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Andrej Pleterski

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auf den Mann aus der Prophezeiung warteten. Sie kleideten ihn in Königsgewänder und führten ihn<br />

mit (Rolleston 1994, 166 ff).<br />

Rolleston berichtet offensichtlich nach der Schrift Togail Bruidne Da Derga. Dieser altirische<br />

Text stammt aus dem 9. Jh. (Bhreathnach 1995, 89). Nemglan ist König der Vögel von Conairs<br />

Vater. Kürzer gefaßt, Nemglan ist Conairs Vater. Seine himmlische Abkunft bestätigt auch sein<br />

Name, nem ist der Himmel (Thurneysen 1909, 87). Die Auseinandersetzung, die in der Erzählung<br />

nicht ausführlich geschildert wird, wird tatsächlich zwischen Vater und Sohn ausgetragen. Die drei<br />

Blutsbrüder deuten in ihren Namen auf verschiedene Eigenschaften, z.B.: Fer = Mann, ga(i)rid =<br />

ruft, le = vereint (Thurneysen 1909, 75 ff). Wie wir oben gesehen haben, erwarten Conair auf der<br />

Temair noch die Wagen-, Pferde-, Kleider- und Steinprobe.<br />

Echtra mac nEchdach Mugmedóin (Die Abenteuer von Eochu Mugmedóns Söhnen). Der Autor<br />

einer der Texte soll im 11. Jh. Cúán úa Lothcháin gewesen sein, einzelne Bestandteile könnten schon<br />

aus dem 8. Jh. stammen (Bhreathnach 1995, 97 f). Die Geschichte erzählt, wie der legendäre<br />

Temair-König Níall Noígíallach zu seiner Herrschaft gekommen war. Obwohl er in den Jahren von<br />

379 bis 405 geherrscht haben soll, gehört er tatsächlich zur Gruppe der halblegendären Könige. Den<br />

Beinamen Noígíallach (neun Geiseln) soll er nach den neun Geiseln erhalten haben, von denen er fünf<br />

aus Irland und vier aus Schottland genommen hatte (Bhreathnach 1995, 88 ff; Dillon 1994, 38).<br />

Kurzer Inhalt: Seine Mutter war Prinzessin Cairenn, die sein Vater, der Temair-König Eochu<br />

entführt hatte (Joynt 1910, 93). Nach seiner Geburt setzen sie Níall aus, und er kehrt erst neun Jahre<br />

später in einem Umhang, der wie frisches Gras ist, auf die Temair zurück (Joynt 1910, 95 ff). Er hat<br />

vier Halbbrüder von einer anderen Mutter. Eochu überläßt es dem Schmied Sithchenn, unter ihnen<br />

den Nachfolger zu wählen. Dieser setzt die Schmiede, in der die Brüder arbeiten in Brand. Níall<br />

bringt den Amboß heraus, Brían die Hammer, Fíachra den Biereimer und die Bälge, Aillil die Waffen,<br />

Fergus das Reisigbündel mit einem darin befindlichen Eibenstock. Sithchenn gratuliert Níall als dem<br />

Sieger. Eines Tages gehen die Brüder auf Jagd und verlieren sich im Wald. Sie errichten ein Feuer<br />

und kochen die Beute (Dillon 1994, 39), ein Wildschwein (Joynt 1910, 101). Einer der Brüder macht<br />

sich auf den Weg, Wasser zu holen. An der Quelle trifft er auf eine alte Frau, schwarz wie Kohle mit<br />

grauem Kopf (Dillon 1994, 39; Joynt 1910, 103). Ihre Haare gleichen dem Schweif eines<br />

Wildpferdes. Die schmutzigen Zähne reichen von Ohr zu Ohr. Ihre Augen sind schwarz, die Nase<br />

gebogen und flachgedrückt, der Leib dürr, die Unterschenkel verbunden, die Knie und Knöchel dick,<br />

die Schultern breit, die Nägel grün (Dillon 1994, 39). Für das Wasser fordert sie einen Kuß. Die vier<br />

Brüder weisen sie ab und erst Níall willigt ein und legt sich zu ihr. Als er sie wieder anschaut, ist sie<br />

in eine Schönheit verwandelt. Jetzt ist sie weiß, gekleidet in einen scharlachroten (grünen nach der<br />

Versvariante - Joynt 1910, 105) Mantel. Sie stellt sich als Herrschaft vor, reicht ihm das Wasser und<br />

gibt ihm den Rat, es nicht den Brüdern zu geben, bis sie seine Oberherrschaft anerkennen, und die<br />

Waffen eine Handbreit über die ihren zu erheben. Níall handelt, wie er es gelernt hat. Dann kehren<br />

die Brüder auf die Temair zurück, und als sie die Waffen erheben, erhebt sie Níall eine Handbreit<br />

höher (Dillon 1994, 39 f).<br />

Níall ist kein gewöhnlicher Mensch. Der Name des Vaters gibt zu erkennen, daß er der Sohn eines<br />

Pferdes ist. Seine Rückkehr in grünem Umhang nach langer Abwesenheit, die Rückkehr des Bruders,<br />

der Name, der ihn als zehnten neben neun darstellt, all diesen Eigenschaften begegnen wir auch bei<br />

der slawischen Gottheit, den die slowenische Überlieferung als Zeleni Jurij (=Grüner Georg) und als<br />

Deseti brat (=Zehnter Bruder) kennt. Níall geht aus der Probe als Sieger hervor, weil er aus der<br />

Schmiede den schwersten Gegenstand herausträgt, er ist also der stärkste. Die alte Frau, die das<br />

Wasser hütet, wird im allgemeinen als Hexe bezeichnet, aber ihre Beschreibung deutet darauf hin,<br />

daß es sich in der Tat um eine Stute handelt. Als sie sich in eine Schönheit verwandelt, ist das auch<br />

eine Verwandlung in eine menschliche Gestalt, was aus Níalls Feststellung: “Welche Gestalt hast Du<br />

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