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Hegel und die analytische Philosophie - Friedrich-Schiller ...

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hier liegt auch das Problem beider Programme, <strong>und</strong> hier erleben beide ihr Fiasko. Das<br />

unmittelbar Gegebene - ob als Sinnesdatum oder als Erlebnis verstanden - erweist sich als<br />

Phantom.<br />

2. Protokollsätze?<br />

Auch der Übergang zur Stützung auf Protokollsätze bietet keinen Ausweg. Man will das<br />

Wissenssystem jetzt nicht auf unzweifelhafte Elementargegebenheiten aufbauen, sondern -<br />

entsprechend der im Zug des linguistic turn erwachsenen sententialistischen Revision 103 - auf<br />

elementare Sätze, auf "Protokollsätze". 104 Damit sind schriftliche Protokolle (beispielsweise von<br />

physikalischen Versuchsanordnungen oder von Wahrnehmungen) gemeint, <strong>die</strong> nichts anderes als<br />

"unmittelbar beobachtbare Sachverhalte" enthalten. 105 Carnap betrachtete solche Protokollsätze<br />

als "Sätze, <strong>die</strong> selbst nicht einer Bewährung bedürfen, sondern als Gr<strong>und</strong>lage für alle übrigen<br />

Sätze der Wissenschaft <strong>die</strong>nen." 106<br />

Die vormals den "Elementarerlebnissen" zugedachte Aufgabe - sich direkt auf Gegebenes zu<br />

beziehen <strong>und</strong> dadurch einen sicheren Ausgangspunkt der empirischen Wissenschaft darzustellen<br />

- wird jetzt also den Protokollsätzen zugeschrieben. Sie haben <strong>die</strong> Funktion von Basissätzen. Die<br />

Idee ist also noch immer <strong>die</strong> einer Stützung auf Elementares, nur nicht mehr auf "das unmittelbar<br />

Gegebene" (im Sinn von Sinnesdaten), sondern auf "unmittelbar beobachtbare Sachverhalte".<br />

Der Vorteil der Protokollsätze gegenüber dem vormaligen Ausgang von subjektiven<br />

Elementarerlebnissen wird darin gesehen, daß <strong>die</strong> Protokollsätze objektiv <strong>und</strong> intersubjektiv<br />

sind; entweder sind sie gleich schon in physikalischer Sprache formuliert oder sie sind (wo sie,<br />

etwa als Sätze über Erlebnisinhalte, zunächst psychologische Bestimmungen enthalten) in <strong>die</strong><br />

physikalische Sprache übersetzbar. 107 Die letztere gilt als "Universalsprache", als "<strong>die</strong> Sprache<br />

der Wissenschaft". 108<br />

"Erlebnissen des Ich") sei mißlich gewissen, besser würde man "konkrete Sinnesdaten, wie z.B.<br />

`rot einer gewissen Art an einer gewissen Sehfeldstelle zu einer gewissen Zeit'" zum<br />

Ausgangspunkt nehmen (ebd., XIX [Vorwort zur zweiten Auflage]).<br />

103 Modellbildend war Freges These, daß <strong>die</strong> Wörter nur im Zusammenhang eines Satzes<br />

eine Bedeutung haben ("Kontextprinzip"). Quine hat <strong>die</strong>ses Prinzip (das er im übrigen schon bei<br />

Bentham formuliert fand) als für <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> ebenso revolutionär angesehen wie <strong>die</strong><br />

Kopernikanische Revolution für <strong>die</strong> Astronomie (vgl. Quine, "Five Milestones of Empiricism",<br />

69).<br />

104 "Die Wissenschaft ist ein System von Sätzen, das an Hand der Erfahrung aufgestellt wird.<br />

Die empirische Nachprüfung bezieht sich aber nicht auf den einzelnen Satz, sondern auf das<br />

System der Sätze oder auf ein Teilsystem. Die Nachprüfung geschieht anhand der<br />

`Protokollsätze'" (Rudolf Carnap, "Die physikalische Sprache als Universalsprache der<br />

Wissenschaft", 437).<br />

105 Ebd.<br />

106 Ebd., 438.<br />

107 Vgl. ebd., 458. Jeder Satz der Protokollsprache eines Subjekts ist laut Carnap<br />

"übersetzbar in einen physikalischen Satz, <strong>und</strong> zwar in einen solchen, der den Körperzustand des<br />

Subjekts beschreibt" (ebd.).<br />

108 Ebd., 443, 448, 461.

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