25.09.2013 Aufrufe

Revolutionstheorie heute ? 90 Jahre Oktoberrevolution ...

Revolutionstheorie heute ? 90 Jahre Oktoberrevolution ...

Revolutionstheorie heute ? 90 Jahre Oktoberrevolution ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

30<br />

Heinz Karl: Clara Zetkin – <strong>Oktoberrevolution</strong> und die sozialistische Perspektive<br />

sie diesen Gedanken durch die These, dass<br />

„nach der Machteroberung ... Reformen und<br />

Demokratie zu Bausteinen der sozialistischen<br />

Ordnung“ 54 werden. Diese Überlegungen korrespondierten<br />

mit Lenins Vorstellungen über<br />

die notwendige Entwicklung einer lebendigen<br />

sozialistischen Demokratie und über die Rolle<br />

des Genossenschaftswesens als einer Schlüsselfrage<br />

des sozialistischen Aufbaus, die er von<br />

der Gewerkschaftsdiskussion Ende 1920 bis<br />

zu seinen letzten Artikeln und Notizen 1923<br />

immer nachdrücklicher vorgetragen hatte.<br />

Diese von Clara Zetkin offensichtlich geteilten<br />

Vorstellungen wiesen den – nach Lenins<br />

Tod nur sehr inkonsequent, mit ganz wesentlichen<br />

Abstrichen und teilweise deformiert<br />

weiter gegangenen - Weg einer schrittweisen,<br />

realistischen, wissenschaftlich begründeten<br />

sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft.<br />

Um die sozialistische Perspektive<br />

Im Zusammenhang mit der Wiederherstellung<br />

der Volkswirtschaft in der UdSSR und<br />

der kapitalistischen Stabilisierung spitzten<br />

sich Mitte der Zwanzigerjahre die Debatten<br />

über die Perspektiven des sozialistischen<br />

Aufbaus zu. Nikolai Bucharin hatte 1920 in<br />

seinem Buch „Ökonomik der Transformationsperiode“<br />

die Perspektive einer Stärkung<br />

und Vermehrung der Sowjetstaaten entworfen<br />

55 . Danach hatte sich die revolutionäre<br />

Entwicklung verlangsamt. Auf dem IV. Weltkongress<br />

der KI (November/Dezember 1922)<br />

ging von den vier Referenten zum Thema<br />

„Fünf <strong>Jahre</strong> russische Revolution und die<br />

Perspektiven der Weltrevolution“ (W. I.<br />

Lenin, Clara Zetkin, Béla Kun, Leo Trotzki)<br />

letzterer besonders auf die ökonomischen<br />

Probleme ein. Er konstatierte, dass hinter dem<br />

Privatkapital der NÖP das Weltkapital stehe.<br />

Das Staatsmonopol sei „der Schutz gegen den<br />

Kapitalismus, der den beginnenden Sozialismus<br />

aufkaufen will“. 56 Trotzki fügte hinzu,<br />

dass „wir nicht mit der Ewigkeit rechnen,<br />

sondern mit einer gewissen geschichtlichen<br />

Periode, bis die großen westlichen Reserven,<br />

die zur Avantgarde werden müssen, auf die<br />

Bühne kommen.“ 57 „Wenn die kapitalistische<br />

Welt aber noch mehrere Jahrzehnte existiert,<br />

nun ja, – dann würde dies für das sozialistische<br />

Russland das Todesurteil bedeuten.“ 58<br />

Diesen Aussagen von großer Tragweite<br />

wurde von niemandem – weder direkt noch<br />

indirekt – widersprochen. Sie brachten offenbar<br />

die allgemeine Auffassung dieser Problematik<br />

zu Ausdruck.<br />

Drei <strong>Jahre</strong> später war mit der kapitalistischen<br />

Stabilisierung die Situation noch komplizierter,<br />

die Frage der Perspektive noch<br />

drängender geworden. Die Mehrheit der<br />

KPR(B), repräsentiert durch den Generalsekretär<br />

des ZK, Josef Stalin, den sowjetischen<br />

Regierungschef, Alexej Rykow, den angesehensten<br />

Theoretiker der Partei und der Komintern,<br />

Nikolai Bucharin, den Gewerkschaftsvorsitzenden,<br />

Michail Tomski und das Staatsoberhaupt,<br />

Michail Kalinin, trat unter diesen<br />

konkreten historischen Bedingungen für den<br />

fortschreitenden Aufbau des Sozialismus im<br />

Rahmen der UdSSR ein. Als wichtigste<br />

innen- und außenpolitische Bedingungen<br />

erachtete sie die Erhaltung und Festigung des<br />

Bündnisses mit den werktätigen Bauern und<br />

„normale“ Beziehungen zu den kapitalistischen<br />

Staaten. Eine Minderheit, repräsentiert<br />

durch die Politbüromitglieder Leo Trotzki,<br />

Grigorij Sinowjew (bis Herbst 1926 Vorsitzender<br />

der Komintern) und Lew Kamenew<br />

(bis Dezember 1925 Vorsitzender des Politbüros<br />

des ZK), verstand sich als linke Opposition.<br />

Sie stigmatisierte das Konzept der<br />

Mehrheit als „Ersetzung der internationalen<br />

revolutionären Perspektive“ durch eine „nationalreformistische<br />

Perspektive“ 59 .<br />

Am spektakulärsten prallten die divergierenden<br />

Positionen auf dem VII. Erweiterten<br />

EKKI-Plenum (November/Dezember 1926)<br />

zusammen. Leo Trotzki konstatierte eine<br />

„Abhängigkeit vom Weltmarkt, vom Kapitalismus,<br />

von seiner Technik und Wirtschaft“<br />

und erklärte: „In Wirklichkeit steht unser sozialistischer<br />

Staat immer – direkt oder indirekt<br />

– unter der vergleichenden Kontrolle des<br />

Weltmarktes. ... in letzter Instanz kontrolliert

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!