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MARXISTISCHE BLÄTTER 5-07 Mandat für den langen Krieg Gerd Deumlich Der Bundesregierung schwant Ungemach im Hinblick auf die fällige Verlängerung der Mandate für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Die mehrheitliche Ablehnung in der Bevölkerung beginnt bis in die Reihen der Koalition durchzuschlagen. Die FAZ argwöhnt: „Die Zeit, in der die Mandate im Bundestag ‚durchgewunken’ wurden, ist vorbei“ (14.8.2007). Forsche Erklärungen von Spitzenleuten der Koalition, dass die Mandate mit Sicherheit verlängert werden, atmen das Bemühen, ihre Fraktionen auf Vordermann zu bringen. Dass jeder dritte SPD-Abgeordnete gegen den Einsatz von Tornado-Aufklärern stimmte, darf sich laut Struck „nicht wiederholen“. Außenminister Steinmeier will Druck damit ausüben, die Stimmung für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zeuge „für den Einfluss der geschickten Taliban-Propaganda auf die Öffentlichkeit im Heimatland“ (FAZ, 14.8.2007). SPD-Thierse hält es für durchschlagend, die Forderung nach einem Abzug sei „Verrat an dem Internationalismus, für den die Sozialdemokraten, die Linken, immer gestanden haben“ (FAZ, 10.8.2007). So erbärmlich diese „Argumente” sind – es wäre leichtfertig, sich auf politischen Verstand der Abgeordneten zu verlassen. Da hat die für den 15. September geplante Demonstration in Berlin kräftig Nachilfeunterricht zu leisten. Denn es geht nicht um eine parlamentarische Routineangelegenheit. Jede erneute Verlängerung des Einsatzes fügt sich in die Perspektive eines unabsehbar langen Krieges. Wenn SPD-Beck sagt, „ich hoffe nicht, dass es länger als zehn <strong>Jahre</strong> dauert“, folgt er der Prognose des US-Oberbefehlshabers in Afghanistan. Da ist es auch nur logisch, wenn sich Kanzlerin Merkel und der SPD-Vorsitzende darin einig sind, dem Ver- KOMMENTAR 1 langen von Bush und der NATO nachzugeben, noch mehr deutsche Soldaten und Polizisten zu entsenden und sich mehr und mehr an den mörderischen Kriegsaktionen der USA im Süden des Landes zu beteiligen. Solche Politiker sind unfähig oder nicht willens, sich Rechenschaft darüber abzulegen, was imperialistische „Ordnungspolitik“ bereits an Tod, Elend und Chaos angerichtet hat. Sie halten die Fälle Afghanistan wie Irak für „unvollendete Kriege“, die noch zu gewinnen sind, wie der militärpolitische Kommentator der FAZ, Rühl, befand. Dass es sich bei dem Vorhaben, die Mandatsverlängerung durch den Bundestag zu peitschen, um eine weitreichende Übereinstimmung mit imperialistischer Kriegspolitik handelt, beweist auch der zeitliche Zusammenhang mit den jüngsten Rüstungsprojekten der Bush-Regierung. Da ist das Programm zur Entwicklung neuer Atomsprengköpfe, die nach der US- Aussenministerin Rice für die Fortsetzung der nuklearen Abschreckungstrategie in einer „sehr unsicheren künftigen Sicherheitsumgebung“ unabdingbar seien. Die schafft jetzt das Programm, in die unsicherste Region der Welt, den Nahen Osten, Waffen für 63 Milliarden Dollar zu schicken. Den Löwenanteil von 30 Milliarden erhält Israel, der andere Teil geht nach Ägypten, Saudi-Arabien, Bahrain, Kuwait, Oman, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Dieser Plan hat viele treffende Kommentare gefunden, wie z. B.: „Dass ein Rüstungswettlauf in Nahost eine kluge Strategie ist, um iranischen Einfluss einzudämmen, kann nur glauben, wer an andere Mittel nicht mehr glaubt. Es ist die Logik derer, die Feuer mit Öl löschen wollen.“ (Frankfurter Rundschau, 30.7.2007) In der Großen Koalition ist man über beredtes Schweigen oder ein paar Stirnrunzeln nicht hinausgekommen. Kein Gedanke daran, dass dieses Abenteurertum des „atlantischen Verbündeten“ ein hinreichender Grund sein müsste, mit dem eigenen kriegerischen Engagement Schluss zu machen. Das wird die Öffentlichkeit durchsetzen müssen.