Othello, der Mohr von Venedig - act-n-arts
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CASSIO<br />
Der große Kampf des Himmels und des Meers<br />
Trennt' unsern Lauf - doch horcht! Es naht ein Schiff!<br />
STIMMEN DRAUSSEN<br />
Ein Schiff! Ein Schiff!<br />
(Man hört schießen.)<br />
ZWEITER EDELMANN<br />
Der Zitadelle bringt es seinen Gruß;<br />
Auch dies sind Freunde.<br />
CASSIO<br />
(Der zweite Edelmann ab.)<br />
Geht und schafft uns Nachricht!<br />
CASSIO<br />
Willkommen, Fähnrich;<br />
(zu Emilia:)<br />
werte Frau, willkommen!<br />
Nicht reiz es Euern Unmut, guter Jago,<br />
Daß ich die Freiheit nahm; denn meine Heimat<br />
Erlaubt so kühnen Brauch <strong>der</strong> Höflichkeit.<br />
(Er küßt Emilien.)<br />
JAGO<br />
Herr, gäben ihre Lippen Euch so viel,<br />
Als sie mir oft beschert mit ihrer Zunge,<br />
Ihr hättet gnug.<br />
DESDEMONA<br />
Die Arme spricht ja kaum!<br />
JAGO<br />
Ei, viel zuviel!<br />
Das merk ich immer, wenn ich schlafen möchte;<br />
Vor Euer Gnaden freilich, glaub ichs wohl,<br />
Legt sie die Zung ein wenig in ihr Herz,<br />
Und keift nur in Gedanken.<br />
EMILIA<br />
Du sprichst ohne Grund so!<br />
JAGO<br />
Geht, geht, ihr seid Gemälde außerm Haus,<br />
Drin Schellen, in den Küchen wilde Katzen;<br />
Verletzt ihr, Heilige; Teufel, kränkt man euch;<br />
Spielt mit dem Haushalt, haltet Haus im Bett.<br />
DESDEMONA<br />
O schäme dich, Verleum<strong>der</strong>!<br />
JAGO<br />
Nein, das ist wahr! Ich irr nicht um ein Haar breit:<br />
Ihr steht zum Spiel auf, geht ins Bett zur Arbeit!<br />
EMILIA<br />
Ihr sollt mein Lob nicht schreiben.<br />
JAGO<br />
Wills auch nicht.<br />
DESDEMONA<br />
Was schriebst du wohl <strong>von</strong> mir, solltst du mich loben?<br />
JAGO<br />
O gnädige Frau, nicht for<strong>der</strong>t so mich auf;<br />
Denn ich bin nichts, wenn ich nicht lästern darf.<br />
DESDEMONA<br />
Also probierts! - Ging einer hin zum Hafen?<br />
JAGO<br />
Ja, edle Frau.<br />
DESDEMONA<br />
Ich bin nicht fröhlich, doch verhüll ich gern<br />
Den innern Zustand durch erborgten Schein. -<br />
Nun sag, wie lobst du mich?<br />
JAGO<br />
Ich sinne schon; doch lei<strong>der</strong>, mein Erfinden<br />
Geht mir vom Kopf wie Vogelleim vom Fries,<br />
Reißt Hirn und alles mit. Doch kreißt die Muse<br />
Und wird also entbunden:<br />
Ist eine schön und klug, dient dem Gebrauch<br />
Die Schönheit, und die Klugheit nutzt sie auch.<br />
DESDEMONA<br />
Ganz hübsch! Wie, wenn sie häßlich ist und witzig?<br />
JAGO<br />
Ist eine häßlich, aber witzig doch,<br />
Die macht sich einen Hübschen willig noch.<br />
DESDEMONA<br />
Schlimm und schlimmer!<br />
EMILIA<br />
Wenn aber schön und dumm?<br />
JAGO<br />
So gänzlich dumm sich keine Schöne findt,<br />
Grad ihre Dummheit hilft ihr noch zum Kind.<br />
DESDEMONA<br />
Das sind abgeschmackte alte Reime, um die Narren im<br />
Bierhause zum Lachen zu bringen. Was für ein<br />
erbärmliches Lob hast du denn für eine, die häßlich und<br />
dumm ist?<br />
JAGO<br />
Keine so häßlich und so dumm zugleich,<br />
Wie kluge Schöne macht sie dumme Streich.<br />
DESDEMONA<br />
O grober Unverstand! Du preist die Schlechteste am<br />
besten. Aber welches Lob bleibt dir für eine wirklich<br />
verdienstvolle Frau; für eine, die in dem Adel ihres Werts<br />
mit Recht den Ausspruch <strong>der</strong> Bosheit selbst<br />
herausfor<strong>der</strong>n darf?<br />
JAGO<br />
Die immer schön, doch nicht dem Stolz vertraut,<br />
Von Zunge flink, doch niemals sprach zu laut;<br />
Nicht arm an Gold, nie bunten Schmuck sich gönnte,<br />
Den Wunsch erstickt und dennoch weiß: ich könnte;<br />
Die selbst im Zorn, wenn Rache nah zur Hand,<br />
Die Kränkung trägt und ihren Groll verbannt;<br />
Die nie <strong>von</strong> Überwitz sich läßt berauschen,<br />
'nen Stockfischkopf fürn Salmschwanz einzutauschen;<br />
Sie, die viel denkt, die Meinung doch verschweigt<br />
Und keinen Blick dem Schwarm <strong>der</strong> Werber zeigt:<br />
Die nennt ich gut - wär sie nur aufzutreiben -<br />
DESDEMONA<br />
Nun wozu?