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Wenn seit mehr als 90 Jahren jeden Sommer<br />

wieder auf dem Salzburger Domplatz<br />

Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel<br />

„Jedermann“ aufgeführt wird und wenn<br />

der Tod im Sterben des reichen Mannes<br />

hier nicht mehr als abstraktes Wesen, sondern<br />

als Personifikation auftritt und sein<br />

Ruf über die Köpfe der Menschen hinweg<br />

donnert, kann sich kaum einer dem Sog<br />

entziehen.<br />

Vier Jahre lang spielte der Schauspieler<br />

Ben Becker den Tod. Die Salzburger Nachrichten<br />

kommentierten dies nach der Ankündigung<br />

Beckers, diese Rolle künftig<br />

nicht mehr zu übernehmen, mit „Ben<br />

Becker pfeift auf den Tod“. Tod“ Aber so leicht<br />

scheint das – selbst im Spiel – nicht zu<br />

sein. Wenn man die Entscheidung des<br />

Schauspielers, sein klares Nein und die<br />

Feststellung „die Rolle als Tod hat mir zugesetzt“,<br />

bei der er im Interview Bewegung<br />

und Emotion durch das Vibrieren der<br />

Stimme nicht zu unterdrücken vermochte,<br />

dagegen setzt und die Worte, die er als Tod<br />

hilflos und doch zornig spricht „Es hilft<br />

kein Bitten und kein Beten“, dann ist zu<br />

erkennen, wie direkt die Kunst auf unser<br />

Innerstes, die Angst vor dem Unausweichlichen,<br />

zugreifen kann.<br />

Schon lange vorher befasste sich der junge<br />

Hugo von Hofmannsthal in dem Bruchstück<br />

„Der Tod des Tizian“ mit diesem<br />

Thema. Sohn, Schüler und Musen warten<br />

1576 angstvoll auf den Tod des neunundneunzigjährigen<br />

großen Malers und Desi-<br />

Der Tod und die Kunst<br />

Gedanken von Ingrid Pfuner<br />

derio, einer seiner Schüler, fasst das, was<br />

Kunst zu sein vermag, in die Worte<br />

„…Und hätte jeder nicht ein heimlich Bangen<br />

Von irgend etwas und ein still Verlangen<br />

Noch irgend etwas und Erregung viel<br />

Mit innrer Lichter buntem Farbenspiel<br />

Und irgend etwas, das zu kommen säumt,<br />

Wovon die Seele ihm phantastisch träumt,<br />

Und irgend etwas, das zu Ende geht,<br />

Wovon ein Schmerz verklärend ihn durchweht –<br />

So lebten wir in Dämmerung dahin,<br />

Und unser Leben hätte keinen Sinn…<br />

Die aber wie der Meister sind, die gehen,<br />

Und Schönheit wird und Sinn, wohin sie sehen.“<br />

Der damals erst achtzehnjährige Hoffmannsthal<br />

lässt Tizianello, den Sohn des<br />

Renaissancemalers, über seinen Vater sagen<br />

„… er lehrte uns, die Dinge sehen…“<br />

Weitsichtig erkannte er die Vergänglichkeit<br />

des Schaffenden und die Dauerhaftigkeit<br />

der Träume und der Hoffnung in dem<br />

Geschaffenen.<br />

Auch in der ‚jungen‘ Literatur wird ein<br />

Schriftsteller, der in Büchern, die ein Leben<br />

zwischen Krankheit und Tod erzählen<br />

und die Zerbrechlichkeit auch eines jungen<br />

Daseins zum Thema machen, zum<br />

Bestsellerautor. Aber – dem Zeitgeist entsprechend<br />

– gab der zum Kultautor erkorene<br />

Amerikaner John Green kürzlich kurz<br />

und bündig in einem Interview auf die<br />

Frage: „Wie stehen Sie zum Tod?“ die Antwort<br />

„Ich bin dagegen!“<br />

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