PDF Datei laden - Christophorus Hospiz Verein e.V.
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Seit ihren Anfängen haben alle Hochkulturen<br />
den Tod zu ihrem Thema gemacht,<br />
seiner Erklärung und Gestaltung größte<br />
produktive Kräfte gewidmet. Schon<br />
früh, im alten Ägypten etwa, verwandte<br />
man Phantasie und Mühe darauf, die<br />
Rohheit des Sterbens durch Riten zu<br />
mildern, die Endgültigkeit des Todes<br />
durch die Hoffnung auf ein Danach in<br />
Frage zu stellen. Das Bild war an diesem<br />
Prozess kultureller Sublimierung von Anfang<br />
an beteiligt. Totenbilder und Bilder<br />
für den Tod gehören zu den ältesten<br />
künstlerischen Zeugnissen, die wir besitzen.<br />
Die Frage nach den Anfängen realistischer<br />
Totendarstellung führt uns in die<br />
Epoche der Renaissance. Um das Jahr<br />
1500 entdeckten Künstler wie Leonardo<br />
da Vinci und Albrecht Dürer in der Anatomie<br />
eine der Grundlagen der bildenden<br />
Kunst. Das genaue Studium des<br />
menschlichen Körpers, wie es nur die damals<br />
noch heftig umstrittene Sektion<br />
von Leichnamen ermöglichte, setzte<br />
neue Maßstäbe für den Schönheitskanon<br />
der Künste; es beeinflusste etwa die Proportionslehre<br />
und die Aktdarstellung der<br />
beginnenden Neuzeit.<br />
Zum wichtigsten Träger von Totenporträts<br />
wurde in der westlichen Kunsttradition<br />
das plastische Grabmal. Schon die<br />
Etrusker setzten lebensgroße Porträtstatuen<br />
auf Sarkophage, um spätere Generationen<br />
an ihre verstorbenen Vorfahren zu<br />
22<br />
Totenbilder, Thema aller Hochkulturen<br />
Von Andreas Tönnesmann<br />
erinnern. In der christlichen Kultur fanden<br />
anspruchsvolle Grabmäler bis ins 19.<br />
Jahrhundert meist in Kirchen, seltener<br />
auf Friedhöfen Platz. Auf diese Weise<br />
standen sie den Gläubigen ständig vor<br />
Augen und regten zu liturgischem Gebet<br />
für die Seelen an. In Mittelalter und früher<br />
Neuzeit hatte das Grabmal darüber<br />
hinaus repräsentative Aufgaben zu erfüllen<br />
– es garantiert nicht nur die geistliche,<br />
sondern auch die weltliche ,memoria‘<br />
der Toten. Aus entsprechenden<br />
Rücksichtnahmen erklärt sich, weshalb<br />
die Liegefiguren, die fast immer zum<br />
Aldo Rossi, Friedhof San Cataldo in Modena,<br />
erbaut 1972-1984<br />
Grabmal gehören, in aller Regel eher<br />
Schlafende als Tote zu zeigen scheinen.<br />
Gleichwohl ist der Tod auch für viele<br />
moderne Künstler eines der großen, herausfordernden<br />
Themen geblieben. 1971<br />
schrieb die Stadt Modena in Norditalien<br />
einen landesweiten Wettbewerb für die<br />
Erweiterung ihres alten Friedhofes aus.<br />
Den Auftrag erhielt der Mailänder Archi-