1 Zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft: Zur Mehrdeutigkeit des ...
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<strong>Zwischen</strong> <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>: <strong>Zur</strong> <strong>Mehrdeutigkeit</strong> <strong>des</strong><br />
Familienrates<br />
Frank Früchtel<br />
Das Vorgehen im Familienrat<br />
Heute weiß jeder Neuseeländer, was ein Familienrat (dort: Family Group<br />
Conference) ist, viele haben schon bei einem mitgemacht, als<br />
Familienangehöriger, Lehrer, Kind, Kumpel aus dem Rugbyverein, bester<br />
Fre<strong>und</strong> eines Jugendlichen, Pfarrer, Verwandter, Kollege, denn alle, die für die<br />
Familie Bedeutung haben <strong>und</strong> für das Wohl <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> einen Unterschied<br />
machen können, sind berechtigt mitzumachen. Dazu kommen ein neutraler,<br />
unabhängiger Koordinator, der Auftraggeber <strong>des</strong> Familienrates (Jugendamt,<br />
Schule, Polizei, Familiengericht, freier Träger, also die Institution, die sich Sorge<br />
um das Wohl eines jungen Menschen macht oder sich mit seinen Taten<br />
beschäftigen muss) sowie Fachleute als Informanten. Der Koordinator wird<br />
zusammen mit der Kernfamilie alle Beteiligungsberechtigten ausfindig machen,<br />
vorinformieren <strong>und</strong> einladen. Diese Vorbereitungsarbeit ist aufwändig, aber der<br />
weite Kreis von Teilnehmenden aus der Lebenswelt <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> vergrößert die<br />
Chance, dass die Lösung von dort kommt, dass eine Dynamik in der<br />
Verwandtschaft entsteht, dass Verantwortung übernommen wird. Gleichzeitig<br />
wird das Risiko verringert, dass Dinge unter den Teppich gekehrt werden. Der<br />
Koordinator beratschlagt zudem mit den Hauptbetroffenen, wie der Familienrat<br />
ablaufen soll. Die Familie, die als Gastgeber auftritt <strong>und</strong> die Beteiligten<br />
empfängt, bestimmt den Ort. Getan wird, was zur Beratung in der jeweiligen<br />
Familiengruppe passt: Begrüßungszeremonien, musikalische <strong>und</strong> rituelle<br />
Elemente. Mahlzeiten sind in jedem Falle wichtig. Durch das offensichtliche<br />
Anknüpfen an die Gepflogenheiten <strong>und</strong> Kulturen der Familien wird<br />
1
unmissverständlich klar, dass ein Familienrat ein Planungstreffen der Familie<br />
ist, bei dem Fachleute beteiligt sind <strong>und</strong> kein Planungstreffen von Fachleuten,<br />
bei dem Betroffene beteiligt werden. Diese Form von "Besitzerschaft"<br />
vermindert die Definitionsmacht der Hilfeprofis entscheidend <strong>und</strong> steigert die<br />
Bereitschaft der Betroffenen, Verantwortung zu übernehmen. Der eigentliche<br />
Familienrat gliedert sich in drei Phasen (Genauere methodische Ausführungen<br />
in Früchtel et al. 2007). Die Eröffnung erfolgt durch ein Familienmitglied <strong>und</strong><br />
durch ein in dieser Familie übliches Ritual. Dann erklärt der Koordinator das<br />
Prinzip <strong>und</strong> den Ablauf <strong>und</strong> leitet die Informationsphase ein: Eine Fachkraft<br />
beschreibt präzise <strong>und</strong> kompakt, was ihr Sorge macht. Dann berichten die<br />
anderen Fachkräfte ihren Kenntnisstand <strong>und</strong> referieren wichtige allgemeine<br />
Informationen zum vorliegenden Problem, ohne dabei spezifische<br />
Lösungswege zu implizieren. Wenn der Koordinator sicher ist, dass alle auf<br />
dem gleichen Informationsstand sind <strong>und</strong> alle Fachfragen an die Fachleute<br />
beantwortet sind, stellt er Einigkeit darüber her, was der Auftrag an die<br />
Familiengruppe ist. Er ergibt sich aus der Sorge <strong>des</strong> Amtes <strong>und</strong> wird explizit<br />
formuliert, zum Beispiel: «Machen Sie einen Plan, wo <strong>und</strong> wie Nicole in Zukunft<br />
gut leben <strong>und</strong> aufwachsen kann.» Dann zieht sich die Familiengruppe zur<br />
Beratung zurück. Die eigentliche Planungsphase, die "Family only Phase", ist<br />
als profifreier Raum konzipiert. Der Plan kommt ohne Zutun <strong>und</strong> Mitsprache von<br />
Fachleuten zustande, die erst ein paar St<strong>und</strong>en später, in der<br />
Verhandlungsphase vom der Familiengruppe mitgeteilt bekommen, was zu tun<br />
ist, um das Problem zu lösen. Wenn die Fachkraft, die die Sorge formuliert hat,<br />
nicht der Meinung ist, dass der Plan ausreicht, formuliert sie genau, wo ihre<br />
"Restsorge" liegt <strong>und</strong> die Familie beginnt mit einer Nachbesserung <strong>des</strong> Planes.<br />
Die Verhandlungsphase ist als Konsens schaffender Prozess gedacht, d.h. er<br />
wird so lange verhandelt, bis ein für alle gangbarer Weg vorliegt.<br />
Der Anachronismus im Familienrat<br />
Unter Maoris, den ersten Einwohnern von Neuseeland, beginnt jede offizielle<br />
Rede mit einem "Mihi", einer Erklärung, wer man ist, in Beziehung zu Ahnen,<br />
2
Stamm <strong>und</strong> Herkunftsort. Sich als "Individuum" vorzustellen ist im besten Falle<br />
irrelevant, im schlimmsten Falle gilt es als schlechter Stil. In der Vorstellung<br />
eingeschlossen ist eine Würdigung der andern Anwesenden. Das ist nicht nur<br />
eine Formalität, sondern hat zwei Funktionen: (1) Es drückt aus, dass Sprecher<br />
<strong>und</strong> Zuhörer jeweils eine bestimmte Position haben, von der aus sie hören oder<br />
sprechen: Es gibt unterschiedliche Kontexte, mit unterschiedlichen Wahrheiten.<br />
Ein Mihi betont ein multiples Wahrheitsverständnis. (2) Die Würdigung aller<br />
Anwesenden betont auch das Kollektive, das Gemeinsame <strong>des</strong> Unternehmens.<br />
Der Erfolg der Versammlung beruht auf gemeinschaftlicher Anstrengung (vgl.<br />
Love 2005). Angelpunkt der Identität ist das Whakapapa, der Stammbaum, der<br />
die Stellung <strong>des</strong> Einzelnen in Relation zu anderen <strong>und</strong> zum Herkunftsort<br />
bestimmt. Familie, Verwandtschaft <strong>und</strong> Sippe sind für die Erklärung der eigenen<br />
Haltung, Ziele, Leistungen von zentraler Bedeutung. Der einzelne Mensch wird<br />
gesehen als ein Bestandteil seiner Hapu, Iwi (Stamm, Sippe) <strong>und</strong> Whanau<br />
(Großfamilie, ein Wort, das mittlerweile auch westliche Einwanderer in<br />
Neuseeland benutzen, wenn sie den Kreis der Menschen meinen, der wichtig<br />
für sie ist.) Die Leute von Maunga Pohatu, westlich von Gisborne,<br />
beispielsweise rezitieren ihr Whakapapa bis zu Huti, <strong>des</strong>sen Boot ihre<br />
Vorfahren vor h<strong>und</strong>erten von Jahren von weit her zum "Land der langen weißen<br />
Wolke" (Aotearoa, Maorisprache für Neuseeland) brachte.<br />
Die ethnologische Einleitung deutet die These <strong>des</strong> Artikels an: Der Familienrat<br />
als Hilfeplanungsverfahren ist eine Modellierung von Problemlösungspraktiken,<br />
die im modernen Sozialstaat nicht vorgesehen sind, weil sie auf traditionalen<br />
Werten <strong>und</strong> Gepflogenheiten beruhen, die in der verwissenschaftlichten,<br />
verrechtlichten <strong>und</strong> institutionalisierten Sozialarbeit keine tragende Rolle<br />
spielen. Man könnte auch sagen, der Familienrat ist die Inszenierung eines<br />
Anachronismus. Diese These werde ich nun ausführlicher mit einem<br />
Begriffspaar zu erklären, das Ferdinand Tönnies geprägt hat: "<strong>Gemeinschaft</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>":<br />
<strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
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Ferdinand Tönnies, ein dt. <strong>Gesellschaft</strong>swissenschaftler der ersten St<strong>und</strong>e, hat<br />
1887 ein Buch mit dem Titel "<strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>" geschrieben<br />
(2005) <strong>und</strong> stellt darin die Frage, warum Menschen sich um andere Menschen<br />
kümmern <strong>und</strong> warum Menschen mit anderen Menschen kooperieren. Diese<br />
Fragen sind nach Tönnies auf zwei sehr unterschiedliche Arten beantwortbar.<br />
Einmal nimmt Tönnies an, dass Menschen anderen Menschen helfen, wenn sie<br />
sich als Teil einer "<strong>Gemeinschaft</strong>" empfinden, deren Gesamtwohlergehen für<br />
sie einen sehr hohen Wert hat. In die <strong>Gemeinschaft</strong> empfindet sich der Mensch<br />
eingewoben. Er sieht sich als Teil eines sozialen Kreises, den er nach Kräften<br />
schützen <strong>und</strong> nähren will, <strong>und</strong> von dem er sich gleichzeitig unterstützt <strong>und</strong><br />
getragen fühlt. Solche <strong>Gemeinschaft</strong>sbeziehungen kann man sich nicht<br />
aussuchen kann, sondern ist mit denen zusammen, mit denen man seit dem<br />
Zufall der Geburt verwachsen ist. <strong>Gemeinschaft</strong>sbeziehungen lassen sich auch<br />
nur begrenztem Maße austauschen: Schwester bleibt Schwester, Fre<strong>und</strong>e kann<br />
man nicht wie Hemden wechseln <strong>und</strong> schließlich sind <strong>Gemeinschaft</strong>sbeziehungen<br />
ausufernd. Man ist für alles zuständig: Wenn der Wagen <strong>des</strong><br />
besten Fre<strong>und</strong>es nicht anspringt, besteht die Erwartung auf Aushilfe <strong>und</strong> auch<br />
wenn er ein Problem mit seiner Partnerin bleibt man zuständig. In<br />
<strong>Gemeinschaft</strong>sbeziehungen herrscht eine Allzuständigkeit, die wir uns als<br />
Fachkräfte überhaupt nicht vorstellen können. Typisch für<br />
<strong>Gemeinschaft</strong>sbeziehungen sind Eltern-Kind-Beziehungen. Hier ist<br />
"<strong>Gemeinschaft</strong>" so stark, dass sogar der Begriff "Beziehung" unpassend wirkt:<br />
Eltern haben mit ihren Kindern keine "Beziehung", sie gehören ihnen<br />
gewissermaßen. Andere Beispiele sind: Lebensgemeinschaften,<br />
Ehegemeinschaften, Geschwisterbeziehungen, Busenfre<strong>und</strong>schaften, aber in<br />
schwächerer Form auch Nachbarschaften <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>eskreise, oder in Tönnies<br />
Worten <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>des</strong> Blutes (Verwandtschaft), <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>des</strong> Ortes<br />
(Nachbarschaft) <strong>und</strong> <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>des</strong> Geistes (Fre<strong>und</strong>schaft) (Tönnies 2005,<br />
S. 16 f)<br />
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In <strong>Gemeinschaft</strong>en helfen Menschen anderen Menschen, weil sie sich kennen,<br />
Anteil am Leben der anderen nehmen, weil sie eine Neigung zur Mit-Freude<br />
<strong>und</strong> zum Mit-Leide (ebd. 23) haben <strong>und</strong> weil als Teil eines sozialen Ganzen<br />
sehen. Das "Einverständnis in der <strong>Gemeinschaft</strong> ist ein "stillschweigen<strong>des</strong>", d.h.<br />
man vereinbart Hilfe nicht, sondern sie geschieht, ohne dass viel darüber<br />
gesprochen wird. Dabei wird nach "hauskommunistischen Gr<strong>und</strong>satz nicht<br />
abgerechnet, sondern der Einzelne trägt nach seinen Kräften bei <strong>und</strong> genießt<br />
nach seinen Bedürfnissen (Weber 278), wenngleich eine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Gegenseitigkeitserwartung existiert. Wem geholfen wurde, der versucht etwas<br />
zurück zugeben, das aber nicht wie "Bezahlung" anmuten darf, sondern wie<br />
Anerkennung <strong>und</strong> Ausgleich. Wenn dagegen Aushandlungen, Entgelte <strong>und</strong><br />
Verträge notwendig sind, befindet man sich in dem, was Tönnies "<strong>Gesellschaft</strong>"<br />
nennt. Dort bestimmen andere, moderne Motive wie <strong>und</strong> warum Menschen sich<br />
helfen, verbinden oder verbünden.<br />
War in der <strong>Gemeinschaft</strong> der Mensch primär mit anderen Menschen verb<strong>und</strong>en,<br />
so ist er in der "<strong>Gesellschaft</strong>" gr<strong>und</strong>sätzlich von anderen Menschen getrennt:<br />
"eine Menge von … Individuen, der Willen <strong>und</strong> Gebiete in zahlreichen<br />
Beziehungen zueinander <strong>und</strong> in zahlreichen Verbindungen miteinander stehen<br />
<strong>und</strong> doch voneinander unabhängig … bleiben" (ebd. S. 60). Der Mensch<br />
empfindet sich nicht Teil von etwas, sondern als Einheit für sich selbst (vgl.<br />
dazu Heiner Keupps Buchtitel: Eine <strong>Gesellschaft</strong> der Ichlinge? (2000), <strong>und</strong> es<br />
sind die eigenen Anstrengungen, die Menschen mit anderen Menschen in<br />
Verbindung bringen. Diese bewusst geschaffenen Verbindungen sind allerdings<br />
meist nur ausschnittweise, d.h. auf einen bestimmten Zweck gerichtet <strong>und</strong><br />
dauern solange, wie dieser Zweck besteht bzw. solange wie wir sie zulassen.<br />
Durch unser Rollenhandeln werden wir gewissermaßen "viel-ichig". Insofern<br />
trifft der Prechts (2010) Buchtitel "Wer bin ich <strong>und</strong> wenn ja wie viele?" das<br />
moderne Existenzgefühl ziemlich genau. In der <strong>Gesellschaft</strong> wird der Staat mit<br />
seinen Gesetzen <strong>und</strong> Organisationen als Vermittler zwischen Unverb<strong>und</strong>enen<br />
notwendig, weil auch die Unverb<strong>und</strong>enen aufeinander angewiesen sind. Der<br />
Staat regelt, wie viel Verbindung <strong>und</strong> Verbindlichkeit ich z.B. als Klient von<br />
5
einem Sozialarbeiter erwarten kann, durch Arbeitverträge, Leistungsverträge<br />
<strong>und</strong> Rechtsansprüche. Typische <strong>Gesellschaft</strong>s-Beziehungen sind die<br />
Beziehungen zwischen Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer, zwischen Mieter <strong>und</strong><br />
Vermieter oder zwischen Käufer <strong>und</strong> Verkäufer <strong>und</strong> eben auch die Beziehung<br />
zwischen Sozialarbeiter <strong>und</strong> Klient.<br />
Bürger zweier Welten<br />
Die <strong>Gemeinschaft</strong> ist die ältere, die <strong>Gesellschaft</strong> die moderne Sozialform<br />
(Tönnies 2005, S. 5). Das Wesen der <strong>Gemeinschaft</strong> ist Beständigkeit <strong>und</strong><br />
Geborgenheit Das Wesen der <strong>Gesellschaft</strong> ist Freiheit <strong>und</strong> Veränderbarkeit.<br />
Max Weber formulierte das so: "Vergemeinschaftung" soll eine soziale<br />
Beziehung heißen, wenn <strong>und</strong> soweit die Einstellung ... auf subjektiv gefühlter<br />
(affektualer oder traditionaler) Zusammengehörigkeit … beruht.<br />
"Vergesellschaftung" … soweit die Einstellung auf rational motiviertem<br />
Interessenausgleich oder … Interessenverbindung beruht" (2010, S. 29). Der<br />
reinste Typ der Vergesellschaftung ist nach Weber der "frei paktierte Tausch<br />
auf dem Markt" (ebd.).<br />
Beide Sozialformen sind nur idealtypisch trennbar. Sie kommen in der in der<br />
Wirklichkeit immer in einem Mischungsverhältnis vor. "Jede noch so<br />
zweckrationale <strong>und</strong> nüchtern geschaffene <strong>und</strong> abgezweckte soziale Beziehung<br />
(K<strong>und</strong>schaft z.B.) kann Gefühlswerte stiften, welche über den gewillkürten<br />
Zweck hinausgreifen. (…) Ebenso kann umgekehrt eine soziale Beziehung,<br />
deren normaler Sinn Vergemeinschaftung ist, von den Beteiligen ganz oder<br />
teilweise zweckrational orientiert werden (ebd. S. 30).<br />
Wir sind also Bürger zweier Welten: Bürger einer altertümlichen, beständigen<br />
<strong>und</strong> kleinen Welt <strong>und</strong> gleichzeitig Bürger einer modernen, sich permanent<br />
verändernden, einer geradezu grenzenlosen Welt <strong>und</strong> wir spüren wir die<br />
Bruchstellen immer deutlicher. Ulrich Beck hat in seinem Buch "Die Erfindung<br />
<strong>des</strong> Politischen" (1993) dieses eigenartige Phänomen, als einen Übergang<br />
unserer modernen Zeit in eine andere Moderne beschrieben: "Die Moderne (die<br />
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"<strong>Gesellschaft</strong>", Verf.) hat die Tradition (die "<strong>Gemeinschaft</strong>", Verf.) aufgelöst <strong>und</strong><br />
jetzt wird die Moderne überrollt." Das geschehe nicht geplant <strong>und</strong> gewollt,<br />
sondern durch die ungewollten Nebenfolgen <strong>des</strong> zweckrationalen <strong>und</strong><br />
selbstbezogenen Denkens der modernen <strong>Gesellschaft</strong>. Die Problemlösungsstrategien<br />
der modernen Welt (mehr Rationalität, mehr Markt, mehr Technik,<br />
mehr Recht) produzierten neben Lösungen vor allem neue Probleme, <strong>und</strong><br />
offenbarten damit immer deutlicher die Grenzen der vertrauten<br />
Fortschrittsinstrumente. Beck hält den Fortschritt der Moderne für nur<br />
halbmodern (ebd., 92) weil er auf Verdrängung emotional partikularer Vernunft<br />
durch rationales generalistisches Großfassadendenken autonomer Teilsysteme<br />
beruhe <strong>und</strong> weil Individualisierung nicht nur Freiheit <strong>und</strong> Entwicklung, sondern<br />
auch Einsamkeit <strong>und</strong> Reduzierung bedeute (Beck 1986, 175): "Wir leben in<br />
einer Welt <strong>des</strong> "Und", denken aber oft noch in Kategorien <strong>des</strong> "Entweder-oder"<br />
(Beck 1993, 95).<br />
Weiter oben wurde behauptet, der Familienrat sei die Modellierung eines<br />
Problemlösungshandeln, das im modernen Sozialstaat nicht vorgesehen ist. Er<br />
setzt auf Perspektiven <strong>und</strong> Praktiken, die aus der Sicht der modernen<br />
Sozialarbeit mitunter altmodisch anmuten, weil sie nicht ins moderne<br />
Fortschrittsschema der Maximierung von Wissenschaft, Markt, Individualität <strong>und</strong><br />
Recht passen. Der Familienrat ist entstanden aus der Beobachtung der<br />
Grenzen der modernen Strategien, gewissermaßen als "reflexive<br />
Modernisierung" (ebd.). Das soll die folgende historische Darstellung<br />
illustrieren.<br />
Historische Entwicklung bis zum Familienrat<br />
Die neuseeländischen Inseln, einer der am spätesten von Menschen<br />
besiedelten Bereiche der Erde, wurden von seefahrenden Polynesiern entdeckt.<br />
Sie hatten bereits um 4000 v. Ch. damit begonnen, sich aus Ostasien über die<br />
Inselgruppen <strong>des</strong> westlichen Pazifik nach Osten auszubreiten. Über die<br />
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Salomon-Inseln erreichten sie um 1100 v. Tonga <strong>und</strong> Samoa, zogen weiter<br />
nach Osten <strong>und</strong> erreichten um 300 v. Ch. die Marquesas-Inseln. Von dort aus<br />
gelangten die Polynesier um 300 n. zu den Osterinseln <strong>und</strong> 400 n. bis Hawaii.<br />
In Neuseeland fassten sie im Jahre 1280 Fuß, wobei es auch ältere Theorien<br />
gibt, denen zufolge die Menschen bereits im Jahr 100 in Neuseeland ankamen<br />
(www.landcareresearch.co.nz). Mit Bevölkerungswachstum ist die Ausbreitung<br />
alleine nicht zu erklären, sondern man geht davon aus, dass der Drang, neue<br />
Länder zu entdecken tief in der polynesischen Kultur verwurzelt sein musste<br />
<strong>und</strong> so unwiderstehlich war, dass einige sogar bis nach Südamerika segelten<br />
<strong>und</strong> wieder zurückkehrten. Anders ist das Vorkommen der Süßkartoffel die von<br />
dort kommt <strong>und</strong> in Neuseeland angebaut wurde, lange bevor die Europäer<br />
kamen, nicht wirklich erklärbar (King 2003, 33).<br />
"Lass die Erde erzittern / So stark wie du kannst / So stark wie wir können / Ich<br />
lebe! / Das Leben gehört mir! / Ich werde besiegt werden. / Ich werde sterben. /<br />
Ich werde mir mein Leben zurücknehmen. / Das Leben gehört mir! / Ich bin von<br />
ehrenwerten Menschen geboren. / Deren Vermächtnis auf mich scheint wie die<br />
Sonne. / Schritt halten. / Bleibt in der Reihe. / Haltet durch! / In der leuchtenden<br />
Sonne." (Haka Liedtext)<br />
Haka ist der bekannteste Ritualtanz der Māori. Der Liedtext deutet auf einen<br />
starken, selbstbewussten Ritus der letzten großen <strong>Gemeinschaft</strong> der Erde hin,<br />
die unberührt <strong>und</strong> unbeeinflusst von der Außenwelt lebte (King 2003, S. 91).<br />
Die weißen Einwanderer (der Holländer Abel Tasman, 1642 <strong>und</strong> der Engländer<br />
James Cook, 1770), trafen also auf ein stolzes Volk, von ehrenwerten Eltern<br />
geborener Menschen, das seine Stärke in seiner Unerschrockenheit <strong>und</strong> in<br />
seiner <strong>Gemeinschaft</strong> sah. Die Einwanderung verlief dennoch anfänglich<br />
friedlich, aber durch die Einführung von Feuerwaffen kam es zu einer neuen<br />
Qualität der kriegerischen Auseinandersetzung, zwischen Pakehas (westliche<br />
Siedler) <strong>und</strong> Maoris, aber auch unter den verschiedenen Maoristämmen. Die<br />
Musketenkriege (1807 - 1842) schufen wildwesthafte Zustände (Crosby 1999),<br />
die die engl. Kolonialmacht aus zwei Gründen zu befrieden suchte: Man wollte<br />
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Neuseeland zur britischen Kolonie machen <strong>und</strong> das ging nur wenn dort Recht<br />
<strong>und</strong> Ordnung etabliert werden konnte. Zweitens wollte man die Maoris<br />
schützen, denn es zeichnete sich ab, dass diese den Auseinandersetzungen<br />
mit der ständig steigenden Zahl weißer Siedler erliegen würden. Im Jahr 1840<br />
gelang den Briten das diplomatische Meisterstück, 540 Māori-Häuptlinge an in<br />
der Siedlung Waitangi zu versammeln, <strong>und</strong> mit ihnen einen Vertrag zu<br />
schließen, die berühmte "Treaty of Waitangi". Mit diesem schenkten die Maoris<br />
ihr gesamtes Land, von einigen kleinen Ausnahmen abgesehen, der englischen<br />
Krone <strong>und</strong> behalten im Gegenzug das Ranagtiratanga, die Garantie<br />
traditioneller Selbstverwaltung <strong>und</strong> bekommen die britische<br />
Staatsangehörigkeit, mit allen demokratischen Rechten. Aus heutiger Sicht ist<br />
der Vertrag von Waitangi ein großartiges Zeugnis <strong>des</strong> fairen Umgangs einer<br />
überlegenen Macht mit einer unterlegenen, auf den man in Neuseeland bis<br />
heute ausgesprochen stolz ist. Aber aus heutiger Sicht ist der Vertrag aber<br />
auch ein genialer Schachzug der Māoris. Sie haben sich damit in weitsichtiger<br />
Weise umfängliche Rechte gesichert, die nun Verfassungscharakter haben.<br />
Das Waitangi Tribunal wacht darüber, dass staatliches <strong>und</strong> privates Handeln im<br />
Geiste <strong>des</strong> Vertrages von Waitangi geschieht (www.waitangi-tribunal.govt.nz).<br />
Allerdings ist die Treaty auch bis heute Symbol der Reibung zweier der<br />
Kulturen.<br />
So ist auch erklärbar, warum der 1974 in Kraft getretene "Children and Young<br />
Persons Act", der staatliche Eingriffsrechte in Kinderschutzfällen regelte <strong>und</strong><br />
multidisziplinäre Kinderschutzteams einrichtete - alles in allem ein recht<br />
fortschrittliches Gesetz, bereits 1982 mit der Kritik <strong>des</strong> „institutionellen<br />
Rassismus“ konfrontiert wurde <strong>und</strong> diese Kritik auch sehr ernst genommen<br />
wurde. Empirisch belegt wurde die Kritik mit Fallzahlen: Maorikinder fanden sich<br />
weit überproportional in stationären Hilfen, während die Fachkräfte <strong>und</strong><br />
Pflegeeltern ausschließlich Pakehas waren. Die Pflegefamilien hatten meist<br />
keinerlei Verbindung zur den Herkunftsfamilien <strong>und</strong> mehrmalige Wechsel der<br />
Pflegefamilien <strong>und</strong> Heime waren der Normalfall in einer Hilfebiographie. Die<br />
Kritik lautete, dass die kinderzentrierte Ausrichtung der Jugendhilfe die<br />
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langfristigen Bedürfnisse der Kinder nach kultureller <strong>und</strong> sozialer Beständigkeit<br />
<strong>und</strong> Identität den kurzfristigen Bedürfnissen nach Sicherheit opferte.<br />
1985 setzte das Minsiterium of Social Welfare eine Expertenkommission ein,<br />
die die Sicht der Maoris auf die Praktiken der Sozialverwaltung mittels Oral<br />
History Methoden <strong>und</strong> Gruppendiskussionen im ganzen Land erheben sollte.<br />
Die Ergebnisse <strong>des</strong> Berichts "Puao te ata tu" (Tagesanbruch) waren hart in<br />
ihrer Bewertung der Sozialen Arbeit: „In Verwaltungsentscheidungen können<br />
Betroffene nur mitbestimmen, insoweit sie ihre Werte <strong>und</strong> Gepflogenheiten<br />
denen <strong>des</strong> Hilfesystems unterordnen. (…) Netzwerkbindungen von Kindern <strong>und</strong><br />
Traditionen von Familien bleiben unberücksichtigt, in der nach juristischen u.<br />
wissenschaftlichen Standards organisierten Hilfeleistung (vgl. Department of<br />
Social Welfare 1988, S. 21).<br />
Am Beispiel der Adoption, wie sie bei den Maoris in Neuseeland gepflegt wird,<br />
lässt sich das Problem verdeutlichen. In der traditionellen Maori-<strong>Gemeinschaft</strong><br />
wurden Kinder nicht primär als den Eltern zugehörig betrachtet, sondern vor<br />
allem als Mitglieder <strong>des</strong> Stammes. Die Verantwortung für ihre Erziehung wurde<br />
geteilt. Kinder wurden nicht selten von anderen als den biologischen Eltern<br />
großgezogen, ohne dass sie <strong>des</strong>wegen getrennt von ihren biologischen Eltern<br />
aufwuchsen. Man war einfach Kind mehrerer Eltern. Diese „Adoption“ nennen<br />
die Maoris „Whangai“. Gemeint ist, ein Kind hat seinen Platz gleichzeitig in<br />
mehreren Familiensystemen. Diese Praktik passt aber nicht zur modernen<br />
Adoptionsvorstellung, die die alte Elternschaft durch eine neue Elternschaft<br />
ersetzt, anlog zum Übergang <strong>des</strong> Besitzes von Eigentum auf einen neuen<br />
Eigentümer. Gleichzeitig das Kind zweier Eltern zu sein, ist nach modernem<br />
Recht ausgeschlossen. So wurde die wurde eine h<strong>und</strong>erte Jahre alte Tradition,<br />
die in Maori-Familien ausgesprochen erfolgreiche Lösung von<br />
Erziehungsproblemen war, durch das moderne Rechtssystem entwertet <strong>und</strong><br />
abgeschafft <strong>und</strong> der Kreis, derjenigen, der für das Wohl eines Kin<strong>des</strong><br />
verantwortlich war, auf die leiblichen Eltern verengt.<br />
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Um die Differenzen von <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong> noch genauer heraus<br />
zu arbeiten wende ich mich nun einer Arbeit von Talcott Parsons aus den 60er<br />
Jahren zu. Er analysiert die Unterschiede auf fünf verschiedenen Dimensionen,<br />
die zweckdienlich sind um erklären zu können, wie der Familienrat jeweils in<br />
Tradition <strong>und</strong> Moderne einzuordnen ist.<br />
Unterschiedliche Orientierungen in <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
Talcott Parsons, ein amerikanischer Soziologe, hat Tönnies Gegenüberstellung<br />
von <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong> weiter ausgearbeitet (Parsons 1962). Er<br />
beschreibt mit fünf Dichotomien unterschiedliche Wertorientierungen, die<br />
sowohl als individuelle Handlungsmaximen als auch als soziale<br />
Verhaltenerwartungen gelesen werden können <strong>und</strong> in ihrer Zusammenschau<br />
den Unterschied zwischen modernen <strong>und</strong> traditionalen sozialen Systemen<br />
markieren (Parsons 1962, 77, dt. vgl. Habermas 1988, 333). Die Übersetzung<br />
wurde als Handlungsmaximen für Akteure in Problemsituationen (das sind<br />
Fachkräfte <strong>und</strong> ihre Adressaten) formuliert:<br />
(1) Soll man von gegebenen Qualitäten ausgehen <strong>und</strong> diese wertschätzen<br />
oder Qualitätsveränderung durch Leistung anstreben? (Ascription -<br />
Achievement; dt.: Stabilität - Veränderung)<br />
(2) Sollen Handelnde gefühlsbetont oder mit neutraler Distanz an ein<br />
Problem herangehen? (Affectivity - Affective neutrality; dt.: Emotionalität<br />
- Neutralität)<br />
(3) Soll man sich an kollektiven Interessen <strong>und</strong> Überzeugungen orientieren<br />
oder seinen eigenen Interessen <strong>und</strong> Überzeugungen folgen? (Self<br />
orientation - Collective orientation, dt.: Kollektivorientierung -<br />
Individualisierung)<br />
(4) Soll man aus der eigenen, subjektiven Perspektive agieren, oder<br />
allgemeine für jedermann gültige Standards anwenden? (Particularism -<br />
Universalism; dt: Kontextbezug - Allgemeingültigkeit)<br />
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(5) Soll man die konkrete Situation ganzheitlich in den Blick nehmen oder<br />
sich auf den Ausschnitt konzentrieren, für den man zuständig ist?<br />
(Diffuseness - Specificity, dt.: Ganzheitlichkeit - Spezialisierung)<br />
Parsons hat diese Orientierungsvariablen als binäre Entscheidungsalternativen<br />
verstanden, "one side of which must be choosen", also als ein Entweder-Oder<br />
(ebd.). Ich folge dieser Konstruktionsentscheidung nicht, sondern verstehe<br />
Parsons Orientierungsvariablen als ein Nebeneinander, als eine mitunter<br />
widerspruchsvolle aber auch produktive Symbiose von Vergangenheit <strong>und</strong><br />
Zukunft, die charakteristisch für unsere Zeit ist. Um die Funktionalität von<br />
Hilfesystemen zu beschreiben <strong>und</strong> evt. zu verbessern, braucht es dieser<br />
dialektischen Sicht, die modern <strong>und</strong> traditionell in einem vielschichtigen Prozess<br />
miteinander verschränkt sieht.<br />
1. Stabilität <strong>und</strong> Veränderung<br />
Die traditionellen Institutionen der <strong>Gemeinschaft</strong> sind statisch. In statischen<br />
Systemen - bsw. in der Familie - ist die Welt wie sie ist. Sie ist gegeben. Ein<br />
schönes Beispiel, wie moderne Menschen damit hadern, ist der Roman von<br />
Jonathan Franzen: Die Korrekturen. Darin versuchen drei erwachsene Kinder<br />
das, was wohl viele versuchen: Die Fehler ihrer Eltern nicht zu wiederholen.<br />
dazu versuchen sie sich <strong>und</strong> ihre Eltern so zu "korrigieren", wie es ihnen im<br />
Lichte aufgeklärter Erkenntnis richtig erscheint. Aber je stärker sie sich darum<br />
bemühen, umso weniger davon erreichen sie. In einer <strong>Gesellschaft</strong>, in der<br />
technisch fast alles machbar ist, in der philosophisch fast alles denkbar ist,<br />
erweist sich das kleine System Familie relativ sperrig für Veränderung, obgleich<br />
die Menschen von ihren modernen Visionen angestachelt, ständig nach<br />
Veränderungen (Korrekturen) trachten. Im gezielt anderen Lebensstil der<br />
Kinder, bleibt das Muster der Herkunft unverkennbar. Soweit zu Franzens<br />
lesenswertem Bestseller. Die <strong>Gemeinschaft</strong> baut auf Statik auf: Mein Vater ist<br />
mein Vater. Das ist wie es ist. Auch als politischer Gegner, Andersgläubiger<br />
oder gar als Verbrecher bleibt der Vater der Vater. Das Unveränderbare<br />
bekommt in der Tradition sogar ist die Aura <strong>des</strong> Heiligen. In der traditionalen<br />
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Vorstellung der <strong>Gemeinschaft</strong> bestimmen Herkunft <strong>und</strong> Einbindung zum<br />
größten Teil die Person: Das Kind bleibt Kind seiner Familie, weil es ihr<br />
zugehört. Die familiäre, verwandtschaftliche <strong>und</strong> später auch sozialräumliche<br />
Einbindung eines jungen Menschen ist so etwas wie Schicksal, man kann sie<br />
nicht abstreifen, selbst wenn man sie physisch verlässt.<br />
Dagegen die Vorstellung der Moderne: Die Welt ist veränderbar. Ich bin<br />
veränderbar. Im Prinzip ist alles veränderbar. Nichts muss so bleiben wie es ist,<br />
sondern sollte zu dem gemacht werden, wie es sein soll, im Lichte unsrer<br />
Erkenntnis, mit der Energie unserer Aspirationen <strong>und</strong> der Kraft unserer<br />
Leistung. In Marx <strong>und</strong> Engels kommunistischen Manifest heißt es: "Alle festen<br />
eingerosteten Verhältnisse, alle altehrwürdigen Anschauungen werden<br />
aufgelöst, alle neu gebildeten veralten, ehe sie verknöchern können. Alles<br />
Ständische <strong>und</strong> Stehende verdampft, alles Heilige wird entweiht, <strong>und</strong> die<br />
Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen<br />
Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehen" (zit. nach Kleve 2011). Im<br />
ähnlichen Duktus definiert Kant 1784 Aufklärung als "Befreiung <strong>des</strong> Menschen<br />
aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Habe Mut, dich deines eigenen<br />
Verstan<strong>des</strong> zu bedienen!" <strong>und</strong> dein Leben <strong>und</strong> die <strong>Gesellschaft</strong><br />
dementsprechend zu verändern. Die Vorstellung der Moderne ist also die der<br />
Verantwortung für Entwicklung <strong>und</strong> Fortschritt. Stillstand ist Misserfolg<br />
Veränderung hingegen Erfolg. Sozialpädagogische Wirksamkeit wird mit einer<br />
Veränderung der Klienten gleichgesetzt. Moderne Hilfe ist Veränderung. So<br />
heißt es in §1 SGB VIII: "Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung<br />
seiner Entwicklung ...", notfalls durch einen neuen Start in einer neuen<br />
Umgebung. Das Schicksal eines Kin<strong>des</strong> muss zu <strong>des</strong>sen Wohl verändert<br />
werden: Nichts ist unmöglich! Geht nicht, gibt’s nicht! Yes we can!<br />
Hans Thiersch weist darauf hin, dass die Maxime der zielbezogenen<br />
Veränderung in eigentümlicher Spannung zu unserem Alltagshandeln stehe,<br />
das eher abwartend ist: "Kommt Zeit kommt Rat!", eher entdramatisierend: "Das<br />
wird schon wieder!", "Das wächst sich aus!", eher sich arrangierend mit den<br />
13
Umständen: "Das wird schon irgendwie gehen!" (1989). Man muss<br />
wahrscheinlich anerkennen, dass in beiden Positionen Wahrheit steckt: Sich zu<br />
entwickeln ist ein menschliches Gr<strong>und</strong>bedürfnis <strong>und</strong> eine ethisches Gebot.<br />
Gleichzeitig wissen wir, dass sich nicht alles verändern lässt dass unser<br />
Lebensglück auch darin besteht, sich mit Umständen, so wie sie sind, gut zu<br />
arrangieren. Die Familiengruppe ist auch eine Schicksalsgemeinschaft.<br />
Unordnung entsteht, wenn Sozialarbeit über dieses Schicksalshafte<br />
hinwegtäuschen will <strong>und</strong> "verspricht", dass es Kindern besser geht, wenn die<br />
Sozialarbeit die Stelle der Eltern einnimmt. Das mag kurzfristig zutreffen, aber<br />
dem Helfen sind Grenzen gesetzt.<br />
2. Emotionalität <strong>und</strong> Neutralität<br />
Analog zu Parsons ließe sich eine weitere Dimension zwischen emotional <strong>und</strong><br />
gefühlsneutral aufspannen, um den Unterschied von <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> zu beschreiben. Vor einigen Jahren hat die Berliner Stadtreinigung<br />
mit dem Slogan geworben "We kehr for you!" Die gleiche Aussprache von<br />
"kehren" <strong>und</strong> "kümmern" (care) impliziert ein emotionales Engagement, wo man<br />
eigentlich nur ein zweckgerichtetes Funktionieren erwarten dürfte <strong>und</strong> legt eine<br />
Synthese von Gefühl <strong>und</strong> Kalkül nahe, die wohltuend wäre.<br />
Das traditionelle Handeln war gefühlsbestimmt, der Fortschritt der Moderne ist<br />
die Einklammerung der Affekte, zugunsten einer rationalen Analyse. So<br />
hinterlegt Kant seinen kategorischen Imperativ ("Handele nach der Maxime, die<br />
allgemeines Gesetz sein kann!", (vgl. Gr<strong>und</strong>legung zur Metaphysik der Sitten)<br />
nicht etwa eine humanitäre Neigung, sondern die Disziplin zum konsequenten<br />
Durchdenken der eigenen Handlungsfolgen. Wer allerdings selbst emotional<br />
betroffen ist, nimmt die Dinge in einer unmittelbareren Weise wichtig, als dies<br />
eine allgemeine Maxime bewirkt. Das Mitgefühl, welches Schopenhauers<br />
Mitleidsethik(1859/2002, S. 484) gegen Kants gefühlsneutraler Kategorienethik<br />
setzt, ist eine unmittelbar <strong>und</strong> stark wirksame Kraft, die Anstrengungen <strong>und</strong><br />
Einsatz möglich macht, welche professionell gar nicht herstellbar sind.<br />
Andererseits liegen auch die Vorzüge der "professionellen Distanz" <strong>des</strong><br />
14
Sozialarbeiters auf der Hand: Emotionale Neutralität hilft in schwierigen<br />
Situationen einen klaren Kopf zu behalten, verschiedene Perspektiven<br />
zuzulassen <strong>und</strong> unterschiedliche Lösungswege abzuwägen. Die neutrale<br />
Betrachtung ist beweglicher, vielleicht auch gerechter.<br />
In der derzeitigen Praxis scheinen beide Maximen auffindbar <strong>und</strong> bilden eine<br />
eigenartige Ambivalenz: Die klientenzentrierte Beratung beispielsweise legt<br />
besonderen Wert auf Emotionalität <strong>und</strong> macht Empathie zum Haltungsprinzip<br />
Professioneller. Sozialarbeiter sehen eine auf Respekt <strong>und</strong> Wertschätzung<br />
basierende Arbeitsbeziehung als entscheidende Gr<strong>und</strong>lage für gelingende<br />
Arbeit an (Gehrmann / Müller 2010, 60). Hilfeplanungsverfahren dagegen sind<br />
affektiv neutral konzipiert, lassen wenig Raum für Streit, für Versöhnung, für<br />
Trauer, für Ehre, für Großzügigkeit, für Hilfsbereitschaft, für das Fühlen von<br />
Zusammengehörigkeit. Sie orientieren sich eher an einer bürokratischen<br />
Zweckmäßigkeit: Was ist das Problem <strong>und</strong> wie lösen wir es am effektivsten <strong>und</strong><br />
schnellsten? Für die Pläne gibt es Formulare, damit sie einheitlich werden,<br />
Hilfen haben Standards, Ziele werden "smart" formuliert. Und die Ressource<br />
"Betroffenheit" bleibt in der modernen Sozialarbeit weitgehend ungenutzt. Wenn<br />
einer Nachbarin das Wohlergehen <strong>des</strong> Nachbarskin<strong>des</strong> am Herzen liegt, spielt<br />
das in der professionellen Jugendhilfe, wenn überhaupt, nur zufällig eine Rolle,<br />
aber auch nur eine Nebenrolle.<br />
3. Kollektivorientierung <strong>und</strong> Individualorientierung<br />
War in der "<strong>Gemeinschaft</strong>" die Gruppe der Mittelpunkt, ist es in der<br />
"<strong>Gesellschaft</strong>" der Einzelne. Individualität ist das Markenzeichen der Moderne.<br />
Selbstverwirklichung, Selbstwert, Selbstbestimmung sind ihre wertvollsten<br />
Güter. Wir sind heute freier als jede Generation vor uns. Auch <strong>des</strong>halb weil<br />
jeder von uns individuelle sozialstaatlich garantierte Rechte auf Hilfe hat, <strong>und</strong><br />
wir dadurch zwar abhängig von der <strong>Gesellschaft</strong> als ganzer, aber vollkommen<br />
unabhängig von jedem bestimmten anderen Menschen werden. Das ist eine<br />
enorme soziale Errungenschaft. Andererseits werden die Notwendigkeit <strong>und</strong> der<br />
Einfluss von "Beziehungen" durch die Forschung immer deutlicher erkannt.<br />
15
Sowohl Bindungstheorie als auch Sozialkapitaltheorie kommen zum selben<br />
Ergebnis, dass es neben dem Gr<strong>und</strong>bedürfnis nach Selbstverwirklichung auch<br />
ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis nach Aufgehobensein <strong>und</strong> Anerkennung gibt. Im<br />
Chinesischen gibt es ein Schriftzeichen für Menschlichkeit " ", das sich aus<br />
dem Zeichen für "Mensch" <strong>und</strong> dem Zeichen für "zwei" zusammensetzt.<br />
Menschlichkeit ist sozusagen nur in der <strong>Gemeinschaft</strong> zu haben. Der<br />
französische Philosoph Emmanuel Levinas (2008) drückt das so aus: Der<br />
Mensch ist weder "ich" noch "wir", sondern Menschsein ist abhängig vom<br />
anderen Menschen, denn im anderen Menschen wird mir meine Bestimmung<br />
offenbar.<br />
Das Kollektive, z.B. in Form von Netzwerken, spielt allerdings in der Fallarbeit<br />
eine untergeordnete Rolle. Wenn es um das Wohl eines Kin<strong>des</strong> geht, dann<br />
werden die beiden juristisch "Sorgeberechtigten" beteiligt, Großeltern, Tanten,<br />
Onkeln, Nachbarn <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e haben kein offizielles Recht zur Mitwirkung. Der<br />
ausgesprochen un-systemischer tut so, als könne man einem Menschen als<br />
Einzelmenschen helfen <strong>und</strong> vernachlässigt die Tatsache, dass Menschen<br />
Mitglied einer bestimmten Verwandtschaft, Nachbarschaft, Kollegenschaft,<br />
Kirchengemeinde, oder Clique sind, mit ihr ge- <strong>und</strong> verwachsen sind, ihr quasi<br />
auch "gehören". Häufig werden die natürlichen Einbindungen der Menschen<br />
von der professionellen Sozialarbeit nicht nur ignoriert, sondern geradezu<br />
gekappt als Voraussetzung für professionelle Hilfe in räumlich entfernten<br />
Spezialeinrichtungen: "Unsere therapeutischen Angebote sind pädagogische<br />
Gruppenarbeit, Verhaltenstherapie, Erlebnispädagogik wie klettern, reiten <strong>und</strong><br />
Kanufahrten <strong>und</strong> Kunsttherapie: Töpfern, Filzen, Bildhauerei. Der Standort<br />
unseres Heimes in einem kleinen abgeschiedenen Dorf gewährleistet die<br />
Intensität der Betreuung in einem heilpädagogischen Milieu." (aus dem<br />
Informationsblatt einer stationären Einrichtung). Der soziale Raum wird leer<br />
geräumt, damit man sich ganz auf den Eingriff am Individuum konzentrieren<br />
kann.<br />
4. Kontextbezug <strong>und</strong> Allgemeingültigkeit<br />
16
Soll die jeweilige Situation distanziert <strong>und</strong> jedermann betreffenden<br />
Gesichtspunkten betrachtet werden oder soll man sich auf die besondern<br />
Konstellationen der jeweiligen Situation gegebenen einlassen (Parsons 1962,<br />
81)? D.h. soll man sich an allgemeinen Standards orientieren oder an<br />
partikularen, die nur in einer bestimmten Kultur, in einem bestimmten Milieu<br />
oder in einer bestimmten Familie zu einer bestimmten Zeit gelten, aber für die<br />
Allgemeinheit keine Gültigkeit haben, ja bisweilen mit allgemeinen Standards<br />
sogar in Konkurrenz stehen. Prinzipiengeleitetes, kategorisches Handeln oder<br />
kontextabhängiges? Soll beispielsweise die Beziehung zwischen Ego <strong>und</strong> Alter<br />
ausschlaggebend sein, oder soll die Lösung <strong>des</strong> Problems gerade unter<br />
Absehung von der Beziehung erfolgen? Je stärker Wissenschaft <strong>und</strong> Recht in<br />
der Sozialen Arbeit zu tragen kommen, <strong>des</strong>to mehr tendiert sie in Richtung<br />
Universalismus, denn zu allgemeingültigen Erkenntnissen <strong>und</strong> Lösungen zu<br />
kommen, war ja gerade das Ziel "moderner" Wissenschaft <strong>und</strong> "modernen"<br />
Rechts. Darin liegt der Fortschritt, unter Absehung der Position der betroffenen<br />
sollten "gerechte" <strong>und</strong> durch Abstraktion von der spezifischen Perspektive <strong>des</strong><br />
Beobachters sollten "objektive" Ergebnisse erzeugt werden. Justitia wird blind<br />
dargestellt. Alle werden gleich behandelt, ihre Umstände zählen nicht, was<br />
darauf hinaus läuft, dass Ungleiche gleich behandelt werden (vgl. Früchtel<br />
2011, 37). Jede Form der Diagnostik ist auf eine Einordnung eines spezifischen<br />
Bil<strong>des</strong> in eine generelle Kategorie angewiesen unter Absehung der nur<br />
individuellen Eigenheiten. Rechtliche Leistungsansprüche müssen allgemein<br />
beschrieben werden <strong>und</strong> kommen dann als ein allgemeiner Standard zu<br />
Anwendung, der zwar noch individuell angepasst wird, aber ganz neue<br />
individuelle Entwürfe nicht mehr zulässt. Allerdings wird in der<br />
lebensweltorientierten Sozialen Arbeit der Respekt vor der Eigensinnigkeit <strong>des</strong><br />
individuellen Alltags zum zentralen Prinzip. Es geht dort um das<br />
Wiederfunktionieren <strong>des</strong> jeweiligen Alltags, <strong>und</strong> nicht um einen wissenschaftlich<br />
verallgemeinerten „richtigen“ Alltag. Deswegen entstehen Diagnosen im Dialog<br />
<strong>und</strong> sind mehr modus vivendi als objektive Wahrheit.<br />
5. Ganzheitlichkeit <strong>und</strong> Spezialisierung<br />
17
Ganzheitlichkeit fordert die möglichst konkrete Berücksichtigung der gesamten<br />
Komplexität einer Person oder Situation, die "diffuse" Erfassung eines<br />
unvergleichbaren, nicht teilbaren Ganzen. Die Aufmerksamkeit <strong>des</strong> handelnden<br />
Ego gilt allen erdenklichen Aspekten. Von Ego wird erwartet, sich mit jedem<br />
potentiellen Thema oder Problem von Alter zu beschäftigen <strong>und</strong> sich<br />
dementsprechend in vielfältiger Weise helfend für Alter zu engagieren.<br />
Spezialisierung hingegen bedeutet die Konzentration auf spezifische,<br />
wohldefinierte Anliegen <strong>und</strong> Arbeiten. Ego ist zuständig für bestimmte Aspekte<br />
<strong>und</strong> für andere gerade nicht. Die daraus entspringenden Handlungen sind<br />
standardisiert, vordefinert, genau einschätzbar, kontrollierbar, evt. auch durch<br />
technische Regeln beschreibbar.<br />
Ganzheitlichkeit-Spezialisierung ist nach Parsons eine relationale Kategorie<br />
(Parsons 1962, 83), welche die Beziehung zwischen den Akteuren definiert.<br />
Alter hat entweder spezielle "Rechte", die Zuständigkeit <strong>und</strong> die Verpflichtungen<br />
von Ego sind klar definiert oder Egos Verpflichtungen sind gerade nicht<br />
festgelegt, sondern unbegrenzt diffus bzw. werden nur beschränkt durch seinen<br />
anderen Verpflichtungen. Das Anliegen <strong>des</strong> Briefträgers nach einem Gespräch<br />
über <strong>des</strong>sen Ehekonflikte kann man zurückweisen, verweigert man der Ehefrau<br />
aber das Gespräch über ihre Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, dann stellt man<br />
die Paarbeziehung infrage (Hildenbrand 2005. S. 84, zit. nach Kleve 2011) Im<br />
ersten Fall liegt die die Nachweispflicht beim Briefträger, der etwas einfordert.<br />
Prima facie ist sein Anliegen exkludiert. Im Fall der Ehefrau kann man von einer<br />
gr<strong>und</strong>sätzlichen Inklusion ausgehen: Je<strong>des</strong> ihrer Anliegen hat seine<br />
Berechtigung, es sei denn der Ehemann kann wichtigere Verpflichtungen<br />
angeben, die es ihm (im Moment) unmöglich machen zuzuhören, etwa weil erst<br />
die Kinder ins Bett gebracht werden müssen.<br />
Interessant ist die Ganzheitlichkeit-Spezialisierungs-Unterscheidung im<br />
Vergleich alltagsweltlichen <strong>und</strong> professionellen Helfens. Ersteres geht ziemlich<br />
automatisch von einer Allzuständigkeit aus, die aus professioneller Sicht<br />
mitunter dilettantisch gewertet wird. Professionelles Helfen hingegen scheidet<br />
18
sich genau die Aspekte aus einem Problemzusammenhang heraus, für die man<br />
zuständig <strong>und</strong> kompetent ist (Problemparzellierung), verliert aber durch diese<br />
Komplexitätsreduktion den Blick auf den Gesamtzusammenhang. Ansich<br />
plausible Lösungswege können <strong>des</strong>wegen nicht funktionieren, weil sie die<br />
Rechnung ohne eine Vielzahl von Faktoren machen, die allesamt Einfluss<br />
haben. Ein neues Handy widerspricht zwar dem Sanierungsplan, verspricht<br />
aber einen deutlichen Statusgewinn in der Clique, der aus der spezialisierten<br />
Perspektive <strong>des</strong> Schuldenberaters nicht sichtbar ist.<br />
<strong>Gemeinschaft</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
Stabilität Veränderung<br />
Emotionalität Neutralität<br />
Kollektivorientierung Individualisierung<br />
Kontextbezug Allgemeingültigkeit<br />
Ganzheitlichkeit Spezialisierung<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich erstaunt bei der Betrachtung von Parsons Orientierungsvariablen<br />
ist, wie eindeutig doppeldeutig heutige Soziale Arbeit agiert. Sie ist in beidem<br />
Sozialformen verankert - wenn auch nicht immer theoretisch oder methodisch<br />
gleich stark - <strong>und</strong> der Schluss liegt nahe, dass in dieser Ambiguität Potential<br />
liegt. Nun soll gezeigt werden, wie der Familienrat als Verfahren sich genau in<br />
dieser <strong>Mehrdeutigkeit</strong> entwickelt hat, indem beispielsweise das Recht benutzt<br />
wurde Rechte auf Partikularität zu verallgemeinern oder sozialarbeiterische<br />
Methodik genutzt wurde, um Experteneinfluss zu begrenzen.<br />
Entstehung <strong>des</strong> Familienrates<br />
Die Verschiebung von <strong>Gemeinschaft</strong> zu <strong>Gesellschaft</strong> wurde von den Maoris<br />
schmerzlich erlebt. In ihrem Empfinden wurde dadurch etwas zersetzt, was<br />
ihnen wesentlich für gelingen<strong>des</strong> soziales Miteinander <strong>und</strong> Lebensglück<br />
erschien. Sie nannten diesen Vorgang eine zweite Kolonialisierung, die nicht<br />
mehr mit Waffen, sondern mit Werten erfolge. Interessant ist, dass zeitgleich<br />
Jürgen Habermas (1981) in Deutschland einen ähnlichen Prozess diagnostiziert<br />
hat: Wissenschaft, Recht <strong>und</strong> Markt, so Habermas, dringen in die Lebenswelt<br />
19
ein wie Kolonialherren in eine Stammesgesellschaft <strong>und</strong> erzwingen deren<br />
Anpassung, die gleichzeitig ein Raubbau an der sozial <strong>und</strong> kulturell<br />
reproduktiven Funktion der Lebenswelt sei (genauer: Budde / Früchtel 2008).<br />
Im bereits genannten Sachverständigenbericht "Puao te ata tu" wurde<br />
beschrieben wie die kinderzentrierte Ausrichtung der Jugendhilfe die<br />
langfristigen Bedürfnisse der Kinder nach kultureller <strong>und</strong> sozialer Beständigkeit<br />
<strong>und</strong> Identität den kurzfristigen Bedürfnissen nach Sicherheit opferte. Man<br />
empfahl, das Maatua Whangai zu stärken, das die Verwandtschafts- <strong>und</strong><br />
Stammesstrukturen bei Pflegeverhältnissen berücksichtigte <strong>und</strong> ein größeres<br />
Gewicht auf familiäre <strong>und</strong> soziale Stabilität legte. Weiterhin sollte nichts<br />
Geringeres geschehen als das komplette Kinder <strong>und</strong> Jugendhilfegesetz zu<br />
überarbeiten, um die sozialen <strong>und</strong> kulturellen Werte aller Gruppen<br />
anzuerkennen, Fürsprecher aus der Verwandtschaft bei der Hilfeplanung<br />
mitwirken zu lassen, Familien zu stärken <strong>und</strong> um der Verwaltung die rechtliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage für einen sozialräumlichen Arbeitsansatz zu bieten, der die in<br />
Zusammenarbeit mit Stammesgruppen, Bürgern <strong>und</strong> der Geschäftswelt in der<br />
professionellen Arbeit zum Prinzip machen sollte.<br />
Daraus entstand ein Gesetz, <strong>des</strong>sen Namen Programm war: Das "Kinder, junge<br />
Menschen <strong>und</strong> deren Familiengesetz" (Children, Young Persons, and Their<br />
Families Act, 1989). Das Herzstück <strong>des</strong> Gesetzes sind nicht wie im deutschen<br />
"Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfegesetz“ (1990) die Garantie differenzierter<br />
institutionalisierter Hilfeleistungen, sondern die Garantie eines<br />
Hilfeplanungsverfahrens (Family Group Conference), das ausgesprochen viele<br />
professionellen Ressourcen darauf verpflichtet, den Kreis der Beteiligten aus<br />
Verwandtschaft, Fre<strong>und</strong>schaft, Nachbarschaft so weit wie irgend möglich zu<br />
machen <strong>und</strong> diesen Kreis mit Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungsrechten ausstattet.<br />
Weiter sollte die Hilfeplanung in jedem Einzelfall genau an die jeweilige Gruppe<br />
von Betroffenen angepasst, was Anlauf, Ort, Sprache, Tradition, Spiritualität<br />
u.ä. betrifft. Dadurch sollte staatliches Handeln besser in Einklang mit<br />
20
lebensweltlichen Gepflogenheiten gebracht werden <strong>und</strong> der Jugendhilfe auch<br />
die Stärkung von <strong>Gemeinschaft</strong> als Aufgabe zugeschrieben werden.<br />
Familienrat als Brückenverfahren<br />
Tönnies hat seinen <strong>Gemeinschaft</strong>sbegriff als kritischen Gegenbegriff gegen<br />
eine naiv liberale Fortschrittseuphorie konstruiert. Er bezeichnet ein nicht<br />
zweckrationales Handeln, das aus Sicht der zweckrationalen gesellschaftlichen<br />
Subsysteme wie Wirtschaft, Recht, Verwaltung etc., zum Teil ein irrational<br />
wirken kann (Weber 295). Tönnies hatte seinerzeit den Zerfall von<br />
<strong>Gemeinschaft</strong> zugunsten von <strong>Gesellschaft</strong> im Blick. Diese These wird von Joas<br />
(1999, 43) als Besonderheit <strong>des</strong> europäischen Denkens bezeichnet. In der<br />
amerikanischen Theorie entdeckt Joas als dritte Phase, eine erneute<br />
Vergemeinschaftung, die reorganisation von gemeinschaftlichem Handeln, die<br />
allerdings offen sei für die Verbindung mit modernen gesellschaftlichen<br />
Institutionen. Auch habe bsw. die amerikanische "community" nicht wie die<br />
deutsche "<strong>Gemeinschaft</strong>" einen altmodischen, sondern einen ausgesprochen<br />
fortschrittliche Konnotation. Demokratie ist ohne community nicht denkbar (Joas<br />
1992, zit. nach Wurtzbacher 2003, 94). <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong> sind<br />
demnach keine Gegensätze, sondern lassen sich verbinden. Aber genauso<br />
wenig wie gefriergetrocknete Shrimps wieder zum Leben erwachen, wenn man<br />
Wasser drüber schüttet, werden das <strong>Gemeinschaft</strong>stugenden tun, die durch<br />
zuviel <strong>Gesellschaft</strong> beschädigt oder verdrängt wurden, behauptet Francis<br />
Fukuyama. Deswegen wird unter verschiedenen Namen wie Kommunitarismus<br />
(Etzioni 1995), dritter Weg (Giddens 1999), Bürgergesellschaft (Dettling 2002),<br />
Soziales Kapital (Putnam 2000) nachgedacht, wie staatliches Handeln wieder<br />
re-sozialisiert werden kann. In seiner Vision der "Big Society" beschreibt der<br />
britische Staatschef (Cameron 2010) wie der Big-Government-Staat sich durch<br />
ausgesprochen erfindungsreiche Politik <strong>und</strong> Verwaltungskunst neu erfinden<br />
muss, um Spielraum für die Big Society der Bürger <strong>und</strong> ihrer<br />
Zusammenschlüsse zu schaffen.<br />
21
Ein solches Spielraum schaffen<strong>des</strong> Verfahren, das aus der Ambivalenz von<br />
Tradition <strong>und</strong> Moderne methodische Konsequenzen zieht, könnte Heiko Kleve<br />
(2011) zufolge, der Familienrat als ein Verwaltungsverfahren sein, das<br />
staatliches Handeln begrenzt, um bügerschaftliches Handeln zu ermöglichen.<br />
In Familienräten im Rahmen der Hilfen zur Erziehung geht es primär darum,<br />
Rechte von Kindern auf Schutz <strong>und</strong> Förderung zu realisieren. Das ist eine<br />
moderne Vorstellung Kinderrechten, die als Prüfkriterium an entstehende Pläne<br />
angelegt werden. Allerdings wird die Verwirklichung von Kinderrechten<br />
optimalerweise nicht im "Installieren" professioneller Hilfen gesehen, sondern in<br />
der Stärkung <strong>des</strong> traditionalen Gemeinsinns der Familien- <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>esgruppe.<br />
Dazu wird der Kreis der Betroffenen über die momentan evt. dysfunktionale<br />
Kernfamilie hinaus deutlich erweitert <strong>und</strong> diese Groß-Familien-Gruppe bekommt<br />
die offizielle Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungsverantwortung, genauso wie das<br />
Privileg, die Planungsversammlung nach ihren eigenen Gepflogenheiten zu<br />
gestalten.<br />
Die naturwüchsige Nähe <strong>und</strong> das Mitgefühl der Beteiligten aus der Lebenswelt<br />
werden als wesentliche Kräfte gesehen, Hilfe zu realisieren, die professionell<br />
evt. gar nicht herstellbar wäre. Da Aktivierung durch Betroffenheit geschieht, ist<br />
die Vorbereitungsphase darauf ausgelegt, viele potentiell Betroffene ausfindig<br />
zu machen, ihnen vom Problem zu erzählen <strong>und</strong> auch emotional verstehbar zu<br />
machen, warum sie als Onkel, Schwester, Fre<strong>und</strong>, Nachbar oder Kollege hier<br />
wichtig sind.<br />
Da das Hilfeplanungsverfahren erfolgt nicht mehr nach einer einheitlich<br />
vorgegebenen Verwaltungs- <strong>und</strong> Fachlogik erfolgt, sondern an die partikulare<br />
Tradition der Familienkultur angepasst wird. Ist eine moderne professionelle<br />
Funktion notwendig, die Familienrats-Koordination.<br />
Sie sorgt im Zusammenspiel von System <strong>und</strong> Lebenswelt dafür, dass das<br />
Prinzip der maßgeschneiderten Hilfeplanung durchgehalten wird <strong>und</strong> das<br />
22
Verfahren gleichzeitig soviel Nachvollziehbarkeit bietet, dass Ergebnisse<br />
verwaltungsintern wieder "übersetzt" werden können <strong>und</strong> damit anschlussfähig<br />
an Leistungsrechte bleiben.<br />
<strong>Mehrdeutigkeit</strong> als Prinzip: Wie der Familienrat <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong> verknüpft:<br />
<strong>Gemeinschaft</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
1. Stabilität:<br />
Problemlösungen sollen die Familiengruppe <strong>und</strong><br />
Familienkultur stabilisieren <strong>und</strong> stärken.<br />
Die Familiengruppe entwickelt selbst ihren Plan<br />
2. Emotionalität:<br />
Betroffenheit der Teilnehmer gilt als wesentliche<br />
Hilferessource.<br />
3. Kollektivorientierung:<br />
Zugehörigkeit von Menschen zu ihrem Kreis wird<br />
betont <strong>und</strong> Kreis der Beteiligten wird erweitert.<br />
<strong>Gemeinschaft</strong>sbildung ist ebenso Ziel wie die<br />
Lösung eines akuten Problems.<br />
4. Kontextbezug:<br />
Ziel ist eine eigene Lösung, die genau zur eigenen<br />
Situation passt<br />
Dazu ist das Insiderwissen der Beteiligten<br />
notwendig, die einschätzen können, was wie<br />
funktionieren (nicht) wird.<br />
Familienkultur als Verhandlungskultur<br />
Wie ein Familienrat gestaltet wird, hängt von der<br />
Familie ab.<br />
5. Ganzheitlichkeit:<br />
Der weite Kreis von Teilnehmern bietet einen<br />
ganzheitlichen Blick<br />
Allzuständigkeit der Teilnehmer als Hilferessource:<br />
jeder ist gr<strong>und</strong>sätzlich für je<strong>des</strong> Thema<br />
verantwortlich.<br />
Veränderung:<br />
Problemlösungen müssen modernen<br />
Kinderrechten entsprechen <strong>und</strong> implizieren ggf.<br />
Veränderung<br />
Neutralität:<br />
Neutrale Koordination<br />
Lösungsabstinente Fachkräfte<br />
Entscheidungen basieren auf der Aushandlung<br />
plausibler Argumente.<br />
Individualisierung:<br />
Menschen haben individuelle Rechtsansprüche auf<br />
flexible Hilfen, die Eigenleistungen<br />
maßgeschneidert ergänzen.<br />
Allgemeingültigkeit:<br />
Generalisiertes Fachwissen externer Experten<br />
schafft Horizonterweiterung.<br />
Verhandlungsregeln <strong>und</strong> Stärkung schwacher<br />
Interessen als allg. Standard<br />
Der Plan wird mit externen Fachkräften verhandelt.<br />
Spezialisierung:<br />
Das Spezialwissen von Experten ist abfragbar.<br />
Sorgeformulierung<br />
Probleme.<br />
fokussiert auf bestimmte<br />
Im Zusammenspiel mit der Familiegruppe unterstützt die Koordination<br />
einerseits, dass die Versammlung für die Betroffenen ein Heimspiel wird, etwa<br />
weil ihre Sprache gesprochen wird, ihre Rituale zum tragen kommen, ihr Essen<br />
verspeist wird <strong>und</strong> ihre Art, sich zu beraten gepflegt wird. Andererseits sorgt sie<br />
für die Stärkung schwacher Interessen innerhalb der Familiegruppe etwa indem<br />
Kindern Fürsprecher an die Seite gestellt werden oder indem die<br />
Zusammensetzung der Teilnehmer "angemessen ungewöhnlich" (Andersen<br />
23
1996) ist, also auch Fre<strong>und</strong>e oder entfernte Verwandte mit eigenen Sichten<br />
dabei sind.<br />
Durch die Einführung zweier einfacher Regeln ("Es geht nicht um die Suche<br />
nach Schuld, sondern um die Zukunft!" <strong>und</strong> " Jeder darf seinen Meinung sagen<br />
<strong>und</strong> aussprechen!") legt die Koordination der Familiengruppe eine<br />
argumentative Verhandlungskultur nahe, die u.U. eine moderne Innovation zur<br />
etablierten Familienkultur darstellt.<br />
Durch Hinzuziehung relevanter Experten als Informanten in der Anfangsphase<br />
wird das Alltagswissen der Familiengruppe durch wissenschaftliches<br />
Fachwissen ergänzt. So entsteht eine Informationsgr<strong>und</strong>lage für die weiteren<br />
Planungen, das kontextbezogenes Insiderwissen der zahlreichen Anwesenden<br />
mit dem verallgemeinerten Fachwissen der Externen verbindet. So wird<br />
gesichert, dass die Planungen auf dem aktuellen Wissenstand laufen <strong>und</strong><br />
moderne wissenschaftliche Erkenntnisse den Horizont der Familie erweitern.<br />
Damit die Fachleute nicht übergriffig werden <strong>und</strong> das Wissen der Betroffenen<br />
dominieren, sind sie beim eigentlichen Planen nicht mehr dabei.<br />
Das Hilfesystem ist allerdings dann wieder gefragt, wenn es darum geht, die<br />
Eigenleistungen der Familie durch maßgeschneiderte professionelle<br />
Dienstleistungen zu flankieren, bzw. dort einzuspringen, wo die Ressourcen der<br />
Familiengruppe nicht ausreichen. Das ist eine Herausforderung für teilstationäre<br />
<strong>und</strong> stationäre Angebote, die eher als eigenständige Dienstleistungen konzipiert<br />
wurden <strong>und</strong> Eigenleistungen der Familiengruppe nur am Rande <strong>und</strong> nicht im<br />
Kernbereich vorsehen. Auch fehlen im Hilfesystem ausreichend "diffuse",<br />
unspezifische formlose Supportmöglichkeiten, die unterhalb der Schwelle einer<br />
ambulanten Hilfe liegen, aber wichtig für das gelingen <strong>des</strong> Planes sind. Hier ist<br />
moderne Flexibilität im vollen Umfang notwendig, aber nicht immer realistisch,<br />
denn auch das Hilfesystem hat seine Traditionsgrenzen.<br />
Schließlich geht es bei Familienrat immer genauso um <strong>Gemeinschaft</strong>sbildung<br />
wie um die Lösung eines akuten Problems. Fragt man Familienangehörige im<br />
24
Nachhinein, so kommt man zu einem erstaunlichen Ergebnis: Der Familienrat<br />
hat für sie eine große Bedeutung <strong>und</strong> zwar unabhängig von seinen<br />
Ergebnissen. Den Teilnehmern aus der Familiengruppe ist nicht so wichtig, was<br />
genau besprochen wurde, sondern dass es eine Einigung gab. Während die<br />
Fachkräfte den Erfolg am Erreichen von Zielen messen, spüren die<br />
Familienangehörigen den Erfolg an Verständigung, Vertrauen <strong>und</strong> Solidarität,<br />
die entstandenen sind. Das Gefühl, nicht allein zu sein, ist ihnen viel wert (vgl.<br />
v. Spiegel 2009, S. 193ff). Durch den "elementaren Sozialprozess" <strong>des</strong><br />
gegenseitigen Geben, Nehmen, <strong>Zur</strong>ück-geben <strong>und</strong> Weiter-geben kommen die<br />
Verbindungen zwischen Menschen zustande, in denen wir uns aufgehoben<br />
fühlen (Hondrich 2001, S. 168). Wenn man nicht fertig, nicht quitt miteinander<br />
wird, wie in modernen Dienstleistungsgeschäften, dann ist Hilfe, ganz<br />
unabhängig vom tatsächlichen Ergebnis, ein Prozess der <strong>Gemeinschaft</strong><br />
erfahrbar macht <strong>und</strong> bestätigt. So könnte man vielleicht behaupten, der<br />
Familienrat trommelt das viel zitierte Dorf zusammen, das man braucht um ein<br />
Kind zu erziehen. Insofern wird das Verfahren im englischen Sprachraum als<br />
"restaurativ" (engl.: "restorative") bezeichnet, weil er eine Orientierung auf<br />
etwas wieder herstellt, die in der modernen Sozialarbeit verloren gegangen ist<br />
(vgl. Früchtel 2011).<br />
Wenn heute die neuseeländische Rugbynationalmannschaft spielt, begrüßt sie<br />
ihre Gegner mit einem Haka - genau wie das die Maoris vor vielen h<strong>und</strong>ert<br />
Jahren getan hatten, allerdings ist der Text modernisiert:<br />
"Das ist unser Land, dass es kracht! / Das ist unser Tag! / Das sind wir, die All<br />
Blacks! / Unsere Überlegenheit wird heute triumphieren. / Wir werden verehrt<br />
werden! / Wir Silberfarne! / Wir All Blacks!"<br />
Wie die All Blacks ein traditionelles Ritual mit einen modernen Sport verbinden,<br />
ihre Gegner einschüchtern <strong>und</strong> den <strong>Gemeinschaft</strong>sgeist stärken, so könnte der<br />
25
Familienrat wie eine Brücke zwischen <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong> wirken<br />
<strong>und</strong> zu den Errungenschaften der Moderne die Schätze der Tradition bringen.<br />
Literatur<br />
Anthony Giddens 1999 Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen<br />
Demokratie<br />
Beck, Ulrich (1993): Die Erfindung <strong>des</strong> Politischen. Zu einer Theorie reflexiver<br />
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