Repetitorium Erbrecht - Studentenverbindung Concordia Bern
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<strong>Repetitorium</strong> <strong>Erbrecht</strong><br />
§ 5<br />
Die gesetzliche Erbfolge<br />
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Unter gesetzlicher Erbfolge wird diejenige Erbfolge verstanden, die mangels gültiger Anweisungen des<br />
Erblassers Platz greift. Daneben kann das <strong>Erbrecht</strong> aber bezüglich der Erbfolge auch zwingender Natur<br />
sein, jene Regeln werden als Pflichteilsrecht bezeichnet.<br />
Ein Erbe kann seine Stellung erwerben aufgrund<br />
• Der Erbfolgeordnung des Gesetzes gesetzliche Erbe<br />
• Einer gültigen Anordnung des Erblassers eingesetzter Erbe<br />
Die Stellung als Erbe bleibt dieselbe, der Unterschied besteht nur im Titel, auf den die Eigenschaft als Erbe<br />
begründet wird. Alle Erben zusammen bilden die Erbengemeinschaft.<br />
Für die Erbfolge wird auf formelle familienrechtliche Beziehungen abgestellt; jede Art des formellen<br />
Verhältnisses ist gleichwertig; sofern bloss die vollen Wirkungen dieses Verhältnisses eintreten.<br />
Es wird eine gewisse Stufenfolge aufgezeigt, solange in der näheren Kategorie Personen erben, sind die<br />
weiteren ausgeschlossen. Nur wenn keine Familienmitglieder im Sinne des Parentelsystems vorhanden<br />
sind, ist das Gemeinwesen Alleinerbe, womit der Kanton gemeint ist, resp. seine Regelung, wie damit<br />
umzugehen ist. Dazu gilt aber eine Haftungsbeschränkung, OR 592.<br />
Das Gemeinwesen soll ohnehin nicht zum Abfallhaufen der Nachlässe werden, schlägt jemand eine<br />
Erbschaft nach ZGB 566 aus, so fällt sie nicht einfach an die nächste Stufe, sofern wird erbenlos und<br />
konkursamtlich liquidiert.<br />
Das Parentelsystem<br />
Eine Parentel ist eine Gruppe von Personen, die im Sinne des <strong>Erbrecht</strong>s einen bestimmten Grad der Nähe<br />
zum Erblasser aufweisen. Die verschiedenen Parentel bilden untereinander eine Reihenfolge.<br />
Personen aus einer nachfolgenden Parentel können nur gesetzliche Erben sein, wenn aus der<br />
vorangehenden Parentel niemand Erbe ist. Innerhalb einer Parentel gibt es eine Hierarchie.<br />
- 1. Parentel: Nachkommen<br />
- Kinder<br />
- Enkel<br />
- Urenkel<br />
- 2. Parentel: Eltern des Erblassers und alle von ihnen abstammenden Personen<br />
- Eltern<br />
- Voll- und Halbgeschwister<br />
- Nichten und Neffen<br />
- Grossnichten und Grossneffen<br />
- 3. Parentel: Grosseltern des Erblassers und die von diesen abstammenden Personen<br />
- Grosseltern<br />
- Tanten und Onkel<br />
- Vettern und Kusinen (ersten Grades)<br />
- Nichten und Neffen (zweiten Grades)<br />
Innerhalb einer Parentel kommt jeweils nur die oberste Schicht zum Zug, es sei denn, dass eine dieser<br />
Personen als Erbe ausfällt, dann tritt ihre nächste Nachkommensgeneration für sie ein.<br />
Nicht zu den Parentelen, weil nicht blutsverwandt, gehören die Ehegatten. Der Ehegatte des Erblassers<br />
erbt als zusätzlich Berechtigter neben den Parentelen.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
Für die Verteilung innerhalb einer Parentel gelten die folgenden Prinzipien:<br />
- Die Beschränkung auf die nächtsmögliche Generation<br />
- Das Gleichheitsprinzip. Das Prinzip gilt für Geschwister untereinander.<br />
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Zwei Prinzipien regeln den Fall, wo eine zunächst berechtigte Person als Erbe ausfällt, weil sie entweder<br />
vor dem Erblasser vorverstorben ist, weil sie die Erbschaft ausschlägt oder weil sie enterbt oder<br />
erbunwürdig ist.<br />
Eintrittsprinzip:<br />
Fällt eine Person als Erbe ausser Betracht, so treten deren Kinder an ihre Stille; unter ihnen, aber nicht mit<br />
anderen Erben, gilt wieder das Gleichheitsprinzip. Sind keine Nachkommen vorhanden und die Eltern des<br />
Erblassers vorverstorben, so treten deren Kinder, also die Geschwister des Erblassers, in ihre Teile ein.<br />
Anwachsungsprinzip:<br />
Es besagt, dass der Teil eines ausgefallenen gesetzlichen Erbens seinen gleichstufigen Miterben zugute<br />
kommt. Das Anwachsungsprinzip ist zum Eintrittsprinzip subsidiär; es wird erst wirksam, wenn keine<br />
Nachkommen des ausgefallenen Erben eintreten.<br />
Die Stellung des überlebenden Ehegatten<br />
Der Ehegatte hat Rechte am Vermögen des verstorbenen Partners unter zwei verschiedenen Titeln, mit<br />
dem Tod wird die Ehe aufgelöst; es kommt deshalb zuerst zu einer güterrechtlichen Auseinandersetzung.<br />
Das verbleibende Vermögen bildet den Nachlass und daran ist der Ehegatte wiederum beteiligt, weil das<br />
Gesetz ihn als Erben bezeichnet.<br />
Der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten ist<br />
Gegenüber der ersten Parentel die Hälfte<br />
Gegenüber der zweiten Parentel drei Viertel<br />
Gegenüber der dritten Parentel die ganze Erbschaft<br />
Pflichtteil<br />
Pflichtteil ist derjenige Teil der gesetzlichen Erbquote, den der Erblasser nicht entziehen kann. Somit wird<br />
den nahen Angehörigen quantitativ eine grosse Nachlassquote zugesichert.<br />
Das Pflichtteilsrecht ist verzichtbar; vor dem Erbgang bedarf es dafür des Erbvertrages.<br />
Die Rechtsgrundlage für den Pflichtteil ist in ZGB 470 – 480 und in ZGB 522 – 533 geregelt.<br />
Nicht jeder gesetzliche Erbe ist Pflichtteilserbe; nur solche Personen kommen in Betracht, die in den engen<br />
Personenkreis von ZGB 471 fallen.<br />
Die ehevertragliche Vorschlagszuteilung muss die Pflichtanteile respektieren; jedoch nur bezüglich der<br />
Pflichtteile der nicht-gemeinsamen Nachkommen, ZGB 216 II.<br />
Als Ausnahme vom Pflichtteil gilt ZGB 473; der dem überlebenden Ehegatten die Nutzniessung an der<br />
gesamten Erbschaft der gemeinsamen Nachkommen erlaubt; wobei allerdings die gemeinsamen<br />
Nachkommen zudem auch den zweitverstorbenen Ehegatten beerben. Den gemeinsamen Nachkommen<br />
werden lediglich noch die während der Ehe gezeugten ausserehelichen Kinder und deren Nachkommen<br />
gleichgestellt. (!!) Zieht aber der überlebende Ehegatte seinen Pflichtteilsviertel der Nutzniessung vor, so<br />
kann er diesen beanspruchen.<br />
Bei Wiederverheiratung des nutzniessungsberechtigten Ehegatten können alle Erben ihr Pflichtteilsrecht<br />
beanspruchen, ZGB 473 III. Bei aller Nutzniessung kann aber weiterhin über die disponible Quote frei<br />
verfügt werden.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
Der Inhalt<br />
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Der Pflichtteil ist garantierte Erbportion. Der Berechtigte kann somit beanspruchen, in der<br />
Erbengemeinschaft, mitzuwirken, sofern er nicht dem Wert nach seinen Teil erhalten hat, ZGB 522.<br />
Anderseits haftet der Pflichtteilserbe, sobald seine Erbenstellung anerkannt oder gerichtlich zugesprochen<br />
ist, auch für die Erbschaftsschulden.<br />
Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten die Erbenstellung entzogen (Enterbung), so kann sich der<br />
Berechtigte durch Herabsetzungsklage die Erbenstellung einräumen lassen, sofern diese von den Miterben<br />
nicht anerkannt wird. Sie ist nicht möglich, wenn der Berechtigte bereits dem Werte nach genug auf seinen<br />
Pflichtteil erhalten hat.<br />
Erbenstellung bedeutet, dass der Pflichtteilsberechtigte an der Teilung mitwirken kann. Er hat Anspruch<br />
darauf, dass ihm auf seine Wertquote Nachlassobjekte zu individuellem Eigentum zugewiesen werden. Er<br />
braucht ebensowenig wie andere Erben mit anderen Werten, wie namentlich einer blossen Nutzniessung<br />
oder Rente abzufinden, auch wenn deren kapitalisierter Wert den Pflichtteil ausfüllen würde. Die auf den<br />
Pflichtteil entfallenden Werte müssen „des biens aisément négociables“ – leicht veräusserliche Werte –<br />
sein.<br />
Der Pflichtteilserbe muss keine Verpflichtung (Vermächtnis) dulden; die ihm nicht den Wert seines<br />
Pflichtteils belassen; solche Leistungspflichten (z.B. Wohnrecht in Liegenschaft für alte Tante), müssen aus<br />
demjenigen Teil des von ihm Empfangenen finanziert werden können, der über den Pflichtteil hinausgeht.<br />
Der Erbe hat u.U. die alte Tante in der geerbten Liegenschaft zu dulden, selbst wenn der Wert des<br />
Objektes teilweise auf den Pflichtteil entfällt. Dies trotz dem grundsätzlichen Anspruch auf Zuweisung zu<br />
freiem Eigentum.<br />
Der Pflichtteil darf nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden. Wenn also in einer Verfügung steht,<br />
der Sohn dürfe das Geschäft nur bei einem akademischen Abschluss übernehmen, so darf dies nur<br />
heissen, mangels eines solchen Abschlusses muss er mit anderen Werten abgefunden werden, wobei ihm<br />
mindestens jedoch der Pflichtteil zukommen muss.<br />
Eine Auflage, die für den Belasteten einen Vermögensaufwand bedeutet, braucht nicht geduldet zu werden,<br />
soweit sie in seinen Pflichtteil eingreift.<br />
Die Grenze liegt dort, wo die Auflage eine deutlich bezifferbare Werteinbusse bedeutet.<br />
Teilungsvorschriften im Bereich des Pflichtteils sind zulässig.<br />
Es muss Gleichheit unter den gleichgestellten Personen oder Stämmen herrschen. Der Vater kann nicht<br />
einseitig einem von mehreren Söhnen den Zutritt zum Verwaltungsrat einer Gesellschaft verwehren, oder<br />
ein Vorkaufsrecht kann nicht bloss partiell einem Teil der Geschwistererben auferlegt werden, wenn nicht<br />
gute Gründe dafür sprechen.<br />
Enterbung<br />
- Strafenterbung<br />
In schweren Fällen ist es dem Erblasser erlaubt, einem Fehlbaren den Pflichtteil zu entziehen, ZGB 477<br />
– 479. Bei gänzlichem Entzug fällt die Erbeneigenschaft weg. Einen solchen Verstoss sieht ZGB 477<br />
nur in einem schweren Verbrechen gegen Familienmitglieder oder in einer schweren Verletzung<br />
familienrechtlicher Pflichten; wobei der Erblasser oder eine ihm nahestehende Person betroffen sein<br />
muss. Die Nähe der Person und die erforderliche Schwere des Verhaltens stehen wohl in einem<br />
reziproken Verhältnis.<br />
Keine Verletzung der Familienverbundenheit und damit keinen Enterbungsgrund stellt ein Verbrechen<br />
gegen Dritte ohne nähere Beziehung zum Erblasser dar. Dasselbe gilt bei unkorrektem Verhalten in<br />
beruflich-geschäftlichen Kreisen. Kein Enterbungsgrund liegt ferner vor, wenn die Pflicht gegenüber den<br />
Angehörigen mit anderen rechtlichen oder moralischen Pflichten kollidiert.<br />
Wahrheitsgemässe Aussage im Prozess gegen den Vater, Nichtbefolgen der elterlichen Anordnung im eigenen Freiheitsbereich, missliebige<br />
Heirat, Freundschaft oder Berufswahl.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
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Ein Enterbungsgrund kann vorliegen, wenn die Unterstützungspflicht nach ZGB 328 vernachlässigt<br />
wird, auch eine gewichtige Ehrverletzung kann enterbend wirken.<br />
Als Missachtung persönlicher Beziehung ist ein Verhalten nur relevant, wenn es schuldhaft erfolgt.<br />
Aggressives Verhalten in einer krankhaft manischen Phase muss anders beurteilt werden.<br />
Aus dem gleichen Motiv muss der Enterbungsgrund entfallen, wenn der Erblasser das Verhalten<br />
verziehen hat, und zwar auch dann, wenn die Verzeihung erst nach der Enterbungsverfügung erklärt<br />
wird.<br />
- Präventiventerbung<br />
Eine Enterbung ist auch möglich, wenn der präsumtive Erbe überschuldet ist. Die Voraussetzungen von<br />
ZGB 480 müssen jedoch erfüllt sein.<br />
Der Erblasser muss in der Verfügung von Todes wegen den Grund der Enterbung konkret abgeben;<br />
„beleidigendes Verhalten“ ist keine genügende Begründung. Die Person, die von der Enterbung profitiert,<br />
hat zu beweisen, dass dieser Grund auch wirklich vorliegt, ZGB 479. Fehlt die Angabe oder scheitert der<br />
Nachweis, so kann der Enterbte mit der Herabsetzungsklage, ZGB 522, seinen Pflichtteil, aber nur diesen<br />
und nicht etwa den gesetzlichen Erbteil, verlangen. Will er die Benachteiligung ganz beseitigen, seine volle<br />
gesetzliche Erbportion erhalten, so muss er die Ungültigkeit der Verfügung geltend machen, ZGB 519. Am<br />
besten dadurch, dass er seinerseits einen Irrtum in den Motiven des Erblassers nachweist.<br />
Die Herabsetzung<br />
Herabsetzung ist die Sanktion der Pflichtteilsverletzung. Mit der Herabsetzungsklage verlangt der Pflichtteilsberechtige<br />
von den zu seinen Lasten Begünstigten „eine Auffüllung“ des Pflichtteils. Ausserdem<br />
bedeutet Herabsetzung auch den Vollzug der „qualitativen“ Pflichtteilsgarantien, die jedoch nicht isoliert<br />
gefordert werden können, wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen Wert dem Werte nach bereits erhalten<br />
hat.<br />
Pflichtteil heisst garantierter Anteil am Nachlass. Die Verletzung des Pflichtteils geschieht darum durch<br />
Verfügungen von Todes wegen.<br />
Herabgesetzt wird nur, bis der Pflichtteil aufgefüllt ist. Soweit die Verfügungen in der verfügbaren Quote<br />
Platz finden, bleiben sie davon verschont.<br />
Nach ZGB 532 wird diejenige Zuwendung, die zuletzt ausgefällt wurde, herabgesetzt. Je weiter ihr Vollzug<br />
zeitlich zurückliegt, desto eher wird sie also verschont. An erster Stelle werden somit die Verfügungen von<br />
Todes wegen (einschliesslich der Schenkungen auf den Todesfall, OR 245 II), herabgesetzt.<br />
Stehen mehrere Verfügungen auf gleicher zeitlicher Stufe, insbesondere alle Verfügungen von Todes<br />
wegen, so wird proportional herabgesetzt, ZGB 525 I.<br />
Massgeblicher Zeitpunkt<br />
Die Pflichtteilsberechnung erfolgt zum Wert am Todestag, ZGB 474 I. Ist das Objekt herabsetzbarer<br />
Schenkungen beim Tod nicht mehr erhalten, so kann nach ZGB 474 dem Beschenkten nur bei Verschulden<br />
ein Vorwurf gemacht werden. Bei Gutgläubigkeit hat er nur herauszugeben, was er an Werten (evtl.<br />
Verkaufserlös) noch hat, ZGB 528 I.<br />
Bei der Herabsetzungsklage stehen sich der benachteiligte Pflichtteilserbe (Aktivlegitimation) und der zu<br />
Unrecht Begünstigte (Passivlegitimation) gegenüber. Weder der Willensvollstrecker noch eine Behörde<br />
noch irgendwelche mittelbar Interessierten können auf der einen oder anderen Seite im<br />
Herabsetzungsprozess Partei sein. Ausnahme: ZGB 524, gewisse Gläubiger des Pflichtteilserben.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
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Der Pflichtteilsanspruch ist – ob schon geltend gemacht oder nicht – aktiv wie passiv erblich, sofern der<br />
erste Erbe den Tod des Erblassers erlebt hat. Er ist aber rechtsgeschäftlich nicht übertrag- oder pfändbar,<br />
da er höchstpersönlich ist.<br />
Die Herabsetzungsklage muss innert einer relativen Frist von einem Jahr ab Kenntnis des Klagegrundes,<br />
ZGB 533, und innert einer absoluten Frist von 10 Jahren seit Testamentseröffnung bzw. bei Zuwendung zu<br />
Lebzeiten ab dem Erbgang, erfolgen.<br />
Pflichtteile könne aber einredeweise ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht werden, ZGB 533 III. ??<br />
§ 7<br />
Die Ausgleichung<br />
Der Erblasser kann bereits zu Lebzeiten seinen einzelnen Präsumtiverben Wert in der Meinung zuwenden,<br />
dass diese dereinst an ihren Erbteil angerechnet werden sollen. Man spricht von einem Vorempfang oder<br />
Erbvorbezug. Sie sind ein juristisches Sorgenkind, da eine Ungewissheit besteht, ob eine Anrechnung der<br />
Zuwendung stattfinden soll oder nicht.<br />
Vorempfang bedeutet Anrechnung in einem doppelten Sinne:<br />
- Einbezug der empfangenen Werte in die Berechnung des Gesamtnachlasses<br />
- Anrechnung an die Erbquote des jeweiligen Vorempfängers.<br />
Die Anrechnung des Vorempfangs erfolgt im Augenblick der Teilung. Der Vorgang der Ausgleichung ist<br />
soweit eine rein rechnerische Subtraktion von Geldwerten in diesem Zeitpunkt. Jedoch ist nach ZGB 630<br />
der Todestag massgebendes Stichdatum für die Bestimmung des vorbezogenen Wertes. Der Vorbezüger<br />
muss aber die Möglichkeit haben, das Objekt selber in die Erbengemeinschaft einzuwerfen (Realkollation,<br />
ZGB 628), er befreit sich damit von der wertmässigen Anrechnung und partizipiert auf gleicher Stufe wie die<br />
anderen Erben an der Verteilung des Nachlasses.<br />
Von der Anrechnung ist die Verrechnung zu unterscheiden, die durch ein Darlehen erfolgt, das zu<br />
Lebzeiten gewährt wurde und das mit dem Erbteil verrechnet werden soll, Rz 10 ff.<br />
Parteien<br />
In der Ausgleichung stehen sich Erben gegenüber. Nur wenn der Empfänger an der Erbteilung mitmacht,<br />
kann die erhaltene Zuwendung ein Vor-Empfang sein. Die Ausgleichungspflicht entfällt nicht nur für<br />
Personen, die nicht zum Erben berufen sind, sondern auch für solche, die die Erbschaft ausschlagen. Hat<br />
jemand grössere Werte als ausgleichungspflichtige Vorempfänge erhalten, kann er sich also durch<br />
Ausschlagung der Ausgleichungspflicht entziehen. Jedoch setzt er sich Herabsetzungsansprüchen von<br />
Pflichtteilserben aus; welche um so mehr ins Gewicht fallen können, als mit seiner Ausschlagung sein<br />
allfälliger eigener Pflichtteil Miterben zugute kommen kann.<br />
Zuwendung<br />
Ausgleichspflichtig kann nur sein, was dem Empfänger unentgeltlich geleistet wurde. Ist ihm das Objekt<br />
zwar verkauft worden, aber zu einem so tiefen Preis überlassen worden, liegt eine gemischte Schenkung<br />
vor, der unentgeltliche Teil ist dann Zuwendung. Selbst rechtliche Pflichten, so etwa besonders grosse<br />
familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungspflichten können der Ausgleichung unterstellt sein.<br />
Ausstattungszuwendungen<br />
Auszugleichen sind alle irregulären Zuwendungen, solche, die nicht Geschenke aus einem<br />
wiederkehrenden oder einmaligen Anlass wie Weihnacht oder Examen sind. Es sind Zuwendungen<br />
gemeint, die dem Zweck der Existenzbegründung, -sicherung und –verbesserung dienen. Eindeutig hinein<br />
gehört das Heiratsgut, aber auch alles, was als Grundlage oder Erleichterung für die Berufsausübung oder<br />
die geschäftliche Tätigkeit geschenkt wurde. Auch Unterhaltsbeiträge, die das übliche Mass übersteigen,<br />
da sie dann der Existenzsicherung oder –verbesserung dienen.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
§ 8<br />
Verfügung von Todes wegen<br />
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Die Rechtsverhältnisse des Erblassers zu seinen Lebzeiten sollen und können von den erbrechtlichen<br />
Normen nicht erfasst werden; dafür ist das übrige Rechtssystem zuständig. Rechte der Nachfolger<br />
entstehen erst im Erbgang. Auch Verfügungen von Todes wegen entstehen erst beim Erbgang.<br />
• Es bestehen strenge Formvorschriften<br />
• Das Recht gestattet als Prinzip den Widerruf der Verfügungen. Nicht nur entsteht kein Anspruch der<br />
Begünstigten zu Lebzeiten, sondern der Erblasser engagiert sich damit auch nicht endgültig für den<br />
Todesfall. Das gilt auch dann, wenn dem Empfänger vom Erblasser schon Zusagen gemacht wurden,<br />
sofern sie nicht in Erbvertragsform erfolgten.<br />
Rechtsgeschäfte über Erbanwartschaften<br />
Der künftige Berechtigte kann über seine Anwartschaft bereits vor dem Erbgang verfügen. Er kann sie also<br />
veräussern, aber auch verpfänden. Es muss jedoch eine Zustimmung des Erblassers vorliegen, ZGB 636.<br />
Die Abtretung oder Verpfändung der Erbanwartschaft muss entsprechend den allgemeinen Regeln ( OR<br />
165, ZGB 900 ) schriftlich erfolgen; ebenfalls muss die Zustimmung des Erblassers im gleichen Akt zu<br />
erfolgen hat, „Mitwirken“, ZGB 636.<br />
Die Zustimmung bindet aber den Erblasser auch in seinen Verfügungen von Todes wegen nicht, solange<br />
nicht die für die Bindung vorgesehene Form des Erbvertrages ( Art 512 ) gewählt wurde. Dass die<br />
Zustimmung als unwiderruflich qualifiziert wird, ist darum von Bedeutung nur im Rahmen des Pflichtteils.<br />
Höchstpersönlichkeit und formeller Aspekt<br />
Verfügungen von Todes wegen sind absolut höchstpersönliche Rechtsgeschäfte. Fehlt einer Person die<br />
Handlungsfähigkeit bezüglich solcher Verfügungen ( Art. 467 ), so können über ihren künftigen Nachlass<br />
keinerlei Anordnungen getroffen werden. Verfügungen von Todes wegen sind also gänzlich<br />
vertretungsfeindlich.<br />
Das formelle Prinzip will besagen, dass der Akt des Verfügens an den Erblasser gebunden ist. Es kann<br />
also niemand die Urkunde, soweit sie nach den Formvorschriften von ihm selber stammen muss (Art. 505),<br />
an seiner Stelle verfertigen oder eine Verfügung für ihn unterschreiben. Die Urkunde kann ihr nur als eine<br />
eigene zugeschrieben werden, wenn die Impulse zu den einzelnen Schriftzügen von ihr ausgehen; was bei<br />
Hypnose oder Gewalt fehlt. Zudem muss der Vorgang von solcher Art sein, dass der urkundliche Akt dem<br />
Willen, und nicht bloss physisch der Hand des Erblassers entstammt.<br />
Soweit eine Verfügung in öffentlicher Urkunde erfolgt, wird der Text formell allerdings von der<br />
Urkundsperson aufgesetzt. Die Beteiligung des Erblassers beschränkt sich dann auf das Unterschreiben<br />
und/oder die gesetzlich vorgesehene Erklärung an die Zeugen.<br />
Bezüglich dem materiellen Prinzip muss der Inhalt der Verfügung vom Erblasser selber bestimmt sein. Es<br />
ist nicht möglich, Entscheidungsbefugnisse zugunsten anderer Personen zu delegieren.<br />
- Jedoch kann der Erblasser einer begünstigten Person ein Wahlrecht einräumen, so dass diese vor den<br />
anderen Beteiligten entscheiden kann, welche Objekte sie auf den ihr zustehenden Wert übernehmen<br />
möchte.<br />
- Der Erblasser kann Kriterien festlegen, nach welchen seine Verfügung entsprechend der<br />
dannzumaligen Situation konkretisiert werden kann.<br />
- Der Erblasser kann Bedingungen setzen. Wenn mein Enkel studiert, dann...<br />
Das Bundesgericht verfolgt in der Formulierung eine sehr strenge Bestimmtheit. Ausnahmsweise nur BGE<br />
100 II 98.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
Abgrenzung von Rechtsgeschäften unter Lebenden<br />
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Das Basiskriterium ergibt sich aus der Funktion der Verfügungen von Todes wegen ohne weiteres. Sie<br />
regeln den Nachwuchs. Damit ist als Geschäft unter Lebenden alles zu qualifizieren, was seine Wirkungen<br />
nicht (erst) im Nachlass einer Person entfalten soll.<br />
Folgendes ist nicht als Verfügung von Todes wegen zu bezeichnen:<br />
- Ein Vertrag, der beim Tod einer Person aufgelöst sein soll.<br />
- Eine Klausel, welche in Abweichung einer gesetzlich-dispositiven Regel die Fortgeltung eines lebzeitig<br />
wirkenden Verhältnisses stipuliert. Das Fortwirken in den Nachlass ändert am Charakter als Geschäft<br />
unter Lebenden nichts; so kommt es zum Übergang der Schuldenhaftung auf die Erben, ZGB 560.<br />
Bloss diejenigen Verfügungen, deren Wirkungen erst mit dem Tod einsetzt, sind solche von Todes<br />
wegen.<br />
- Eine Abmachung, deren Wirkung mit dem Tod einer Person eintreten soll, aber nicht ihren Nachlass<br />
betrifft. (Zusage über Stellennachfolge).<br />
- Eine gegenseitige Abmachung, die unabhängig von der Reihenfolge des Versterbens dem<br />
überlebenden Partner zugute kommen soll.<br />
Verdeckte Verfügungen von Todes wegen<br />
Randziffer 42ff.<br />
Nachfolge und Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen<br />
Nach dem Gesetz werden Personengesellschaften mit dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst. Der<br />
Gesellschaftsvertrag kann jedoch vorsehen<br />
- eine Fortsetzungsklausel: Die Gesellschaft soll unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt<br />
werden.<br />
- Eine Eintrittsklausel: Die Erben oder einzelne von ihnen, sind zum Eintritt in die Gesellschaft berechtigt.<br />
- Eine Abfindungsklausel: Es wird eine Berechnung und Auszahlung des Anteils des Verstorbenen<br />
festgelegt.<br />
- Nachfolgeklausel: Den Erben oder einzelnen unter ihnen wird die Gesellschaft zugewiesen.<br />
Während die Fortsetzungs- und Eintrittsklausel nicht in die Nachlassregelung eingreifen und damit<br />
Vereinbarungen unter Lebenden sind; ist die Nachfolgeklausel – soweit sie bestimmten Erben die<br />
Nachfolgerolle zuweist – eine Verfügung von Todes wegen, die der Pflicht des Erben wegen, sogar in seine<br />
persönliche Freiheit eingreifen kann.<br />
Bei der Abfindungsklausel handelt es sich ebenfalls um ein Geschäft unter Lebenden; ihre Überlegung ist<br />
es, dass jede vorzeitige Liquidation von Gesellschaftsvermögen dem Zweck schadet.<br />
Begünstigung aus Lebensversicherung<br />
Der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung kann die Person bezeichnen, der die Summe nach<br />
seinem Tod zufallen soll. Dies wird als Verfügung unter Lebenden behandelt.<br />
Güterrechtliche Begünstigung<br />
Randziffer 50.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
§ 10<br />
Der Erbvertrag<br />
Seite 8 von 19<br />
Der Erbvertrag ermöglicht, über den dereinstigen Nachlass bindende Abmachungen mit dem Erblasser zu<br />
treffen. Entweder verspricht darin der Erblasser eine Begünstigung bei seinem Tod (positiver Erbvertrag)<br />
oder er nimmt den Verzicht eines an sich Erbberechtigten entgegen, (negativer Erbvertrag).<br />
Der Erbvertrag ist durch seine Zweiseitigkeit gekennzeichnet. Der Erbvertrag steht grundsätzlich, auch für<br />
das Verpflichtungselement, unter den Regeln des <strong>Erbrecht</strong>es, nicht etwa unter denjenigen des<br />
Obligationenrechtes.<br />
Die Altersgrenze über die Verfügungsfreiheit folgt den allgemeinen Regeln über die Handlungsfähigkeit,<br />
ZGB 468.<br />
Form des Erbvertrages, ZGB 512ff.<br />
Es gelten die Anforderungen an das öffentliche Testament, ZGB 499 – 504.<br />
Gemäss ZGB 512 müssen alle Vertragsparteien ihren Willen vor der Urkundsperson erklären und die<br />
Urkunde vor zwei Zeugen im gleichen Vorgang unterschreiben. Dies gilt auch dann, wenn sich die<br />
Gegenpartei im Sinne eines Geschäftes unter Lebenden verpflichtet. Für den Nicht-Erblasser gilt OR 14,<br />
nicht aber OR 13. Der Nicht-Erblasser kann im Gegensatz zum Erblasser bei der Erklärung und Unterschrift<br />
vertreten werden.<br />
Die zu versprechende Gegenleistung vom Nicht-Erblasser unterliegt nach h.L. denselben<br />
Formerfordernissen, da es sich i.d.R. um wesentliche Punkte für den Vertragsschluss handelt.<br />
Für die Mischung ehe- und erbrechtlicher Verträge siehe Randziffer 17.<br />
Aufhebung des Erbvertrages<br />
Die Bindung des Erbvertrages kann beim negativen Erbvertrag nur mit Zustimmung der Gegenpartei<br />
aufgelöst werden; beim <strong>Erbrecht</strong> bedarf es entgegen OR 115 des AT einer Schriftform, ZGB 513.<br />
Für den Erblasser gibt es in gewissen Situationen die Möglichkeit des einseitigen Widerrufes:<br />
- ZGB 513; bei Vorliegen eines Enterbungsgrundes gegen den Begünstigen; der Widerruf hat in einer<br />
Testamentsform zu erfolgen<br />
- ZGB 514; bei Säumnis in der Erbringung von Gegenleistungen; der Widerruf kann entsprechend OR<br />
107 formlos erfolgen.<br />
- ZGB 469; bei Willensmängeln genügt auch hier entsprechend OR 31 formlose Erklärung an die<br />
Gegenpartei.<br />
Der nicht-verfügende Vertragspartner hat ebenfalls das Widerrufsrecht nach ZGB 514, wenn er einen<br />
Erbverzicht geleistet hat und die vereinbarte Abfindung ausbleibt.<br />
Aber auch dem erbvertraglich Begünstigen, der dem Erblasser eine Gegenleistung erbringt; wird ein Recht<br />
zum einseitigen Rücktritt eingeräumt, „wenn der Erblasser arglistig sein Vermögen verschwendet oder die<br />
Auslieferung des vertraglichen Vermächtnisses verunmöglicht hat.“<br />
Bei Willensmängeln auf Seiten des Nicht-Verfügengen gilt nicht ZGB 469, sondern die allgemeine Regel<br />
von OR 23-41.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi
Inhalt des Erbvertrages<br />
Seite 9 von 19<br />
- Der begünstigende (positive) Erbvertrag<br />
Alle Erbverträge, durch welche eine Begünstigung irgendwelcher Personen und irgendwelcher Art aus<br />
dem Nachlass vorgesehen sind. ( Erbeinsetzung, Vermächtnis, Auflage ).<br />
- Der Erbverzichtsvertrag (negativer Erbvertrag)<br />
Damit erfolgt keine Verfügung des Erblassers über seinen Nachlass, es liegt also keine Verfügung von<br />
Todes wegen vor. Der Erblasser wird überhaupt nicht gebunden; er kann trotz Erbverzicht den<br />
Betreffenden bedenken. (neuere Lehre versteht es als Verfügung von Todes wegen). Der Erbverzicht<br />
ist oft von einer Leistung des Erblassers an den Verzichtenden begleitet, Erbabfindung. Erweist sich<br />
diese per Todestag als zu gross, so unterliegt sie der Herabsetzung, soweit sie den Pflichtteil des<br />
Verzichtenden überschreitet. (ZGB 535, 527 Ziff. 2 i.V.m. 523). Der Verzicht kann aber auch ohne<br />
Abfindung erfolgen. Der Erbverzicht wirkt vermutungsweise auch zulasten der eigenen Nachkommen<br />
des Verzichtenden, ZGB 495 III.<br />
Die überwiegende Meinung besagt, der wegfallende Pflichtteil komme der Freiheit des Erblassers, also<br />
der verfügbaren Quote und nicht der anderen Pflichtteile zugunsten.<br />
Beteiligte Parteien<br />
Immer ist am Erbvertrag der Erblasser beteiligt; die Gegenpartei kann sein<br />
- Ein Begünstigter, der sich vom Erblasser versprechen lässt, Erbe, Legatar oder Auflagedestinatär zu<br />
sein<br />
- Ein Verzichtender, der seinen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die ihm dereinst am Nachlass<br />
zustehenden Recht erklärt<br />
- Ein Dritter, der als Vertragspartner die Begünstigung eines Dritten entgegennimmt (Verzicht zulasten<br />
Dritter ist entsprechend OR 111 nicht möglich)<br />
- Ein Erblasser; mehrere Personen verfügen in einem Erbvertrag bindend über ihre Nachlässe, wobei der<br />
Partner neben seiner eigenen Erblasserfunktion seinerseits Begünstigter oder Dritt-<br />
Versprechensempfänger sein kann.<br />
Verfügungen von Todes wegen, die nicht Gegenstand eines Erbvertrags sein können<br />
- die Einsetzung eines Willensvollstreckers, ZGB 517<br />
- die Errichtung einer Stiftung auf den Todesfall, ZGB 493 i.V.m. 81 Ziff. 1<br />
- die Enterbung<br />
Bindungswirkung des Erbvertrages<br />
Die bindende Wirkung, die durch den Vertragscharakter entsteht, heisst, dass der Erblasser sich<br />
verpflichtet, keine gegenteiligen Verfügungen von Todes wegen zu erlassen. Aber auch frühere<br />
Verfügungen, wenn sie bloss testamentarisch sind, können damit nur noch soweit bestehen, als sie mit<br />
dem Erbvertrag nicht in Widerspruch stehen. Der Erblasser wird jedoch keinen Einschränkungen<br />
unterworfen, wie er mit seinem Vermögen zu Lebzeiten umzugehen hat. Art. 494 Ziff. 3 erklärt diejenigen<br />
Schenkungen für anfechtbar, welche mit den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind. Es<br />
muss sich aus dem Erbvertrag und dessen Auslegung ergeben, was darunter fällt.<br />
Auch wenn sich jemand erbvertraglich eine Begünstigung aus dem Nachlass versprechen lässt, wird er<br />
selber nicht gebunden; er kann nach wie vor die Erbschaft ausschlagen. Der Erbvertrag ist eine Verfügung<br />
von Todes wegen und bindet nur den Erblasser. Jedoch ist der Verzichtende gebunden, er kann im<br />
Rahmen seines Verzichtes beim Erbgang keine Pflichtteile geltend machen.<br />
Die Bindung kann durch einfache schriftliche Vereinbarung unter den Kontrahenten, ZGB 513 I, in<br />
gewissen Situationen auch einseitig, aufgehoben werden. Hat ein Dritter die Begünstigungserklärung<br />
entgegengenommen, so kann auch er sie aufheben, obwohl im Erbgang diese Rechte dann direkt beim<br />
Begünstigten entstehen.<br />
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Klagen aus Erbverträgen<br />
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Der Erbvertrag kann der Herabsetzungsklage nach ZGB 522 – 533 unterliegen, wenn er Pflichtteile verletzt.<br />
Der Erbvertrag steht dabei wie die Testamente an erster Stelle bezüglich der Hierarchie.<br />
Ebenfalls kann eine Erbabfindung herabgesetzt werden, weil der Empfänger trotz Erbverzichts den eigenen<br />
Pflichtteil bei der Berechnung des erhaltenen Wertes abziehen kann, ZGB 535 II. Randziffer 46 ?<br />
Ein Formfehler oder ein inhaltlicher Mangel (Rechts- und Sittenwidrigkeit, Verfügungsunfähigkeit,<br />
Willensmangel) kann auch im Falle des Erbvertrages beim Erbgang geltend gemacht werden.<br />
Der Erblasser kann (muss!!) solche Mängel vor dem Erbgang geltend machen; dazu genügt trotz Streit in<br />
der Lehre eine formlose Mitteilung nach OR 31 bei Willensmängeln.<br />
Ebenso kann der Vertragspartner Ungültigkeitsgründe geltend machen; auch für ihn geltend die gleichen<br />
Formvorschriften des OR.<br />
Klage aus ZGB 494 Ziff. 3<br />
Rechtsgeschäft des Erblassers, die seinen erbvertraglichen Pflichten zuwiderlaufen, können im Erbgang<br />
vom Begünstigten angefochten und von den Empfängern kann das Erhaltene herausverlangt werden. Frist<br />
und Legitimation etc. sind analog zur Herabsetzungsklage ZGB 522 zu bilden.<br />
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§ 11<br />
Die Arten von Anordnungen auf den Todesfall<br />
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Der Recht räumt nur bestimmte Arten von Möglichkeiten ein, wie ein Individuum auf seinen dereinstigen<br />
Nachlass einwirken kann. Diese Einschränkung macht sich aber praktisch nicht stark fühlbar; denn dem<br />
Erblasser ist es in weitem Mass möglich, von seinen Erben oder anderen Nachlassbegünstigten<br />
entsprechende – ihm selber aber in seiner Verfügung verbotene - Verhaltensweisen zu verlangen.<br />
Verfügungsarten haben entweder alle unmittelbar etwas mit Vermögen zu tun ( Art. 481 – 497 ), oder aber<br />
mit der Gestaltung des Erbganges; Benennung des Willensvollstreckers, Widerruf eines Erbvertrages etc.<br />
Die Erbeinsetzung<br />
Der Erblasser kann irgendwelchen Rechtssubjekten Erbenstellung an seinem Nachlass einräumen. Im<br />
Gegensatz zur gesetzlichen Erbordnung kann es auch eine juristische Person sein. Auch der eingesetzte<br />
Erbe haftet wie der gesetzliche Erbe solidarisch für die Schulden mit.<br />
Das Vermächtnis<br />
Mit dem Legat wendet der Erblasser von Todes wegen einer Person bestimmte Vermögenswerte zu. Das<br />
kann eine bestimmte Sache<br />
ein bestimmtes, allenfalls auf der Verfügung selber entstehendes Recht<br />
eine bestimmte Geldsumme<br />
eine bestimmte Quote des Nachlasses<br />
sein. Inhalt des Vermächtnisses kann sowohl ein Natural- wie ein Geldwert sein. Nicht selten wird die<br />
Abgrenzung des Vermächtnisses von der Erbeinsetzung zum Problem.<br />
Art. 483 II vermutet die Zuweisung einer Quote des Nachlasses als Erbeneinsetzung.<br />
Das Vorausvermächtnis ist ein zusätzlich zu einem Erbteil zugewiesenes Legat.<br />
Das Vermächtnis aktualisiert sich erst im Erbgang. Er stellt dann einen Anspruch gegen die Erben auf<br />
entsprechende Leistung dar, es lastet also auf den Erben. Der Legatar hat gegen die belasteten Erben<br />
einen blossen obligatorischen Anspruch. Da der Anspruch erst beim Tod entsteht, gibt es für die<br />
vorangehende Zeit keinen Zinsanspruch. Im Erbgang ist mangels anderweitiger Anordnung des Erblassers<br />
die Einforderung erst möglich, wenn die beschwerten Personen die Erbschaft angenommen haben oder<br />
nicht mehr ausschlagen können.<br />
Es besteht kein Schutz bei Rechts- und Sachmängeln, die vor dem Tod des Erblassers eingetreten sind.<br />
Ein Verschaffungsvermächtnis liegt vor, sofern der entsprechende Wille dem Erblasser abgerungen werden<br />
kann; ansonsten kann nichts dagegen unternommen werden, wenn bei der Erbteilung der entsprechende<br />
Vermögenswert nicht mehr vorhanden ist.<br />
Das Vermächtnis ist reine Begünstigung, es sei denn, der Erblasser beschwere es mit Auflagen oder<br />
Untervermächtnissen. Im Gegensatz zum Erben haftet der Vermächtnisnehmer nicht für die<br />
Nachlassschulden. Der Vermächtnisnehmer hat aber das Pfandrecht auf der vermachten Sache zu dulden;<br />
wenn der Erblasser nichts anderes verfügt hat, ZB 485 I.<br />
Anderseits ist der Legatar nicht an der Erbengemeinschaft beteiligt; er hat keinen Anspruch darauf, an<br />
deren Beschlüssen mitzuwirken und besitzt auch nicht die Informationsansprüche. Bei der<br />
Testamentseröffnung ist er nicht zugelassen.<br />
Tlw. ist die Äusserung, „meine Tochter erhält die blaue Brosche“ nicht als Vermächtnis, sondern als<br />
Teilungsvorschrift aufzufassen und der Wert der Brosche somit an den Erbteil anzurechnen.<br />
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Die Auflage<br />
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Vom Erblasser können Verhaltensweisen der Erben oder der Vermächtnisnehmer in verschiedenster Art<br />
angeordnet werden. Nach ZGB 482 I hat jedermann, der am Vollzug einer Auflage ein Interesse hat; ein<br />
entsprechendes Klagerecht. Der Auflagebegünstigte hat jedoch keinen Schadenersatzanspruch bei<br />
Nichterfüllung der Auflage. Die Auflage ist ihrem Wesen nach auf eine Beteiligung am Nachlass bezogen;<br />
als Beschwerte kommen so nur die Erben und Vermächtnisnehmer in Frage. Es braucht jedoch kein Bezug<br />
zu den Nachlassobjekten zu bestehen; nach BGE 101 II 25 ist die Auflage zulässig, ein anderweitiges<br />
Objekt zu beschaffen.<br />
Die Auflagen ohne Bezug zum Nachlass dürften indessen öfters rechtsungültig sein, weil sie zur sehr in die<br />
persönliche Sphäre des Beschwerten eingreifen.<br />
Alles was ein Vermächtnis sein kann, ist im Zweifel ein Vermächtnis und nicht eine Auflage. Ferner ist die<br />
Auflage von der Bedingung zu differenzieren; durch die Bedingung wird vom Erblasser der Vollzug einer<br />
Verfügung von bestimmten Gegebenheiten abhängig gemacht. Im Unterschied zur Bedingung fällt der<br />
eigene Anspruch des Beschwerten im Falle der Auflage mit der Nichterfüllung nicht dahin.<br />
Auflagen, die Vermögensentäusserungen des Beschwerten zur Folge haben, sind bei der Berechnung von<br />
dessen Pflichtteil in Analogie zum Vermächtnis (Art. 530) vom Empfangenen abzuziehen.<br />
Mangels ausdrücklicher Erwähnung nimmt man eine äusserste zeitliche Dauer von 50 – 70 Jahren an.<br />
Erben- und Legatarsubstitution<br />
Nacherbschaft und Nachvermächtnis<br />
Die Verfügung von Todes wegen kann einen Nachfolger für einen Erben oder Vermächtnisnehmer<br />
bestimmen. Sie kann auch den Zeitpunkt festlegen, zu welchem der Übergang vom Vor- auf den Nach-<br />
Berechtigten zu geschehen hat; vermutungsweise ist das dessen Tod, ZGB 489 I.<br />
Mit der Verpflichtung zur Weitergabe ist die Stellung eines Vorerben nicht mehr diejenige eines<br />
Volleigentümers; er hat das Erbgut zu schonen und zu erhalten; seiner Position kommt derjenigen eines<br />
blossen Nutzniessers nahe.<br />
Der Nacherbe kann für die Dauer der Vorerbschaft Sicherungsmassnahmen verlangen, ZGB 490.<br />
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§ 15<br />
Der Eintritt der Erben in ihre Stellung<br />
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Es besteht eine Unmittelbarkeit der Erbfolge; durch den Tod selber zieht der Tote seinen Rechtsnachfolger<br />
in seine bisherige Position nach. Die Erben treten, ohne eigenes Zutun, nahtlos – eo ipso – an die Stelle<br />
des Verstorbenen.<br />
1. Testamentseröffnung und Erbbescheinigung<br />
Zweck: Es soll überhaupt festgestellt werden, wer Erbe ist<br />
Findet sich nach dem Tod einer Person ein Dokument, das eine testamentarische Anordnung dieser Person enthält oder auch<br />
nur enthalten könnte, so ist der Aufbewahrer bzw. Finder verpflichtet, es bei der kt. Zuständigen Behörde im Original<br />
einzureichen, ZGB 556 I. Dasselbe gilt für Kopien, falls nicht sicher ist, dass das Original eingereicht wird.<br />
Unterlassung kann folgende Rechtsfolgen nach sich ziehen:<br />
• Schadenersatz, ZGB 556 II<br />
• Bestrafung wegen Unterdrückung von Urkunden unter den Voraussetzungen von StGB 254<br />
• Erbunwürdigkeit unter den Voraussetzungen von ZGB 540 Ziff. 4.<br />
Die Verfügung verliert durch Nicht-Einziehung nicht ihre Gültigkeit. Kommt sie später zum Vorschein, können sich die durch<br />
sie Begünstigten dennoch darauf berufen, sofern die darauf gestützte Erbschaftsklage nicht verjährt ist.<br />
Die Einreichungspflicht besteht auch für vermeintlich ungültige Verfügungen, da bis zur gerichtlichen Feststellung der<br />
Ungültigkeit die Verfügung ja wirksam ist, ZGB 519 f.<br />
Bei Erbverträgen ist die Einreichung nicht bundesrechtlich geregelt, etliche Kantone lassen die freiwillige Einreichung zu oder<br />
verpflichten im Sinne einer Ordnungsvorschrift dazu, wenn der Erbvertrag selber die Einreichung vorsieht.<br />
Die entgegengenommene Verfügung wird von der Behörde einem Verfahren unterzogen, das „Eröffnung“ genannt wird. Sie<br />
besteht in der Kenntnisnahme durch die Behörde selber und in der Kenntnisgabe an die Interessierten.<br />
Interessiert in diesem Sinn sind sowohl Personen, die aus dem Bestand wie diejenigen, die aus dem Nicht-Bestand der<br />
Verfügung Vorteile ziehen. Auf der einen Seite sind es also die darin Begünstigten (Erben und Vermächtnisnehmer, wegen des<br />
unbestimmten Kreises aber nicht Destinatäre von Stiftungen), auf der anderen Seite die gesetzlichen Erben.<br />
Die Erben beider Kategorien werden zur Eröffnung eingeladen, sie haben dort die Möglichkeit, ihren Standpunkt über die<br />
Gültigkeit und die Interpretation der eingereichten Dokumente geltend zu machen. Die Interessierten erhalten danach den<br />
Beschluss der Behörde über die Eröffnung sowie die Kopie der einschlägigen Texte des Erblassers.<br />
Die Behörde bildet sich eine unpräjudizielle Meinung i.S. dass die gerichtliche Austragung der betreffenden Fragen vorbehalten<br />
bleibt. Als provisorische Entscheidung hat sie aber dennoch grosse Tragweite, weil gestützt darauf die Erbbescheinigung<br />
erhältlich gemacht werden kann.<br />
Nach ZGB 559 I hat die eröffnende Behörde den eingesetzten Erben eine Bestätigung über ihre Erbberechtigung auszustellen.<br />
Die gesetzlichen Erben können aber die Ausstellung der Erbbescheinigung durch Einsprache verhindern; sie ist schriftlich oder<br />
mündlich innert Monatsfrist einzureichen und bedarf nicht einmal der Begründung. Nach Meinung von Druey müssen die<br />
gesetzlichen Erben dann fristgerecht, d.h. innerhalb eines Jahres, ZGB 521, die zur Ungültigkeitserklärung einer Verfügung<br />
von Todes wegen erforderlichen Verfahren einleiten.<br />
Auch der gesetzliche Erbe kann eine Erbbescheinigung erhalten. Selbst dann, wenn gegenteilige Verfügungen des Erblassers<br />
eröffnet werden, sofern die Behörde gute Gründe hat, die Verfügung z.B. als widerrufen zu betrachten, oder anzunehmen,<br />
dass sie erfolgreich angefochten werden wird.<br />
Die Erbbescheinigung beruht auf einem nichtgerichtlichen Verfahren; das Gerichtsverfahren über Gültigkeit, Herabsetzung<br />
oder Auslegung von Verfügungen von Todes wegen bleibt darum immer vorbehalten, sowohl bei Erteilung der Bescheinigung<br />
an die eingesetzten wie an die gesetzlichen Erben. Die Bescheinigung muss den Vorbehalt ausdrücklich enthalten, ZGB 559 I.<br />
Die Anerkennung als Erbe in der Bescheinigung will die jeweiligen Erben, in den Nachlass „einweisen“, d.h. ihnen den Besitz<br />
an den Nachlassgegenständen verschaffen. Analog muss dies bei Forderungen bedeuten, dass wenigstens der geschützte<br />
Anschein der Berechtigung besteht.<br />
Erben wollen auf einem Grundstück eine Hypothek begründen. Der Grundbuchverwalter darf nur die formelle Richtigkeit der<br />
Erbbescheinigung überprüfen, da die Erbbescheinigung ihre Verfügungsbefugnis ausdrückt.<br />
2. Ausschlagung<br />
Die Unmittelbarkeit vermeidet die Probleme, die ein Vermögen ohne Rechtsträger aufwerfen würde. Jedoch soll der Erbe zur<br />
Übernahme des Vermögens keinesfalls gezwungen werden; wie bei einer Schenkung oder einem Vermächtnis kann auch der<br />
Erbe auf seinen Erbteil verzichten.<br />
Er muss dafür selber tätig werden, er muss durch eigenen Akt die Erbschaft ausschlagen, ZGB 556 I. Ausschlagung des<br />
Legats in ZGB 557 ist dagegen keine Ausschlagung im technischen Sinn, sondern Forderungsverzicht obligationenrechtlicher<br />
Natur. Die Ausschlagung i.S.v. ZGB 556 I ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft.<br />
Die Ausschlagungsgründe sind vermehrt persönliche Gründe; jedoch ist auch die objektiv feststellbare Überschuldung möglich,<br />
welches nicht in den persönlichen Verhältnissen des Erben begründet ist. Das Gesetz hat deshalb eine allgemeine Vermutung<br />
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aufgestellt und entsprechend kehrt ZGB 556 II die Regeln um, die Erben müssen die Annahme erklären, sofern die<br />
Überschuldung schon beim Tod manifest war.<br />
Die Ausschlagung geschieht durch mündliche oder schriftliche Erklärung an die nach kantonalem Recht zuständige Behörde.<br />
Für die Annahmeerklärung nach ZGB 556 II ist keine Form vorgeschrieben. Aus Rechtssicherheitsgründen ist aber zu fordern,<br />
dass auch die Annahme (Verzicht der Ausschlagungsbefugnis, Annahme bei Überschuldung) nur verbindlich gegenüber der<br />
Behörde erklärt werden kann.<br />
Die Frist für die Erklärung beträgt nach ZGB 567 I drei Monate, um die Lähmung der Erbschaft während der Ungewissheit so<br />
kurz als möglich zu beschränken. Sie läuft i.d.R. ab Kenntnis des Erbfalls, ZGB 567 II, eine Verlängerung oder<br />
Wiederherstellung nach ZGB 577 ist möglich. Die gleiche Frist soll für die Annahmeerklärung gelten.<br />
Wichtige Gründe i.S.v. ZGB 577 sind etwa Unklarheit über die Entscheidungsgrundlagen (Übersicht über Vermögen,<br />
Landesabwesenheit) aber auch wenn ein entschuldbarer Irrtum etwa über bestehende Schulden zur Unterlassung der<br />
Ausschlagung führte. Rechtsunkenntnis, insbesondere über die 3 Monate, ist aber ausgeschlossen.<br />
Für Erbeserben läuft die Frist neu, mindestens so lange, wie für ihren eigenen Erbgang, sofern der erste Erbe nicht schon<br />
durch Handeln oder Nicht-Handeln präjudiziert hat, ZGB 569 I und II.<br />
„Annahme“ ist keine Willenserklärung, sondern Willenshandlung, Verzicht auf Ausübung des Gestaltungsrechts. Entsprechend<br />
ZGB 570 I ist dieser verbindliche Verzicht bei der Behörde zu erklären. Die Ausschlagungsbefugnis ist verwirkt, wenn die<br />
Ausschlagung nicht frist- und formgerecht erklärt wurde.<br />
Wer sich über unumgängliche Erhaltungshandlungen des Nachlasses hinaus, als Erbe betätigt, pro herede gestio – verliert<br />
sein Ausschlagungsrecht. (§ 15 N 34 Beispiele)<br />
Streitig ist, ob die Einmischung nur dann zur Verwirkung des Ausschlagungsrechts führen soll, wenn sie nach den Umständen<br />
als stillschweigende Willenserklärung dieses Inhalts verstanden werden kann oder muss; alternativ wird erläutert, es handle<br />
sich um eine vom Erklärungsinhalt der Verhaltensweise unabhängige Rechtsfolge, eben im Sinne der Verwirkung.<br />
Für erbunwürdiges Verhalten droht das Gesetz somit zwei konträre Sanktionen an: Richtet es sich gegen den Erblasser, so<br />
wird ihm das Erbe entzogen, ZGB 540, richtet es sich gegen den Nachlass, so wird er ihm aufgezwungen, ZGB 571 I.<br />
Die Verwirkung betrifft nicht nur die Möglichkeit der Ausschlagung sondern nach allgemeiner Lehre auch die Vermutung,<br />
wonach bei Überschuldung die Erbschaft ausgeschlagen wird. Die Ausschlagung, Annahmeerklärung oder<br />
Annahmehandlungen sind unwiderruflich.<br />
Die Lehre neigt dazu, auf die Ausschlagung und Annahme die allgemeinen Grundsätze der Rechtsgeschäftslehre<br />
anzuwenden, d.h. die Unwirksamkeit entsprechend OR 23 – 31 zuzulassen. Je nach Qualifikation der Einmischung fällt auch<br />
diese, weil Erklärung und damit Rechtsgeschäft, darunter.<br />
Mit der Ausschlagung entfällt die Erbenstellung des Ausschlagenden. Dies gilt rückwirkend auf den Erbgang. Nicht betroffen<br />
sind daher die anderen Zuwendungen des Erblassers; Vorempfänge, Legate, Versicherungsansprüche.<br />
Der Ausschlagende wird behandelt, wie wenn er vorverstorben wäre, ZGB 572. Es gilt das Eintritts- und Anwachsungsprinzip,<br />
wenn er gesetzlicher Erbe war. Bei eingesetzten Erben oder zusätzlich zugewendeten Quoten an gesetzliche Erben fällt die<br />
Verfügung bezüglich der betreffenden Portion ersatzlos dahin, falls keine gegenteiligte Disposition des Erblassers (Einsetzung<br />
eines Ersatzerben, ZGB 487) vorliegt.<br />
Sind Erben eingesetzt worden, so ergeben sich auch so mindestens zwei Stufen, indem nach Ausschlagung die nächsten<br />
gesetzlichen Erben zum Zug kommen.<br />
Öffentliches Inventar<br />
Die Ausschlagung ist für die Erben oft eine unbefriedigende, übers Ziel hinausschiessende Schutzmassnahme, weil sie<br />
vorsichtigerweise auch ausschlagen, wenn die Überschuldung nur eine Möglichkeit darstellt, und ebenso denkbar wäre, dass der<br />
Fall gar nicht eintritt. Dabei widerspricht den meisten die Ausschlagung gefühlsmässig, insbesondere wenn es um das elterliche<br />
Erbe geht. Demgegenüber stehen die Erbschaftsgläubiger, denen das eigene Vermögen der Erben als Haftungssubstrat entgeht,<br />
denn die konkursamtliche Liquidation ist nicht geeignet, ihnen eine optimale Verwertung des Nachlasses zu gewährleisten.<br />
Mit einem öffentlichen Inventar wird vom kantonal zuständigen Amt ein Inventar errichtet. Nimmt ein Erbe die Erbschaft unter<br />
öffentlichem Inventar an, so haftet er nur für inventarisierte Erbschaftsschulden, bzw. nur mit dem Nachlassvermögen.<br />
Die erben erhalten das Vermögen in natura und erwerben doch kein Danaer-Geschenk. Anders als das amtliche Inventar nach<br />
ZGB 553 und das Inventar im Hinblick auf die amtliche Liquidation nach ZGB 595 II hat das öffentliche Inventar nicht bloss<br />
informative Funktion. Vielmehr ist es mit Rechtsfolgen ausgestattet, bestehend im Hinfall für gewisse Erbschaftsschulden. Zudem<br />
kann es die Frist über die Annahme der Erbschaft hinausschieben.<br />
Das Verfahren wird ausgelöst durch das Begehren eines Erben, sofern dieser noch zur Ausschlagung befugt ist (weder bis dato<br />
Annahme noch Ausschlagung noch Befugnis verwirkt noch amtliche Liquidation begehrt)<br />
Die Frist beginnt analog der Ausschlagung, ZGB 567, kann nach Weimar analog zu 576 verlängert werden. Die Kosten werden<br />
primär durch den Nachlass, subsidiär durch den beantragenden Erben getragen, ZGB 584 II. (580 III ??)<br />
Aktiven und Passiven sind aufzulisten, anders als beim Sicherungsinventar, ZGB 553, sind die Aktiven zu bewerten.<br />
Passiven sollen so vollständig wie möglich aufgenommen werden, auch Ersatzforderungen des anderen Ehegatten. Der<br />
Rechnungsruf findet in den lokalen und regionalen Amtsblättern statt. Die Gefahr besteht, dass ein Gläubiger diese kurze Frist<br />
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deshalb verpasst. Ist die Forderung aus öffentlichen Büchern (Grundpfandschulden, Steuerregister) ersichtlich oder aus den<br />
eigenen Dossiers des Erblassers, wird sie von Amtes wegen aufgenommen, ZGB 583 I; selbst vermutete Gläubiger sollen<br />
angeschrieben werden, BGE 79 II 362.<br />
Aufgrund des Inventars hat jeder Erbe die Wahl, sich binnen (verlängerbarer) Monatsfrist für eine der Möglichkeiten zu<br />
entscheiden:<br />
• Annahme der Erbschaft<br />
• Ausschlagung (auch wenn die Frist nach ZGB 567 bereits abgelaufen ist)<br />
• Amtliche Liquidation (unter Vorbehalt von ZGB 593 II)<br />
• Annahme unter öffentlichem Inventar; welche mangels anderweitiger Erklärung gilt, ZGB 588 I.<br />
Diese Option hat jeder Erbe, unabhängig davon, ob er selber Antrag für das öffentliche Inventar gestellt hat. Erklärt ein Erbe<br />
Annahme unter öffentlichem Inventar, so haftet er voll (mit Nachlass und eigenem Vermögen) nur für die inventarisierten Schulden.<br />
Unterblieb die Anmeldung aus entschuldbaren 1 Gründen, so haften die Erben immerhin im Rahmen der Bereicherung aus dem<br />
Nachlass, ZGB 590 II.<br />
Eine entsprechende Kompromisslösung – Haftung der Erben nur im Rahmen der Bereicherung - sieht das Gesetz auch für<br />
Bürgschaften vor, ZGB 591. Im Augenblick, wo der Erbe sich entscheiden muss, kann noch sehr ungewiss sein, ob die<br />
Verpflichtung des Bürgen zum Tragen kommt.<br />
Bsp: Bürgschaft von CHF 300'000<br />
Nachlass von CHF 100'000<br />
Gesamtpassiven betragen 300'000 CHF, Nachlass CHF 100‘000. Verwertungsquote beträgt also 33.3%; also kann<br />
die Bürgschaft mit CHF 100'000 geltend gemacht werden.<br />
Die Annahme unter öffentlichem Inventar verhindert nicht vollständig, dass der Erbe auf eigene Mittel für die Tilgung von<br />
Erbschaftsschulden greifen muss.<br />
• Nachlassobjekte können überbewertet sein und für die Bezahlung der Schulden nicht ausreichen<br />
• Die Bereicherung aus dem Nachlass, auf welche die Haftung für nichtinventarisierte Forderungen nach ZGB 590 II<br />
beschränkt ist, bezieht sich auf den Todestag. Nehmen diese Werte später ab, so kann eine Haftung mit eigenem<br />
Vermögen auch für entschuldbar nicht inventarisierte Forderungen eintreten.<br />
Bereicherung ist nur ein rechnerischer Masstab.<br />
• Steuerausstände sind allenfalls noch nicht erfasst<br />
Amtliche Liquidation<br />
Der Nachlass wird versilbert, soweit es zur Deckung der Erbschaftsschulden erforderlich ist; die Erbschafts- und Erbganggläubiger<br />
werden primär daraus befriedigt, dafür entfällt jede weitere Haftung der Erben ihnen gegenüber.<br />
Die amtliche Liquidation ist also die radikalere Massnahme. Die Abwendung der Gefahr für das Erbenvermögen wird erkauft mit der<br />
Preisgabe der Erbobjekte in natura, wobei die Liquidation auch der Einflussnahme durch die Erben entzogen ist.<br />
Der Unterschied zur Ausschlagung ist nicht gross. Schlagen nicht alle berufenen Erben aus, so entfällt für den Ausschlagenden im<br />
so entfällt für den Ausschlagenden im Gegensatz zur amtlichen Liquidation, ZGB 596 III, jede Beteiligung am Wertsubstrat des<br />
Nachlasses. Schlagen hingegen alle Erbe aus, so ist ihre Stellung doch ähnlich derjenigen bei amtlicher Liquidation.<br />
Bei der Liquidation behalten die Erben formell Erbenstellung, darum haben sie rechtlich eine etwas andere Position<br />
(Naturalanspruch auf die für die Schulden und Legate nicht erforderlichen Objekte).<br />
Der Nachlass wird, sofern nicht überschuldet, nicht durch das Konkursamt (ZGB 573), sondern durch einen speziell bestimmten<br />
Verwalter liquidiert, der eine liebevolle Veräusserung der Objekte garantieren kann.<br />
Der Grundgedanke der amtlichen Liquidation liegt darin, dass der Nachlass und das Erbenvermögen getrennt bleiben sollen, bis<br />
die Nachlasschulden getilgt sind. Jedes Verschmelzen der beiden Vermögensmassen soll verhindert werden. Den Erben wird die<br />
Verfügungsmacht über den Nachlass entzogen, er wird von einem Erbschaftsverwalter inventarisiert und bis zur Schuldentilgung<br />
betreut.<br />
Antragsberechtigt für dieses Verfahren sind<br />
• Jeder Erbe, sofern seine Stellungnahme für eine der anderen Optionen nicht schon präjudiziert ist, jeder Miterbe kann<br />
aber die Liquidation verhindern, indem er die Erbschaft annimmt (vorbehaltlos oder unter öffentlichem Inventar), ZGB 593<br />
I und II.<br />
• Jeder Erbschaftsgläubiger, ZGB 594. Eigentliche Erbgangsschulden sind ausgeschlossen, ausser eigentliche<br />
Massenschulden, die bei der Liquidation selber anfallen.<br />
1 I.d.R. recht grosszügige Praxis. Wohnte der Erblasser nahe der Kantonsgrenze, durfte der Gläubiger im Nachbarskanton annehmen, dass man auch<br />
dort publiziert.<br />
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• Jeder Erbengläubiger, allerdings nur wenn ein überschuldeter Erbe ausgeschlagen hat und nur aufgrund einer<br />
gerichtlichen Anfechtung, ZGB 578, die Erbengläubiger werden davor geschützt, dass sie der schlecht stehende Erbe<br />
durch Ausschlagung um einen guten Nachlass prellt. Einer Annahme eines schlechten Nachlasses in ein gutes<br />
Eigenvermögen steht nichts entgegen.<br />
Auch bei der amtlichen Liquidation wird ein Inventar erstellt, welches aber nicht angemeldete Forderungen nicht definitiv<br />
ausschliesst. Es besteht jedoch auch hier nur eine Haftung cum viribus herentatis; entgegen ZGB 590 II. Bestand am Todestag ein<br />
Überschuss von 400'000, so haftet der Erbe für 400'000, auch wenn er diese 400'000 bereits verbraucht hat !<br />
Stellung des provisorischen Erben<br />
Eine Erbenstellung kann nachträglich dahinfallen.<br />
• Wegen Ungültigkeit der Einsetzung durch Verfügung von Todes wegen, ZGB 519 f.<br />
• Herabsetzung zu 100% der Erbeinsetzung, ZGB 522<br />
• Nacherbschaft, ZGB 488<br />
• Ausschlagung, ZGB 566.<br />
Beim Nacherbenfall geschieht der Erwerb ex nunc. In den anderen Situationen soll der Hinfall die Bedeutung haben, dass die<br />
betreffende Person gar nie Erbe geworden ist, der Erwerb der neu eintretenden Person wird also ex tunc zurückbezogen auf den<br />
Tod des Erblassers. Die Stellung des provisorischen Erben ist nur resolutiv bedingt, bis zur Ausschlagung usw. ist er Vollerbe.<br />
Somit werden in diesen anderen Fällen alle Akte, welche die vorläufigen Erben in ihrer Erbeneigenschaft tätigen, zum Problem.<br />
Die Akte des provisorischen Erben müssen Gültigkeit haben, weil die Phase der Unsicherheit recht lange dauern kann. Der<br />
Grundsatz der Unmittelbarkeit der Erbfolge will ja just sicherstellen, dass immer eine Zuständigkeit für den Nachlass gewährleistet<br />
ist. Der Rückbezug trägt trotzdem seine Bedeutung: Der definitive Erbe trägt Nutzen und Gefahr des Nachlasses auch für diese<br />
Zwischenzeit. (Kein Anspruch ?)<br />
§ 16<br />
Die Auflösung der Erbengemeinschaft<br />
Sind mehrere Erben vorhanden, so erwerben sie mit dem Erbgang erst ein kollektives Recht am Nachlass; sie sind in der<br />
Zwangsgemeinschaft der Erbengemeinschaft miteinander verbunden. Der Einzelerbe hat kein Verfügungsrecht an den<br />
Erbschaftsgegenständen. Sein individuelles Recht ist nur ideell: Er hat Anspruch auf Zuweisung von Nachlasswerten in natura auf<br />
seine Erbschaftsquote. Er hat also Anspruch auf Teilung.<br />
Der einzelne Erbe ist Miteigentümer bezüglich seiner individuellen Erbquote und Gesamteigentümer bezüglich der eigentlichen<br />
Nachlasswerte. Mit der Teilung verwandelt sich das Gesamteigentum der Gemeinschaft in Einzeleigentum der empfangenden<br />
Erben; desgleichen entstehen an den Forderungsrechten und anderen Rechten individuelle Titel.<br />
Mit der Teilung verlassen diese Rechtsverhältnisse die Thematik des <strong>Erbrecht</strong>es und werden Gegenstand der jeweils anwendbaren<br />
Regeln des Sachen-, Obligationen-, Immaterialgüterrechts etc.<br />
Mit abgeschlossener Teilung löst sich die Erbengemeinschaft von selber auf, e contrario, solange nur noch ein Vermögenswert<br />
bestehen bleibt, der nicht geteilt wurde, an dem also Gesamteigentum besteht, bleibt die Erbengemeinschaft bestehen.<br />
Die Teilung<br />
Die Teilung als Auflösung der Erbengemeinschaft, muss durch die Erben geschehen; durch alle Erben. Die Begründung für dieses<br />
Mitwirkungserfordernis ist im Grundsatz der Gleichbehandlung der Erben zu erblicken, jeder hat eine gleiche Chance, die<br />
Nachlassobjekte zugeteilt zu erhalten.<br />
Die Teilung kann daher dem Erben von keinem Dritten aufgezwungen werden. Weder der Erbschaftsverwalter, noch der<br />
Erbenvertreter noch der Willensvollstreckter trotz ZGB 518 II können sie an seiner Stelle vollziehen.<br />
Lediglich der mangels Einigung durch die Erben angerufene Richter muss hoheitlich die Zuweisung selber vornehmen können.<br />
Der Teilungsanspruch ist unübertragbar; einzig an Miterben kann die Übertragung erfolgen; weil damit der Kreis nicht erweitert<br />
wird. Mit Dritten kann die Übertragung oder Verpfändung bloss inter partes abgemacht werden, in der Erbengemeinschaft handelt<br />
der Erbe weiterhin zwar in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung, also treuhänderisch, ZGB 635.<br />
Dagegen ist die Teilung kein höchstpersönlicher Akt, es kann für den Erben auch durch gesetzliche oder gewillkürte Vertreter<br />
vorgenommen werden.<br />
Die Teilung der Aktiven setzt weder die Teilung noch erst recht die Erledigung der Passiven voraus. Es kann also geteilt werden,<br />
ohne dass über die Erbschafts- oder Erbgangsschulden etwas geregelt wird, aber auch ohne dass die Vermächtnisse ausgerichtet<br />
werden. Die Teilung bleibt also ohne Einfluss auf die Verbindlichkeiten. Die solidarische Haftung aller Erben bleibt weiterhin<br />
bestehen mit der Privilegierung von ZGB 639 II.<br />
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Diese Weitergeltung der Verpflichtung macht auch dort nicht halt, wo eine sachliche Beziehung zwischen dem zugeteilten Objekt<br />
und der Schuld besteht.<br />
Bsp: Erbe P erhält die Liegenschaft, auf der ein Grundpfand besteht. P übernimmt gegenüber den Miterben die Hypothekarschuld,<br />
ZGB 615, entsprechend reduziert sich sein Anrechnungswert. Trotzdem haftet Miterbe Q gegenüber der Gläubigerbank für den<br />
Forderungsbetrag, der durch den Pfanderlös nicht gedeckt wurde. (BGE 104 II 337). ZGB 832 wird aber nach Lehre gewährt.<br />
Daher wollen Erben oft diese Verbindlichkeiten vor der Teilung erledigen; der Willensvollstrecker hat dafür zu sorgen.<br />
Es kann Beschränkungen der Teilung in zweierlei Hinsicht geben:<br />
Objektiv partielle Teilung: nur ein Teil des Erlasses wird geteilt, z.B. Hausrat<br />
Subjektiv partielle Teilung: nur mit gewissen Erben wird geteilt.<br />
Realteilung und Teilungsvertrag<br />
In ZGB 634 sind zwei Arten des Teilungsvorganges beschrieben; die Entgegennahme der Lose, wo die Teilung direkt durch den<br />
Besitzübergang auf einen Erben mit dem Willen aller Miterben, sog. Realteilung, geschieht; oder der Abschluss eines<br />
Teilungsvertrags, die unter den Erben verbindliche Zuweisung geschieht durch einen zwischen allen Erben abzuschliessenden<br />
schriftlichen Vertrag; sog. Teilungsvertrag.<br />
Beispiele: § 16, N 18<br />
Für die Teilung müssen die gleichen Grundsätze gelten wie für jedes andere Rechtsgeschäft. So weist auch die Teilung immer ein<br />
obligatorisches und ein dingliches Element auf. Es bedarf sowohl der Vereinbarung unter allen Erben, wie auch der<br />
Besitzübertragung auf den übernehmenden Erben, bei Grundstücken Eintragung im Grundbuch. Bei der Realteilung fallen lediglich<br />
beide Elemente zusammen.<br />
Der Teilungsvertrag kann auch vorbereitende Schritte zur Teilung (Einigung über Rechtsfragen, Verfahren, Bewertung etc.)<br />
betreffen. Selbst dann ist er aber in Schriftform abzufassen, wenn er Verbindlichkeit erzeugen soll, BGE 115 II 323.<br />
Die Schaffung von Alleineigentum beim Empfängererben zulasten des bisherigen Gesamteigentums der Gemeinschaft<br />
kennzeichnet die Teilung als Veräusserungsgeschäft. Es kann als Kauf- oder Tauschgeschäft vorgestellt werden, indem der<br />
Einzelerbe Nachlassobjekte a conto seines Guthabens, seines Erbteils, bezieht. Dem entspricht, dass die Erbengemeinschaft dem<br />
übernehmenden Erben wie ein Verkäufer (OR 192 – 210) für Mängel der Sache haftet.<br />
Gegenüber Legatären ist keine Gewähr für Mängel der vermachten Sache zu leisten, ZGB 485 I.<br />
Nachlassverbindlichkeiten werden mangels Abmachung nach Erbquoten verteilt, ZGB 640 III.<br />
Die einfache Schriftlichkeit des Teilungsvertrages kann sich sogar über OR 216 hinwegsetzen, wonach einfache Schriftlichkeit<br />
diesbezüglich für die Übertragung eines Grundstückes genügt.<br />
Der Rechtsübergang auf den Erben wird nicht als Vorkaufsfall betrachtet.<br />
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Anhang 1<br />
Berechnung des Nachlasses<br />
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1. ZGB 474 Abs. 1<br />
Der verfügbare Teil berechnet sich nach dem Stande des Vermögens zur Zeit des Todes des Erblassers. = Vermögen zum Zeitpunkt des Erbgangs<br />
2. ZGB 474 Abs. 2<br />
Bei der Berechnung sind die Schulden des Erblassers... - Schulden<br />
...die Auslagen für das Begräbnis, für die Siegelung und Inventaraufnahme... - Begräbniskosten, Siegelungskosten, Inventarkosten<br />
ZGB 606...sowie die Ansprüche der Hausgenossen auf Unterhalt während eines Monates von der Erbschaft - Unterhaltskosten der Hausgenossen für 30 Tage<br />
abzuziehen,<br />
ZGB 474 II zählt abschliessend die Abzüge auf.<br />
3. ZGB 476 + Rückkaufswert der Lebensversicherung<br />
Ist eine auf Tod des Erblassers gestalteter Versicherungsanspruch unentgeltlich zugunsten eines Dritten begründet<br />
oder mit Verfügung unter Lebenden oder von Todes wegen auf einen Dritten übertragen worden, so wird der Rück-<br />
kaufswert des Versicherungsanspruches im Zeitpunkt des Erblassers zu dessen Vermögen gerechnet.<br />
Zeitlich befristete Lebensversicherungen oder Risikoversicherungen haben einen Rückkaufswert von 0.<br />
Gemischte Versicherungen „bei Tod oder Erreichen von 65 Jahren“ fallen auch unter ZGB 476.<br />
4. ZGB 475 i.V.m. ZGB 527 + Wert bestimmt sich zum Zeitpunkt des Todes resp. wenn Objekt<br />
Zuwendungen, die mit dem Tod in Verbindung stehen. vorher verkauft wurde, nach dem Erlös, ZGB 630.<br />
Wert derjenigen Objekte, die der Erblasser zu Lebzeiten unter Anrechnung an den Erbteil Erbberechtigten<br />
zukommen liess.<br />
ZGB 527 I<br />
Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil<br />
Sie sind automatisch der Ausgleichung unterstellt, ZGB 626 U; i.c. sind Zuwendungen gemeint, die<br />
Ausnahmsweise von der Ausgleichung befreit werden können, so etwa ZGB 626 II.<br />
Es sollen auch die Fälle gemeint sein, wo die Anrechnung an den Erbteil von Gesetzes wegen vorgesehen wäre,<br />
wenn der Erblasser nicht von dieser Pflicht befreit hätte, ZGB 626 II.<br />
Heiratsgut<br />
Ausstattungs- oder Vermögensabtretung<br />
ZGB 527 I umfasst also alle unentgeltlichen resp. unverhältnismässigen Zuwendungen mit Ausstattungscharakter,<br />
d.h. die Existenzgründung, -verbesserung oder –sicherung zum Ziele haben, so auch Luxuszuwendungen und<br />
unverhältnismässige Unterhaltsbeiträge, die zum sofortigen Gebrauch bestimmt sind. Davon ausgenommen sind<br />
Gelegenheitsgeschenke. Empfänger muss dabei ein potentieller Erbe sein; ist eine Drittperson der Empfänger,<br />
handelt es sich um ein Geschenk.<br />
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ZGB 527 II (vgl. ZGB 535)<br />
Erbabfindungen und Auskaufsbeiträge<br />
Der ausgekaufte Erbe wird virtuell mitgezählt bei den anderen Erben; ebenso die Auskaufssumme, um eine<br />
Verletzung des Pflichtteils festzustellen. Liegt keine Verletzung vor, so steht der Pflichtteil des Ausgekauften<br />
zur Verfügung des Erblassers. Sagt eigentlich dasselbe wie ZGB 535.<br />
ZGB 527 III<br />
Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte<br />
z.B. auch Erlass von Forderungen.<br />
Schenkungen die der Erblasser während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode ausgerichtet hat<br />
Ausnahme: übliche Gelegenheitsgeschenke<br />
ZGB 527 IV<br />
Entäusserung von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zweck der Umgehung der<br />
Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat. Dabei setzt die Umgehung nicht Absicht voraus.<br />
Es genügt, wenn der Erblasser wusste/in Kauf nahm, dass der Nachlass geschmälert wurde.<br />
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= Nachlass<br />
Das Nachlassvermögen ist ein Sondervermögen, es gehört allen Erben zusammen und unterliegt den entsprechenden Verfügungs- und Verwaltungsbestimmungen. Solche Sondervermögen<br />
bringen vor allem das Problem der Surrogation mit sich: Objekte und Werte, die an die Stelle bisheriger Objekte und Werte treten, gehören zur selben Masse. Für die Zugehörigkeit zum Nachlass<br />
ist ein wertmässiger, nicht funktioneller Zusammenhang massgebend.<br />
Das im Nachlass befindliche Haus wird verkauft und es werden dafür Wertpapiere gekauft: Surrogat. Dabei tritt der neue Naturalwert an die Stelle des alten.<br />
Das im Nachlass befindliche Auto wird zu Schrott gefahren. Man kauft ein neues: Kein Surrogat.<br />
Nachlass ist die Vermögensmasse, die an die Rechtsnachfolger geht. War der verstorbene bei seinem Tod verheiratet, so ergibt sich der Nachlass erst aus dem Resultat der güterrechtlichen<br />
Auseinandersetzung.<br />
Aktiven: Es gehen alle Objekte und – sofern möglich – Rechte des Erblassers über. (Ehegüterrechtliche Auseinandersetzung vorbehalten). Somit auch Forderungen.<br />
Passiven: Schulden des Erblassers zu Lebzeiten, Schulden, die durch Tod hervorgerufen wurden. Für Schulden haftet immer der Nachlass; Begräbniskosten sollen nach Bundesgericht<br />
posthume Unterhaltspflichten i.S.v. ZGB 328 sein, subsidiär soll auch dieser Träger haften. Für den Dreissigsten der Hausgenossen des Erblassers haftet nur der Nachlass.<br />
Steuern, die bereits der Erblasser schuldete, sind Erbschaftsschulden. Für die Erbenanfallssteuer haften die einzelnen Erben, für die Nachlassteuer der Nachlass als solcher.<br />
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