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Revolutionstheorie heute ? 90 Jahre Oktoberrevolution ...

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Heinz Karl: Clara Zetkin – <strong>Oktoberrevolution</strong> und die sozialistische Perspektive<br />

erklärte – „das geschichtliche Reifezeugnis<br />

des Weltproletariats für seine Emanzipation“.<br />

6 Seit 1917 erörtert Clara Zetkin im<br />

Grunde kein wesentliches politisches oder<br />

theoretisches Problem ohne Bezug auf die<br />

<strong>Oktoberrevolution</strong> und deren Wirkungen.<br />

Ein Sieg der Bolschewiki!<br />

Bei den führenden Köpfen der Spartakusgruppe<br />

fand der Russische Oktober sofort ein<br />

starkes, zustimmendes Echo. Rosa Luxemburg<br />

feierte ihn Mitte November als „eine<br />

weltgeschichtliche Tat, deren Spur in Äonen<br />

nicht untergehen wird“ 7 . Aber ihre Begeisterung<br />

war gemischt mit Skepsis: „Natürlich<br />

werden sie sich ... nicht halten können ...“ 8 –<br />

und bald auch mit Unverständnis für den bolschewistischen<br />

„Friedensfanatismus“ 9 . Für<br />

Karl Liebknecht stand der „ungeheure Prozess<br />

der sozialen und wirtschaftlichen Revolutionierung<br />

Russlands ... im Beginn, vor unbegrenzten<br />

Möglichkeiten – weit größern als die<br />

Große Französ. Revolution“ 10 . In der Sowjetregierung<br />

erblickte er die Diktatur des Proletariats<br />

11 , hatte aber auch sein Problem mit der<br />

bolschewistischen Friedenspolitik 12 . „Die russische<br />

Revolution hat das Signal einer besseren<br />

Zukunft gegeben“ erklärte Franz Mehring.<br />

Er rügte „den Kleinmut“ derer, „die dem<br />

Wahne huldigen, durch einen Sonderfrieden<br />

entleibe die russische Revolution sich selbst“,<br />

fand es aber andererseits doch auch „zu<br />

beklagen, wenn sich die russische Revolution<br />

zu einem Sonderfrieden mit den Mittelmächten<br />

bereit erklärt“. 13<br />

Clara Zetkin sah schärfer und weiter. Bereits<br />

wenige Tage nach der Proklamation der<br />

Sowjetmacht am 9. November äußert sie sich<br />

(am 16. November 1917) in der Frauenbeilage<br />

der „Leipziger Volkszeitung“. Sie qualifiziert<br />

das Ereignis als „Triumph der konsequent<br />

festgehaltenen und durchgeführten grundsätzlichen<br />

und taktischen Auffassung der<br />

Bolschewiki“ 14 , welche die Diktatur des Proletariats<br />

angestrebt hätten. Diese hätten sich<br />

durchgesetzt, weil die Regierungsparteien einschließlich<br />

der Sozialrevolutionäre und der<br />

Menschewiki sich als vollkommen unfähig erwiesen,<br />

die vor der Revolution stehenden<br />

Aufgaben – namentlich das Friedensproblem<br />

und die Agrarfrage – zu lösen. Es zeigt sich<br />

hier eine bemerkenswerte Übereinstimmung<br />

mit der Einschätzung der Dinge, wie sie –<br />

allerdings ein Dreivierteljahr später – Rosa<br />

Luxemburg in ihrer Niederschrift „Zur russischen<br />

Revolution“ gibt. 15 Klarsichtig erkannte<br />

Clara Zetkin in der unbedingten und raschesten<br />

Herbeiführung des Friedens die Frage von<br />

Sein oder Nichtsein der Revolution, „die<br />

Kraftprobe der Reife und Macht“ 16 der revolutionären<br />

Bewegung und wichtigste internationale<br />

Wirkung der Revolution.<br />

In einem Artikel vom 30. November bekräftigte<br />

und konkretisierte Clara Zetkin ihre<br />

Einschätzung des Charakters der <strong>Oktoberrevolution</strong>.<br />

Zugleich setzte sie sich mit Auffassungen<br />

auseinander, die aus der sozialökonomischen<br />

und kulturellen Rückständigkeit<br />

Russlands ein zwangsläufiges Scheitern der<br />

Revolution folgerten, 17 wiederum in frappierendem<br />

Gleichklang mit Rosa Luxemburgs<br />

entsprechender Polemik gegen Kausky. 18 Wie<br />

Rosa in ihren Notizen vom Herbst 1918 wandte<br />

Clara Zetkin sich dagegen, die Frage der<br />

revolutionären Reife nur auf Grund der<br />

genannten Faktoren, nicht unter Beachtung<br />

der konkreten historischen und nationalen<br />

Bedingungen, sondern unter Verabsolutierung<br />

westlicher Maßstäbe und ohne gebührende<br />

Berücksichtigung des subjektiven Faktors<br />

zu beantworten.<br />

Bei aller Betonung der Schwierigkeiten<br />

zweifelt sie nicht daran, dass es der Sowjetmacht<br />

gelingen werde, sich zu behaupten.<br />

Diese Zuversicht korrespondiert mit ihrer<br />

Wertung der Sowjetmacht als erstmaliger<br />

Verwirklichung der Diktatur des Proletariats<br />

seit der Pariser Kommune. Gilbert Badia<br />

bemängelt in seiner Zetkin-Biographie, dass<br />

Clara die Errichtung der Sowjetmacht „ohne<br />

Vorbehalte von Anfang an gebilligt und verteidigt“<br />

19 hat, ebenso, dass sie von Anfang an<br />

den Leninschen Kurs auf unverzügliches Ausscheiden<br />

aus dem imperialistischen Krieg<br />

unterstützt. Doch in diesen Haltungen offen-

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