer<br />

Erfahrungen, nicht aber <strong>die</strong> Form der Außenwelt selber bestimmen, endgültig aus dem Weg zu<br />

räumen" (Russell, <strong>Philosophie</strong>: Die Entwicklung meines Denkens, 10). Auch Carnap unterschied<br />

nicht zwischen einem möglicherweise anschlußfähigen Kant <strong>und</strong> einem bleibend üblen <strong>Hegel</strong>:<br />

"Alle <strong>Philosophie</strong> im alten Sinne, knüpfe sie nun an Plato, Thomas, Kant, Schelling oder <strong>Hegel</strong><br />

an, oder baue sie eine neue `Metaphysik des Seins' oder eine `geisteswissenschaftlichen<br />

<strong>Philosophie</strong>' auf, erweist sich vor dem unerbittlichen Urteil der neuen Logik nicht etwa nur als<br />

inhaltlich falsch, sondern als logisch unhaltbar, daher sinnlos" (Carnap, "Die alte <strong>und</strong> <strong>die</strong> neue<br />

Logik", 13). - Erst in einer späteren zweiten Phase, für <strong>die</strong> Reichenbach prägend wurde <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

bis zu Popper reicht, ändert sich <strong>die</strong> Situation: <strong>die</strong> <strong>analytische</strong> <strong>Philosophie</strong> ist nun zwar weiterhin<br />

anti-hegelisch, aber pro-kantisch. Reichenbach schreibt: "<strong>Hegel</strong> ist der Nachfolger Kants genannt<br />

worden; aber das ist ein tiefgehendes Mißverständnis Kants <strong>und</strong> eine unberechtigte<br />

Verherrlichung <strong>Hegel</strong>s. Obgleich spätere Entwicklung Kants System als unhaltbar erwiesen<br />

haben, bedeutet es doch den Versuch eines großen Geistes, den Rationalismus auf eine<br />

wissenschaftliche Gr<strong>und</strong>lage zu stellen. [...] Während Kants System den Höhepunkt in der<br />

historischen Kette des Rationalismus bedeutet, gehört <strong>Hegel</strong>s System in <strong>die</strong> Verfallsperiode der<br />

spekulativen <strong>Philosophie</strong>, welche das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert kennzeichnet. [...] eine Bemerkung möchte<br />

ich jetzt schon machen: <strong>Hegel</strong>s System hat mehr als jede andere <strong>Philosophie</strong> dazu beigetragen,<br />

<strong>die</strong> Wissenschaftler von den Philosophen zu trennen, <strong>und</strong> hat <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> zu einem<br />

Gegenstand der Verachtung gemacht, mit dem der Wissenschaftler nichts zu tun haben will"<br />

(Reichenbach, Der Aufstieg der wissenschaftlichen <strong>Philosophie</strong>, 87 f.) "Aber <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> der<br />

Systeme endet mit Kant; <strong>und</strong> es ist ein Mißverständnis der Geschichte der <strong>Philosophie</strong>, <strong>die</strong>se<br />

späteren Systeme zu behandeln, als ob sie auf dem gleichen Niveau wie Kants oder Platos<br />

System ständen. Die älteren Systeme drückten den Stand der Wissenschaft ihrer Zeit aus <strong>und</strong><br />

gaben Pseudo-Antworten, als noch keine besseren Antworten möglich waren. Aber <strong>die</strong> Systeme<br />

des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts sind zu einer Zeit aufgestellt worden, als schon eine bessere <strong>Philosophie</strong> im<br />

Werden war; <strong>und</strong> sie sind das Werk von Männern, <strong>die</strong> <strong>die</strong> philosophischen Ergebnisse der<br />

Wissenschaft ihrer Zeit völlig außer acht ließen <strong>und</strong> unter dem Namen <strong>Philosophie</strong> naive<br />

Systeme von billigen Verallgemeinerungen <strong>und</strong> Analogien entwickelten. Manchmal war es <strong>die</strong><br />

Beredsamkeit ihrer Darstellung, ein andermal <strong>die</strong> pseudo-wissenschaftliche Trockenheit ihres<br />

Stils, welche den Leser beeindruckte <strong>und</strong> zu ihrem Ruhm beitrug. Historisch betrachtet sollte<br />

man aber <strong>die</strong>se System besser mit dem Ende eines Flusses vergleichen, welcher nach<br />

streckenweisem Lauf durch fruchtbares Land schließlich in der Wüste versickert" (ebd., 142).<br />

Seit Reichenbach also galt Kant als möglicher Gesprächspartner der "wissenschaftlichen<br />

<strong>Philosophie</strong>", <strong>Hegel</strong> hingegen weiterhin als deren Gegner. Popper bestätigt <strong>die</strong>se Einschätzung

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