10.10.2013 Aufrufe

Klausur im Strafrecht für Anfänger - CF Müller Campus

Klausur im Strafrecht für Anfänger - CF Müller Campus

Klausur im Strafrecht für Anfänger - CF Müller Campus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Seite 7 von 25<br />

Die h. M. verneint <strong>im</strong> Fall einer aberratio ictus den Vorsatz bezüglich des<br />

Opfers, welches der Täter nicht als Opfer ausersehen hat (Lackner/Kühl § 15<br />

Rn. 12).<br />

Eine Mindermeinung stellt darauf ab, daß der Vorsatz sich nur auf ein der<br />

tatbestandsmäßigen Gattung angehörendes Oibjekt beziehen müsse. Folglich<br />

habe der Täter Vorsatz bezüglich aller zu dieser tatbestandsmäßigen Gattung<br />

gehörenden Objekte, wenn er auch nur ein konkretes gattungszugehöriges<br />

Objekt in seinen Verletzungsvorsatz aufgenommen hat. Richtet sich der<br />

Tötungsvorsatz auf den Menschen X, richtet er sich generell auf Objekte der<br />

Gattung “Mensch”. Da auch S ein der Gattung “Mensch” angehörendes Objekt<br />

ist, richtet sich auch der Vorsatz gegen ihn.<br />

Die Argumentation der Mindermeinung führt aber jedenfalls <strong>im</strong> vorliegenden<br />

Fall nicht zur Bejahung eines Totschlagsvorsazes gegenüber S. Denn hier ist<br />

zu berücksichtigen, daß sich der Totschlagsvorsatz des T nicht generell auf<br />

Objekte der Gattung “Mensch”, sondern einschränkend nur auf Menschen der<br />

Gattung “Angreifer i. S. des § 32 StGB” richtete. Die Tatsache, daß<br />

gegenüber den drei Jugendlichen ein Notwehrrecht/Nothilferecht bestand, nicht<br />

aber gegenüber dem S, begründet eine unterschiedliche<br />

Gattungszugehörigkeit des S einerseits und der drei Jugendlichen andererseits.<br />

Alle vier Personen sind zwar Menschen i. S. des § 212 StGB. Dennoch<br />

bewertet das <strong>Strafrecht</strong> ihre Position als Totschlagsopfer unterschiedlich. Daß<br />

diese unterschiedlichen Gattungen strafrechtlich relevant sind, ergibt sich aus<br />

der Anerkennung des Rechtfertigungsgrundes Notwehr/Nothilfe in § 32 StGB.<br />

Ein Mensch, dem gegenüber ein Notwehrrecht besteht, hat strafrechtlich eine<br />

andere Opferqualität als ein Mensch, dem gegenüber kein Notwehrrecht<br />

besteht. Hier hatte T nur den Vorsatz zur Begehung eines Totschlags an<br />

Menschen, denen gegenüber dieser Totschlag durch Notwehr/Nothilfe<br />

gerechtfertigt wäre. Dies ist folglich ein anderer Totschlagsvorsatz als der<br />

Vorsatz zur Begehung eines Totschlags an Menschen, denen gegenüber kein<br />

Notwehrrecht besteht. Da gegenüber S kein Notwehrrecht besteht, kann der<br />

© C. F. <strong>Müller</strong> Verlag <strong>Klausur</strong> <strong>im</strong> <strong>Strafrecht</strong> <strong>für</strong> <strong>Anfänger</strong>, Nr.2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!