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schwächt den Österreicher, indem er den Hinweis der Privilegierten Liste der<br />

Börsen-Halle auf Degens „Flugmaschine, verbunden mit einem Luftballon“,<br />

145 also den Hinweis auf Degens weitbekannte maschinelle Steuerungsvorrichtungen<br />

unterdrückt. Kleist übernimmt von Degen nur dessen experimentelle<br />

Grundhaltung, auf die sich der Wiener Aeronaut schon im ersten Satz<br />

seiner Beschreibung einer neuen Flugmaschine von 1808 emphatisch festlegt:<br />

„Mehr, als ich von einem ersten Versuche erwarten konnte, ist erfolgt.“ 146 Degens<br />

Flügelmechanik zu steuernden „Bewegung des Körpers in wagerechter<br />

Richtung“ 147 lässt Kleist hingegen unerwähnt.<br />

In der brisanten Konstellation des 13. Blattes ist dies ein Eingriff von Gewicht.<br />

Denn an diesem Punkt ließe sich aus der Nachrichtenlage heraus eine<br />

österreichisch-preußische Allianz schmieden: auf die „erste Frage“ der Aeronautik<br />

vereint in der Antwort, dass die waagerechte Steuerung „vermittels einer<br />

Maschine“ (65) geschehen könne und nicht, wie es Garnerin nahe legt,<br />

„ohne alle Maschienerie“ (65). Nicht nur politisch, auch steuerungstechnisch<br />

stünde Preußen damit zwischen zwei Optionen, und durch die angekündigten<br />

Steuerungsversuche des Herrn Claudius stünde es zudem nicht nur politisch,<br />

sondern auch steuerungstechnisch zwei zu eins gegen Frankreich. Kleist lässt<br />

diese Option ungenutzt. Dafür lassen sich meines Erachtens zwei Gründe angeben.<br />

Erstens hat die von Garnerin vorgeschlagene Steuerungstechnik für<br />

Kleist – wie gezeigt – eine enorme Überzeugungs- und Erklärungskraft. Und<br />

zweitens ist ihm die Einigkeit hinsichtlich der gestellten „ersten Frage“ und<br />

hinsichtlich der experimentellen Methode, mittels derer diese Frage bearbeitet<br />

werden sollte, wichtiger, als die möglichen Antworten, die auf diese Frage gegeben<br />

werden können. Über alle politischen und militärischen Konfliktlinien<br />

hinweg entwirft Kleist dank einiger scharfer und gezielter Eingriffe ins Nachrichtenmaterial<br />

das Projekt einer europaweit betriebenen experimentellen Aeronautik.<br />

Und wenn dann noch die beiden „Polizeilichen Tages-Mittheilungen“ ihrerseits<br />

von zwei unvermuteten Wendungen, einer juristischen und einer medizinischen,<br />

berichten, dann scheint sich Kleists Programm einer experimentellen<br />

Aeronautik nicht nur selbst als allgemeines politisches, soziales, juristisches,<br />

literarisches und publizistisches Modell anzubieten, dann gerät vielleicht auch<br />

– um 5 Uhr Nachmittags des 18. Oktobers 1810 – der Leser des 13. Blattes der<br />

145 Privilegierte Liste der Börsen-Halle, Nr. 997, S. 2.<br />

146 Jakob Degen, Beschreibung einer neuen Flugmaschine, Wien 1808, unpaginierte Einleitung.<br />

Vgl. auch den Hinweis von Joh. Christ. Stelzhammer, Beylage zur Beschreibung der Degenschen<br />

Flugmaschine. In: ebd., unpaginierte Beilage, auf die öffentlichen Versuche [...], die er<br />

im October 1808, in dem Prater unternahm“. Zu Degen und dessen – des öfteren auch sehr<br />

misslichen – Flug- und Steuerungsversuchen vgl. auch L’Art Aerostatique (wie Anm. 89), S.<br />

14; Führer durch die Historische Abteilung der Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung,<br />

Frankfurt am Main 1909, S. 20ff.; Felix Czeike (Hg.), Historisches Lexikon Wien (in 6 Bänden),<br />

Bd. 2, Wien 1993, S. 4.<br />

147 Degen, Beschreibung einer neuen Flugmaschine (wie Anm. 146), S. 22f.<br />

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