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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Der Rektor als Führer 121<br />

ein bestimmtes Verfahren herausgebildet, das nach ihrer unterschiedlichen Rechtsstellung<br />

jeweils abgewandelt wurde. Nach einem Referentenvermerk vom Februar<br />

1937 kam es dem scheidenden Rektor zu, mit Beginn des letzten Semesters seiner<br />

Amtszeit „nach Anhören des Senats Vorschläge <strong>für</strong> die Ernennung seines Nachfolgers"<br />

zu formulieren. Darauf gabelte sich das Verfahren, das Ministerium unterschied<br />

fünf Varianten:<br />

1. Die preußische Form. In Preußen war der Kultusminister zugleich Reichserziehungsminister.<br />

Daher wurde der Vorschlag der Universität vom Rektor<br />

an den Kurator und von diesem ans REM gerichtet, das den jeweils zuständigen<br />

Gauleiter und ferner den Reichsamtsleiter des NSDDozB „anhörte".<br />

2. Die bayrische Form. In Bayern war der Reichsstatthalter weder Gauleiter<br />

noch Chef der Landesregierung. Daher wurde der Vorschlag des Rektors über<br />

die Landesregierung dem REM zugeleitet. Die „Anhörung" der Gauleiter<br />

und des NSDDozB geschah wie in Preußen.<br />

3. Die Hamburger (hessische, sächsische) Form. Hier war der Reichsstatthalter<br />

zugleich Gauleiter und Chef der Landesregierung. Deshalb empfing die Landesregierung<br />

(zugleich der Gauleiter) den Vorschlag des Rektors und gab ihn<br />

dem REM weiter, das nur noch den NSDDozB „anhörte".<br />

4. Die badische (mecklenburgische, thüringische, württembergische) Form. Hier<br />

war der Reichsstatthalter zugleich Gauleiter, aber nicht Chef der Landesregierung.<br />

Der Vorschlag des Rektors nahm darum den Weg über die Landesregierung<br />

zum Reichsstatthalter (zugleich Gauleiter) und von diesem zum REM,<br />

das wiederum nur noch den NSDDozB „anhörte".<br />

5. Die braunschweigische Form. In Braunschweig war der Gauleiter zugleich<br />

Reichserziehungsminister. Der Ernennungsvorschlag ging über die Landesregierung<br />

ans REM (damit zum Gauleiter). Sodann „Anhörung" des<br />

NSDDozB 75 .<br />

Diese verschlungenen Wege spiegeln den desolaten Zustand, in dem sich Reich<br />

und Reichsreform befanden. Zwischen den Gauleitern und dem REM kam es auch<br />

in den folgenden Jahren immer wieder zu Reibereien, nicht nur wegen der Rektorenauswahl,<br />

sondern auch über Berufungen, besonders bei der Besetzung der<br />

Lehrstühle an den Reichsuniversitäten in den besetzten Gebieten 76 .<br />

Die Gauleiter sind indessen keineswegs die einzigen Rivalen gebheben, die Rust<br />

zu <strong>für</strong>chten hatte. Wie die Übersicht zeigt, besaß auch der Reichsamtsleiter des<br />

NSDDozB bereits ein fest umrissenes Mitspracherecht. Dasselbe gilt in einigem<br />

Abstand <strong>für</strong> den NSDStB: offiziell unbeteiligt, bestand eine „interne" Regelung,<br />

wonach der zuständige Referent „persönlich Fühlung mit dem Reichsstudenten-<br />

75 HAB-REM 98, Vermerk von Prof. Groh, 24. 2. 1937; vgl. „Grundzüge <strong>für</strong> das Verfahren<br />

bei der Ernennung eines Rektors" (HAB-REM 97, Vermerk von Prof. Groh, 11. 2.<br />

1937).<br />

76 „Die Dinge liegen <strong>für</strong> mich einfach so, daß ich mit dem derzeitigen Reichserziehungsministerium<br />

nicht zusammenarbeiten kann" (BA-R 43 II/940a, Reichsstatthalter Wagner an<br />

Lammers, 24. 7. 1941). Anlaß war ein Streit um die Berufungen nach Straßburg.<br />

<strong>Vierteljahrshefte</strong> 2/2

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