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zu laufen vermochte, ist vermutlich auch in den folgenden Jahren noch in der Lage, diese Strecke zu laufen,<br />
benötigt jedoch eine längere Zeit.<br />
Da Frauen eine niedrigere Grundschnelligkeit als vergleichbare Männer haben, sind Frauen in den hohen Altersklassen<br />
benachteiligt; sie müssen das Ziel innerhalb derselben Zeit erreichen wie Männer, obwohl sie ge<br />
. schlechtsspezifisch langsamer sind. Durch rigide Zielschlußzeiten werden sie abgeschreckt. Daraus erklärt sich,<br />
daß hohe weibliche Altersklassen bei Marathon- und Ultramarathonläufen gar nicht vorkommen. Man kann<br />
jedoch nicht an Seniorinnen appellieren, sich zu Ultraläufen anzumelden und dann erst die entsprechenden<br />
Altersklassen einrichten; man muß in Vorleistung treten und beharrlich eine W 70, 75 und später auch W 80<br />
anbieten. Die schriftlich nicht fixierte Absprache im DLV, Plazierungen erst zu werten, wenn rnindestens drei<br />
<strong>Teil</strong>nehmer einer Altersklasse am Start sind, gehört revidiert. Sie trägt dazu bei, Resignation zu bewirken.<br />
Unter diesen Aspekten sind Marathon-Zielschlußzeiten von 5 Stunden zu eng bemessen, wenn es sich um<br />
Veranstaltungen mit Volkslaufcharakter handelt. Auch Ultrastrecken müssen daraufhin geprüft werden. Insofern<br />
haben die Veranstalter der Bieler Lauftage mit der Herabsetzung des Zielschlusses um weitere zwei Stunden das<br />
falsche Zeichen gesetzt, auch wenn die Zieleinläufe nach mehr als 20 Stunden nicht relevant erscheinen. Eine<br />
spektakuläre Leistung wie die des 90jährigen Dr. Adolf Weidmann, die für propagandistische Zwecke des<br />
Alterssports gern in Anspruch genommen wird, wäre heute nicht mehr gestattet. Der Wegfall der Funktionen einer<br />
Frauenwartin und eines Alterssportwartes im Präsidium der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung ist in diesem<br />
Sinne ebenfalls kontraproduktiv.<br />
Das Argument, daß alte Menschen erkennen müßten, eines Tages Abschied vom Wettbewerbssport zu nehmen,<br />
gilt offenbar nur für den Laufsport, nicht jedoch in den klassischen Leichtathletik-Disziplinen. Hier finden<br />
Kurzstreckenläufe ohne Altersbeschränkung oder zeitliche Qualifikationen statt. 100 Meter darf man hier in<br />
beliebiger Zeit laufen. Für ältere Menschen sind die Leistungsnormen bei der Ablegung der Sportabzeichen<br />
Prüfung erniedrigt. Da ist keine Rede davon, daß Achtzigjährige zu alt dafür seien. Ausgerechnet bei Ausdauerprüfungen<br />
jedoch sollen Menschen in einem Alter, in dem unter den fünf Aktualfähigkeiten am ehesten noch die<br />
Ausdauer erhalten geblieben ist, aus den Veranstaltungen gedrängt werden. Zwar wird sich die Alterspyramide<br />
des Sports nur allmählich erhöhen, aber die Veranstalter sollten bereits von Anfang an das Angebot für ein<br />
höheres Alterspotential bereithalten. Wenn erst einmal Alterssportler zwangsläufig weggeblieben sind, wird es<br />
schwer, wenn nicht gar unmöglich, diese wieder für eine Laufveranstaltung zu gewinnen; Motivation und<br />
Trainingsanreize gehen verloren. Sechs- und Zwölfstunden-Läufe sind kein Ersatz für Landschaftsläufe.<br />
Praktische Umsetzung: Nicht bei allen Veranstaltungen wird eine zeitliche Ausweitung möglich sein. Dort, wo<br />
öffentliche Straßen benützt werden, wird die Handhabung der Verkehrssicherungspflicht auf Grenzen stoßen. Bei<br />
Meisterschaften ist der Zeitaufwand für die Auswertung noch am seiben Tag zu berücksichtigen. Um so mehr<br />
sollten sich die Veranstalter von Landschaftsläufen dazu aufgerufen fühlen, mit ihren Zielschlußzeiten alten<br />
Läuferinnen und Läufern entgegenzukommen. Dies gilt in Deutschland besonders für den Supermarathon des<br />
GutsMuths-Rennsteiglaufs. Eine Verlängerung des Zielschlusses um zwei Stunden auf 20 Uhr scheint möglich.<br />
Bisher schon ist Rücksicht auf noch auf der Strecke befindliche Läufer genommen worden; doch sollten solche<br />
<strong>Teil</strong>nehmer nicht von Gnade und Barmherzigkeit abhängig sein, sondern von vornherein in die Wertung<br />
einbezogen werden. Die Tatsache, daß die Strecke über Wanderwege führt, läßt eine zeitliche Ausweitung zu.<br />
Die Verkehrssicherung beim Passieren der Straße vor Schmiedefeld könnte aufgehoben werden; es ist den<br />
<strong>Teil</strong>nehmern zuzumuten, daß sie die Straße auf eigenes Risiko überqueren, zumal hier ohnehin der Gehschritt<br />
praktiziert wird. Auch die Verpflegungsstationen auf den 17 Kilometern zwischen Oberhof und Schmiedefeld<br />
könnten wie bisher abgebaut werden. <strong>Teil</strong>nehmern, die zu dieser Stunde unterwegs sind, ist zuzumuten, daß sie,<br />
wenn erforderlich, eine Trinkflasche mit sich führen. Es verzögert sich nur die Einziehung etlicher<br />
Markierungsbänder; niemand wird Anstoß nehmen, wenn das erst am nächsten Tag geschieht. Die Moderation<br />
am Ziel muß nicht ausgedehnt werden; es genügt, wenn die notwendigen Funktionen, Zeitkontrolle, Überreichung<br />
einer Medaille und des Gepäcks, zwei Stunden länger ausgeübt werden. Da zu dieser Zeit in Schmiedefeld noch<br />
der Festbetrieb im Gange ist, läßt sich die Infrastruktur ohne weiteres aufrechterhalten. Auch das Angebot eines<br />
Kleinbusses mit Abfahrt um 20.30 Uhr nach Eisenach müßte sich bei vorbestellter Belegung organisieren lassen.<br />
Bereits in der Vergangenheit hat die Organisation des GutsMuths-Rennsteiglaufs durch die Ausweitung auf<br />
andere Angebote als Supermarathon und Marathon Mehrbelastungen in Kauf genommen. Es sollte möglich sein,<br />
auch die Ausweitung des Zielschlusses für den Supermarathon zu verkraften. Der Rennsteiglauf könnte damit<br />
eine Vorreiterrolle für den Zugang von Senioren zu anspruchsvollen Strecken spielen - dies um so mehr, als eine<br />
Ausweitung bei alpinen Läufen nur sehr eingeschränkt möglich wäre.<br />
Erwartungen: Es ist anzunehmen, daß die Berücksichtigung von Seniorenläuferinnen und -läufern in-Ger gesamten<br />
Volkslaufbewegung honoriert würde und damit vielleicht sogar einen Anschub für die unteren Altersklassen<br />
brächte. Nicht nur soziale Gründe sprechen für eine Ausweitung von Zielschlußzeiten, sondern auch<br />
gesundheits- und sportpolitische Gründe. Seniorenläuferinnen und -läufer haben für die Öffentlichkeit Vorbildcharakter.<br />
Ihr vermehrtes Auftreten könnte vor Augen führen, daß alte Menschen zwar nicht mehr durch<br />
Schnelligkeit, sehr wohl aber durch Ausdauer mit Jüngeren gleichziehen können. Nicht Schnelligkeit, sondern<br />
Ausdauer-Disziplinen sind gesundheitsrelevant.<br />
Anmerkung: Der Autor schreibt seine Beiträge in konservativer Rechtschreibung! Gleiches gilt für seine "Bücherfundgrube" auf<br />
den Seiten 128 und 129.<br />
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