Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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208 Dokumentation<br />
Ich habe mich bei Vorbereitung und Durchführung der Aktion in vollem Einvernehmen<br />
mit meiner vorgesetzten Parteidienststelle, der Landesleitung der NSDAP<br />
München befunden. Ich bin dabei teils nach bestimmten Weisungen dieser Parteidienststelle,<br />
teils nach meinem durch den Ablauf der Ereignisse bestimmten besten<br />
Ermessen vorgegangen. In jedem Stadium der Aktion war ich der vollen Überzeugung,<br />
im Auftrag der Partei und damit als Vollzieher des Willens meines Führers<br />
zu handeln. Ich bin dieser Überzeugung auch heute noch.<br />
Richtig ist, daß ich nicht durch Befehl gezwungen worden bin, sondern, daß ich<br />
auf die Frage des damaligen Landesinspekteurs Pg. Habicht (25. Juni 1934 in<br />
Zürich), ob ich bereit sei, an der Aktion in leitender Stellung teilzunehmen, aus<br />
freiem Willen meine Zusage erklärte. Ich habe diese Zusage damals in der Überzeugung<br />
erklärt, daß sie in der damaligen politischen Situation notwendig war.<br />
Der damals von der Leitung der NSDAP in Österreich gesteuerte Kurs der Aktionen,<br />
vom Papierböllerwerfen bis zum Sprengstoffattentat und dem bewaffneten Anschlag<br />
auf den Gegner sich steigernd, hatte zu einer Lage geführt, die nur durch<br />
ein Nachgeben des Systems oder durch eine bewaffnete Erhebung der Bewegung geändert<br />
werden konnte. Der Gegner dachte, wie im Frühsommer feststand, nicht an<br />
ein Nachgeben, sondern verschärfte seinerseits den Kurs. Es wurde die unbedingte<br />
Todesstrafe auch <strong>für</strong> den bloßen Besitz von Sprengstoffen gesetzlich eingeführt. Dies<br />
mußte mit Sicherheit zum Vollzug von Todesstrafen gegen Nationalsozialisten führen.<br />
Am 24. Juli wurde auch tatsächlich das erste Todesurteil gegen einen zum Nationalsozialismus<br />
übergegangenen ehemaligen Marxisten wegen Sprengstoff-Deliktes vollzogen.<br />
Für die nächste Zeit stand eine ganze Reihe solcher Urteile gegen Nationalsozialisten<br />
bevor.<br />
Ich war in diesem Zeitpunkt als einer der letzten in Österreich verbliebenen politischen<br />
Leiter der Landesleitung Österreich über die Stimmung der Parteigenossenschaft<br />
unterrichtet. Die Nationalsozialisten in Österreich hätten dem Tode ihrer Kameraden<br />
am Galgen nicht ruhig zugesehen und auch gar nicht ruhig zusehen können.<br />
Sie hätten als Angehörige unserer soldatischen und kämpferischen Bewegung mit<br />
blutigen Einzelaktionen geantwortet. Diese wären von der Exekutive niedergeschlagen<br />
und mit neuen Todesurteilen beantwortet worden. Die damals bereits aufgestellten<br />
Terror- und Geiselkommandos hätten eine brutale Herrschaft ausgeübt und die<br />
Bewegung wäre niedergeknüppelt worden, ohne auch nur den Versuch einer gesammelten<br />
Erhebung gegen das verhaßte Regiment gemacht zu haben.<br />
In diesem Zeitpunkt gewann der schon seit Herbst 1933 von den verschiedensten<br />
Personen und Stellen vertretene Gedanke, das System durch die Ausschaltung des<br />
Nervenzentrums, die Verhaftung der Minister und eine anschließende Volkserhebung<br />
zu beseitigen, konkrete Form an. Als nun im Juni 1934 an mich die Frage gestellt<br />
wurde, an einer solchen Erhebung teilzunehmen, habe ich meiner Beurteilung der<br />
Lage folgend, zugesagt. Diese Zusage geschah gerade auch in der Erkenntnis, auf diese<br />
Weise das System ohne oder doch ohne wesentliches Blutvergießen stürzen und damit<br />
in der Zukunft zu erwartende größere Opfer vermeiden zu können.<br />
Ich habe die Vorbereitungen an Hand der mir von München zugekommenen Generalweisungen<br />
durchgeführt. Ich erhielt diese Weisungen seit Juni 1934 durch mir<br />
persönlich bekannte Beauftragte der Landesleitung, zuletzt am 23. Juli 1934 durch<br />
den zu diesem Zweck nach Wien entsandten Stabsleiter der Landesleitung Weydenhammer.<br />
Auch die Vorbereitungen in den Tagen vom 23. bis 25. Juli wurden von<br />
mir und dem Führer der militärischen Aktion Fridolin Glass im vollen und ständigen<br />
Einvernehmen mit dem Stabsleiter der Landesleitung vollzogen.<br />
Ich kam in diesen Wochen und Tagen nicht einmal auf den Gedanken, es könne<br />
sich bei der geplanten Erhebung um eine von der Partei nicht gewünschte oder gar