Anduin 73
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Des Teufels Knobelei<br />
Ich... ich kann nicht mehr. Ich muss das nun<br />
einfach erzählen. Nacht für Nacht und kein<br />
Ende in Sicht. Was habe ich denn angestellt,<br />
dass Gott mich derart strafen muss? Ich war<br />
ihm doch immer eine gute Dienerin. Ich gehe<br />
jeden Sonntag in die Kirche und bete täglich<br />
einen Rosenkranz und dennoch quält er mich<br />
so... Ich habe Angst... Ich kann nicht mehr. Jede<br />
Nacht höre ich sie... Sie spielen... Ich höre die<br />
Würfel rollen... Ich höre wie der Graf mit dem<br />
Fuß stampft und schreit und schimpft... Welcher<br />
Graf? Ihr seid wohl nicht von hier... Es kennt<br />
doch jeder die Geschichte...<br />
Vor langer Zeit lebte ein Graf, der dem<br />
Glücksspiel frönte. Als er eines Tages wieder<br />
am Spielen war, kam ein Diener des Nachts<br />
und wies ihn darauf hin, dass nun bald Sonntag<br />
ist, an dem ein gutgläubiger Christ natürlich<br />
nicht spielt... Aber was sagte er? „Mir ist egal,<br />
ob der Sonntag anbricht. Ich spiele weiter! Und<br />
wenn er möchte, so kann Satan an unserem<br />
Spiel teilnehmen!“ Der Diener floh natürlich aus<br />
dem Raum. Punkt schlag Mitternacht raste ein<br />
Blitz auf das Schloss herab und der Teufel selbst<br />
erschien. Er lachte: „Nun gehört eure Seele mir.<br />
Ihr seid dazu verdammt bis zum Tag des jüngsten<br />
Gerichts hier weiter zu spielen!“<br />
Damit hatte es begonnen. Nacht für Nacht<br />
dasselbe Theater... Nacht für Nacht dieselbe<br />
Angst... Ich kann nicht mehr... Ich muss fort von<br />
hier... Weit fort...<br />
Bemerkung:<br />
Der Graf, von dem oben die Rede ist ist<br />
Graf Patrick von Strathmore (1643 – 95). Er<br />
soll in Glamis Castle (Tayide, Schottland) sein<br />
Unwesen treiben. Doch er ist nicht der einzige<br />
Geist, der dort umgeht. Neben der üblichen<br />
weißen Frau und diversen anderen Geistern<br />
soll noch ein düsteres Familiengeheimnis über<br />
dem Geschlecht der Strathmore liegen. Dieses<br />
Geheimnis wird Generation zu Generation<br />
jeweils an die männlichen (die weiblichen dürfen<br />
nichts erfahren) Erben im Alter von 21 Jahren<br />
weitergegeben. Es kursieren Gerüchte, was<br />
dem Geheimnis zugrunde liegt. Das am meisten<br />
verbreitete Gerücht besagt, dass ein behindertes<br />
Kind (ein Sohn Graf Patricks) in einem geheimen<br />
GESCHICHTEN<br />
- LEGENDEN UND IHR WAHRER KERN -<br />
Zimmer unter Verschluss gehalten wurde.<br />
Dieses Kind soll sehr alt geworden sein. Einst<br />
hat ein Arbeiter im Schloss eine geheime<br />
Kammer entdeckt. Als er aus dieser herauskam<br />
war er vollkommen verstört und erschrocken.<br />
Der damalige Graf lies die Kammer verschließen<br />
und bat den Arbeiter alles für sich zu behalten<br />
(kurze Zeit später wurde der Arbeiter samt<br />
Familie in die Kolonie verbannt). In den 20er<br />
Jahren des 20. Jahrhunderts wollte eine Gruppe<br />
Jugendlicher die Kammer aufspüren. Sie hängten<br />
weiße Leintücher aus den Fenstern eines jeden<br />
Raumes. Und obwohl einige Fenster noch<br />
unbehängt waren, konnten diese Räume nicht<br />
gefunden werden. Als der 14. Graf davon<br />
erfuhr, tobte er vor Wut. Noch heute werden<br />
die Besucher des Schlosses darauf hingewiesen<br />
weder nach der Kammer zu suchen, noch<br />
irgendjemanden nach dem Geheimnis zu fragen.<br />
Wo man sich wohlfühlt<br />
Glaub‘s oder tu‘s nicht, aber ich sage dir<br />
eins, was ich erlebt habe, das würde sogar den<br />
unerschrockensten und mutigsten Menschen auf<br />
dieser Welt in die Flucht schlagen. Ich weiß du<br />
glaubst mir nicht, aber alles was ich sage ist die<br />
Wahrheit...<br />
Das Haus in dem ich wohne stand nicht<br />
als erstes dort. Zuvor stand dort ein Kloster<br />
und stell dir vor, dort ging nicht alles mit<br />
rechten Dingen zu. Ich habe mich umgehört<br />
und alles weist darauf hin, dass dort einst eine<br />
Nonne versucht hat zu fliehen, um zu ihrem<br />
Geliebten, einem Mönch zu kommen. Die<br />
beiden wurden geschnappt, der Mönch geköpft<br />
und die Nonne in die Mauern des Klosters<br />
lebendig eingemauert. Und nun spukt sie hier.<br />
Ich höre des öfteren Nachts ihre Kutsche, mit<br />
der sie damals fliehen wollte, an meinem Haus<br />
vorbeifahren. Manchmal höre ich auch komische<br />
Klopfgeräusche und ein Kratzen an den Türen.<br />
Aber immer wenn ich nachsehe ist dort einfach<br />
nichts! Dem nicht genug, nun erscheinen auch<br />
noch mit Bleistift geschriebene Botschaften<br />
an meiner Wand. Sie sehen wie das Gekritzel<br />
kleiner Kinder aus. Man kann es kaum lesen...<br />
Vollkommen verworren... Aber immer wieder<br />
steht „Marianne“ und „Hilf mir“ an der Wand.<br />
30<br />
Meine Frau hat auch dazugeschrieben „Ich<br />
versteh nicht, erzähl mir mehr.“ Doch immer<br />
wieder die selben Kritzeleien erscheinen. Und<br />
nun können wir auch noch eine schwarze<br />
Nonne durchs Haus gehen sehen und hören.<br />
Mit leichten Schritten kommt sie so gegen ein<br />
Uhr Nachts die Treppe nach unten gelaufen. Sie<br />
hält sich immer ein Taschentuch vor das Gesicht.<br />
Man sieht nicht wie sie aussieht. Aufhalten kann<br />
man sie auch nicht, sie geht einfach um einen<br />
herum. Und wenn man sie fassen will, so<br />
greift man direkt durch sie hindurch. Unten<br />
angekommen stellt sie sich jedes mal ans<br />
Fenster, sieht nach Draußen und schluchzt. Kurz<br />
darauf verschwindet sie...<br />
Ich sage es dir, ich möchte aus diesem<br />
verfluchten Haus hinaus. Kennst du niemanden,<br />
der gerade auf der Suche nach einen schönen<br />
alten Haus ist?<br />
Bemerkung:<br />
Hier habe ich mehrere Anzeichen für<br />
Geistererscheinungen zusammengewürfelt.<br />
Kratz- und Klopfgeräusche sind zum Beispiel<br />
die häufigsten Manifestationen von Geistern.<br />
Mit manchen kann man sich sogar mit einfachen<br />
Klopfcodes unterhalten (einmal Klopfen =<br />
Ja, zweimal Klopfen = Nein). Dann noch die<br />
dunkle, traurige Frau, die durch das Haus streift.<br />
Zumeist wird das mit einer Witwe in Verbindung<br />
gebracht, die um ihren verstorbenen Mann<br />
trauert, so sehr, dass sie die alten Gewohnheiten<br />
noch nach ihrem Tod aufnimmt. Solche<br />
Erscheinungen und Geräusche werden in der<br />
Parapsychologie auch häufig mit pubertierenden<br />
Mädchen in Verbindung gebracht. Eine Vielzahl<br />
Untersuchungen hat ergeben, dass die „Geister“<br />
oft mit der ersten Menstruation des Mädchens<br />
begannen und dann mit 18 bis 19 Jahren immer<br />
mehr abebbten. Worauf das zurückzuführen ist,<br />
ist jedoch noch unklar...<br />
[christian dodel]<br />
[njoltis@fagamo.de]