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Polizei und Justiz auf dem Prüfstand: Abschlussbericht der ... - BDSW

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8<br />

(Gitter, Schließanlagen) Sicherheitssystemen,<br />

Objektbezogene Raumkontrollen,<br />

Objektschutz <strong>und</strong> Ähnliches, aber auch<br />

personenbezogene Kontrollmaßnahmen<br />

wie Anwesenheits- <strong>und</strong> Bewegungskontrollen,<br />

allgemeine Be<strong>auf</strong>sichtigungsmaßnahmen,<br />

Begleitung von Gefangenen<br />

innerhalb <strong>der</strong> Anstalt, <strong>und</strong> auch reine<br />

Dienstleistungen im Sicherheitsbereich<br />

wie die Stellung von Fahrer (nicht<br />

Bewachung) <strong>und</strong> Fahrzeug bei Gefangenentransporten<br />

einer Privatisierung zugänglich<br />

sind.<br />

5. Die vertraglich verpflichteten Personen<br />

im Strafvollzug handeln nicht in eigenem<br />

Namen, son<strong>der</strong>n stets im Auftrag <strong>der</strong> <strong>Justiz</strong>vollzugsbehörden.<br />

Sie sind insoweit<br />

Verwaltungs- bzw. Vollzugshelfer, nicht<br />

jedoch Beliehene. Für einen Einsatz als<br />

Beliehene, <strong>der</strong> auch eine Übertragung<br />

von Eingriffsbefugnissen ermöglichen<br />

würde, fehlt es an einer hinreichend konkreten<br />

gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage.<br />

6. Die organisatorische Ausgestaltung <strong>der</strong><br />

Arbeitsabläufe <strong>und</strong> ihre tatsächliche<br />

Durchführung in einer teilprivatisierten<br />

Vollzugsanstalt ist an einer klaren Abgrenzung<br />

zwischen Maßnahmen mit Eingriffscharakter,<br />

die <strong>dem</strong> staatlichen Personal<br />

vorbehalten sind, <strong>und</strong> Serviceleistungen,<br />

die Verwaltungshelfern übertragen<br />

werden, zu orientieren. Es müssen<br />

daher in <strong>der</strong> teilprivatisierten Vollzugsanstalt<br />

organisatorische Vorkehrungen<br />

getroffen werden, die nicht nur eine<br />

wirksame Anleitung <strong>und</strong> Kontrolle <strong>der</strong><br />

Privaten, son<strong>der</strong>n auch ein rechtzeitiges<br />

Eingreifen von <strong>Justiz</strong>vollzugsbeamten<br />

für solche Vollzugssituationen sicherstellen,<br />

in denen die Ausübung von staatlichem<br />

Zwang erfor<strong>der</strong>lich wird.<br />

7.Die vorgenannten Ergebnisse sind<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich auch <strong>auf</strong> den Bereich <strong>der</strong><br />

Untersuchungshaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abschiebehaft<br />

übertragbar.<br />

8. Im Falle <strong>der</strong> nach gelten<strong>dem</strong> Recht zulässigen<br />

Teilprivatisierung des Betriebes<br />

einer <strong>Justiz</strong>vollzugsanstalt, besteht zur<br />

Beibehaltung des strafrechtlichen Schutzes<br />

<strong>der</strong> Bediensteten, <strong>der</strong> Gefangenen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> staatlichen Ordnung durch die<br />

Vorschriften des allgemeinen Strafrechts,<br />

kein Än<strong>der</strong>ungsbedarf des Strafgesetzbuches.<br />

9. Die Summe <strong>der</strong> Aufgaben mit dienstleisten<strong>dem</strong><br />

Charakter im Strafvollzug, die<br />

durch vertraglich verpflichtete Personen<br />

wahrgenommen werden können, betrifft<br />

ca. 30% bis 40% des Personalkörpers einer<br />

<strong>Justiz</strong>vollzugsanstalt. In diesem<br />

Umfang kann <strong>der</strong> Betrieb einer <strong>Justiz</strong>vollzugsanstalt<br />

privat organisiert werden.<br />

10. Die Einbindung privat organisierter Aufgabenwahrnehmung<br />

im Vollzug in den<br />

Gesamtbetrieb einer <strong>Justiz</strong>vollzugsanstalt<br />

ist eine Frage <strong>der</strong> Organisation, die nach<br />

vorliegenden Beispielen <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

keine ernsthaften Probleme <strong>auf</strong>wirft. Die<br />

Aufgabenteilung <strong>und</strong> die Zusammenarbeit<br />

zwischen Privaten <strong>und</strong> Staatsorganen<br />

bedürfen einer klaren organisatorischen<br />

Konzeption, sorgfältigen vertraglichen<br />

Gestaltung <strong>und</strong> effektiver Kontrolle <strong>der</strong><br />

Aufgabenwahrnehmungen.“<br />

Handlungsempfehlungen:<br />

Privatisierungsvorhaben im Strafvollzug<br />

müssen unter verschiedenen Aspekten<br />

bewertet werden.<br />

Die Expertenkommission Staats<strong>auf</strong>gabenkritik<br />

stellt hierbei die Erfolgsfaktoren Effizienz,<br />

Effektivität <strong>und</strong> die vollzugliche<br />

Praktikabilität in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

überlässt die politischen, rechtlichen <strong>und</strong><br />

verbandstaktischen Bewertungen an<strong>der</strong>en<br />

– dazu berufenen – Stellen.<br />

• Die Expertenkommission Staats<strong>auf</strong>gabenkritik<br />

befürwortet die Überlegungen<br />

<strong>der</strong> hessischen Arbeitsgruppe <strong>und</strong> for<strong>der</strong>t<br />

den Senat <strong>auf</strong>, konkrete <strong>und</strong><br />

schrittweise Umsetzungsmaßnahmen in<br />

Richtung eines praktikablen private-public-partnership<br />

<strong>auf</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong><br />

vorgenannten Leitlinien zu initiieren.<br />

• Hierbei dient <strong>der</strong> in einer Anlage beigefügte<br />

Aufgabenkatalog als Ausgangsbasis<br />

für ein Berliner Pilotprojekt, das<br />

zunächst in einer Anstalt des offenen<br />

Vollzuges ab <strong>dem</strong> 01.01.2003 in Angriff<br />

zu nehmen ist.<br />

• Im Rahmen dieses Projektes sind für<br />

alle privatisierungsfähigen Aufgaben<br />

Interessensbek<strong>und</strong>ungsverfahren gemäß<br />

§ 7 Abs. 2 LHO durchzuführen. Die<br />

erwarteten Effizienz- <strong>und</strong> Effektivitätssteigerungspotenziale<br />

sind zu benennen.<br />

Das Pilotprojekt ist durch eine Arbeitsgruppe<br />

aus Strafvollzugsexperten<br />

Berlins <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>, wissenschaftlichen<br />

Vertretern, Fachleuten<br />

<strong>der</strong> Berliner Verwaltungsreform, einem<br />

Vertreter des B<strong>und</strong>es <strong>der</strong> Strafvollzugsbediensteten<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Personalvertretung<br />

vorzubereiten, umzusetzen <strong>und</strong> zu<br />

dokumentieren.<br />

• Vor Auftragsvergaben an Private Sicherheitsdienste<br />

ist ein genaues Anfor<strong>der</strong>ungsprofil<br />

an das gewünschte Personal<br />

zu erstellen, wobei Schulung <strong>und</strong><br />

Weiterbildung als kostenintensive Positionen<br />

zu berücksichtigen sind – „Billiganbieter“<br />

dürfen nicht zum Zuge<br />

kommen. In diesem Zusammenhang<br />

wird <strong>auf</strong> die Ausführungen <strong>der</strong> Expertenkommission<br />

Staats<strong>auf</strong>gabenkritik<br />

zum Themenkomplex „Schaffung eines<br />

integrierten Sicherheitsverb<strong>und</strong>es von<br />

<strong>Polizei</strong> <strong>und</strong> Privaten Sicherheitsdiensten“<br />

explizit verwiesen.<br />

• Sollten auch Aufgaben in den Bereichen<br />

Arbeitswesen <strong>und</strong> Versorgung privatisiert<br />

werden, so ist die Erhöhung <strong>der</strong><br />

Anzahl <strong>der</strong> Gefangenenarbeitsplätze in<br />

den Arbeits- <strong>und</strong> Versorgungsbetrieben<br />

zwingend sicherzustellen.<br />

• Der Senat wird <strong>auf</strong>gefor<strong>der</strong>t, die sich in<br />

Planung befindliche <strong>Justiz</strong>vollzugsanstalt<br />

Hei<strong>der</strong>ing in Großbeeren <strong>und</strong> das<br />

geplante Vollzugskrankenhaus am<br />

Standort Plötzensee <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Arbeitsgruppe „Modellprojekte<br />

zur Privatisierung im Strafvollzug“<br />

(Hessen) entwickelten Leitlinien als private-public-partnership<br />

in Betrieb zu<br />

nehmen.<br />

Die vorgenannten Gr<strong>und</strong>lagen eines praktikablen<br />

private-public-partnership im Bereich<br />

des <strong>Justiz</strong>vollzuges ist auch <strong>auf</strong> den<br />

Bereich des Abschiebegewahrsams in Berlin-Köpenick<br />

(ca. 350 Plätze), <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Zuständigkeit <strong>der</strong> <strong>Polizei</strong> liegt, zu übertragen.<br />

Hierbei sind die mehrjährigen Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> JVA Büren durch die Senatsverwaltung<br />

für Inneres <strong>und</strong> die <strong>Polizei</strong> <strong>auf</strong>zugreifen<br />

<strong>und</strong> bis zum 01.01.2003 umzusetzen.<br />

■<br />

1 Vgl. STRATEGY Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH:<br />

Integration Privater Sicherheitsdienste in konzeptionelle<br />

Schutzmaßnahmen Berlins - Sicherheitspolitisches Fachreferat<br />

von Otto Dreksler, Dozent <strong>und</strong> Fachautor für Innere<br />

Sicherheit, 1999.<br />

2 Vgl. Martin Burgi: Möglichkeiten <strong>und</strong> Schranken <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit im Rahmen von Sicherheitspartnerschaften.<br />

In: Public-Private-Partnerships <strong>und</strong> Sicherheitspartnerschaften,<br />

Rolf Stober (Hrsg.), Köln u.a. 2000, S. 65-90.<br />

3 Siehe auch Rainer Pitschas: Kriminalprävention <strong>und</strong><br />

<strong>Polizei</strong>recht: Von <strong>der</strong> polizeilichen Gefahrenabwehr zum<br />

kooperativen Leistungshandeln für Sicherheitsvorsorge.<br />

In: Vergesellschaftung polizeilicher Sicherheitsvorsorge<br />

<strong>und</strong> gewerbliche Kriminalprävention, R. Stober / R. Pitschas<br />

(Hrsg.) , Köln u.a. 2001, S. 1-36.<br />

4 Vgl. STRATEGY Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH:<br />

Integration Privater Sicherheitsdienste in konzeptionelle<br />

Schutzmaßnahmen Berlins - Sicherheitspolitisches Fachreferat<br />

von Otto Dreksler, Dozent <strong>und</strong> Fachautor für Innere<br />

Sicherheit, 1999.<br />

5 Dazu ausführliche Betrachtungen in: Rolf Stober (Hrsg.),<br />

Privatisierung im Strafvollzug? Köln u.a. 2001<br />

DSD 4/2001

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