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Polizei und Justiz auf dem Prüfstand: Abschlussbericht der ... - BDSW

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ter in den Strafvollzug einzubinden. Hierbei<br />

sind die Modelle je nach Staat verschieden:<br />

Sie reichen von <strong>der</strong> Konzeption, <strong>dem</strong> Bau,<br />

<strong>der</strong> Finanzierung von Haftanstalten bis zur<br />

kompletten Führung <strong>der</strong> Anstalt – einschließlich<br />

<strong>der</strong> Bewachung <strong>und</strong> des Transports<br />

<strong>der</strong> Gefangenen. Dabei sind Teilleistungen<br />

entsprechend <strong>dem</strong> individuellen Bedarf<br />

zu Service-Paketen zusammengestellt.<br />

Wo private Dienstleister – in erster Linie<br />

in Großbritannien, Frankreich, Schweiz<br />

<strong>und</strong> USA, aber auch bei <strong>der</strong> JVA Büren,<br />

(Nordrhein-Westfalen, Anstalt für Abschiebungshaft,<br />

wo neben 68 Vollzugsbediensteten<br />

80 Mitarbeiter eines Privatunternehmens<br />

tätig sind) – unter Vertrag genommen<br />

wurden, haben sie – entgegen vereinzelter<br />

ursprünglicher Vorbehalte – ihre<br />

Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt:<br />

Durch erhebliche Zeit- <strong>und</strong> Kosteneinsparungen,<br />

Termintreue, Servicequalität <strong>und</strong><br />

höhere Flexibilität konnte ein geordnetes<br />

Miteinan<strong>der</strong> von staatlichen Vollzugsbediensteten<br />

<strong>und</strong> Privatunternehmen erreicht<br />

werden.<br />

„Mit privaten Vertragskräften gab es <strong>auf</strong><br />

vielen Aufgabengebieten in unserer JVA<br />

seit Januar 1994 nur gute Erfahrungen. Aus<br />

<strong>dem</strong> Notkonstrukt hat sich mittlerweile<br />

eine Sicherheitspartnerschaft mit großen<br />

Vorteilen für alle Seiten entwickelt. Es<br />

klingt übertrieben, aber das System hat in<br />

<strong>der</strong> Praxis keine einzige Schwachstelle. Es<br />

wird von allen (Beamte, private Sicherheitsdienste,<br />

Gefangene <strong>und</strong> Besucher) als vorteilhaft<br />

empf<strong>und</strong>en.“ (H.Möller, Anstaltsleiter<br />

<strong>der</strong> JVA Büren am 28.06.2000)<br />

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die JVA<br />

Büren als Abschiebehaftanstalt einen Son<strong>der</strong>fall<br />

darstellt, <strong>der</strong> natürlich nicht pauschal<br />

<strong>auf</strong> „ordentliche“ <strong>Justiz</strong>vollzugsanstalten<br />

angewendet werden kann.<br />

Gleichwohl sind die Gr<strong>und</strong>prinzipien des<br />

Bürener private-public-partnership-Modells<br />

übertragbar.<br />

DSD 4/2001<br />

Des Weiteren wird <strong>auf</strong> die einschlägigen<br />

Erfahrungsberichte <strong>der</strong> Haftanstalten Blakenhurst<br />

(Großbritannien) <strong>und</strong> Chateaudun<br />

(Frankreich) verwiesen.<br />

Das hessische Ministerium <strong>der</strong> <strong>Justiz</strong> hat<br />

im Sommer 1999 eine aus <strong>Justiz</strong>experten,<br />

Wissenschaftlern <strong>und</strong> Politikern zusammengesetzte<br />

Arbeitsgruppe „Modellprojekte<br />

zur Privatisierung im Strafvollzug“ be<strong>auf</strong>tragt,<br />

„die rechtlichen <strong>und</strong> tatsächlichen<br />

Rahmenbedingungen eines solchen Projektes<br />

zu überprüfen <strong>und</strong> entsprechende Lösungsvorschläge<br />

zu unterbreiten.“ Damit<br />

wurde auch ein wichtiger Beitrag geleistet,<br />

die überhitzte Debatte in Deutschland<br />

zu entideologisieren <strong>und</strong> mithin zu versachlichen.<br />

Die Arbeitsgruppe hat ihren 100-seitigen<br />

<strong>Abschlussbericht</strong> im Dezember 1999 vorgelegt<br />

<strong>und</strong> kommt zu folgenden – wesentlichen<br />

– Ergebnissen:<br />

„1. Der Planung <strong>und</strong> Errichtung von Haftanstalten<br />

durch Private stehen keine verfassungs-<br />

o<strong>der</strong> verwaltungsrechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>sätze entgegen. Der Staat kann seinen<br />

Vollzugs<strong>auf</strong>gaben auch dann voll<br />

Rechnung tragen, wenn er ein privat errichtetes<br />

Gebäude nicht als Eigentümer<br />

übernimmt, son<strong>der</strong>n lediglich mietet<br />

o<strong>der</strong> pachtet, sofern er nur gewährleistet,<br />

dass die Räumlichkeiten für den<br />

Strafvollzug geeignet sind, d.h. den gesetzlichen<br />

Sicherheits- <strong>und</strong> sonstigen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen entsprechen.<br />

2. Eine Privatisierung im Strafvollzug (=<br />

Wahrnehmung einzelner Aufgaben<br />

durch vertraglich verpflichtete Personen)<br />

ist <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des geltenden<br />

Rechts ohne Än<strong>der</strong>ung des Strafvollzuggesetzes<br />

möglich, soweit sich die Tätigkeit<br />

<strong>der</strong> Privaten <strong>auf</strong> Dienst- <strong>und</strong> Serviceleistungen<br />

im weiteren Sinne ohne Eingriffsbefugnisse<br />

gegenüber Gefangenen<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Politik<br />

beschränkt. Diese differenzierende Betrachtung<br />

zwischen einer Tätigkeit mit<br />

<strong>und</strong> ohne Eingriffsqualität in Rechte von<br />

Gefangenen steht auch im Einklang mit<br />

Art. 33 Abs. 4 <strong>und</strong> 5 GG <strong>und</strong> wi<strong>der</strong>spricht<br />

we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Organisationskompetenzordnung<br />

<strong>der</strong> Art. 83 ff. GG noch <strong>dem</strong> Demokratie-<br />

<strong>und</strong> Sozialstaatsprinzip.<br />

3. Eine Privatisierung des Strafvollzuges<br />

als Ganzes ist in Deutschland jedoch unzulässig,<br />

da <strong>der</strong> Strafvollzug zum Kernbereich<br />

staatlicher Aufgabenwahrnehmung<br />

gehört <strong>und</strong> als solcher im Hinblick<br />

<strong>auf</strong> Art. 33 Abs. 4 <strong>und</strong> 5 GG nicht privatisierungsfähig<br />

ist.<br />

4. Die rechtliche Bewertung <strong>der</strong> in Betracht<br />

kommenden Aufgaben <strong>und</strong> Tätigkeitsbereiche<br />

im Strafvollzug im Hinblick <strong>auf</strong><br />

eine Privatisierbarkeit im Einu≥lfall, ist<br />

Gegenstand des Berichtes. Zusammenfassend<br />

lässt sich feststellen, dass<br />

jeweils große Teile des Hausmanagements<br />

(zum Beispiel Bauunterhaltung,<br />

Wartung/Reparatur <strong>der</strong> technischen<br />

Anlagen, Reinigung <strong>der</strong> Anstalt, Lagerhaltung<br />

von Einrichtungs- <strong>und</strong> Verbrauchsgegenständen,<br />

teilweise auch<br />

Verwaltung (zum Beispiel Konto- <strong>und</strong><br />

Kassenführung), des Versorgungsmanagements<br />

(zum Beispiel Küche, Reinigung<br />

<strong>der</strong> Wäsche, Ausgabe von Bekleidungs<strong>und</strong><br />

Ausstattungsgegenständen, Eink<strong>auf</strong><br />

<strong>der</strong> Gefangenen, ärztliche Versorgung)<br />

<strong>und</strong> des Betreuungsmanagements (zum<br />

Beispiel Arbeit, Ausbildung, Freizeitgestaltung,<br />

Beratung, soziale Betreuung),<br />

aber auch Teile des Bewachungs- <strong>und</strong><br />

Kontrollmanagements (zum Beispiel rein<br />

objektbezogene allgemeine Sicherungsmaßnahmen<br />

wie beispielsweise tägliche<br />

Kontrolle <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit / Unversehrtheit<br />

von technischen (Alarmanlagen,<br />

Kameras etc.) <strong>und</strong> mechanischen<br />

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