Geschichtliches Grundlagen der Versicherungsaufsicht
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Privatversicherungsrecht<br />
© by Sandro Rossi, www.stpo.ch<br />
• <strong>Geschichtliches</strong><br />
Das Bedürfnis nach Sicherheit geht ursprünglich von den Gefahren des Meeres aus, wo es sich schon im antiken Seehandel<br />
bemerkbar machte. Der erlittene Schaden wurde gleichmässig untereinan<strong>der</strong> verteilt, sog. Seewurf; es fehlte somit ein dritter<br />
Risikoträger.<br />
Das antike Seedarlehen bestand darin, dass ein Kapitalgeber einem Kaufmann zur Finanzierung <strong>der</strong> geplanten Seereise ein<br />
Darlehen zur Verfügung stellte; dessen Rückzahlung mit horrenden Zinsen (bis 40 %) nur zu erfolgen hatte, sofern das Schiff den<br />
Zielhafen unbeschadet erreichte.<br />
Während bei <strong>der</strong> heutigen Versicherung dem Kaufmann und Darlehensnehmer als Versicherungsnehmer gegen Zahlung<br />
einer Prämie im Schadenfall ein Anspruch auf das Kapital (Versicherungssumme) zusteht, erhielt er nach dannzumaliger<br />
Regelung das Kapital (Seedarlehen) im Voraus und war nach dem Untergang des Schiffes (Seeunfall) <strong>der</strong> Rückgabepflicht<br />
enthoben. Der Darlehensgeber nahm die Gefahr gegen blosse Gewinnhoffnung auf sich, indem er ein Entgelt dafür – im<br />
Gegensatz zu einer Versicherung – nicht definitiv, son<strong>der</strong> nur bedingt, sofern das Schiff glücklich zurückkehre, beanspruchen<br />
konnte. Es war aber kein Versicherungs-, son<strong>der</strong>n ein Kreditgeschäft.<br />
Im Laufe des 14. Jh. erfolgte <strong>der</strong> Übergang zur Versicherung im heutigen Sinn. Der Kapitalgeber musste die vereinbarte Summe<br />
nur noch im ungünstigsten Fall, das heisst bei Verlust von Schiff und Ladung ausrichten. Die Gegenleistung des Schiffinhabers<br />
beschränkte sich auf eine Prämie als Entgelt für die Risikotragung. Sie war jedoch noch ein spekulatives Geschäft, da <strong>der</strong><br />
Geldgeber noch nicht die zu einem Risikoausgleich erfor<strong>der</strong>liche Zahl von Verträgen abschliessen konnte.<br />
Die im Mittelalter verbreiteten Gilden widmeten sich allgemein <strong>der</strong> gegenseitigen Hilfe bei Unglücksfällen; sie stellten<br />
genossenschaftliche Vereinigungen dar und entwickelten sich im 17. und 18. Jh. zu sog. Feuersozietäten, die versicherungsähnliche<br />
Einrichtungen darstellten. Gleichzeitig schlossen sich Bürger, die gemeinsam von einer bestimmten Gefahr bedroht<br />
wurden, auf dem Weg <strong>der</strong> Selbsthilfe zu privaten Organisationen zum Zweck gegenseitiger Versicherung zusammen, welche<br />
nicht gewinnorientiert, son<strong>der</strong>n genossenschaftlich ausgerichtet waren.<br />
Parallel zur Entwicklung des Versicherungswesens verliefen auch Entwicklung und Fortbildung des Versicherungsrechts. Erste<br />
Vorschriften dienten dazu, die missbräuchliche Verwendung von Lebensversicherungen zu Spekulationszwecken zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
KVG<br />
BG über Krankenversicherung<br />
UVG BG über Unfallversicherung Bietet sämtlichen Arbeitnehmern gesetzlich limitierten<br />
Versicherungsschutz für die Folgen eines Unfalls.<br />
Versicherter Lohn bis CHF 106'800.<br />
3-Säulenkonzept 1. Säule AHV, IV<br />
2. Säule<br />
2a<br />
2b<br />
Berufliche Vorsorge, BVG<br />
Obligatorischer Teil [CHF 24'720.— bis CHF 74'160]<br />
Überobligatorischer Teil<br />
3. Säule<br />
3a<br />
3b<br />
Private Vorsorge<br />
Gebundene Vorsorge (Vorsorgepolice)<br />
Freiwillige Vorsorge<br />
Die umfassendsten Neuerungen im Versicherungsrecht sind jedoch unter dem Einfluss <strong>der</strong> europäischen Entwicklung auf die seit<br />
1990 feststellbare Deregulierung und Liberalisierung <strong>der</strong> <strong>Versicherungsaufsicht</strong> zurückzuführen. Es wurden die Einheitstarife in<br />
<strong>der</strong> Sachversicherung aufgehoben.<br />
• <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Versicherungsaufsicht</strong><br />
1. Wirtschaftliche Elemente<br />
Ausgangspunkt <strong>der</strong> Versicherung ist das Sicherungsbedürfnis des Menschen, für sich o<strong>der</strong> seine Angehörigen eine wirtschaftlich<br />
sichere Zukunft zu schaffen angesichts <strong>der</strong> vielgestaltigen ständigen Gefahren, die ihn bedrohen.<br />
Die Versicherung mag wohl die Gefährdung nicht zu beseitigen, son<strong>der</strong>n versucht, für die von einem Unglück Betroffenen die<br />
Folgen auszugleichen o<strong>der</strong> zu mil<strong>der</strong>n, und zwar durch Verschaffung einer Vermögensleistung, die einen wirtschaftlichen Ersatz<br />
bietet für die Einbusse, die das Unglück mit sich gebracht hat.<br />
Die Versicherung bezweckt also nicht die Schadensverhütung, Gefahrenprophylaxe, son<strong>der</strong>n die Wie<strong>der</strong>gutmachung<br />
wirtschaftlicher Nachteile.<br />
Die Versicherung erbringt die allenfalls fällig werdenden Mittel durch die Beiträge <strong>der</strong>jenigen, denen sie Versicherungsschutz<br />
gewährt. Deren Beiträge müssen mindestens so gross sein, dass sie die von <strong>der</strong> Versicherung zu erbringenden Leistungen zu<br />
decken vermögen. Da die Leistung des Versicherers von einem aleatorischen Moment abhängt, indem Ungewissheit darüber<br />
herrscht, ob und was er zu leisten hat, macht die Versicherung Sinn, wenngleich sie streng genommen nur aus einem Austausch<br />
von Geldleistungen besteht. Der Beitrag einer einzelnen versicherten Person muss daher nicht identisch sein mit dem Betrag, den<br />
<strong>der</strong> VR nach Eintritt des Versicherungsfalls zu bezahlen hat – jede einzelne gegen eine bestimmte Gefahr versicherte Person hat<br />
nur einen Durchschnittsbeitrag zu leisten.<br />
<br />
<br />
Die Gesamtheit <strong>der</strong> Beiträge aller versicherten Personen entspricht den Leistungen des VR für alle versicherten<br />
Personen zusammen in Berücksichtigung <strong>der</strong> wahrscheinlichen Gefahrenrealisierung<br />
Jede versicherte Person leistet einen Durchschnittsbeitrag, berechnet aufgrund <strong>der</strong> gesamten Leistung des VR.<br />
Selbst wenn sich die versicherte Gefahr beim VN nicht realisiert, hat er dennoch die Gewissheit, dass sie eine Versicherungsleistung<br />
erhält, sollte sich die Gefahr realisieren.<br />
Der Versicherungsvertrag ist daher kein gewöhnlicher Individualvertrag, ein ausschliesslich zwischen zwei Einzelpersonen<br />
bestehendes Rechtsverhältnis, son<strong>der</strong>n es liegt eine sog. Gefahrengemeinschaft vor.
2. Technische Elemente<br />
Zur Feststellung des ausreichenden Beitrages des VN an den VR und damit des Prämienniveaus bedarf es <strong>der</strong> Feststellung <strong>der</strong><br />
vom VR mutmasslich zu erbringenden Leistungen. Es ist deshalb eine seriöse Risikoeinschätzung o<strong>der</strong> Kalkulation erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Die dazu erfor<strong>der</strong>lichen Gemeinschaftsstatistiken wurden früher in Branchenverbänden ausgearbeitet. Sei zeigen angesichts des<br />
Gesetzes <strong>der</strong> grossen Zahl gewisse Gesetzmässigkeiten auf, die für eine einzelne Unternehmung nicht feststellbar wären.<br />
Erfüllen die Statistiken die notwendigen Voraussetzungen, so sind sie eine taugliche Grundlage für die Wahrscheinlichkeitsrechnung.<br />
Der VR kann daraus ableiten, wie oft und in welchem Ausmass die betreffende Gefahr sich in Zukunft realisieren wird.<br />
Als Grundlage für die Risikoeinschätzung und Kalkulation dienen neben den Statistiken, die über die künftige Realisierung <strong>der</strong><br />
betreffenden Versicherungsgefahr aufgrund <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung Aufschluss geben, auch die einzelnen<br />
Vertragsbestimmungen, bei denen es zunächst darum geht, die Rechte und Pflichten <strong>der</strong> Parteien angemessen in die<br />
Waagschale zu werfen.<br />
Ferner bedarf es einer Typisierung und Vereinheitlichung sämtlicher übrigen Rechte und Pflichte, wozu primär die AVB dienen,<br />
welche für alle Versicherungsverträge, mit denen innerhalb einer Gefahrengemeinschaft eine bestimmte Gefahr versichert wird, in<br />
<strong>der</strong> Regel pro Gesellschaft die gleichen sind.<br />
Im Zuge <strong>der</strong> Deregulierung wurde jedoch – mit Ausnahme <strong>der</strong> Lebens-, Kranken- und Elementarschadenversicherung – die<br />
präventive Kontrolle <strong>der</strong> Tarife und AVB abgeschafft, es hat sich somit ein Preis- und Produktewettbewerb entwickelt.<br />
Nach erfolgter Risikoeinschätzung (Kalkulation) ist bekannt, was <strong>der</strong> VR innerhalb einer bestimmten Gefahrengemeinschaft<br />
voraussichtlich an Leistungen zu erbringen hat. Dies stellt aber erst die gesamte Beitragssumme dar.<br />
Erst mittels <strong>der</strong> Risikoverteilung bzw. des Risikoausgleichs lässt sich <strong>der</strong> vom einzelnen VN zu bezahlende Beitrag eruieren.<br />
Je<strong>der</strong> VN einer bestimmten Gefahrengemeinschaft hat grundsätzlich nur einen Durchschnittsbeitrag zu bezahlen, an<strong>der</strong>erseits<br />
darf die durchschnittliche Prämie auch nicht einfach für alle VN einer Gesellschaft identisch sein. Der VN – soweit er als<br />
Antragsteller auftritt - hat deshalb bei <strong>der</strong> Antragstellung gemäss VVG 4 alle wesentlichen Gefahrstatsachen, soweit sie ihm<br />
unterbreitet werden, schriftlich zu beantworten. Diese Ergebnisse erlauben VR schliesslich eine Risikoprüfung, wobei er den<br />
Antragsteller mit entsprechenden Risikozuschlägen belasten kann, sofern sich das als notwendig erweist.<br />
Kriterien für Personenversicherung:<br />
Beruf, Betätigungsfeld, Alter, gesundheitliche Situation, Vorerkrankung, Veranlagung, Erbfaktoren.<br />
Kriterien für die Schadensversicherung:<br />
Beschaffenheit, Umgebung, Verwendung <strong>der</strong> versicherten Sache usw.<br />
Alle Umstände, die auf die Gefahr einen Einfluss haben, stellen Gefahrstatsachen dar. In <strong>der</strong> Risikoklassierung werden nicht alle<br />
Gefahrstatsachen, son<strong>der</strong>n nur eine beschränkte Zahl von individuellen Gefahrstatsachen untersucht. Es führt zur Bildung<br />
bestimmter Gefahrenklassen, für die jeweils Prämientarife festgelegt werden.<br />
Um feststellen zu können, welcher Gefahrenklasse <strong>der</strong> VN zuzuordnen ist, dient die Anzeigepflicht des Antragstellers beim<br />
Vertragsabschluss. Der Antragsteller hat das vorgelegte Frageschema schriftlich zu beantworten. Soweit die bei einem<br />
Versicherten nach erfolgter Gefahrsdeklaration vorliegenden Gefahrstatsachen von denjenigen <strong>der</strong> betreffenden Klasse, welcher<br />
er angehört, abweichen, den gegenüber dem massgeblichen Prämientarif Prämienzuschläge bzw. Prämienrabatte gewährt.<br />
Tarifgestaltung<br />
Kollektivversicherung<br />
Durchschnittsprämie aller VN<br />
Einzelversicherung 1. Statistiken Gesamtbeiträge<br />
2. Risikokalkulation Beiträge an eine Gefahrengemeinschaft<br />
3. Individuelle Kalkulation Mittels Gefahrsdeklaration<br />
Neben dieser klassischen Versicherungsabdeckung gibt es alternative Modelle, die insbeson<strong>der</strong>e bei nicht versicherbaren Risiken<br />
zur Anwendung gelangen:<br />
• Captive Modell Selbsttragung betrieblicher Risiken durch Bildung von Rückstellungen o<strong>der</strong> durch Gründung einer<br />
eigentlichen Captive-Gesellschaft in einem Off-Shore-Gebiet (Bermudas, Liechtenstein).<br />
• Finite Risk Der VN spart das Geld für eine antizipierte, erwartete Schadenssumme innerhalb einer<br />
vorgegebenen Vertragsdauer selber an. Er hat von <strong>der</strong> Versicherung ab dem ersten Tag Deckung.<br />
• Contingent Capital Der Kunde wird verpflichtet, für den Fall eines Schadenseintritts neues Aktienkapital zu zeichnen.<br />
• Risk Securization Versicherungsrisiken werden von Versicherungsunternehmen auf Kapitalmärkte transferiert und<br />
verbrieft.<br />
3. Finanzielle Elemente<br />
Den Ausgaben eines VR in Form von Versicherungsleistungen, Verwaltungskosten und auszuschüttenden Gewinnen<br />
(Dividenden) stehen die Prämien gegenüber. Auch die Einnahmen aus den Kapitalanlagen bilden neben den Prämien eine<br />
wichtige Einnahmequelle des VR.<br />
Gemäss dem Umlageverfahren muss <strong>der</strong> VR pro Rechnungsperiode nur über so viele Einnahmen verfügen, dass er die in<br />
dieser Periode fällig werdenden Verbindlichkeiten erfüllen kann; die Ausgaben werden somit laufend durch die Einnahmen<br />
gedeckt. Privaten Versicherern ist das Umlageverfahren untersagt, da es voraussetzt, dass <strong>der</strong> VR nie liquidieren wird.<br />
Nach dem Kapitaldeckungsverfahren werden Ausgaben durch die Bereitstellung entsprechen<strong>der</strong> Kapitalien vorausfinanziert.<br />
Dies ist notwendigerweise mit einer entsprechenden Fondsbildung verbunden. In <strong>der</strong> Privatversicherung findet sich v.a. das<br />
Rentendeckungsverfahren (Privatunfall- und Haftpflichtversicherung) und das Anwartschafts-Deckungsverfahren<br />
(Lebensversicherung) Anwendung.
Organisatorische Elemente<br />
Der VR ist ein privates Unternehmen in <strong>der</strong> Form einer AG o<strong>der</strong> einer Genossenschaft; nur diese Formen sind nach VAG 11 für<br />
den Geschäftsbetrieb auf dem Gebiet des Versicherungswesens zugelassen. Die zentrale Funktion des VR ist es, eine möglichst<br />
grosse Zahl von versicherten Personen zu suchen, damit das Gesetz <strong>der</strong> grossen Zahl spielen kann. Der VR hat die Beiträge <strong>der</strong><br />
versicherten Personen einzuziehen, zu verwalten und im Fall <strong>der</strong> Verwirklichung <strong>der</strong> versicherten Gefahr die Schadenfälle<br />
abzuwickeln.<br />
Trotz des Verbots von VAG 11 kann auch eine Einzelperson zivilrechtlich gültig Versicherungsverträge abschliessen; <strong>der</strong> fehlbare<br />
VR hätte allerdings mit aufsichtsrechtlichen Sanktionen zu rechnen.<br />
Daneben treten auch öffentlich-rechtliche Versicherungsanstalten auf, insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Feuerversicherung. Umstritten ist, ob<br />
diese Monopolstellung mit dem EU-Recht vereinbar ist.<br />
• Aufsichtsrecht<br />
1. Einleitung<br />
Gemäss KG 5 III lit. a – c wird bei Preis-, Gebiets- und Mengenkartellen davon ausgegangen, dass diese den wirksamen<br />
Wettbewerb grundsätzlich beseitigen und damit unzulässig sind. Dem Problem <strong>der</strong> Marktmacht wird nach dem Vorbild <strong>der</strong> EU-<br />
Regelung mit einem Missbrauchskatalog begegnet.<br />
Die Kartellkommission verlangte von den Sachversicherern, die Einheitstarife 1988 aufzuheben. In <strong>der</strong> Einzellebensversicherung<br />
erfolgte die Liberalisierung durch die Versicherer selbst, in <strong>der</strong> Kollektivlebensversicherung (berufliche Vorsorge) besteht noch<br />
eine präventive Tarif- und AVB-Kontrolle durch das BA für Privatversicherungswesen. Die Deregulierungswelle im Privatversicherungswesen<br />
wurde somit nicht durch die Revision des Aufsichtsrechts, son<strong>der</strong>n durch ein Urteil <strong>der</strong> Kartellkommission<br />
erreicht.<br />
2. Aufsichtsrecht<br />
Europäische Ausrichtung<br />
Mit <strong>der</strong> materiellen <strong>Versicherungsaufsicht</strong> und <strong>der</strong> präventiven Prämienkontrolle wurde eine oligopolistische Marktstruktur<br />
begünstigt. Erst die 3. Koordinationsrichtlinie Leben und Nichtleben (3. KoR L und NL) hatte eine Öffnung zur Folge, erfolgte<br />
durch die Abschaffung <strong>der</strong> Vorabkontrolle <strong>der</strong> Tarife und <strong>der</strong> AVB doch <strong>der</strong> ersehnte Wettbewerb, wenngleich die Transparenz<br />
dadurch nicht geför<strong>der</strong>t wurde:<br />
• EU-weite Sitzlandkontrolle (Home-County-Control)<br />
Die Aufsichtsbehörde des Sitzlandes hat somit die Aufgabe, die gesamte Aufsicht über die Tätigkeit einer Versicherungsunternehmung<br />
innerhalb <strong>der</strong> EU wahrzunehmen.<br />
• System <strong>der</strong> Einheitszulassung (Single Licence System)<br />
Mit einer einzigen Bewilligung ist es einem Versicherer gestattet, Nie<strong>der</strong>lassungen, Agenturnetze usw. auch in allen<br />
übrigen EU-Län<strong>der</strong>n zu errichten bzw. seine Produkte gleichzeitig über die Dienstleistungsfreiheit (Crossbor<strong>der</strong>-<br />
Geschäfte) direkt vom Hauptsitz sowie von seinen Nie<strong>der</strong>lassungen in <strong>der</strong> EU aus im Tätigkeitsland anzubieten.<br />
Die Aufsichtsbehörden des Hauptsitzes dürfen im Rahmen einer Finanz- bzw. Solvenzaufsicht selbst o<strong>der</strong> durch<br />
Beauftragte vor Ort im Tätigkeitsland Prüfungen vornehmen.<br />
Sie umfasst Vorschriften für die gesamte Geschäftstätigkeit eines Versicherungsunternehmens, so insbeson<strong>der</strong>e<br />
Solvabilität, Bildung von Rückstellungen, Informationsfluss.<br />
Wenngleich in <strong>der</strong> EU nur eine Rahmengesetzgebung für solche Vorschriften besteht, so findet doch zwischen den einzelnen<br />
Län<strong>der</strong>n ein Wettbewerb statt; von Län<strong>der</strong>n mit einer geringen Regelungsdichte aus erfolgen qua Dienstleistungsfreiheit<br />
Versicherungsleistungen; es findet ein „race from the bottom“ statt.<br />
Die dadurch bedingte Konkurrenz zwischen den einzelstaatlichen Aufsichtssystemen in <strong>der</strong> EU führt mittelfristig zu einer<br />
Anpassung. Eine volle Entfaltung des Crossbor<strong>der</strong>-Geschäfte wird in <strong>der</strong> EU allerdings erst möglich sein, wenn die nationalen<br />
Steuersysteme einan<strong>der</strong> angepasst sind.<br />
Für die Versicherungssteuern sind nämlich nach wie vor die nationalen Steuerrechte massgebend; ihr kann nicht ausgewichen<br />
werden durch den Abschluss einer Versicherung im Ausland.<br />
Die Marktöffnung in <strong>der</strong> EU führt auch zu einem höheren Bedarf an unabhängigen Maklern und Brokern, die die zunehmende<br />
Produktevielfalt erläutern.<br />
Europäisches Wettbewerbsrecht<br />
Das Kartellverbot mit Freistellungsmöglichkeit ist auch auf Versicherungen anwendbar. Es wurde aber zugleich eine<br />
Gruppenfreistellungsverordnung für Kooperationen, die insbeson<strong>der</strong>e aus Gründen <strong>der</strong> Versicherungstechnik geboten sind.<br />
Im Zusammenhang mit dem Binnenmarktprogramm führte die EU eine präventive Fusionskontrolle ein. Für Versicherungen gilt<br />
die erzielte Bruttoprämie als massgebliches Umsatzkriterium.
Auswirkungen auf den Versicherungsmarkt in <strong>der</strong> EU<br />
In gesättigten Län<strong>der</strong>n hat sich <strong>der</strong> Wettbewerb erheblich verschärft. Um insbeson<strong>der</strong>e Prämiendumping und zu hohen<br />
Zinsversprechungen vorzubeugen wurden Schutzvorschriften erlassen. Infolge <strong>der</strong> Konkurrenzsituation und <strong>der</strong> freien Produkteund<br />
Tarifgestaltung hat sich <strong>der</strong> Kostendruck massiv verstärkt. Oftmals erfolgen daher Kooperationen mit Banken, da diese das<br />
sog. Cross-Selling erlauben, womit Produkte über weitere Vertriebskanäle verbreitet werden können. Ebenso kommt den<br />
weiteren Vertriebskanälen wie unabhängigen Brokern und Maklern immer grösseres Gewicht zu; umso mehr als dass <strong>der</strong><br />
firmeneigene Aussendienst ein immer grösserer Kostenfaktor darstellt.<br />
Zulassungsvoraussetzungen und staatliche Aufsichtsregeln in <strong>der</strong> Schweiz<br />
Ausgangspunkt für die Deregulierung war das Urteil <strong>der</strong> Kartellkommission, wonach Preisabsprachen den wirksamen Wettbewerb<br />
grundsätzlich beschränken.<br />
Die Kartellkommission verlangte von den Sachversicherern, die Einheitstarife 1988 aufzuheben.<br />
In <strong>der</strong> Einzellebensversicherung erfolgte die Liberalisierung durch die Versicherer selbst, in <strong>der</strong> Kollektivlebensversicherung<br />
(berufliche Vorsorge) besteht noch eine präventive Tarif- und AVB-Kontrolle durch das BA für Privatversicherungswesen; so<br />
bspw. durch den Umwandlungssatz.<br />
Das schweizerische Aufsichtsrecht wurde durch die EU-Deregulierung massgebend beeinflusst. Das im Hinblick auf den EWR<br />
vorbereitete EUROLEX-Paket trat nicht in Kraft, da <strong>der</strong> EWR-Beitritt abgelehnt wurde. Dennoch entfalteten die für die EU-Län<strong>der</strong><br />
geltende Rahmenordnung auch für die Schweiz mittelfristig Wirkung.<br />
Ein erster Schritt waren folgende Abkommen:<br />
• Nie<strong>der</strong>lassungsrechtliches Abkommen Schweiz / EU in <strong>der</strong> Nichtlebensversicherung<br />
Dieses regelt für die Schadensversicherung auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Gegenseitigkeit und Reziprozität die Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit<br />
zwischen <strong>der</strong> Schweiz und <strong>der</strong> EU. Aufgrund dieses Abkommens fielen die Kautionen zwischen <strong>der</strong> Schweiz und <strong>der</strong> EU weg<br />
und mit Ausnahme <strong>der</strong> Elementarschaden-, <strong>der</strong> Lebens- und Krankenversicherung fiel auch die präventive AVB- und<br />
Tarifkontrolle weg.<br />
Für die Schadensversicherer in <strong>der</strong> EU bestand die Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit bereits mit <strong>der</strong> 1. Koordinationsrichtlinie.<br />
Direkte Folge dieses Abkommens war das SchVG und die entsprechende VO.<br />
• Swisslex-Vorlage<br />
Nach dem EWR-Nein wollte sich die Schweiz sämtliche Handlungsoptionen offen halten. Teil des umfangreichen<br />
innenpolitischen Reformprogrammes, eingeläutet durch o.g. Abkommen, das SchVG und die SchVV war das Swisslex-Paket,<br />
das auch den Versicherungssektor umfasste. Es stellt eine freiwillige Umsetzung <strong>der</strong> 1. KoRL L, <strong>der</strong> 2. KoRL L und <strong>der</strong> 2.<br />
KoRL NL im Sinne eines autonomen Nachvollzuges dar.<br />
Direkte Folge war eine Neugestaltung des SchVG, ein Erlass des LeVG und <strong>der</strong> LeVV.<br />
Die eigentliche Marktöffnung für grenzüberschreitende Dienstleistungsgeschäfte ausländischer Versicherer in <strong>der</strong> Schweiz<br />
wurde dagegen an entsprechende Reziprozitätsvorbehalte gegenüber <strong>der</strong> EU bzw. an<strong>der</strong>en Vertragsstaaten geknüpft, die mit<br />
<strong>der</strong> Schweiz vorgängig entsprechende völkerrechtliche Verträge abschliessen müssen.<br />
Es ist aber auch den schweizerischen Versicherern verboten, ohne vorgängige bilaterale Abkommen von <strong>der</strong> Schweiz aus<br />
ohne über einen Stützpunkt im Tätigkeitsgebiet zu verfügen bzw. ohne Bewilligung <strong>der</strong> örtlichen Aufsichtsbehörde auf dem<br />
Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs Versicherungsschutz im Ausland anzubieten.<br />
Swisslex beinhaltete sowohl Massnahmen zur marktwirtschaftlichen Erneuerung (Revitalisierung) als auch die teilweise<br />
Wie<strong>der</strong>aufnahme von Eurolex-Vorlagen:<br />
• Mit <strong>der</strong> 1. KoRL NL und <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsrichtlinie wurde 1957 die Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit für alle EU-Versicherer<br />
(Nichtleben) verwirklicht. 1979 wurde eine entsprechende Richtlinie für die Lebensversicherung verwirklicht.<br />
Diese Liberalisierung gilt nicht für Agenturen o<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen ausländischer Gesellschaften mit Hauptsitz<br />
ausserhalb <strong>der</strong> Gemeinschaft; diese haben keinen Rechtsanspruch auf eine Betriebsbewilligung und keine<br />
Befreiung von Kautionsleistungen.<br />
Mit dem Inkrafttreten des Abkommens und des SchVG sind diese Diskriminierungen für Schweizerische<br />
Nichtlebensversicherer im Bereich <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit beseitigt worden. Im Bereich <strong>der</strong> Lebensversicherer<br />
gilt die Schweiz nach wie vor als Drittland.<br />
Tochtergesellschaften sind zur grenzüberschreitenden Versicherungsdeckung berechtigt, sofern das betreffende<br />
Drittland im Gegenzug für Tochtergesellschaften aus <strong>der</strong> EU Gegenrecht hält.<br />
• Der Grundsatz <strong>der</strong> Dienstleistungsfreiheit hat seit 1957 Bestand und gilt auch für die Versicherungswirtschaft. Er<br />
ermöglicht es einer Versicherung, von einem Mitgliedstaat aus in einem an<strong>der</strong>en Land <strong>der</strong> Gemeinschaft tätig zu<br />
sein, ohne sich im Dienstleistungsland nie<strong>der</strong>lassen zu müssen o<strong>der</strong> im Besitz einer formellen Bewilligung <strong>der</strong><br />
örtlichen <strong>Versicherungsaufsicht</strong>sbehörde zu sein.<br />
EU Nie<strong>der</strong>lassungen von Drittlandgesellschaften profitieren nach wie vor nicht von <strong>der</strong> Dienstleistungsfreiheit, ihre<br />
Geschäftstätigkeit ist auf den lokalen Markt beschränkt. Im Bereich Dienstleistungsfreiheit Lebens- und<br />
Sachversicherer gilt die Schweiz nach wie vor als Drittland.
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Versicherungsaufsicht</strong> in <strong>der</strong> Schweiz<br />
In <strong>der</strong> Schweiz sind Privatunternehmungen im Gebiet des Versicherungswesens <strong>der</strong> Bundesaufsicht unterstellt, BV 98 I. Da sich<br />
diese Aufsicht aus dem Polizeibegriff ableitet, ist sie auf die Gefahrenabwehr begrenzt.<br />
Die Ausübung <strong>der</strong> Geschäftstätigkeit als Versicherer ist deshalb an das Vorliegen einer Bewilligung gebunden, die nur erteilt wird,<br />
wenn eine AG o<strong>der</strong> Genossenschaft diese beantragt.<br />
Der Versicherungsbegriff umfasst folgende Komponenten:<br />
• Vorliegen eines Risikos o<strong>der</strong> einer Gefahr<br />
• Leistung des Versicherten (Prämie)<br />
• Leistung des Versicherers im Versicherungs- bzw. Schadenfall<br />
• Selbständigkeit <strong>der</strong> Operation<br />
• Kompensation <strong>der</strong> Risken nach den Gesetzen <strong>der</strong> Statistik<br />
Adressaten <strong>der</strong> Aufsichtspflicht<br />
Der Aufsicht unterstehen nur private Versicherungseinrichtungen, die öffentlichen Versicherer (SUVA, AHV/IV) sind von <strong>der</strong><br />
Aufsicht befreit, weil hinter ihnen ein Gemeinwesen steht, das für ihre Verbindlichkeiten haftet, VAG 3.<br />
Aufsichtspflichtig sind Versicherungseinrichtungen, die in <strong>der</strong> Schweiz o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Schweiz aus mittels Nie<strong>der</strong>lassung o<strong>der</strong><br />
Agentur im direkten Geschäft o<strong>der</strong> im Rückversicherungsgeschäft tätig sind.<br />
Schwierig ist die Aufsicht, wenn ein ausländischer Versicherer, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schweiz über keine Organisation verfügt, hier<br />
Geschäfte tätigt; denn das BPV kann im Ausland keine Amtshandlungen vornehmen:<br />
Sofern die Abgrenzungsverordnung Anwendung findet, fällt je<strong>der</strong> Versicherungsvertrag unter die schweizerische Aufsicht,<br />
wenn ein Risiko gedeckt werden soll, das in <strong>der</strong> Schweiz liegt bzw. wohnt. Art. 4 VAG zählt die Ausnahmegründe auf, die von<br />
<strong>der</strong> Aufsichtspflicht befreit sind.<br />
Der Aufsicht gemäss VAG unterstehende private Versicherungseinrichtungen dürfen das Geschäft nur betreiben, wenn sie dafür<br />
eine Bewilligung haben. Nach VAG 7 I ist die Bewilligung für jeden einzelnen Zweig erfor<strong>der</strong>lich, d.h. es gibt keine allgemeine<br />
umfassende Bewilligung. Die Bewilligung ist eine Polizeibewilligung, d.h. sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind,<br />
besteht ein diesbezüglicher Rechtsanspruch.<br />
Bewilligung<br />
Dem Gesuch um Bewilligungserteilung ist nach VAG 8 ein Geschäftsplan beizulegen. Er äussert sich über alle (geplanten)<br />
Geschäfte des Gesuchstellers, seine dafür verwendeten Mittel sowie über die technischen und finanziellen Möglichkeiten des<br />
Gesuchstellers zur Geschäftsführung. Der Geschäftsplan enthält genehmigungspflichtige und nicht genehmigungspflichtige<br />
Elemente, VAG 9 I.<br />
Die Bewilligung wird erteilt, wenn die Versicherungseinrichtung den gesetzlichen Erfor<strong>der</strong>nissen entspricht und wenn die<br />
Aufsichtsbehörde dem genehmigungspflichtigen Teil des Geschäftsplanes zustimmen kann.<br />
VAG 12 I verbietet den Versicherungseinrichtungen grundsätzlich, versicherungsfremde Geschäfte zu betreiben; nach Abs. 2 sind<br />
Beteiligungen an versicherungsfremden Unternehmungen einer Bewilligungspflicht. Als versicherungsfremd gelten u.a<br />
Bankgeschäfte sowie <strong>der</strong> Betrieb von Anlagegesellschaften und –fonds. Die VO über den Betrieb versicherungsfrem<strong>der</strong><br />
Geschäfte regelt die Einzelheiten.<br />
Für Direktlebensversicherer schreibt VAG 13 das Gebot <strong>der</strong> Spartentrennung vor, d.h. sie dürfen ausser <strong>der</strong> Invaliditäts-, <strong>der</strong><br />
Unfalltod- und <strong>der</strong> Krankenzusatzversicherung sowie <strong>der</strong> Kranken- und Invaliditätsversicherung keine weiteren<br />
Versicherungszweige betreiben. Da die Lebensversicherer nach Massgabe des Anwartschafts-Deckungsverfahrens grosse<br />
Deckungskapitalien verwalten, sollen diese gegen Zweckentfremdung geschützt werden.<br />
Laufende Aufsicht<br />
Die laufende staatliche Aufsicht wird damit gerechtfertigt, dass die Versicherten bzw. Geschädigten vor Insolvenz des<br />
Versicherers geschützt werden sollen. Die Aufsichtsbehörden <strong>der</strong> EU-Staaten beurteilen die Solvenz <strong>der</strong> Versicherungseinrichtungen<br />
nicht nach dem Eigenkapital, son<strong>der</strong>n nach <strong>der</strong> Solvabilitätsspanne. Deren Sollbetrag berechnet sich nach den<br />
Prämieneinnahmen und <strong>der</strong> Schadensbelastung, wobei <strong>der</strong> höhere Wer massgebend ist.<br />
Das BPV prüft nur noch die Tarife und AVB in <strong>der</strong> Lebensversicherung, <strong>der</strong> Kranken- und Krankenzusatzverscherung sowie in<br />
<strong>der</strong> Elementarschadensversicherung, VAG 10.<br />
Als Zwangsmittel gelten <strong>der</strong> Entzug <strong>der</strong> Bewilligung, VAG 40, sowie verschiedene Strafbestimmungen, VAG 49 ff. Zunächst<br />
erfolgt jedoch die Einladung an die fehlbare Unternehmung, den Mangel zu beheben.<br />
Beendigung <strong>der</strong> Geschäftstätigkeit<br />
Der Versicherer kann einen Versicherungsvertrag nur auf einen an<strong>der</strong>en Versicherer übertragen, sofern sowohl dieser als auch<br />
<strong>der</strong> Versicherungsnehmer zustimmt; anwendbar sind OR 175 und 176.<br />
Will <strong>der</strong> Versicherer seinen Geschäftsbetrieb in <strong>der</strong> Schweiz aufgeben, ist die Zustimmung eines jeden Versicherungsnehmers<br />
nicht gangbar; <strong>der</strong>en Zustimmung wird daher durch die Zustimmung des EJPD ersetzt, VAG 39. Dadurch kann <strong>der</strong> Versicherer<br />
diejenigen Versicherungsverträge, die in <strong>der</strong> Schweiz zu erfüllen sind, ganz o<strong>der</strong> teilweise auf eine an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Aufsicht<br />
unterstellte Versicherungseinrichtung übertragen. Die Versicherten können innerhalb dreier Monate seit <strong>der</strong> ersten<br />
Veröffentlichung Einsprache erheben. Nach je<strong>der</strong> Bestandesübertragung hat <strong>der</strong> VN das Recht, innerhalb von drei Monaten den<br />
Versicherungsvertrag zu künden.<br />
Kann eine Versicherungsunternehmung die erfor<strong>der</strong>liche Garantie nicht mehr sicherstellen, VAG 10, so setzt ihr das EJPD eine<br />
Frist zur Sanierung an, VAG 40 I. Wird diese nicht vollzogen, kann das EJPD zwangsweise ganz o<strong>der</strong> teilweise den<br />
Versicherungsbestand auf eine an<strong>der</strong>e Versicherungseinrichtung übertragen, sofern diese zur Übernahme bereit ist. Ansonsten<br />
wird eine Liquidation durchgeführt. Dieser wäre aber aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht zu verantworten, weshalb die<br />
Lebensversicherer (Anwartschafts-Deckungsverfahrens) dem Sicherstellungsgesetz unterstehen.
Erfüllungsort, Gerichtsstand und Betreibungsort<br />
VAG 46a i.V.m. 27 präzisieren OR 74 Ziff. 2 I. Die Versicherungseinrichtung muss ihre Verbindlichkeiten aus Versicherungsverträgen<br />
am schweizerischen Wohnsitz des Versicherten erfüllen. Die Bestimmung ist in gleicher Weise anwendbar, wenn <strong>der</strong><br />
Versicherer Versicherungsleistungen zu erbringen o<strong>der</strong> Prämien zurückzuerstatten hat.<br />
Da Versicherungsverträge i.a.R. Konsumentenverträge darstellen, gilt GestG 22, subsidiär GestG 3 ff. Konsumenten sind<br />
grundsätzlich nicht nur Versicherungsnehmer, son<strong>der</strong>n auch begünstigte o<strong>der</strong> versicherte Personen.<br />
Wirkungen des Aufsichtsrechts auf den privaten Versicherungsvertrag<br />
Der Gesetzgeber kann aufsichtsrechtliche Tatbestände umschreiben und ihnen ausdrückliche Rechtsfolgen zuordnen.<br />
Nach OR 20 I sind u.a. wi<strong>der</strong>rechtliche Verträge nichtig. Nicht jede Verletzung einer Verbots- o<strong>der</strong> Gebotsnorm hat jedoch die<br />
Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit zur Folge. Die Wi<strong>der</strong>rechtlichkeit macht einen Vertrag nur dann nichtig, wenn diese Rechtsfolge vom Gesetz<br />
ausdrücklich vorgesehen ist o<strong>der</strong> sich aus dem Sinn und Zweck <strong>der</strong> verletzten Norm ergibt.<br />
Da das Aufsichtsrecht den Zweck hat, den VN zu schützen, würde eine sich aus dem Verstoss ergebende Nichtigkeit jedoch<br />
gerade diesen Schutzzweck zuwi<strong>der</strong>laufen.<br />
Deshalb ist ein Vertrag grundsätzlich nicht nichtig, wenn Bestimmungen des Aufsichtsrechts verletzt werden.<br />
Schadenversicherungsgesetz (SchVG)<br />
Das SchVG bezweckt gestützt auf das Abkommen Schweiz – EU die Anpassung an die 1. KoRL NL. Das Dienstleistungsgeschäft<br />
ist von Län<strong>der</strong>n aus gestattet, die mit <strong>der</strong> Schweiz einen Staatsvertrag abgeschlossen haben. Dem SchVG unterstehen<br />
inländische Schadenversicherungseinrichtungen, Schadenversicherungseinrichtungen mit Sitz in einem Vertragsstaat und<br />
ausländische Schadenversicherungseinrichtungen mit Sitz ausserhalb eines Vertragsstaates.<br />
Der freie Dienstleistungsverkehr nach SchVK 7 ff. gibt einem VR, <strong>der</strong> im Gebiete eines Vertragsstaates nie<strong>der</strong>gelassen ist, die<br />
Möglichkeit, in <strong>der</strong> Schweiz gelegene Risiken grenzüberschreitend zu decken.<br />
Lebensversicherungsgesetz (LeVG)<br />
Das LeVG bezweckt eine Anpassung an die 1. KoRL L (Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit). Die Wirkung und Geltungsdauer <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />
Vorschriften über die grenzüberschreitende Dienstleistungsfreiheit für VE mit Sitz in einem Staat, <strong>der</strong> Gegenrecht gewährt, wird<br />
abhängig davon gemacht, ob ein entsprechendes völkerrechtliches Abkommen mit diesem Staat in Kraft steht.<br />
Nach SchVG haben die VE ein gebundenes Vermögen zu bestellen. Das LeVG enthält kein vergleichbares Kapital, denn die<br />
Sicherstellung <strong>der</strong> Lebensversicherungsansprüche ist bereits im Sicherstellungsgesetz bzw. zusätzlich – soweit es um<br />
kautionspflichtige ausländische Lebensversicherer aus Drittlän<strong>der</strong>n ohne Staatsvertrag mit <strong>der</strong> Schweiz geh – im KG geregelt.<br />
Dem LeVG unterstehen Lebensversicherungseinrichtungen mit Sitz in <strong>der</strong> Schweiz, ausländische mit Sitz in einem Vertrags-staat<br />
und ausländische mit Sitz ausserhalb eines Vertragsstaates.<br />
3. Revision des <strong>Versicherungsaufsicht</strong>srecht gemäss Vorentwurf<br />
Mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> 3. KoRL L und NL <strong>der</strong> EU wird auch im Bereich <strong>der</strong> Lebens- und Krankenversicherung die präventive<br />
Kontrolle <strong>der</strong> AVB und <strong>der</strong> Tarife dahinfallen wird und sich die bisherige materielle Aufsicht in eine Solvenzaufsicht wandeln wird.<br />
Die vorliegende VAG Revision sieht im Rahmen eines autonomen Nachvollzuges eine Anpassung an das EU Recht bis und mit<br />
dem Regelungsniveau <strong>der</strong> 3. KoRL L und NL vor. Die effektive Zulassung des grenzüberschreitenden Dienstleistungsgeschäfts<br />
wird analog zu Swisslex 1 an den Vorbehalt einer staatsvertraglichen Vereinbarung geknüpft.<br />
Neu sollen neben den eigentlichen Versicherungsunternehmen auch Broker und Makler <strong>der</strong> Aufsicht des BPV unterstellt werden.<br />
Lebensversicherer dürfen zukünftig neben <strong>der</strong> Lebensversicherung auch die Unfallversicherung und die Krankenversicherung<br />
betreiben, womit die Spartentrennung gelockert wird.<br />
Beteiligungen an an<strong>der</strong>en Versicherungsunternehmen sind zu melden, sofern die Beteiligung 20.33 % erreicht; das BPV kann die<br />
Beteiligung untersagen, wenn die Interessen <strong>der</strong> Versicherten gefährdet sind.<br />
Das Mindestkapital beträgt je nach Versicherungszweig 1 – 15 Mio. CHF. Versicherungsunternehmen haben sich über freie und<br />
unbelastete Eigenmittel mindestens im Rahmen <strong>der</strong> Solvabilitästspanne auszuweisen. Neben dem Versicherungsgeschäft dürfen<br />
Versicherungsunternehmen nur solche Geschäfte betreiben, die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehen<br />
Das Aufsichtsrecht soll die Konsumenten vor Missbrauch schützen; Missbrauch liegt vor, wenn ein Versicherungsunternehmen<br />
gegen zwingende Bestimmungen <strong>der</strong> Versicherungsgesetzgebung verstösst.<br />
4. WTO und GATS<br />
Da die Schweiz nicht Mitglied <strong>der</strong> EU und des EWR’s ist und die bilateralen Verträge sich nicht auf Versicherungsleistungen<br />
erstrecken, ist es umso wichtiger, dass auf internationaler Ebene Ansatzpunkte bestehen: Das GATS verpflichtet alle<br />
Mitgliedstaaten <strong>der</strong> WTO zur Einhaltung <strong>der</strong> Wertgrundlagen eines offenen, multilateralen Handelssystems. Es regelt<br />
insbeson<strong>der</strong>e auch die Auslandstätigkeit von Versicherungsunternehmen. Im Vor<strong>der</strong>grund steht die Liberalisierung von<br />
Nie<strong>der</strong>lassungsgründungen ausländischer Unternehmen; Hauptprinzipien sind die Meistbegünstigungsklausel, die Transparenz<br />
<strong>der</strong> nationalen Gesetzgebung und die Einhaltung des Äquivalenzprinzips.<br />
Die eigentlichen Liberalisierungsverpflichtungen des GATS, d.h. die Gewährung des Marktzugangs und die Inlän<strong>der</strong>gleichbehandlung<br />
entstehen im Gegensatz zur Meistbegünstigungspflicht nicht unmittelbar durch die Mitgliedschaft im GATS,<br />
son<strong>der</strong>n beruhen auf Verpflichtungen, die von jedem WTO-Land ausgehandelt werden. Jedem Land ist es freigestellt,<br />
Dienstleistungsgruppen auszuhandeln.<br />
• Ausländischen Anbietern steht das Recht zur Errichtung und Erweiterung von geschäftlichen Nie<strong>der</strong>lassungen zu. Umgekehrt<br />
kann auch ein schweizerischer Dienstleistungserbringer dieses Recht gegenüber einem WTO-Staat für sich beanspruchen.<br />
• Der Zugang schweizerischer Versicherungen und Banken zu ausländischen Märkten ist gesichert. Auf <strong>der</strong> Basis des<br />
Meistbegünstigungsprinzips sind Schweizer Unternehmungen in einem ausländischen Staat künftig vor wirtschaftspolitischer<br />
Diskriminierung geschützt.
• Mit dem 5. Protokoll haben schweizerische Versicherungsunternehmen ungehin<strong>der</strong>ten Zugang in allen WTO Staaten. Das<br />
grenzüberschreitende Versicherungsgeschäft ist damit allerdings noch nicht gestattet, dessen Zulässigkeit hängt vielmehr<br />
vom innerstaatlichen Recht des Ziellandes ab.<br />
In <strong>der</strong> EU bestehen bereits wie<strong>der</strong> Ansätze zu einer Reregulierung. Die Richtlinie 98/78/EG will gleiche Wettbewerbsbedingungen<br />
für alle Versicherer im Binnenmarkt schaffen, die Kontrolle über die finanzielle Situation <strong>der</strong> Unternehmen stärken und dadurch<br />
die Kunden besser schützen.<br />
Auch in <strong>der</strong> Schweiz bestehen ähnliche Bestrebungen, insbeson<strong>der</strong>e soll eine einheitliche Aufsicht für Versicherungen und<br />
Banken erfolgen. Für Versicherungen besteht das Verbot, versicherungsfremde Geschäfte vorzunehmen, bzw. solche nur über<br />
rechtlich selbständige Unternehmenseinheiten zu betreiben. Obwohl für Banken kein explizites Verbot bankfrem<strong>der</strong> Geschäfte<br />
besteht, dürfen diese das Versicherungsgeschäft in <strong>der</strong> EU gleichwohl nur über selbständige Tochtergesellschaften ausüben.<br />
Allfinanz-Strategien von Banken und Versicherungen, die sich nicht bloss mit einer Kooperation begnügen wollen, begünstigen<br />
zwangsläufig die Bildung von Konzernen.<br />
5. Aufsicht nach BVG<br />
Träger <strong>der</strong> beruflichen Vorsorge sind Einrichtungen, die mit ihrem Vermögen für das Risiko <strong>der</strong> Vorsorge (Alter, Invalidität, Tod)<br />
einstehen und die in <strong>der</strong> Rechtsform <strong>der</strong> Stiftung, <strong>der</strong> Genossenschaft o<strong>der</strong> einer Einrichtung des öffentlichen Rechts organisiert<br />
sind.<br />
Das BVG gilt für alle Einrichtungen, soweit diese die obligatorischen Mindestleistungen des BVG erbringen, BVG 48. Keine<br />
Geltung entfalten sie für Personalvorsorgeeinrichtungen <strong>der</strong> rein freiwilligen 2. Säule in Form <strong>der</strong> Genossenschaft.<br />
Nach BVG 61 hat je<strong>der</strong> Kanton eine Behörde zu bezeichnen, welche die Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz in seinem Gebiet<br />
beaufsichtigt. Dem BA für Sozialversicherungen ist dagegen die Aufsicht über Vorsorgeeinrichtungen mit nationalen und<br />
internationalem Charakter sowie <strong>der</strong> SBB, <strong>der</strong> SUVA und <strong>der</strong> Nationalbank zugewiesen. Die Oberaufsicht über alle Aufsichtsorgane<br />
obliegt dem Bundesrat, <strong>der</strong> sie tlw. an das BA für Sozialversicherungen delegiert hat.<br />
Die Aufsichtsbehörde hat die Befugnis, darüber zu wachen, dass das Stiftungsvermögen nach Massgabe <strong>der</strong> Stiftungsurkunde<br />
sowie im Interesse <strong>der</strong> Destinatäre erhalten bleibt und nicht spekulativ o<strong>der</strong> allzu risikoreich angelegt bzw. zweckentfremdet wird.<br />
• Privatrecht<br />
Im Vor<strong>der</strong>grund steht das VVG; das Vertragsrecht i.S. des OR enthält. Die allgemeinen Bestimmungen des OR gelten auch für<br />
den Versicherungsvertrag, sofern das VVG keine beson<strong>der</strong>en Vorschriften enthält, VVG 100 I. Ebenso gelten die Einleitungsartikel<br />
des ZGB für das VVG.<br />
Da es aufgrund <strong>der</strong> Bedürfnisse <strong>der</strong> Praxis entwickelt wurde, haften ihm v.a. terminologische Krankheiten an:<br />
Von einem Rücktritt ist die Rede, Kündigung ist gemeint: VVG 30 II, 36, 42, 54 III, 89<br />
Von einem Rücktritt ist die Rede, obwohl die Aufhebung nicht zurückwirkt: VVG 28 I, 40, 53 II.<br />
Dem VAG oblag es, die versicherten Personen auf verwaltungsrechtlichem Wege zu schützen; demgegenüber fiel dem VVG v.a.<br />
die Aufgabe zu, zum Schutz <strong>der</strong> versicherten Person die Vertragsfreiheit durch zwingende Vorschriften einzuschränken. Das VVG<br />
ist deshalb ein eigentliches Konsumentenschutzgesetz.<br />
Durch die Dreiteilung in relativ und absolut zwingende Bestimmungen sowie dispositive Vorschriften wird <strong>der</strong> notwendige Schutz<br />
<strong>der</strong> versicherten Person gewährleistet, ohne dass <strong>der</strong> Versicherungswirtschaft unnötige Fesseln angelegt werden.<br />
Dieser Schutz drängt sich um so mehr auf, als dass nur eine rechtliche, nicht aber eine faktische Gleichstellung zwischen VR und<br />
VN besteht, <strong>der</strong> Versicherungsvertrag durch den VR von vornherein vorbereitet, fixiert und typisiert ist mittels AVB.<br />
Absolut zwingende Vorschriften sind demgegenüber im Interesse <strong>der</strong> öffentlichen Ordnung o<strong>der</strong> zur Verwirklichung gewisser<br />
ethischer Anschauungen des Gesetzgebers aufgestellt worden.<br />
1. Sachlicher Anwendungsbereich<br />
Das VVG ist nicht anwendbar auf Rückversicherungsverträge, private Rechtsverhältnisse zwischen den <strong>der</strong> Aufsicht nicht<br />
unterstellten Versicherungseinrichtungen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> vereinfachten Aufsicht [zehnjährige Übergangsfrist, VAG 53 III] unterstellten<br />
Versicherungseinrichtungen, VVG 101.<br />
2. Versicherungsbedingungen<br />
Versicherungsbedingungen sind Vertragbestimmungen, die eine grosse Bedeutung haben. Das VVG dringt selbst nicht in<br />
Einzelfragen ein, es ist deshalb Sache <strong>der</strong> Versicherungsbedingungen, das Versicherungsverhältnis im Einzelfall zu ordnen. Sie<br />
geben namentlich Aufschluss über die versicherten Gefahren und Gegenstände, Deckungsausschlüsse usw.<br />
Sofern sie nicht gegen zwingende Normen verstossen, gehen Versicherungsbestimmungen dem Gesetzesrecht vor:<br />
1. BVB<br />
2. AVB<br />
3. VVG<br />
4. OR<br />
Die Allgemeinen Versicherungsbestimmungen enthalten den üblichen, generell zur Anwendung kommenden Vertragstext; sie<br />
sind bestimmt für eine unbegrenzte Anzahl von Einzelverträgen einer bestimmten Gefahrengemeinschaft; die Kalkulation basiert<br />
auf ihnen, da sie auf eine generelle und damit überblickbare Ordnung <strong>der</strong> zu einer Gefahrengemeinschaft gehörenden Verträge<br />
angewiesen ist. Mit dem Inkrafttreten von SchVG 26 II lit. a – c ist die präventive Genehmigung <strong>der</strong> AVB und die Prämientarife<br />
abgeschafft worden; nur in <strong>der</strong> Lebens-, <strong>der</strong> privaten Krankenkasse und <strong>der</strong> Elementarschadenversicherung sind die AVB und<br />
Tarife weiterhin genehmigungspflichtig.<br />
Die Beson<strong>der</strong>en Versicherungsbestimmungen haben den Zweck, die AVB in diesem o<strong>der</strong> jenem Punkte in Anpassung an die<br />
Beson<strong>der</strong>heiten des Einzelfalles anzupassen. Sie sind zulässig, soweit sie nicht gegen zwingende Normen verstossen und<br />
unterliegen ebenfalls nicht <strong>der</strong> Genehmigungspflicht.
• Systematik des VVG und Einteilung <strong>der</strong> Versicherungen<br />
1. Systematik<br />
Der allgemeine Teil des VVG, Art. 1 – 47, bezieht sich auf sämtliche Versicherungsarten.<br />
Der 2. Teil, VVG 48 – 72, findet nur auf Schadensversicherungen Anwendung.<br />
Der 3. Teil, VVG 73 – 96, findet nur auf Personenversicherungen Anwendung.<br />
Der 4. Teil, VVG 97 und 98, nennt die halbzwingenden und zwingenden Bestimmungen.<br />
Die Einteilung in Schadens- und Personenversicherung ist nicht logisch, indem einmal auf die Leistungsfolgen (Vergütung von<br />
Schäden), das an<strong>der</strong>e Mal aber auf das versicherte Objekt (Person) abgestellt wird. Diese Einteilung hat das Bundesgericht aber<br />
während Jahrzehnten veranlasst, die Heilungs- und Verdienstausfallversicherung, die oftmals auch Gegenstand <strong>der</strong> freiwilligen<br />
Unfallversicherung ist, <strong>der</strong> Personenversicherung zuzuordnen und somit die Subrogation des zahlenden Unfallversicherers gegen<br />
haftpflichtige Dritte abzulehnen gestützt auf VVG 96; erst mit BGE 104 II 44 und BGE 119 II 361 wurde dies angepasst.<br />
Die Umbenennung des Kapitels „Sachversicherung“ in „Schadenversicherung“ lässt ausser Acht, dass einige <strong>der</strong> Bestimmungen<br />
auf die Sachversicherung zugeschnitten sind und auf die Schadensversicherung, d.h. Vermögensversicherung, nicht passen:<br />
VVG 48, 50 I, 51 – 53, 56, 57, 62 – 66, 68, 69 II, 70 II.<br />
Die Vermögensversicherung als Ergänzung zur Sachversicherung deckt ausfallende Gewinne o<strong>der</strong> Erträgnisse und insbeson<strong>der</strong>e<br />
auch den den Sachwert übersteigenden Neuwert.<br />
VVG 16 und 17 gelten nur für Schadensversicherung; dagegen gilt VVG 61 i.S. einer allgemeine Schadenmin<strong>der</strong>ungspflicht ach<br />
für die Personenversicherung.<br />
2. Einteilung von Versicherungen<br />
Gegenstand des Versicherungsvertrages ist das Objekt, welches von <strong>der</strong> Versicherungsgefahr bedroht ist. Relevant ist <strong>der</strong><br />
Gegenstand ebenfalls für die Einteilung.<br />
Versicherungen können entsprechend <strong>der</strong> Systematik des VVG in Schadens- und Personenversicherung aufgeteilt werden.<br />
Das entsprechende Kriterium ist, ob wirtschaftliche Güter o<strong>der</strong> Personen versichert sind bzw. ob es auf einen Schaden ankommt<br />
o<strong>der</strong> nicht.<br />
Versicherung<br />
Personenversicherung<br />
Schadensversicherung<br />
Leben Sachversicherung Vermögensversicherung<br />
Unfall Feuer Haftpflicht<br />
Krankheit Diebstahl Rechtsschutz<br />
Wasser<br />
Glas<br />
Reparatur<br />
Mietzinsverlust<br />
Betriebsunterbruch<br />
In <strong>der</strong> Sachversicherung ist eine Sache versichert, in <strong>der</strong> Vermögensversicherung ein bestimmtes Vermögen als solches und in<br />
<strong>der</strong> Personenversicherung eine Person.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Einteilung stellt darauf ab, ob ein einzelnes Objekt, eine einzelne Person, eine einzelne Sache o<strong>der</strong> ein einzelnes<br />
Vermögen versichert ist (Einzelversicherung) o<strong>der</strong> ob mehrere versichert sind (Kollektivversicherung):<br />
Kollektivversicherung<br />
Unfallversicherung Lebensversicherung Vermögensversicherung<br />
Wie bei <strong>der</strong> Kollektivunfallversicherung Mit einer einzelnen Police werden<br />
werden die Arbeitnehmer eines Betriebes mehrere Personen gegen Haftpflicht<br />
mit einem zwischen einer versichert.<br />
Der Kreis <strong>der</strong> versicherten Personen<br />
wird durch den Vertrag umschrieben,<br />
bspw. alle Arbeitnehmer eines<br />
Betriebes.<br />
Nichtbetriebsunfallversicherung für<br />
die Arbeitnehmer eines Dienstleistungsbetriebes<br />
Personalvorsorgeeinrichtung (Stiftung)<br />
und einem Lebensversicherer abgeschlossenen<br />
Vertrag gegen die Risiken Alter,<br />
Invalidität und Tod versichert.<br />
Kollektivlebensversicherung <strong>der</strong> Vorsorgestiftung<br />
eines Warenhauses für seine<br />
Angestellten.<br />
Kollektivhaftpflichtversicherung<br />
Jagdvereins für seine Mitglie<strong>der</strong>.<br />
Die Einteilung zwischen Schadens- und Personenversicherung entspricht <strong>der</strong> Systematik des Gesetzes.<br />
Schadensversicherung liegt vor, wenn es für die Leistungspflicht des VR auf einen Schaden ankommt. Bei <strong>der</strong><br />
Personenversicherung ist es dagegen irrelevant, ob <strong>der</strong> VN einen Vermögensschaden erleidet bzw. ob <strong>der</strong> versicherte<br />
Gegenstand beschädigt o<strong>der</strong> zerstört wird. Entscheidend ist vielmehr, dass die versicherte Person überhaupt von einem Ereignis<br />
(Tod, Invalidität, Alter) betroffen wird. Das versicherte Ereignis löst bei <strong>der</strong> Personenversicherung i.a.R. eine vertraglich<br />
festgelegte Summe aus, es handelt sich deshalb um eine Summenversicherung.<br />
des
2.1. Sachversicherungen<br />
Bei Sachversicherungen bilden Sachen [i.w.S.] den Gegenstand des Versicherungsvertrages; d.h. körperliche o<strong>der</strong> unkörperliche<br />
(For<strong>der</strong>ungen), bewegliche o<strong>der</strong> unbewegliche Sachen. Die Leistungspflicht des Versicherers ist davon abhängig, dass die<br />
versicherte Sache vom befürchteten Ereignis betroffen wird. Zweck <strong>der</strong> Sachversicherung ist es somit, dem Versicherten die<br />
dadurch unmittelbar entstandene Einbusse, den unmittelbaren Schaden, zu ersetzen. Dieser wird aufgrund des Sachwerts, d.h.<br />
des Wertes <strong>der</strong> versicherten Sache im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (Ersatzwert) bestimmt, sofern keine<br />
Unterversicherung vorliegt.<br />
Der allenfalls aus dem schädigenden Ereignis wachsende mittelbare Schaden ist auch versicherbar 1 , stellt jedoch keine<br />
Sachversicherung, son<strong>der</strong>n vielmehr eine Vermögensversicherung dar, bspw. Erwerbsausfall. Ebenso ist die<br />
Neuwertversicherung, die die Differenz zwischen Neuwert und Ersatzwert überbrückt, eine Vermögensversicherung.<br />
Sachversicherungen bestehen in den Sparten Feuer, Diebstahl, Transport, Autokasko, Glas und Kreditversicherung; hier ist die<br />
For<strong>der</strong>ung versichert, d.h. bei schlechterer Bonität des Schuldners hat <strong>der</strong> Verlust gedeckt zu werden.<br />
2.2. Vermögensversicherungen<br />
Bei <strong>der</strong> Vermögensversicherung ist das Vermögen als abstrakter Begriff versicherter Gegenstand. Wesentlich ist, dass das<br />
Vermögen einer bestimmten Person eine Schädigung erfahren hat; irrelevant ist, ob es vermin<strong>der</strong>t wurde o<strong>der</strong> ob es sich nicht<br />
vermehrt hat.<br />
Es wird unterschieden zwischen Aufwandversicherung und Vermögensverlustversicherung.<br />
Die Aufwandversicherung deckt den Aufwand, den <strong>der</strong> Versicherte infolge des befürchteten Ereignisses erbringen muss. Im<br />
Vor<strong>der</strong>grund steht hier die Haftpflichtversicherung; das Vermögen ist versichert gegen die Gefahr, mit einer Haftpflichtverbindlichkeit<br />
belastet zu werden.<br />
Eine Aufwandversicherung ist ferner auch die Prozesskostenversicherung bzw. Rechtsschutzversicherung.<br />
Auch die Heilungskostenversicherung im Rahmen einer Unfall- o<strong>der</strong> Krankenversicherung ist eine typische Aufwandversicherung.<br />
Ebenso die o.g. Neuwertversicherung, bei <strong>der</strong> jedoch nur hinsichtlich <strong>der</strong> Differenz eine Vermögensversicherung vorliegt,<br />
betreffend des Ersatzwertes liegt eine Sachversicherung vor.<br />
Die Vermögensverlustversicherung bietet dem Versicherten Deckung im Umfang <strong>der</strong> entgangenen Einnahmen; bspw.<br />
Betriebsunterbrechungsversicherung, Hagelversicherung o<strong>der</strong> die sog. Wetterversicherung bei Freiluftveranstaltungen. Das<br />
befürchtete Ereignis besteht im Ausfall des erhofften Ertrages.<br />
2.3. Personenversicherungen<br />
In <strong>der</strong> Personenverscherung ist eine Person Gegenstand <strong>der</strong> Versicherung; sie ist dem befürchteten Ereignis ausgesetzt. Die<br />
Personenversicherung stellt auf Vorgänge ab, welche die Person als solche betreffen; Tod, Invalidität, Alter, Krankheit u.a.<br />
verpflichten den VR zur Bezahlung <strong>der</strong> Versicherungsleistung; es gilt das Äquivalenzprinzip: die Versicherungsleistung dient<br />
nicht <strong>der</strong> Deckung eines konkreten Schadens, son<strong>der</strong>n wird bei Vertragsschluss bereits summenmässig festgelegt; daher wird<br />
die Versicherungsleistung zutreffend als Versicherungssumme bezeichnet.<br />
Auch in <strong>der</strong> Personenversicherung kann <strong>der</strong> Eintritt des befürchteten Ereignis’ einen Schaden zur Folge haben; macht <strong>der</strong> VR<br />
allerdings seine Leistungspflicht vom Eintritt eines solchen Schadens abhängig, liegt keine Personen- son<strong>der</strong>n vielmehr eine<br />
Schadensversicherung vor.<br />
Bei Konkurrenz des Versicherungsanspruches mit an<strong>der</strong>weitigen Ansprüchen gegen Dritte ist eine Kumulation ohne weiteres<br />
zulässig. Aber die Schadenmin<strong>der</strong>ungspflicht, VVG 61, gilt auch in <strong>der</strong> Personenversicherung.<br />
Im Vor<strong>der</strong>grund stehen Lebens- und Unfallversicherung, soweit es sich nicht um die obligatorische Unfallversicherung nach UVG<br />
handelt:<br />
Todesfallversicherung Tod stellt befürchtetes Ereignis dar<br />
Erlebensfallversicherung Bestimmtes Alter löst Versicherungsleistungen aus<br />
Gemischte Versicherung Kombination Todesfallversicherung – Erlebensfallversicherung<br />
Unfallversicherung 2 Unfall stellt befürchtetes Ereignis dar; Unfall: plötzliches und gewaltsames, unfreiwilliges Ereignis<br />
Krankenversicherung 3 obligatorische Grundversicherung: KVG (abschliessend)<br />
Freiwillige Zusatzversicherungen: VVG<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Abgrenzung: BGE 118 II 176.<br />
Unfall: Jede Körperschädigung, die <strong>der</strong> Versicherte durch ein plötzlich und gewaltsam auf ihn einwirkendes äusseres<br />
Ereignis unfreiwillig erleidet.<br />
Krankheit: Jede Beeinträchtigung <strong>der</strong> körperlichen o<strong>der</strong> geistigen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine<br />
medizinische Untersuchung o<strong>der</strong> Behandlung erfor<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.
• Versicherungsvertrag als Vertragsverhältnis<br />
Der Richter hat im Einzelnen zu prüfen, ob das seiner Beurteilung unterstehende Vertragsgebilde die noch zu behandelnden, an<br />
das Vorliegen eines Versicherungsvertrages geknüpften Voraussetzungen erfülle:<br />
Der Versicherungsbegriff umfasst folgende Komponenten:<br />
• Vorliegen eines Risikos o<strong>der</strong> einer Gefahr<br />
• Leistung des Versicherten (Prämie)<br />
• Leistung des Versicherers im Versicherungs- bzw. Schadenfall<br />
• Selbständigkeit <strong>der</strong> Operation<br />
• Kompensation <strong>der</strong> Risken nach den Gesetzen <strong>der</strong> Statistik<br />
Der Versicherungsvertrag ist ein Vertrag, bei dem die eine Partei, <strong>der</strong> VR, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Partei, dem VN, gegen Entgelt<br />
(Prämie) eine Vermögensleistung für den Fall verspricht, dass ein bestimmter Gegenstand (Person, Sache, Vermögen)<br />
von einem bestimmten Gefahrsereignis betroffen wird.<br />
1. Versicherungsnehmer<br />
Versicherungsnehmer ist diejenige Vertragspartei im Versicherungsverhältnis, die Versicherungsschutz sucht. Am<br />
Versicherungsverhältnis können neben dem Versicherungsnehmer noch weitere Personen beteiligt sein, die sich vom<br />
Versicherungsnehmer allerdings dadurch unterscheiden, dass sie nicht Vertragspartei sind.<br />
Der Versicherungsnehmer muss bestimmt o<strong>der</strong> bestimmbar sein.<br />
Für die Beantwortung <strong>der</strong> Frage, welche Vermögenswerte i.c. für die Prämienschuld als Haftungssubstrat dienen, muss<br />
unterschieden werden, ob <strong>der</strong> Ehegatte den Versicherungsvertrag in eigenem Namen o<strong>der</strong> in Vertretung <strong>der</strong> ehelichen<br />
Gemeinschaft abgeschlossen hat.<br />
I<br />
Im Güterstand <strong>der</strong> Errungenschaft dient i.a.R. das Eigengut und die Errungenschaft des Versicherungsnehmers als Haftungssubstrat;<br />
wurde aber in Vertretung <strong>der</strong> ehelichen Gemeinschaft ein Versicherungsvertrag geschlossen, haftet infolge <strong>der</strong><br />
solidarischen Mitverpflichtung des an<strong>der</strong>en Ehegatten zusätzlich auch dessen Eigengut und Errungenschaft.<br />
Dasselbe gilt für den Güterstand <strong>der</strong> Gütertrennung.<br />
Für den Güterstand <strong>der</strong> Gütergemeinschaft gilt ZGB 234 I; wonach das Eigengut und die Hälfte des Gesamtgutes haftet,<br />
ausnahmsweise (Vertretung) das Eigengut und das gesamte Gesamtgut, ZGB 233 II.<br />
Gemäss <strong>der</strong> Konzeption von VVG 1 ist <strong>der</strong> künftige VN regelmässig <strong>der</strong> Antragsteller. Es gibt aber Ausnahmefälle, in denen <strong>der</strong><br />
Antrag vom VR ausgeht, so bspw. wenn <strong>der</strong> VR an einen unbestimmten Personenkreis verbindliche Anträge richtet (Ticket- und<br />
Automatenversicherung) o<strong>der</strong> aber in jenen Fällen, in denen wohl die geschäftliche Aktivität vom VN ausgeht, dieser aber kein<br />
verbindlicher Charakter zukommt.<br />
2. Versicherer<br />
Private Versicherer müssen als AG o<strong>der</strong> als Genossenschaft im HR eingetragen sein. Nur diese Formen sind aufsichtsrechtlich<br />
zugelassen, da sie die grösste Sicherheit für Solidität und Kontinuität bieten.<br />
Je<strong>der</strong> VR, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schweiz ein Versicherungsunternehmen betreiben will, bedarf einer Bewilligung, VAG 7. Dennoch kann auch<br />
ohne Bewilligung zivilrechtlich ein gültiger Versicherungsvertrag abgeschlossen werden, d.h. er ist nicht nichtig i.S.v. OR 20.<br />
3. Rechtsstellung des gebundenen Versicherungsagenten<br />
Versicherungsgeschäfte werden durch an den VR gebundene Agenten vermittelt (Vermittlungsagenten) o<strong>der</strong> direkt<br />
abgeschlossen (Abschlussagent). Unabhängige Broker und Makler sind die direkten Vertreter des künftigen<br />
Versicherungsnehmers und vermitteln im Auftrage ihres Kunden den Versicherungsabschluss mit dem VR.<br />
Zwischen VR und Agent besteht i.a.R. ein Agenturverhältnis, tlw. auch Arbeitsverträge o<strong>der</strong> ein Auftrag. Dieser ordnet das interne<br />
Rechtsverhältnis.<br />
Davon zu unterscheiden ist die Frage, welche Stellung <strong>der</strong> Versicherungsagent dem VN gegenüber extern einnimmt, d.h. welche<br />
Handlungen des Agenten <strong>der</strong> VR als solche seines Vertreters gegen sich gelten lassen muss bzw. durch welche Handlungen des<br />
Agenten <strong>der</strong> VR dem VN gegenüber direkt verpflichtet wird.<br />
Früher erblickten die VR den Agenten als selbständigen Makler, für dessen gesellschaftliche Tätigkeit sie jegliche Verantwortung<br />
ablehnten, währenddem Konsumentenverbände darin den direkten Stellvertreter des VR erblickten.<br />
VVG 34 setzt mit einem neuen Lösungsgrundsatz an, indem er die Vollmacht in Abweichung von OR 33 umschreibt:<br />
Die im externen Verhältnis geltende Vollmacht des Agenten muss nicht identisch sein mit den ihm von VR vertraglich<br />
eingeräumten Kompetenzen und Befugnissen. Innen- und Aussenverhältnis müssen nicht gleich sein. Im Gegensatz dazu wird<br />
<strong>der</strong> Vertretene durch rechtsgeschäftliches Handeln seines Vertreters gemäss OR 33 II nur insoweit verpflichtet, als er diesen<br />
intern ermächtigt hat.<br />
Die externe Vollmacht des Agenten soll sich gemäss VVG 34 I zunächst auf das erstrecken, was nach <strong>der</strong> allgemeinen<br />
Verkehrsauffassung mit <strong>der</strong> Tätigkeit eines Agenten verbunden ist. Es muss daher zunächst untersucht werden, um was für<br />
eine Art Agent es sich im konkreten Falle handelt; ob Abschluss- o<strong>der</strong> Vermittlungsagent.<br />
Abschlussagent<br />
Der Abschlussagent wird als ermächtigt betrachtet, den Antrag des VN anzunehmen o<strong>der</strong> abzulehnen; bestehende Verträge<br />
zu verlängern, abzuän<strong>der</strong>n, aufzuheben und wie<strong>der</strong> in Kraft zu setzen, VVG 2.<br />
Vermittlungsagent<br />
Er ist zum Vertragsabschluss und zu Än<strong>der</strong>ungen des Vertrages nicht ermächtigt; er ist nur zur Entgegennahme <strong>der</strong><br />
Antragserklärung des VN ermächtigt. Nach VVG 44 III können mündliche Mitteilungen auch von einem Vermittlungsagenten<br />
entgegengenommen werden, sofern dies nicht ausgeschlossen ist.<br />
Eine vom Vermittlungsagenten abgegebene Erklärung über Sinn und Tragweite einer unklaren Bestimmung aus den AVB<br />
muss <strong>der</strong> Versicherer aber gegen sich gelten lassen. Ermächtigung zum Prämieninkasso: VVG 20 II und 22 II.
Die o.g. Befugnisse sind diejenigen Befugnisse, die den Agenten nach <strong>der</strong> Verkehrsauffassung zukommen.<br />
VVG 34 I erweitert aber die Befugnisse, indem es den Agenten zu jenen Handlungen ermächtigt, die <strong>der</strong> Agent mit<br />
stillschweigen<strong>der</strong> Genehmigung des VR vorzunehmen pflegt. Sie wird aus einer Übung hergeleitet, die ein bestimmter VR<br />
gegenüber seinen Agenten beachtet; die Duldung von Agentenhandlungen, die über die verkehrsüblichen Kompetenzen<br />
hinausgehen, kommt einer stillschweigenden Genehmigung durch den VR gleich.<br />
Mit <strong>der</strong> Revision des VVG sollen die Befugnisse des Agenten an die allgemeinen Stellvertretungsregeln des OR angelehnt<br />
werden.<br />
Schliesslich kann je<strong>der</strong> Versicherer die Vollmacht seines Agenten rechtsgeschäftlich erweitern, was sich aus <strong>der</strong> subsidiären<br />
Geltung des OR ergibt.<br />
4. Rechtsstellung des Versicherungsbrokers o<strong>der</strong> -maklers<br />
Der Versicherungsbroker wird in erster Linie als Berater und Ratgeber für den Versicherungsnehmer tätig. Die Brokervereinbarung<br />
zwischen Versicherungsnehmer und Broker ist ein Innominatvertrag; dessen Hauptpflicht in <strong>der</strong> Erarbeitung einer<br />
Risikoanalyse, <strong>der</strong>en Umsetzung und Begleitung in Schadensfällen besteht.<br />
Der Versicherungsbroker ist im Rahmen <strong>der</strong> ihm in <strong>der</strong> Brokervereinbarung erteilten Vertretungsmacht bzw. nach OR 32 ff. zur<br />
Vertretung des Versicherungsnehmers befugt.<br />
5. Merkmale des Versicherungsvertrages<br />
Objektiv wesentliche Vertragspunkte<br />
Gefahr<br />
Das Gesetz äussert sich nur in VVG 9 über die Gefahr bzw. das Risiko. Die Gefahr ist die Gefahr eines zukünftigen<br />
ungewissen Ereignisses.<br />
Eine bereits vor Vertragsabschluss bestehende Krankheit kann daher trotz vorübergehen<strong>der</strong> Symptomfreiheit als Ursache<br />
künftiger Störungen bestehen bleiben, BGE 127 III 24.<br />
Ebenso muss <strong>der</strong> Eintritt des befürchteten Ereignis’ ungewiss sein; sei dies mit Bezug auf ihre Realisierung überhaupt o<strong>der</strong><br />
mit Bezug auf den Zeitpunkt <strong>der</strong> Realisierung. Dabei kommt es nicht auf die objektive Ungewissheit, son<strong>der</strong>n auf die<br />
subjektive Annahme <strong>der</strong> Parteien an, BGE 118 V 158.<br />
Keine Deckung – ausser speziell verabredet – besteht für Ereignisse, die nach <strong>der</strong> Optik <strong>der</strong> Parteien bei Vertragsschluss<br />
sicher bevorstehen.<br />
Die Gefahr ist ein wesentlicher Vertragsbestandteil. Zu <strong>der</strong> für das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages<br />
erfor<strong>der</strong>lichen übereinstimmenden Willensäusserung <strong>der</strong> Parteien gehört mithin die Feststellung <strong>der</strong> versicherten Gefahr.<br />
Umstritten ist auch, wann das versicherte Ereignis eingetreten ist. Man stritt zwischen Verstosstheorie und Schadenereignistheorie.<br />
Nach <strong>der</strong> Verstosstheorie muss das fehlerhafte Verhalten des versicherten Haftpflichtigen in die Zeit <strong>der</strong> vertraglichen<br />
Deckung fallen; die Schadenereignistheorie will dagegen das fehlerhafte Verhalten des Haftpflichtversicherten gänzlich<br />
unbeachtet lassen und alleine auf das schädigende Ereignis abstellen. Fällt dieses in die Zeit <strong>der</strong> vertraglichen Deckung, so<br />
geniesst <strong>der</strong> Haftpflichtige Versicherungsschutz, selbst wenn die fehlerhafte Handlung bereits vor Abschluss des Vertrages<br />
begangen wurde. 4<br />
Heute erfolgt die Lösung über das Claims-made-Prinzip; dieses stellt darauf ab, ob <strong>der</strong> VN einen Schaden während <strong>der</strong> Dauer<br />
des Haftpflichtversicherungsvertrages geltend macht.<br />
Gegenstand des Vertrages<br />
Gegenstand des Versicherungsvertrages ist ein Objekt, das von <strong>der</strong> Versicherungsgefahr bedroht ist. Die Angabe des<br />
versicherten Objekts gehört zu den unerlässlichen Bestandteilen des Versicherungsvertrages.<br />
Leistungen <strong>der</strong> Parteien: Versicherer<br />
Der Versicherer muss sich zu einer Leistung verpflichten, die an die Bedingung des Eintritts eines bestimmten befürchteten<br />
Ereignisses geknüpft ist. Es ist somit eine Leistung erfor<strong>der</strong>lich, die von <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> versicherten Gefahr abhängt.<br />
Keine Versicherungsleistung i.e.S. stellen bloss nebenbei erbrachte Dienstleistungen dar, bspw. die Abwehr unbegründeter<br />
Ansprüche in <strong>der</strong> Haftpflichtversicherung, Beratung, Auskünfte usw.<br />
Die Versicherungsleistung wird i.a.R. in Geldform erbracht, ausnahmsweise kann sie in <strong>der</strong> Leistung von Naturalersatz<br />
bestehen (v.a. in <strong>der</strong> Autokaskoversicherung).<br />
Mangels einer Versicherungssumme ist also bei <strong>der</strong> Sachversicherung <strong>der</strong> Sachwert <strong>der</strong> versicherten Sache in Form ihres<br />
Ersatzwertes massgebend für die Bestimmung <strong>der</strong> Versicherungsleistung.<br />
Zur Bestimmung des Umfangs <strong>der</strong> Versicherungsleistung ist u.U. die Vereinbarung einer Versicherungssumme notwendiger<br />
Vertragsbestandteil. Bei <strong>der</strong> Schadensversicherung (Sach- und Vermögensversicherung) kann jedoch darauf verzichtet<br />
werden, da die Versicherungsleistung bestimmbar ist.<br />
Deshalb ist die Versicherungsleistung nur 5 in <strong>der</strong> Personenversicherung Hauptbestandteil des Vertrages, da die<br />
Leistungspflicht hier unabhängig von einem eingetretenen Schaden bemessen wird.<br />
Die Leistung, die <strong>der</strong> Personenversicherer nach Eintritt des befürchteten Ereignis zu erbringen hat, richtet sich ausschliesslich<br />
nach <strong>der</strong> Vereinbarung <strong>der</strong> Parteien – mit Ausnahme <strong>der</strong> Heilungskosten und des Verdienstausfalles in <strong>der</strong> freiwilligen Unfallo<strong>der</strong><br />
Krankenversicherung.<br />
4<br />
5<br />
BGE 100 II 408, Butangas-Badeofen. BGE vertrat Verstosstheorie.<br />
Oftmals erfolgt sie aber auch in den an<strong>der</strong>en Versicherungen, um die maximale Leistung zu begrenzen.
Leistungen <strong>der</strong> Parteien: Prämie<br />
Die Risikoprämie ist <strong>der</strong>jenige Betrag, <strong>der</strong> aufgrund <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit das rein rechnerische Geldäquivalent für das vom<br />
VR übernommene Risiko darstellt.<br />
Die Tarifprämie setzt sich aus <strong>der</strong> Risikoprämie, den Zuschlägen für Verwaltungskosten und dem Geschäftsgewinn<br />
zusammen. Die Tarifprämie ist daher die synallagmatische Gegenleistung <strong>der</strong> Versicherungsleistung.<br />
Ein Vertrag, <strong>der</strong> keine Verpflichtung zur Leistung einer Tarifprämie begründet, ist daher kein Versicherungsvertrag.<br />
Ausreichend ist aber, wenn die Festsetzung <strong>der</strong> Prämie ins Ermessen des VR gestellt wird.<br />
Der Versicherungsnehmer ist diejenige Person, die den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat o<strong>der</strong> ihr Rechtsnachfolger.<br />
Der Versicherte hingegen ist diejenige Person, auf die es beim Eintritt des befürchteten Ereignisses ankommt und bei <strong>der</strong><br />
untersucht wird, ob das befürchtete Ereignis eingetreten ist.<br />
Personenversicherung: Diejenige Person, die gestorben, erkrankt o<strong>der</strong> verunfallt ist, ist Versicherte.<br />
Schadensversicherung: Diejenige Person, für <strong>der</strong>en Sachen Versicherungsschutz besteht, ist Versicherte.<br />
Vermögensversicherung: Diejenige Person, für <strong>der</strong>en Vermögen Versicherungsschutz besteht, ist Versicherte.<br />
Der Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Versicherers muss deshalb nicht zugleich Versicherter sein.<br />
Eine Eigenversicherung liegt vor, wenn <strong>der</strong> Versicherungsnehmer mit dem Versicherten identisch ist.<br />
Eine Fremdversicherung 6 liegt vor, wenn <strong>der</strong> Versicherungsnehmer und <strong>der</strong> Versicherte verschieden sind.<br />
Das Gesetz geht von <strong>der</strong> Vermutung aus, dass eine Eigenversicherung vorliegt, VVG 16 II. Nur bei <strong>der</strong> Fremdversicherung<br />
ist die Angabe <strong>der</strong> versicherten Person in objektiv wesentliches Vertragsmerkmal.<br />
Vertragsdauer<br />
Objektiv wesentlich ist zudem die Vereinbarung einer bestimmten Vertragsdauer o<strong>der</strong> wenigstens die Stipulierung eines<br />
Kündigungsrechtes.<br />
Subjektiv wesentliche Vertragspunkte<br />
Zu den objektiv wesentlichen Vertragspunkten können beliebige subjektiv wesentliche Vertragspunkte hinzutreten. Über diese<br />
muss nach dem für den Partner erkennbaren Willen auch nur einer Partei eine Einigung erfolgen, damit <strong>der</strong> Vertrag als<br />
zustande gekommen gelten kann; es genügt, dass auch nur eine Partei das Zustandekommen des Vertrages von <strong>der</strong><br />
Einigung über diesen subjektiv wesentlichen Vertragspunkt abhängig machen will, sofern <strong>der</strong> Partner diesen Willen erkennt<br />
o<strong>der</strong> wenigstens erkennen kann.<br />
6. Weitere Merkmale des Versicherungsvertrages<br />
Planmässigkeit<br />
Der Gesetzgeber will nur denjenigen Versicherungsvertrag dem VVG unterstellen, <strong>der</strong> im planmässigen Geschäftsbetrieb<br />
abgeschlossen wird. Planmässig ist <strong>der</strong> Geschäftsbetrieb, <strong>der</strong> nach dem Grundsatz <strong>der</strong> Risikoverteilung aufgebaut ist. Der<br />
Geschäftsbetrieb muss daher als Grossbetrieb organisiert werden.<br />
Das Kriterium <strong>der</strong> Planmässigkeit ist jedoch bloss für die Anwendung des VVG entscheidend, nicht aber für die Qualifikation<br />
als Versicherungsvertrag überhaupt.<br />
Das Merkmal <strong>der</strong> Planmässigkeit stellt das entscheidende Kriterium für die Annahme eines Kredit- o<strong>der</strong><br />
Garantieversicherungsvertrages gegenüber einer Bürgschaft dar; ebenso grenzt es die Rentenversicherungsverträge von den<br />
obligatorischen Leibrentenverträgen ab.<br />
Selbständigkeit des Versicherungsvertrages<br />
Ein Versicherungsvertrag i.S. des VVG muss ein selbständiges Rechtsverhältnis darstellen. Selbständigkeit ist gegeben,<br />
wenn die Übernahme <strong>der</strong> Gefahr durch den VR ein wesentliches Element des Vertrages ist und nicht bloss eine<br />
Nebenverpflichtung aus einem an<strong>der</strong>en Rechtsverhältnis darstellt; bspw. die Verpflichtung einer von einem Glasfabrikanten<br />
übernommenen Verpflichtung, seinen Kunden gegen Bezahlung einer jährlichen Gebühr die Glasbruchschäden zu beheben;<br />
d.h. in jenen Fällen, in denen die versicherungsvertraglichen Elemente rechtlich nur Modalitäten o<strong>der</strong> Nebenabreden des<br />
Hauptvertrages darstellen.<br />
6<br />
Versicherung auf fremdes Leben: VVG 74<br />
Versicherung für fremde Rechnung: VVG 16, 17
• Abschluss und Auslegung des Versicherungsvertrages<br />
Beim Abschluss ergänzen und durchdringen sich die allgemeinen Regeln des OR und die speziellen Regeln des VVG<br />
gegenseitig.<br />
1. Antrag<br />
Der Antrag zum Abschluss eines Versicherungsvertrages geht i.a.R. vom Versicherungsinteressenten aus. In <strong>der</strong> Praxis wird ein<br />
Antragsschein verwendet, <strong>der</strong> die objektiv wesentlichen Vertragspunkte beinhaltet.<br />
Daneben hat <strong>der</strong> Antragsteller anhand dieses Antragsscheines bestimmte Angaben über die individuelle Beschaffenheit des in<br />
Frage stehenden Risikos zu treffen. Sie bilden aber keinen notwendigen Bestandteil des Versicherungsantrages, son<strong>der</strong>n<br />
erfolgen in Erfüllung <strong>der</strong> gesetzlichen Antwortpflicht des Versicherungsinteressenten, VVG 4 I. Der Antrag ist daher auch unter<br />
<strong>der</strong> Voraussetzung inhaltlich vollständig, dass <strong>der</strong> Antragsteller über die individuelle Beschaffenheit des Risikos keine Angaben<br />
macht bzw. zu machen hat.<br />
Die AVB müssen entwe<strong>der</strong> im Antragschein enthalten sein o<strong>der</strong> dem Antragsteller vor Einreichung des Antrages übergeben<br />
worden sein, an<strong>der</strong>enfalls <strong>der</strong> Antrag unverbindlich ist, VVG 3 I und II. 7 Sie sind somit Gültigkeitsvoraussetzungen des Antrags.<br />
Antragserklärungen, die AVB wi<strong>der</strong>sprechen, gehen als Spezialregelungen diesen vor.<br />
2. Wirksamkeit<br />
Da das VVG keine Formvorschriften aufstellt, gilt OR 11, wonach Verträge – Formvorschriften vorbehalten- formfrei gültig sind.<br />
Da <strong>der</strong> Versicherungsvertrag gesetzlich an keine Form geknüpft ist, braucht auch <strong>der</strong> Antrag, um wirksam zu sein, keiner<br />
Formvorschrift zu genügen.<br />
Die Verwendung von Antragsscheinen in <strong>der</strong> Praxis alleine bedeutet noch nicht die Vereinbarung <strong>der</strong> Schriftform; auch schliesst<br />
dies nicht aus, dass <strong>der</strong> Antragsteller zu wesentlichen Vertragspunkten neben den schriftlichen noch ergänzende o<strong>der</strong><br />
modifizierende mündliche Erklärungen abgeben kann.<br />
Zur Wirksamkeit gehört ferner, dass <strong>der</strong> Antrag gegenüber dem VR gestellt wird; erst mit dem Erreichen bzw. Eintreffen des<br />
Antrages beim VR wird dieser annahmefähig. Der Antrag stellt seiner Natur nach eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar.<br />
Für die Entgegennahme des Antrages ist je<strong>der</strong> Agent ermächtigt, VVG 3 I und 44 III; für die Beurteilung durch Annahme o<strong>der</strong><br />
Ablehnung aber nur <strong>der</strong> VR o<strong>der</strong> sein Abschlussagent.<br />
Eine weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit des Antrages ist die Übergabe <strong>der</strong> AVB, VVG 3 II.<br />
Wird <strong>der</strong> Antrag, einen bestehenden Vertrag zu verlängern o<strong>der</strong> abzuän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> einen suspendierten Vertrag wie<strong>der</strong> in Kraft zu<br />
setzen, vom Versicherer nicht binnen 14 Tage abgelehnt, so gilt er als angenommen, VVG 2 I; bei Notwendigkeit einer ärztlichen<br />
Untersuchung binnen 4 Wochen.<br />
3. Gebundenheit<br />
Versicherungsnehmer als Antragsteller<br />
Die Gebundenheit des Antragstellers hat eine erhebliche rechtliche Bedeutung. Mit dem Eintritt <strong>der</strong> Gebundenheit besteht für den<br />
VN keine Möglichkeit mehr, den Versicherungsantrag zu wi<strong>der</strong>rufen. Die Gebundenheit des Antragstellers ordnet VVG 1 zunächst<br />
hinsichtlich des Beginns abweichend vom OR.<br />
Nach OR beginnt die Gebundenheit mit dem Zeitpunkt, in dem <strong>der</strong> Antrag beim Adressaten eintrifft, OR 3 II, 5 I – 3, 9 OR.<br />
Gemäss VVG beginnt die Gebundenheit aber bereits mit <strong>der</strong> Übergabe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Absendung des Antrages an den<br />
Versicherer, VVG 1 III. Der VN soll dadurch in <strong>der</strong> Lage sein, den Zeitpunkt genau zu bestimmen.<br />
Die Dauer <strong>der</strong> Gebundenheit des Antragstellers ist im VVG wie<strong>der</strong>um abweichend vom OR geregelt, OR 4 und 5. VVG 1 I setzt<br />
eine Bindungsfrist von 14 Tagen für Versicherungsverträge im Allgemeinen, eine vierwöchige Frist, VVG 1 II, ist vorgesehen für<br />
Anträge, die auf den Abschluss einer Versicherung mit ärztlicher Untersuchung gerichtet sind.<br />
Versicherer als Antragsteller<br />
In <strong>der</strong> Regel tritt <strong>der</strong> spätere Versicherungsnehmer als Antragsteller auf. Ausnahmsweise kann die Initiative auch vom VR<br />
ausgehen, bspw. Anträge des VR an einen unbestimmten Personenkreis: Ticket- und Automatenversicherung usw.<br />
Nicht selten stellt aber eine Erklärung des VR, die äusserlich den Charakter einer Annahmeerklärung hat, einen Antrag<br />
seinerseits dar, insbeson<strong>der</strong>e wenn <strong>der</strong> Antrag des VN nicht vollständig o<strong>der</strong> nicht verbindlich ist, bspw. wenn <strong>der</strong> Agent es<br />
unterlässt, die AVB zu übergeben; <strong>der</strong> VR den Inhalt des Antrages modifiziert o<strong>der</strong> seine Annahmeerklärung verspätet eintrifft.<br />
Geht <strong>der</strong> Antrag daher vom VR aus, ist die Frage des Beginns <strong>der</strong> Gebundenheit nach den allgemeinen obligationenrechtlichen<br />
Regeln zu bestimmen. Danach beginnt die Gebundenheit des VR als Antragsteller grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem <strong>der</strong><br />
Antrag beim VN eintrifft, OR 9 I.<br />
Auch für die Dauer <strong>der</strong> Gebundenheit des VR als Antragsteller gelten die Bestimmungen des AT OR.<br />
4. Erlöschen des Antrages<br />
Durch Wi<strong>der</strong>ruf: Bis zum Beginn <strong>der</strong> Gebundenheit des Antragstellers kann dieser den Antrag wi<strong>der</strong>rufen.<br />
Durch Ablehnung: Der Antrag des VN erlischt, wenn er vom VR abgelehnt wird. Ablehnung liegt nicht nur vor, wenn <strong>der</strong> VR den<br />
Antrag schlechthin ablehnt, son<strong>der</strong>n auch dann, wenn <strong>der</strong> VR diesen in modifizierter Form annimmt.<br />
Ablauf Frist: Trifft die Annahmeerklärung des VR beim Antragsteller nicht vor Ablauf <strong>der</strong> Bindungsfrist – also nicht rechtzeitig<br />
– ein, so ist <strong>der</strong> Antragsteller nach VVG 1 IV wie<strong>der</strong> frei. Massgeben<strong>der</strong> Zeitpunkt ist das Eintreffen beim<br />
Antragsteller in dessen Herrschaftsbereich.<br />
7<br />
Allerdings VAS XIV Nr. 3 S. 9: Der Versicherungsvertrag kommt trotz Verstoss gegen VVG 3 zustande, dass <strong>der</strong> VR dem VN die<br />
Police zustellt, wobei diese Zustellung nicht eine Antragsannahme, son<strong>der</strong>n eine Offerte darstellt, die – wird sie angenommen – <strong>der</strong><br />
VV aufgrund <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Police genannten Bedingungen abgeschlossen gilt.
5. Annahme<br />
Geht ausnahmsweise <strong>der</strong> Antrag vom VR aus, hat <strong>der</strong> VN die Annahme zu erklären, was sich nach OR richtet.<br />
I.a.R. geht <strong>der</strong> Antrag vom VN aus, wobei <strong>der</strong> VR in <strong>der</strong> Folge seine Annahme zu erklären hat. Für das Zustandekommen einer<br />
Annahme genügt, dass <strong>der</strong> VR in schlüssiger Weise seinen Annahmewillen bekundet; bspw. durch Zustellung einer<br />
Prämienrechnung o<strong>der</strong> durch Übergabe <strong>der</strong> Police, die eine konkludente Annahme bedeuten kann.<br />
Schweigen des VR bedeutet grundsätzlich Ablehnung des Antrages.<br />
Die Annahmeerklärung muss die vorbehaltlose Zustimmung zu allen Punkten des Antrages enthalten. Deckt sie sich nicht mit<br />
dem Antrag, so ist sie rechtlich als Ablehnung des Antrages zu würdigen.<br />
Die Annahme kann formlos erfolgen; machen indessen die Parteien das Zustandekommen des Vertrages von <strong>der</strong> Erfüllung einer<br />
beson<strong>der</strong>en Form abhängig, müssen sowohl <strong>der</strong> Antrag als auch die Annahme diese Form erfüllen.<br />
Für die Wirksamkeit <strong>der</strong> Form ist weiter erfor<strong>der</strong>lich, dass sie beim VN tatsächlich und rechtzeitig eintrifft; sie muss daher vor<br />
Ablauf <strong>der</strong> durch VVG 1 I und II gesetzten Bindungsfristen beim Antragsteller o<strong>der</strong> seinem Vertreter eintreffen.<br />
6. Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Annahme<br />
Die Annahme ist als nicht erfolgt zu betrachten, wenn ihr Wi<strong>der</strong>ruf beim Antragsteller vor o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Annahme eintrifft bzw.<br />
wenn <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>ruf bei späterem Eintreffen dem Antragsteller zur Kenntnis gebracht wird, bevor dieser von <strong>der</strong> Annahme Kenntnis<br />
genommen hat, OR 9 II.<br />
7. Wi<strong>der</strong>ruf eines Einzel-Lebensversicherungsvertrages gemäss VVG 89a II lit. a - d<br />
Es geht um Einzel-Lebensversicherungsverträge, die gemäss LeVG 9 mit Versicherern abgeschlossen werden, <strong>der</strong>en Sitz sich in<br />
einem Staat befindet, mit dem die Schweiz gemäss VVG 89a I ein völkerrechtliches Abkommen [einzig LI] abgeschlossen hat.<br />
Der VN kann von solchen Verträgen gestützt auf VVG 89a II lit. a innerhalb von 14 Tagen seit Vertragsabschluss zurücktreten.<br />
8. Beweislast für das Zustandekommen des Vertrages<br />
Die Beweislast trifft jene Partei, die aus dieser Behauptung Rechte ableitet, ZGB 8.<br />
• Zeitpunkt des Zustandekommens und des Beginns <strong>der</strong> Wirkungen des Vertrages<br />
Mangels Äusserungen des VVG über das Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind die Normen des OR massgebend.<br />
Die Zustimmung bzw. Annahme wird somit mit dem Eintreffen beim Adressaten wirksam.<br />
Der Versicherungsvertrag kommt somit in dem Augenblick zustande, in welchem die Annahme des VR beim VN eintrifft o<strong>der</strong> –<br />
wenn <strong>der</strong> Antrag ausnahmsweise vom VR ausgeht – in dem die Annahme des VN den VR o<strong>der</strong> dessen Agenten erreicht.<br />
Für die Frage des Zeitpunkts, ab dem <strong>der</strong> Vertrag Wirkungen entfaltet, d.h. Versicherungsschutz besteht, ist nach VVG 100 I<br />
erneut das OR massgebend. Relevant ist, ob <strong>der</strong> Vertrag unter Abwesenden o<strong>der</strong> Anwesenden geschlossen wurde. Bei<br />
Vertragsschluss unter Abwesenden beginnt nach OR 10 seine Wirkung mit dem Zeitpunkt, in dem die Annahmeerklärung zur<br />
Absendung abgegeben wurde. Danach besteht Versicherungsschutz ab dem Zeitpunkt, in dem <strong>der</strong> Vertrag noch nicht zustande<br />
gekommen ist.<br />
Davon abweichende Regelungen – in <strong>der</strong> Praxis sehr häufig – sind denn auch zulässig; i.a.R. wird <strong>der</strong> Haftungsbeginn auf den<br />
Zeitpunkt <strong>der</strong> Policeneinlösung verschoben, d.h. mit <strong>der</strong> Bezahlung <strong>der</strong> 1. Prämie.<br />
Diese Einlösungsklausel bedeutet nicht, dass <strong>der</strong> Versicherungsvertrag erst mit <strong>der</strong> Einlösung <strong>der</strong> Police geschlossen sein soll;<br />
sie lässt den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unberührt. Sie legt ausschliesslich den Zeitpunkt des Versicherungsschutzes<br />
fest.<br />
Der Versicherer kann sich aber nicht auf die Einlösungsklausel berufen, wenn er dem VN die Police bereits vor Bezahlung <strong>der</strong><br />
ersten Prämie ausgehändigt hat, VVG 19 II.<br />
Die Wirkungen des Versicherungsvertrages beginnen somit nach obligationenrechtlichen Grundsätzen. Danach würden<br />
sämtliche Wirkungen bereits mit dem Zeitpunkt beginnen, in dem die Annahmeerklärung zur Absendung abgegeben wird. In<br />
Praxis wird oftmals die Vereinbarung einer Einlösungsklausel anzutreffen, wonach <strong>der</strong> Vertrag erst mit <strong>der</strong> Bezahlung <strong>der</strong><br />
ersten Prämie Wirkungen entfaltet. Irrelevant ist das Datum <strong>der</strong> Police.<br />
1. Versicherungspolice<br />
Die Police ist eine Vertragsurkunde, welche die gegenseitigen Rechte und Pflichten <strong>der</strong> Parteien umschreibt. Der VR ist<br />
verpflichtet, dem VN eine solche Police auszuhändigen, VVG 11 I.<br />
Die Ausstellung <strong>der</strong> Police ist von Gesetzes wegen kein Formerfor<strong>der</strong>nis für den Abschluss des Versicherungsvertrages.<br />
Eine Urkunde kann als Dispositivurkunde den Abschluss eines neuen, vom vorhergehend mündlich Vereinbarten abweichenden<br />
Vertrages darstellen. Die nachträgliche Beurkundung eines Versicherungsvertrages durch Ausstellung einer Police hat<br />
grundsätzlich nicht den Charakter einer Dispositivurkunde; sie verkörpert keine Willenserklärungen <strong>der</strong> Parteien, son<strong>der</strong>n<br />
verkörpert vielmehr die bereits abgegebenen Willenserklärungen und ist somit eine Beweisurkunde.<br />
Die Police ist von Gesetzes wegen, VVG 11, nicht Trägerin des Versicherungsanspruches. Bei <strong>der</strong> Police folgt das Papier <strong>der</strong><br />
For<strong>der</strong>ung, nicht die For<strong>der</strong>ung dem Papier wie beim Wertpapier. Die Police bildet für sich allein keinen genügenden Titel, um<br />
den Versicherungsanspruch durchzusetzen.<br />
Nicht die Police an sich, son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Police verurkundete Versicherungsanspruch, kann abgetreten o<strong>der</strong> gepfändet<br />
werden.
Der Police werden aber in <strong>der</strong> Praxis beson<strong>der</strong>e rechtliche Funktionen zugewiesen:<br />
Inhaberklausel<br />
Die Inhaberklausel erhebt die Police nicht zum Inhaberpapier. Der Inhaberklausel kommt einzig Legitimationswirkung zu; <strong>der</strong><br />
gutgläubige Versicherer darf aufgrund dieser Klausel an den die Police präsentierenden Inhaber Zahlung leisten, VVG 73 II.<br />
Es besteht keine Verpflichtung, an den Inhaber zu leisten; ob die Zahlung erfolgt, besteht im Ermessen des VR.<br />
Sie hat somit nur Einfluss auf die Zahlungsberechtigung des VR, nicht aber auf seine Zahlungsverpflichtung. Es wäre im<br />
Übrigen untragbar, wenn die Police ein Wertpapier wäre; <strong>der</strong> VR könnte nur Einreden geltend machen, die gegen die<br />
Gültigkeit <strong>der</strong> Urkunde an sich gerichtet sind, OR 979.<br />
Ordreklausel<br />
Auch die Ordreklausel macht die Police nicht zum Ordrepapier. Ihr wird nur Legitimationswirkung zuerkannt; kraft dieser<br />
Legitimationswirkung muss <strong>der</strong> VR nicht, er darf aber an die durch das Indossament ausgewiesen Person zahlen.<br />
Mit <strong>der</strong> Inhaber- o<strong>der</strong> Ordreklausel wird zumindest faktisch eine Übertragung <strong>der</strong> materiellen Berechtigung auf eine an<strong>der</strong>e<br />
Person ermöglicht, ohne dass eine solche Übertragung effektiv erfolgt: Die Inhaber- o<strong>der</strong> Ordreklausel hat ihren Sinn<br />
darin, dass <strong>der</strong> VR an den Inhaber zahlen kann, dabei handelt es sich in <strong>der</strong> Regel um den VN o<strong>der</strong> die versicherte<br />
Person. Der VR kann vom Policeninhaber jedenfalls den Nachweis seines Gläubigerrechts verlangen.<br />
2. Bedeutung <strong>der</strong> Police für den Inhalt des Versicherungsvertrages<br />
Die Police soll ihrer Bestimmung nach die gegenseitigen Rechte und Pflichten <strong>der</strong> Parteien feststellen. Sie muss somit die<br />
getroffenen Vereinbarungen wie<strong>der</strong>geben, damit sich <strong>der</strong> VN bei Bedarf später entsprechend orientieren kann.<br />
Stimmt <strong>der</strong> Inhalt <strong>der</strong> Police mit den vorher getroffenen Vereinbarungen nicht überein, könnte <strong>der</strong> VN nach allgemeinen<br />
obligationenrechtlichen Grundsätzen die Berichtigung <strong>der</strong> Police i.S. <strong>der</strong> vertraglichen Abmachung verlangen, was auch nach<br />
VVG 12 I gilt. Macht <strong>der</strong> VN vom Berichtigungsrecht keinen Gebrauch, gilt <strong>der</strong> neue Inhalt als von ihm genehmigt, was als<br />
unwi<strong>der</strong>legbare Rechtsvermutung besteht – sofern VVG 12 I im Policentext enthalten ist, VVG 12 II.<br />
• Auslegung des Vertrages und <strong>der</strong> AVB<br />
1. Geltung <strong>der</strong> allgemeinen Grundsätze<br />
Enthält das VVG keine Vorschriften über die Auslegung, so gelten die allgemeinen Vorschriften des OR und damit auch die<br />
Einleitungsartikel des ZGB. Somit bildet das Vertrauensprinzip die allgemeine Grundlage.<br />
Eine AVB Bestimmung ist nach allgemeiner Lehre in dem Sinne auszulegen, wie sie <strong>der</strong> Versicherungsnehmer verstanden hat<br />
und nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, <strong>der</strong> Verkehrssitte sowie Treu und Glauben verstehen durfte.<br />
Massgebend ist an erster Stelle <strong>der</strong> wirkliche Wille <strong>der</strong> Parteien i.S. einer subjektiven Auslegung. Kann dieser nicht eruiert<br />
werden, so erfolgt die Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens nach dem Vertrauensprinzip, wonach rechtsgeschäftliche<br />
Erklärungen so auszulegen sind, wie sie <strong>der</strong>en Empfänger nach den Umständen in guten Treuen verstehen durfte und musste.<br />
Massgebend ist <strong>der</strong> allgemeine bzw. <strong>der</strong> gewöhnliche Sprachgebrauch.<br />
2. VVG 33<br />
Versicherungsverträge sind nach dem Vertrauensprinzip auszulegen; es folgt deshalb eine nicht nur auf Ausschlussbestimmungen<br />
bezogene Unklarheitenregel. Mit <strong>der</strong> Anerkennung dieser aus dem Vertrauensprinzip abgeleiteten Unklarheitenregel hat<br />
das Bundesgericht <strong>der</strong> einschränkenden Umschreibung des Anwendungsbereichs von VVG 33 faktisch die Grundlage entzogen.<br />
Somit hat VVG 33 nur noch ausserhalb des Anwendungsbereichs <strong>der</strong> allgemeinen AGB-rechtlichen Unklarheitenregel eine<br />
selbständige Bedeutung.<br />
VVG 33 verlangt keine abschliessende Aufzählung aller ausgeschlossenen Ereignisse, es genügt vielmehr, eine Gattung genau<br />
und unzweideutig zu umschreiben, so dass unter Berücksichtigung des Zusammenhangs kein Zweifel über den Umfang des<br />
versicherten Risikos besteht.<br />
Allgemeines Prüfungsschema für AGB:<br />
1. KONSENSKONTROLLE<br />
Keine Geltung ohne Übernahme; Hinweis <strong>der</strong> Übernahme, Zumutbarkeit des Einsehens; Unwirksamkeit blosser<br />
Vertragsfloskeln. Bei Globalübernahme Ungewöhnlichkeitsregel; Ausfluss des Vertrauensprinzips<br />
Die AGB entfalten keine Geltung, wenn man nicht damit rechnen durfte und musste, dass die Gegenpartei zustimmt.<br />
Objektiv muss ein geschäftsfrem<strong>der</strong> Inhalt vorliegen: Än<strong>der</strong>ung des Vertragscharakters, d.h. wenn er in erheblichem<br />
Rahmen aus dem Vorbild des gesetzlichen Vertragstypus’ fällt.<br />
Subjektiv muss Branchenunkenntnis vorliegen<br />
Die Ungewöhnlichkeit kann sich auch aus <strong>der</strong> systematischen Stellung ergeben. (Haftungsklausel unter Titel XY).<br />
Die Ungewöhnlichkeitsklausel kann durch beson<strong>der</strong>es Hervorheben (Fettdruck, Rahmen usw.) sowie durch den<br />
konkreten Hinweis (dann entfällt Globalübernahme diesbezüglich) umgestossen werden. Ist eine einzelne Klausel<br />
ungültig, berührt dies nach h.L. den Rest nicht. Insbeson<strong>der</strong>e kann sich <strong>der</strong> Verfasser nicht darauf berufen, dass er<br />
unter den Rest-AGB’s den Vertrag nicht geschlossen hätte.<br />
2. AUSLEGUNGSKONTROLLE<br />
Vorrang von Individualabreden (BVB). Ergibt sich eine zweideutige Auslegung, kommt die Unklarheitenregel zur<br />
Anwendung. Im Zweifel ist gegen den Verfasser zu entscheiden: BGE 115 II 254 [Dachstockbrand, „bei“]<br />
3. INHALTSKONTROLLE<br />
UWG 8
• Rechte und Pflichten im Einzelnen<br />
I. Synallagmatische Leistungen<br />
1. Hauptleistungen<br />
Es ist die Verpflichtung des Versicherers, die Versicherungsleistung zu erbringen, an<strong>der</strong>seits die Verpflichtung des<br />
Versicherungsnehmers zur Prämienzahlung.<br />
Die gegenseitige Abhängigkeit <strong>der</strong> beiden Hauptleistungen tritt in verschiedenen Bestimmungen des VVG zutage. Die Än<strong>der</strong>ung<br />
mit Bezug auf die Versicherungsleistung beeinflusst regelmässig auch die Prämienhöhe und ungekehrt, bspw. VVG 50.<br />
Auch eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gefahrstatsachen macht sich bei <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Prämienbemessung bemerkbar, VVG 23.<br />
Bei <strong>der</strong> unrichtigen Altersangabe in <strong>der</strong> Lebensversicherung ist zu unterscheiden:<br />
• wirkliches Alter liegt ausserhalb <strong>der</strong> vom VR aufgestellten Aufnahmegrenzen: Rücktritt, VVG 75 I i.V.m. 6<br />
• zu niedrige Prämie bezahlt: Herabsetzung <strong>der</strong> Versicherungsleistung<br />
• zu hohe Prämie bezahlt: Rückerstattung<br />
Bei einer Unterversicherung erfolgt eine proportionale Herabsetzung des erlittenen Schadens im Teilschadenfall, VVG 69 II.<br />
Das Synallagma wird nicht dadurch beseitigt, dass die Versicherungsleistung an die Bedingung des Gefahreintritts geknüpft ist;<br />
gegenseitig ist ein Vertrag, sobald <strong>der</strong> Verpflichtung <strong>der</strong> einen eine solche <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Partei ein <strong>der</strong> Weise gegenübersteht,<br />
dass die eine Leistung um <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Leistung willen erbracht wird; „do ut des“.<br />
2. Hauptleistung des Versicherers<br />
Die Versicherungsleistung ist diejenige Leistung, die <strong>der</strong> Versicherer im Falle des Eintritts des befürchteten Ereignisses, d.h. nach<br />
Realisierung <strong>der</strong> versicherten Gefahr, zu erbringen hat.<br />
Entstehung<br />
Der Anspruch auf die Versicherungsleistung wird als Versicherungsanspruch bezeichnet. VVG 41 I regelt seine Fälligkeit.<br />
Der Eintritt des befürchteten Ereignisses begründet den Anspruch, sofern <strong>der</strong> Eintritt noch in die Versicherungszeit fällt, BGE 127<br />
III 106. Er darf nicht in eine Zeit fallen, in <strong>der</strong> die Leistungspflicht des Versicherers suspendiert war, bspw. mangels<br />
Prämienzahlung, VVG 20 III.<br />
Fälligkeit – Anzeigepflicht des Anspruchsberechtigten<br />
VVG 38 I schreibt dem Anspruchsberechtigten vor, dass <strong>der</strong> den VR benachrichtigen muss, sobald er vom Eintritt des<br />
befürchteten Ereignisses und von seinem Anspruch aus <strong>der</strong> Versicherung Kenntnis erlangt. Träger <strong>der</strong> Anzeigepflicht ist daher<br />
<strong>der</strong> Anspruchsberechtigte, d.h. diejenige Person, <strong>der</strong> kraft eigenen o<strong>der</strong> abgeleiteten Rechts <strong>der</strong> Versicherungsanspruch zusteht.<br />
Anspruchsberechtigt ist <strong>der</strong> Versicherte, <strong>der</strong> Versicherungsnehmer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Begünstigte bzw. <strong>der</strong> Zessionar.<br />
Die Anzeige ist von Gesetzes wegen eine formfreie Mitteilung, VVG 38 I, und muss unverzüglich erfolgen, damit <strong>der</strong> VR in <strong>der</strong><br />
Lage ist, die Umstände festzustellen, die zu seiner Leistungspflicht führen.<br />
Solange <strong>der</strong> Anspruchsberechtigte seiner Anzeigepflicht nicht nachkommt, kann <strong>der</strong> Anspruch nicht fällig werden, VVG 41 I;<br />
dies in Abweichung zum allgemeinen OR.<br />
Hat <strong>der</strong> Anspruchsberechtigte die Anzeigepflicht schuldhaft verletzt, so ist <strong>der</strong> Versicherer aufgrund von VVG 38 II befugt,<br />
eine die Entschädigung zu kürzen; sofern eine rechtzeitige Mitteilung eine geringere Versicherungsleistung zur Folge gehabt<br />
hätte.<br />
VVG 38 II stellt abän<strong>der</strong>liches Recht dar; i.a.R. ist die Verwirkung des gesamten Versicherungsanspruches vorgesehen,<br />
jedoch nur, sofern den Anspruchsberechtigten ein Verschulden trifft. Bei schuldloser Unterlassung kommt VVG 45 I zur<br />
Anwendung, <strong>der</strong> unabän<strong>der</strong>lich ist.<br />
Die gesetzlichen und vertraglichen Folgen <strong>der</strong> Verletzung <strong>der</strong> Anzeigepflicht entfallen ferner, wenn <strong>der</strong> VR auf an<strong>der</strong>em Weg<br />
vom Eintritt des befürchteten Ereignisses rechtzeitig sichere Kunde erhalten hat.<br />
Erfolgt die Unterlassung in betrügerischer Absicht, VVG 38 III, so ist <strong>der</strong> VR an den Vertrag nicht gebunden. Voraussetzung<br />
von VVG 38 III ist, dass die unverzügliche Anzeige vom Eintritt des befürchteten Ereignisses unterlassen worden ist und eine<br />
diesbezügliche Absicht aufweist.<br />
Der VR kann die Leistungspflicht für das in Frage stehende befürchtete Ereignis ablehnen; überdies kann er auch vom<br />
Vertrag zurücktreten, dh. Rücktritt ex nunc i.S. einer Vertragsaufhebung ab dem Zeitpunkt, in dem die betrügerische<br />
Verletzung <strong>der</strong> Anzeigepflicht erfolgt ist.<br />
Fälligkeit – Auskunftspflicht des Anspruchsberechtigten<br />
Die Anzeige vom Eintritt des befürchteten Ereignisses mag dem VR i.a.R. nicht genügen, meist sind auch noch an<strong>der</strong>e<br />
Informationen erfor<strong>der</strong>lich. VVG 39 verpflichtet den Anspruchsberechtigten zu einer zweckmässigen umschriebenen Auskunft,<br />
jedoch nicht von sich aus, son<strong>der</strong>n erst auf Begehren des Versicherers. Der VR darf im Rahmen von VVG 39 I jede Auskunft<br />
for<strong>der</strong>n; die Mitteilungen sind an keine Form gebunden, müssen aber in angemessener Frist erfolgen.<br />
Die gesetzliche Auskunftspflicht kann ergänzt werden durch eine vertragliche, VVG 39 II.<br />
Solange <strong>der</strong> Anspruchsberechtigte seine gesetzliche o<strong>der</strong> vertragliche Auskunftspflicht nicht erfüllt hat, kann die Fälligkeit des<br />
Versicherungsanspruches nicht eintreten, VVG 41 I. Die Fälligkeit tritt auch nicht ein, wenn den Anspruchsberechtigten bzw.<br />
Auskunftspflichtigen an <strong>der</strong> Verletzung <strong>der</strong> Auskunftspflicht kein Verschulden trifft.<br />
Für das Nichterfüllen <strong>der</strong> Auskunftspflicht sieht das Gesetz keine Sanktion vor. Nach VVG 39 II Ziff. 2 können die Parteien für<br />
die Erfüllung <strong>der</strong> gesetzlichen und vertraglichen Auskunftspflicht eine bestimmte angemessene Frist vereinbaren. An das<br />
Versäumnis dieser Auskunftspflicht kann vertraglich, VVG 39 II Ziff. 2, - als schwerste 8 Sanktion - die Rechtsfolge <strong>der</strong><br />
Verwirkung des Versicherungsanspruches geknüpft werden. Der VR muss diesen Rechtsnachteil aber mit entsprechen<strong>der</strong><br />
Fristansetzung schriftlich androhen.<br />
8<br />
VVG 39 II Ziff. 2 Satz 2 ist halbzwingend.
Handelt <strong>der</strong> Anspruchsberechtigte in betrügerischer Absicht (Verletzung <strong>der</strong> Auskunftspflicht o<strong>der</strong> mittels Angaben aus freien<br />
Stücken) so bestimmt VVG 40, dass <strong>der</strong> Versicherer an den Vertrag nicht gebunden ist.<br />
Erfor<strong>der</strong>lich ist, dass die unrichtig mitgeteilten o<strong>der</strong> verschwiegenen Tatsachen so beschaffen waren, dass sie – in ihrer wahren<br />
Form - die Leistungspflicht des Versicherers ausgeschlossen o<strong>der</strong> gemin<strong>der</strong>t hätten.<br />
Erfor<strong>der</strong>lich ist kumulativ, dass zum Zweck <strong>der</strong> Täuschung gehandelt wird; ein Erfolg ist aber nicht vorausgesetzt, d.h. die<br />
Tatsache, dass <strong>der</strong> Versicherer die wahren Umstände kennt, hin<strong>der</strong>t die Anwendung von VVG 40 nicht.<br />
Als Folge von VVG 40 ist <strong>der</strong> Versicherer gegenüber dem Anspruchsberechtigten nicht mehr gebunden, d.h. <strong>der</strong><br />
Versicherungsnehmer verliert seinen Versicherungsanspruch. Der Versicherer kann, sofern <strong>der</strong> Anspruchsberechtigte <strong>der</strong><br />
Versicherungsnehmer ist, vom Vertrag zurücktreten, VVG 40, d.h. Aufhebung des Vertrages ex nunc.<br />
Fälligkeit - Legitimation des Anspruchsberechtigten<br />
Zur Begründung des Versicherungsanspruches gehört neben den Angaben, aus denen sich <strong>der</strong> VR von <strong>der</strong> Richtigkeit des<br />
Anspruchs überzeugen kann, weiter <strong>der</strong> Ausweis über die subjektive Anspruchsberechtigung. Der Anspruchsberechtigte hat sich<br />
daher dem VR gegenüber al for<strong>der</strong>ungsberechtigt zu legitimieren.<br />
Fälligkeit – Ablauf <strong>der</strong> Deliberationsfrist<br />
VVG 41 räumt dem Versicherer eine sog. Deliberationsfrist von 4 Wochen ein, währenddem <strong>der</strong> Versicherer sich von den<br />
getätigten Angaben des Versicherungsnehmers überzeugen kann. Eine Ausnahme sieht VVG 88 I vor.<br />
Nach VVG 41 II sind Vertragsabreden ungültig, nach denen <strong>der</strong> Versicherungsanspruch erst nach Anerkennung durch den VR<br />
o<strong>der</strong> nach rechtskräftiger Verurteilung des VR fällig werden soll.<br />
Verjährung<br />
Da <strong>der</strong> Versicherer in <strong>der</strong> Lage sein muss, sich über den Stand seiner Verbindlichkeiten je<strong>der</strong>zeit Klarheit zu verschaffen, ist die<br />
allgemeine Verjährungsfrist nach OR 127 ungeeignet. Deshalb verjährt <strong>der</strong> Versicherungsanspruch nach 2 Jahren, VVG 46 I,<br />
nach Eintritt <strong>der</strong> Gefahrstatsache; nicht ab Fälligkeit !<br />
Bei <strong>der</strong> Unfallversicherung, gilt als Tatsache <strong>der</strong> Tag, an dem sich <strong>der</strong> Unfall ereignet hat, bzw. <strong>der</strong> Tod eingetreten ist bei<br />
Todesfalleistungen.<br />
Bei Invaliditätsleistungen gilt als Tatsache nicht <strong>der</strong>jenige Tag, an dem sich <strong>der</strong> Unfall ereignet hat, son<strong>der</strong>n erst <strong>der</strong>jenige<br />
Tag, an dem die Invalidität als sicher angenommen werden kann. Irrelevant ist aber <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Invalidität.<br />
Bei einer Rechtsschutzversicherung ist die Tatsache <strong>der</strong>jenige Tag, ab dem ein Bedürfnis nach Rechtsschutz besteht.<br />
Bei einer Haftpflichtversicherung ist die rechtskräftige Verurteilung des haftpflichtigen Versicherten zu Schadenersatz die<br />
Tatsache, welche die Leistungspflicht begründet.<br />
Bei Renten verjährt das Stammrecht nach 2 Jahren, die einzelne For<strong>der</strong>ung aber nach 10 Jahren.<br />
Für die Unterbrechung und den Stillstand <strong>der</strong> Verjährung sind gemäss VVG 100 die allgemeinen Bestimmungen des OR<br />
anwendbar. VVG 46 I ist nicht auf Versicherungsleistungen beschränkt, son<strong>der</strong>n gilt generell für For<strong>der</strong>ungen aus dem<br />
Versicherungsvertrag, bspw. auch für Prämienzahlungen.<br />
3. Hauptleistung des Versicherungsnehmers<br />
Prämienberechnung<br />
Die Höhe <strong>der</strong> Prämienschuld richtet sich nicht ausschliesslich nach <strong>der</strong> Grösse des Risikos, son<strong>der</strong>n ebenso nach dessen Dauer.<br />
Der Zeitabschnitt, nach dem die Prämie bemessen und berechnet wird, ist die Versicherungsperiode. Davon ist die<br />
Versicherungsdauer o<strong>der</strong> Versicherungszeit zu unterscheiden, welche <strong>der</strong> Vertragsdauer entspricht; die Versicherungszeit<br />
umfasst normalerweise mehrere Versicherungsperioden.<br />
Ist die Versicherungsperiode nicht bestimmt, vermutet VVG 19 I Satz 1, dass sie ein Jahr dauere.<br />
Prämienschuldner<br />
Die Pflicht zur Bezahlung <strong>der</strong> Prämie obliegt grundsätzlich dem Versicherungsnehmer, VVG 18 I. An<strong>der</strong>e Personen trifft keine<br />
Prämienzahlungspflicht<br />
Ausnahme:<br />
Versicherung für fremde Rechnung (Fremdversicherung); VVG 16/17 Nur Schadensversicherung<br />
Der Versicherungsnehmer ist nicht identisch mit <strong>der</strong> versicherten Person, bspw. <strong>der</strong> Eigentümer eines Motorfahrzeuges, <strong>der</strong><br />
nicht zugleich Halter ist; hier ist <strong>der</strong> Halter Versicherter.<br />
Hier kann die Prämie vom Versicherten gefor<strong>der</strong>t werden, sofern <strong>der</strong> Versicherungsnehmer zahlungsunfähig ist und <strong>der</strong><br />
Versicherungsnehmer die Prämie vom Versicherten noch nicht erhalten hat.<br />
Versicherung auf fremdes Leben (Fremdversicherung); VVG 74<br />
Handän<strong>der</strong>ung, VVG 54<br />
Wechselt die versicherte Sache den Eigentümer, gehen nach VVG 54 I die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag<br />
von Gesetzes wegen auf den Erwerber <strong>der</strong> Sache über. Dieser wird für die Zukunft nach <strong>der</strong> Handän<strong>der</strong>ung neuer<br />
Vertragspartner des Versicherers. Seine Haftung erstreckt sich nach VVG 54 II sogar auf die ganze für die laufende<br />
Versicherungsperiode geschuldete Prämie; dies als Ausfluss des Grundsatzes <strong>der</strong> Unteilbarkeit <strong>der</strong> Prämie, VVG 24, 25 I.<br />
Der Veräusserer haftet daher solidarisch mit dem Erwerber für die ganze Versicherungsprämie.<br />
Kündigungsrechte für beide Parteien nach VVG 54.
Versicherung zugunsten Dritter<br />
Nur Lebens- u. Unfallversicherung<br />
Damit ist nicht die Versicherung für fremde Rechnung gemeint. Die Versicherung zugunsten Dritter bedeutet, dass <strong>der</strong><br />
Anspruch auf die Versicherungsleistung einem vom Versicherungsnehmer bezeichneten Dritten und nicht dem<br />
Versicherungsnehmer zusteht, somit einem Begünstigten. VVG 18 III räumt dem Versicherer das Recht ein, die<br />
Prämienfor<strong>der</strong>ung mit <strong>der</strong> dem Begünstigten geschuldeten Versicherungsleistung zu verrechnen.<br />
Der Versicherer hat somit kein selbständiges For<strong>der</strong>ungsrecht, son<strong>der</strong>n nur das Recht auf Verrechnung.<br />
Prämienzahler<br />
Der im Ausland wohnhafte Versicherungsnehmer hat i.a.R. in <strong>der</strong> Schweiz einen Prämienzahler, <strong>der</strong> ihm aufgrund einer<br />
internen Vereinbarung die Prämien zu begleichen hat; es kann sich um eine Schuldübernahme handeln.<br />
Verzug in <strong>der</strong> Prämienzahlung<br />
VVG 20 und 21 sind lex specialis für den Verzug in <strong>der</strong> Prämienzahlung. Zum Schutz des Versicherungsnehmers erschwert VVG<br />
20 die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges, indem <strong>der</strong> Schuldner erst mit einer speziellen schriftlichen Mahnung mit näher<br />
bestimmtem Inhalt und nach Ablauf einer 14-tägigen Mahnfrist in Verzug kommt. Nach OR genügt bereits <strong>der</strong> Ablauf eines<br />
Verfalltages o<strong>der</strong> eine einfache Mahnung.<br />
VVG 20 und 21 verschärfen zugleich aber auch die Wirkungen des Schuldnerverzuges, mit dem Verzug des Versicherungsnehmers<br />
ruht die Leistungspflicht des Versicherers.<br />
Voraussetzungen des Verzuges<br />
Erste Voraussetzung ist die Fälligkeit <strong>der</strong> Prämie. Die Versicherungsperiode dauert mangels beson<strong>der</strong>er Abrede ein Jahr,<br />
VVG 19 I Satz 2.<br />
Für die 1. Versicherungsprämie (Erstprämie) ist die Prämie mit dem Abschluss des Vertrages fällig, VVG 19 I Satz 1.<br />
Folgeprämien sind mangels Vereinbarung nach VVG 19 III jeweils mit Beginn <strong>der</strong> neuen Versicherungsperiode fällig.<br />
Zweite Voraussetzung des Verzuges ist die Mahnung. Sie muss die gesetzlich vorgesehene Leistungsauffor<strong>der</strong>ung<br />
beinhalten und hat den Prämienzahler schriftlich aufzufor<strong>der</strong>n, innert 14 Tagen Zahlung zu leisten. Ebenso muss die Mahnung<br />
die Säumnisfolgen androhen. Für die Schriftlichkeit ist jedoch eine Unterschrift nicht erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Dritte Voraussetzung des Verzuges ist die Nichtbezahlung <strong>der</strong> Prämie bis zum Ablauf <strong>der</strong> Mahnfrist. Da <strong>der</strong> Verzug erst nach<br />
Ablauf <strong>der</strong> Mahnfrist erfolgt, ist <strong>der</strong> Versicherer für Ereignisse, die sich während <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Mahnfrist zutragen, voll haftbar.<br />
Nichtbezahlung ist auch die Nichtbezahlung eines nur unbedeutenden Restbetrages.<br />
Trotz Nichtbezahlung <strong>der</strong> Prämie bis zum Ablauf <strong>der</strong> Mahnfrist tritt <strong>der</strong> Verzug nicht ein<br />
• Unverschuldeter Säumnis<br />
Der Prämienzahler versäumt die Prämienzahlung schuldlos und holt sie sofort nach Beseitigung des Hin<strong>der</strong>nisses<br />
nach, VVG 45 III. Das OR hingegen lässt den Verzug verschuldensunabhängig eintreten.<br />
Unverschuldetes Säumnis liegt bspw. bei Krankheit vor, die den Schuldner ausserstande setzt, seine Interessen<br />
selbst o<strong>der</strong> mittels Vertreter wahrzunehmen. Die Säumnis, die bei rechtzeitiger Aufgabe <strong>der</strong> Geldsendung <strong>der</strong> Post<br />
zu Last fällt, muss als entschuldigt gelten.<br />
• Stundung<br />
Der Eintritt des Verzuges kann weiter durch eine Stundung des VR abgewendet werden.<br />
Rechtsfolgen des Verzuges<br />
Mit dem Eintritt des Verzuges ruht die Leistungspflicht des Versicherers, VVG 20 III. Der Vertrag fällt jedoch nicht dahin; er<br />
wird bloss insofern modifiziert, dass die Leistungspflicht des Versicherers ruht. Der Versicherungsnehmer bleibt zur Prämienzahlung<br />
nach wie vor verpflichtet.<br />
Ist <strong>der</strong> Vertrag infolge des Verzuges suspendiert und for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Versicherer die Prämie nicht innert 2 Monaten des<br />
Verzugseintrittes rechtlich 9 ein, so wird vermutet, dass <strong>der</strong> Versicherer unter Verzicht auf die Bezahlung <strong>der</strong> rückständigen<br />
Prämie vom Vertrag zurücktritt, VVG 21 I; Rücktritt auch hier i.S. einer Aufhebung ab dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Vertragsaufhebung.<br />
VVG 21 I ist eine unwi<strong>der</strong>legbare Rechtsvermutung. Es ist jedoch auch eine ausdrückliche Rücktrittserklärung möglich, sie hat<br />
aber unverzüglich zu erfolgen.<br />
Wird die rückständige Prämie vom Versicherer während <strong>der</strong> Frist von 2 Monaten nach dem Verzug eingefor<strong>der</strong>t o<strong>der</strong><br />
nachträglich noch angenommen, so tritt die Leistungspflicht des Versicherers mit dem Zeitpunkt, in dem die Prämie samt<br />
Zinsen und Kosten bezahlt wird, ohne weiteres wie<strong>der</strong> in Kraft, VVG 21 II.<br />
Der Prämienschuldner ist aber nicht berechtigt, im Falle <strong>der</strong> nachträglichen Annahme den Vertrag wie<strong>der</strong> einseitig in Kraft<br />
zu setzen. Er kann dem Versicherer lediglich einen entsprechenden Antrag stellen; nur wenn <strong>der</strong> Versicherer die<br />
nachträgliche Zahlung des Prämienschuldners annimmt, lebt seine Haftung wie<strong>der</strong> auf.<br />
9<br />
Als rechtliche Einfor<strong>der</strong>ung gelten die in OR 135 II genannten Rechtsakte: Betreibung, Klage, Konkurseingabe, Sühnladung.
Einfluss von Risikoän<strong>der</strong>ungen auf die Prämie<br />
Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Risikogrösse<br />
Bei einer Vermin<strong>der</strong>ung des Risikos sieht VVG 23 eine Prämienreduktion vor. Grundlage für eine Herabsetzung <strong>der</strong> Prämie<br />
stellt nicht jede Vermin<strong>der</strong>ung des Risikos dar; nur wenn zuvor wegen bestimmter gefahrserhöhen<strong>der</strong> Umstände eine höhere<br />
Prämie bezahlt worden ist als dies beim Nichtvorliegen dieser Umstände vereinbart worden wäre, ist eine Reduktion nach<br />
VVG 23 gerechtfertigt.<br />
Voraussetzung ist damit, dass bei Vertragsschluss einzelne Gefahrmomente beson<strong>der</strong>s beachtet und bei <strong>der</strong><br />
Prämienberechnung berücksichtigt worden sind. Diese gefahrserhöhenden Umstände müssen sodann im Laufe <strong>der</strong><br />
Versicherung weggefallen sein o<strong>der</strong> ihre Bedeutung verloren haben. Die Initiative muss aber vom Versicherungsnehmer<br />
ausgehen.<br />
Verkürzung <strong>der</strong> Dauer des Risikos<br />
VVG 24 stellt den Grundsatz <strong>der</strong> Unteilbarkeit <strong>der</strong> Prämie für die laufende Versicherungsperiode auf. Der Versicherer hat<br />
daher Anspruch auf die volle Prämie für die laufende Versicherungsperiode, selbst wenn er nur für einen Teil dieser Periode<br />
das Risiko getragen hat.<br />
VVG 25 I spezifiziert beson<strong>der</strong>e Fälle, wo die Dauer des Risikos durch einseitige Auflösung des Vertrages verkürzt wird.<br />
Im Falle von VVG 25 III ist die Prämie im Zeitpunkt <strong>der</strong> Vertragsauflösung bereits für mehrere Versicherungsperioden vorausbezahlt<br />
worden. Der Versicherer hat in diesem Fall mindestens ¾ <strong>der</strong> auf die künftigen Versicherungsperioden entfallenden<br />
Prämienbeträge zurückzuerstatten. Dreiviertel deshalb, weil <strong>der</strong> Agent vom Versicherer i.a.R. eine hohe Provision erhalten<br />
hat, die nicht mehr im ganzen Umfang zurückgefor<strong>der</strong>t werden kann und weil <strong>der</strong> Versicherungsnehmer zufolge <strong>der</strong> langen<br />
Bindung einen Rabatt erzielt hat.<br />
VVG 25 IV betritt die nach VVG 90 II rückkaufsfähigen Lebensversicherungen. Wird ein solcher Lebensversicherungsvertrag<br />
aufgelöst, hat <strong>der</strong> Versicherer die für den Rückkauf festgestellte Mindestleistung zu gewähren.<br />
Bei Lebensversicherungen wird auf die Sterbewahrscheinlichkeit abgestellt; dennoch erfolgt nach dem Grundsatz <strong>der</strong> sog.<br />
Tarifgarantie eine während <strong>der</strong> Vertragsdauer gleich bleibende Durchschnittsprämie. Der Versicherungsnehmer zahlt<br />
infolgedessen zu Beginn <strong>der</strong> Versicherung eine höhere und später eine geringere Prämie, als es dem Risiko entspricht, das<br />
<strong>der</strong> Versicherer gemäss <strong>der</strong> Sterbewahrscheinlichkeit trägt. Dem Versicherer fliesst somit in <strong>der</strong> ersten Phase mehr Geld zu,<br />
als er benötigt. Diese zusätzlichen Mittel stammen aus allen Lebensversicherungsverträgen mit gleichaltrigen Personen, sie<br />
bilden das Deckungskapital.<br />
Auf jeden einzelnen Lebensversicherungsvertrag, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Bildung eines Deckungskapitals beteiligt ist, entfällt ein<br />
bestimmter Anteil, <strong>der</strong> nun Rückkaufswert genannt wird. Diese Bezeichnung macht deutlich, dass <strong>der</strong> Versicherungsnehmer<br />
für seine Versicherung innerhalb <strong>der</strong> Schranken von VVG 90 II je<strong>der</strong>zeit den Rückkaufswert verlangen kann.<br />
Der Rückkaufswert entspricht dem Teil des für die Versicherungsverträge sämtlicher gleichaltriger Personen geäuffneten<br />
Deckungskapitals, <strong>der</strong> auf den einzelnen Versicherungsvertrag entfällt.<br />
Ein Rückkaufsrecht besteht allerdings nur für Lebensversicherungsverträge, bei welchen <strong>der</strong> Eintritt des versicherten<br />
Ereignisses gewiss ist, wie bspw. bei lebenslänglichen Todesfallversicherungen und <strong>der</strong> gemischten Versicherung; nicht aber<br />
bei temporären Todesfallversicherungen.<br />
Nach VVG 90 I wird eine rückkaufsfähige Versicherung in eine beitragsfreie Versicherung umgewandelt, sofern nicht <strong>der</strong><br />
Rückkaufswert verlangt wird. Über Umwandlung und Rückkaufswert äussern sich die AVB.<br />
Die rückkaufsfähige Lebensversicherung ist zugleich ein wertvolles Kreditsicherungsinstrument, indem <strong>der</strong> Versicherungsnehmer<br />
seine Police in <strong>der</strong> Höhe des Rückkaufswertes je<strong>der</strong>zeit einer Bank zur Sicherung eines Darlehens verpfänden kann.<br />
Die Ansprüche aus <strong>der</strong> gebundenen Vorsorgepolice (3a) sind aber nur beschränkt abtretbar o<strong>der</strong> verpfändbar, BVV3 4.<br />
Wegfall des Risikos vor dessen Tragung<br />
Fällt das Risiko vor dessen Tragung weg, wird <strong>der</strong> Versicherungsvertrag storniert; <strong>der</strong> Versicherer hat nur Anspruch auf<br />
Auslagenersatz, VVG 25 II.<br />
Prämienanpassung während <strong>der</strong> Vertragszeit<br />
Grundsätzlich gilt die bei Vertragsschluss vereinbarte Prämie während <strong>der</strong> ganzen Laufzeit des Vertrages.<br />
Es können jedoch Prämienanpassungsklauseln vereinbart werden, die den Versicherer bei einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Risikosituation zu einer Prämienerhöhung auch während <strong>der</strong> Vertragsdauer ermächtigen.
4. Obliegenheiten des Versicherungsnehmers<br />
Die Obliegenheit ist im Gegensatz zum OR im VVG ein gesetzlicher Begriff, VVG 45 I. Obliegenheiten beinhalten allerdings nicht<br />
nur eigentliche Rechtspflichten, d.h. Pflichten, <strong>der</strong>en Ausbleiben Ansprüche gemäss OR 97 einräumen; son<strong>der</strong>n beinhaltetn auch<br />
diejenigen Pflichten, die bei Nichterfüllen nur Rechtsfolgen beson<strong>der</strong>er Art für den Verpflichteten nach sich ziehen. Dies sind<br />
Pflichten, die vom Verpflichteten in seinem eigenen Interesse, zur Vermeidung eines beson<strong>der</strong>s gearteten Rechtsnachteils,<br />
befolgt werden.<br />
Es ist in jedem Fall, wo das Gesetz o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vertrag von einer Obliegenheit spricht und die Folgen <strong>der</strong> Missachtung nicht<br />
präzisiert, unter Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob eine klagbare, bei Nichtbeachtung mit Schadenersatzfolgen<br />
verbundene obligatorische Verbindlichkeit i.S.v. OR 97 ff. vorliegt, o<strong>der</strong> ob es sich um eine Verpflichtung handelt die mit<br />
diesen Rechtsfolgen nicht o<strong>der</strong> nur mit einzelnen davon verbunden ist.<br />
Nach VVG 45 ist nach erfolgter Verletzung von Obliegenheiten unter gewissen Voraussetzungen eine Exkulpationsmöglichkeit<br />
vorgesehen. Er fasst allgemein diejenigen Obliegenheiten ins Auge, für <strong>der</strong>en Verletzung vertraglich ein Rechtsnachteil<br />
vorgesehen ist, sich somit für den Versicherungsnehmer ökonomisch nachteilig auswirken.<br />
VVG 45 I bestimmt, dass dieser vereinbarte Rechtsnachteil nicht eintritt, wenn die Verletzung <strong>der</strong> Obliegenheit den Umständen<br />
nach als unverschuldet anzusehen ist.<br />
VVG 45 I:<br />
VVG 45 III:<br />
Regelung für vertraglich vereinbarte Rechtsnachteile<br />
Regelung für vertraglich und gesetzlich vorgesehene Rechtsnachteile<br />
VVG 45 III kommt zur Anwendung, wenn die Verletzung <strong>der</strong> Obliegenheit in einer Fristversäumnis besteht, die mit <strong>der</strong> Verwirkung<br />
eines Rechts aus <strong>der</strong> Versicherung verbunden ist, sog. Anspruchsbefristung durch Vereinbarung einer Ausschluss- o<strong>der</strong><br />
Präklusionsfrist. Hat eine Fristversäumnis die Verwirkung eines Anspruchs aus <strong>der</strong> Versicherung zur Folge, räumt VVG 45 III dem<br />
Träger <strong>der</strong> betroffenen Obliegenheit das Recht ein, die ohne Verschulden versäumte Handlung nach Beseitigung des<br />
Hin<strong>der</strong>nisses sofort nachzuholen.<br />
• Typische versicherungsrechtliche Elemente<br />
1. Versicherte Gefahr<br />
Die versicherte Gefahr ist die Möglichkeit des ungewissen befürchteten Ereignisses in <strong>der</strong> Zukunft.<br />
Der Versicherer hat das Risiko bei Vertragsabschluss für die ganze Dauer des Versicherungsvertrages zu würdigen. Wandelbare<br />
Gefahrstatsachen unterliegen möglicherweise einer dem Vertragsschluss folgenden Än<strong>der</strong>ung; bspw. Nachbarschaft, berufliche<br />
Tätigkeit, die sich nach Vertragsschluss än<strong>der</strong>n können.<br />
Ihnen gegenüber stehen die unwandelbaren Gefahrstatsachen wie Alter, durchlebte Krankheiten usw.<br />
Die wandelbaren Gefahrstatsachen können entwe<strong>der</strong> in die Risikokalkulation einfliessen o<strong>der</strong> aber mittels Ausschlussklauseln<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Anzeigepflicht<br />
Den Versicherungsnehmer trifft die Anzeigepflicht, die die offene Darlegung <strong>der</strong> für die Wertung des Risikos erheblichen<br />
Tatsachen sichert. Infolge einer Anzeigepflichtverletzung kann <strong>der</strong> Versicherer nach VVG 6 innert 4 Wochen seit Kenntnis <strong>der</strong><br />
Verletzung ex tunc zurücktreten; die Prämien verfallen dem Versicherer, <strong>der</strong> Versicherungsnehmer muss erhaltene Leistungen<br />
zurückbezahlen.<br />
Gefahrstatsachen, die nach Einreichung des Antrages, aber vor dessen Annahme eintreten, fallen auch noch unter die<br />
Anzeigepflicht und sind im Nachgang zu melden. Gefahrstatsachen müssen also bis zum Vertragsschluss gemeldet werden.<br />
Der Antragsteller hat seine Antworten schriftlich mitzuteilen. Entgegen dem Wortlaut von VVG 6 soll <strong>der</strong> Versicherer nur<br />
zurücktreten können, wenn <strong>der</strong> Antragsteller die Gefahrsdeklaration eigenhändig unterzeichnet hat. Dies ist nur sinnvoll, wenn<br />
<strong>der</strong> Antrag vom künftigen Versicherungsnehmer ausging.<br />
Geht <strong>der</strong> Antrag jedoch vom Versicherer aus, besteht keine Bindung des Versicherungsnehmers, <strong>der</strong> über dessen Annahme o<strong>der</strong><br />
Ablehnung vielmehr frei entscheiden kann; es ist deshalb nicht notwendig, dass <strong>der</strong> künftige Versicherungsnehmer den ihm<br />
zugestellten schriftlichen Antrag des Versicherers, in dem das Ergebnis <strong>der</strong> telefonisch erfolgten Gefahrsdeklaration schriftlich<br />
aufgezeichnet ist, noch eigenhändig signiert.<br />
Die Pflicht zur Erklärung trifft den Antragsteller; bei einer Versicherung für fremde Rechnung sind gemäss VVG 5 II auch<br />
diejenigen erheblichen Gefahrstatsachen anzuzeigen, die dem versicherten Dritten selbst o<strong>der</strong> seinem Beauftragten bekannt sind<br />
o<strong>der</strong> bekannt sein müssten.<br />
Inhalt und Umfang<br />
Welche Tatsachen dem Antragsteller i.S.v. VVG 4 I und II bekannt sein müssen, ist sowohl nach den objektiven wie auch<br />
subjektiven Kriterien zu beurteilen. Es kommt auf die Umstände des einzelnen Falles an, insbeson<strong>der</strong>e die persönlichen<br />
Eigenschaften wie Intelligenz, Bildungsgrad, Erfahrung und die persönlichen Verhältnisse.<br />
Es sind nur Tatsachen anzuzeigen, die für die Beurteilung <strong>der</strong> Gefahr in Betracht fallen o<strong>der</strong> geeignet sind, den Versicherer über<br />
den Umfang des zu deckenden Risikos aufzuklären. Nach VVG 4 III werden Gefahrstatsachen, auf welche die schriftlichen<br />
Fragen des Versicherers gerichtet sind (bestimmt, unzweideutig) als erheblich vermutet. Anwendungsbereich VVG 4 I:<br />
• Gefahrstatsachen, nach denen nicht in <strong>der</strong> gesetzlich vorgeschriebenen Form gefragt wird, fallen ausser Betracht, da<br />
sie überhaupt nicht anzeigepflichtig sind, VVG 4 I ist allerdings dispositiver Natur.<br />
• Damit Gefahrstatsachen, nach denen in gehöriger Form gefragt wird, als erheblich vermutet werden, müssen die Fragen<br />
in bestimmter, unzweideutiger Fassung auf die Gefahrstatsachen gerichtet sein, sich also auf bestimmte, klar<br />
umschriebene Tatsachen beziehen. Der Anzeigepflichtige soll über den Inhalt und den Umfang <strong>der</strong> von ihm gefor<strong>der</strong>ten<br />
Angaben verständlicherweise nicht im Zweifel sein.<br />
• E contrario lässt sich daraus nicht schlussfolgern, dass alles, wonach nicht in bestimmter, unzweideutiger Weise gefragt<br />
wurde, unerheblich sei. Der Versicherer geht dabei nur seiner beweisrechtlichen Vermutung verlustig
Anzeigepflichtverletzung<br />
Der Versicherer ist an den Vertrag nicht gebunden, wenn <strong>der</strong> Anzeigepflichtige beim Abschluss <strong>der</strong> Versicherung eine erhebliche<br />
Gefahrstatsache, die er kennen musste o<strong>der</strong> kannte, unrichtig mitgeteilt o<strong>der</strong> verschwiegen hat. Der Versicherer hat in <strong>der</strong> Folge<br />
binnen vier Wochen die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten – ex tunc.<br />
Der Versicherer kann auf diese Rücktrittsmöglichkeit jedoch schriftlich verzichten, VVG 8 Ziff. 5.<br />
In <strong>der</strong> Personenversicherung gilt bei einer falschen Altersangabe VVG 75.<br />
Der Vertrag fällt mit Wirkung ex tunc dahin, es ist irrelevant, ob zwischenzeitlich ein Schadenfall eingetreten ist o<strong>der</strong> nicht. Der<br />
Versicherer kann jedoch nicht vom Vertrag zurücktreten, sofern VVG 8 I erfüllt ist.<br />
Umfasst <strong>der</strong> Vertrag mehrere Gegenstände o<strong>der</strong> Personen und ist die Anzeigepflicht nur bezüglich eines Teiles dieser<br />
Gegenstände o<strong>der</strong> Personen (Kollektivversicherung), so bleibt die Versicherung für den übrigen Teil wirksam, wenn sich aus den<br />
Umständen ergibt, dass <strong>der</strong> Versicherer diesen Teil allein zu den nämlichen Bedingungen versichert hätte, VVG 7.<br />
Aus dem dahingefallenen Vertrag ist <strong>der</strong> Versicherer nicht leistungspflichtig. Erbrachte Leistungen kann er zurückfor<strong>der</strong>n. Die<br />
Prämie bleibt ihm für die laufende Versicherungsperiode geschuldet .<br />
Hat sich bereits ein Schadenfall ereignet, so muss die unrichtig mitgeteilte Gefahrstatsache nicht zu seinem Eintritt beigetragen<br />
haben; <strong>der</strong> Kausalzusammenhang ist irrelevant.<br />
Im Entwurf zum neuen VVG wird jedoch diese Kausalität gefor<strong>der</strong>t und ein Rücktritt ist nur möglich, sofern die Anzeigepflicht<br />
schuldhaft verletzt wurde.<br />
Die Gefahrsdeklaration äussert sich nur über den aktuellen Stand und ist keine Zusicherung über den künftigen Gefahrenstand.<br />
2. Än<strong>der</strong>ung des versicherten Gefahrenzustandes<br />
Eine Gefahrserhöhung liegt vor, wen sich die versicherte Gefahr nach Vertragsabschluss während <strong>der</strong> Laufzeit <strong>der</strong> Versicherung<br />
erhöht bzw. vergrössert. Die bedarf aber einer Abgrenzung:<br />
• Die blosse Än<strong>der</strong>ung einer Gefahrseigenschaft [Wahl eines an<strong>der</strong>en Berufes, <strong>der</strong> keine höhere Gefahr in sich schliesst als<br />
die bei Vertragsschluss deklarierte Tätigkeit] bedeutet keine Gefahrserhöhung.<br />
• Ebenso wenig eine Gefahrserhöhung stellt die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gefahrsverhältnisse dar, die im Wesen <strong>der</strong> Gefahr selbst<br />
begründet liegt, bspw. mit zunehmendem Alter die abnehmende Wi<strong>der</strong>standskraft gegen Tod, Unfall usw.<br />
• Ebenso wenig, wenn sich eine Gefahr nur vorübergehend erhöht; <strong>der</strong> Versicherungsnehmer bspw. versucht, auf einen<br />
fahrenden Zug aufzuspringen o<strong>der</strong> vor einem Auto die Strasse zu überqueren, diese erhöhte Gefahr ist nicht von Dauer.<br />
Nach VVG 28 ff. bedarf es einer wesentlichen Gefahrserhöhung auf Dauer. Nicht jede Gefahrserhöhung, die die Gefahr erheblich<br />
vergrössert, gilt als wesentlich. Wesentlich ist eine Gefahrserhöhung nach VVG, wenn sie auf die Än<strong>der</strong>ung einer für die<br />
Beurteilung <strong>der</strong> Gefahr erheblichen Tatsache (VVG 4) beruht, <strong>der</strong>en Umfang die Parteien beim Vertragsabschluss festgestellt<br />
haben:<br />
• Än<strong>der</strong>ung einer für die Beurteilung <strong>der</strong> Gefahr erheblichen Gefahrstatsache zuungunsten des VR<br />
Eine für die Beurteilung <strong>der</strong> Gefahr erhebliche Tatsache i.S.v. VVG 4 muss sich geän<strong>der</strong>t haben, d.h. eine Tatsache, die<br />
geeignet ist, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag so abzuschliessen, Einfluss auszuüben. Die Än<strong>der</strong>ung muss<br />
zuungunsten des Versicherers erfolgen.<br />
• Die Än<strong>der</strong>ung alleine begründet noch keine wesentliche Gefahrserhöhung nach VVG. Weitere Voraussetzung ist, dass die<br />
Parteien namentlich den Umfang bei Vertragsabschluss festgestellt haben. Diese Feststellung bei Vertragsabschluss stellt<br />
jedoch keine Zusicherung über den künftigen Gefahrenzustand dar, son<strong>der</strong>n erschöpft sich im Zweck, dem Versicherer die<br />
individuelle Würdigung des konkreten feststehenden Risikos zu ermöglichen.<br />
• Die das Risiko erhöhende Gefahrsän<strong>der</strong>ung muss während <strong>der</strong> Versicherung, d.h. nach Vertragsschluss eingetreten sein.<br />
Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, so kann <strong>der</strong> Versicherer vom Vertrag mit Wirkung ab Eintritt <strong>der</strong> Gefahrserhöhung<br />
zurücktreten:<br />
• Erfolgt die wesentliche Gefahrserhöhung durch den Versicherungsnehmer, ist <strong>der</strong> Versicherer für die Folgezeit nicht an den<br />
Vertrag gebunden, VVG 28 I.<br />
• Erfolgt sie jedoch mit freiwilliger Deklaration, kann <strong>der</strong> VR binnen 14 Tagen den Rücktritt vom Vertrag erklären, VVG 28 I<br />
i.V.m. 32 I Ziff. 4.<br />
• Ist die Gefahrserhöhung jedoch ohne Zutun des Versicherungsnehmers erfolgt, [bspw. im Antragsformular bejahte<br />
Alarmanlage, die jedoch infolge eines Naturereignisses unbemerkt beschädigt wird] so bestimmt VVG 30, dass <strong>der</strong><br />
Versicherer sich zunächst damit begnügen muss, dass <strong>der</strong> Versicherungsnehmer ihm von <strong>der</strong> bekannt gewordenen<br />
Gefahrserhöhung ohne Verzug Mitteilung erstattet.<br />
- Unterlässt er dies, erfolgen dieselben Wirkungen wie bei VVG 28, VVG 30 I i.V.m. 28 I<br />
- Dagegen gestattet es das Gesetz, auf vertraglichem Weg an die Gefahrserhöhung ohne Zutun des<br />
Versicherungsnehmers die Aufhebung des Vertrages zu knüpfen, VVG 30 II; ansonsten bleibt dieses Verhalten<br />
sanktionslos.<br />
Gefahrsvermin<strong>der</strong>ung<br />
Nicht jede Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gefahr nach Vertragsabschluss ist rechtlich zu beachten. Es muss bei Vertragsabschluss ein ganz<br />
bestimmter gefahrserhöhen<strong>der</strong> Umstand eine höhere Prämie zur Folge gehabt haben, <strong>der</strong> nun jetzt weggefallen ist, VVG 23.<br />
Gefahrsvorbeugung<br />
Das Tun des Versicherungsnehmers darf keine Gefahrserhöhung bewirken. Dennoch verpflichtet ihn das Gesetz we<strong>der</strong> zur<br />
Gefahrsvorbeugung noch zur Vermeidung allfälliger Gefahrserhöhungen. Dies kann aber nach VVG 29 vereinbart werden. Eine<br />
Verletzung einer infolge VVG 29 getroffenen Vereinbarung kann mit Sanktionen belegt werden, mit dem Rücktrittsrecht des<br />
Versicherers aber nur, wenn zwischen <strong>der</strong> Obliegenheitsverletzung und dem Eintritt des befürchteten Ereignisses ein<br />
Kausalzusammenhang besteht und <strong>der</strong> Versicherungsnehmer schuldhaft handelte, VVG 45.
3. Versicherter Gegenstand<br />
Der versicherte Gegenstand gehört zu den essentialia des Versicherungsvertrages. Gegenstand des Versicherungsvertrages ist<br />
das Objekt, das von <strong>der</strong> versicherten Gefahr bedroht ist, eine Sache, eine Person o<strong>der</strong> ein abstraktes Vermögen.<br />
Eintritt des befürchteten Ereignisses (Versicherungsfall)<br />
Der Eintritt des befürchteten Ereignisses bedeutet, dass sich die Gefahr, gegen die Versicherung genommen worden ist,<br />
verwirklicht hat. Der versicherte Gegenstand wird von dieser Gefahr tatsächlich betroffen.<br />
Der Eintritt löst den Anspruch auf die Versicherungsleistung aus, sofern er zeitlich in die Versicherungszeit fällt. [Theorienstreit<br />
Verstosstheorie – Schadenereignistheorie].<br />
Schuldhafte Herbeiführung des versicherten Ereignisses<br />
VVG 14 versteht unter <strong>der</strong> Herbeiführung des befürchteten Ereignisses nicht bloss ein darauf gerichtetes positives Tun, son<strong>der</strong>n –<br />
da sie an die schuldhafte Verursachung des befürchteten Ereignisses schlechthin bestimmte Rechtsfolgen knüpfen will –<br />
son<strong>der</strong>n auch eine entsprechende Unterlassung. Es genügt insbeson<strong>der</strong>e auch mittelbare Kausalität.<br />
VVG 14 I: Die erfor<strong>der</strong>liche Absicht ist <strong>der</strong> auf den Erfolg eines bestimmten Verhaltens gerichtete Wille. Keine absichtliche<br />
Herbeiführung des befürchteten Ereignisses liegt bspw. in <strong>der</strong> Todesfallversicherung vor, wenn erwiesen ist, dass <strong>der</strong><br />
Verstorbene nicht Selbstmord begehen, son<strong>der</strong>n sich bloss verstümmeln wollte. Ebenso muss bei einem Ereignis, das den<br />
Eintritt einer Schädigung des Versicherten voraussetzt (Schadensversicherung) nicht nur die Handlung, son<strong>der</strong>n auch die<br />
damit verbundene Schädigung gewollt sein.<br />
Blosser Eventualvorsatz genügt nach <strong>der</strong> Zweckbestimmung von VVG 14 I nicht, diese Bestimmung will demjenigen, <strong>der</strong> es<br />
auf die Herbeiführung des Schadens abgesehen hat, jeglichen Versicherungsschutz versagen.<br />
Die Rechtsfolge ist die vollständige Haftungsbefreiung des Versicherers.<br />
VVG 14 II: Eine Reduktion <strong>der</strong> Versicherungsleistung erfolgt, sofern <strong>der</strong> Versicherungsnehmer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Anspruchsberechtigte<br />
grobfahrlässig gehandelt hat.<br />
VVG 14 III: Die leichtfahrlässige Herbeiführung des befürchteten Ereignisses durch einen Hausgenossen 10 , Angestellten o<strong>der</strong><br />
Arbeiter des Versicherungsnehmers ist ohne Einfluss auf die Leistungspflicht des Versicherers, VVG 14 IV. Trifft somit den<br />
Versicherungsnehmer o<strong>der</strong> den Anspruchsberechtigten kein Verschulden, so fällt auch ein befürchtetes Ereignis, das<br />
absichtlich o<strong>der</strong> grobfahrlässig von einem Hausgenossen, Angestellten o<strong>der</strong> Arbeiter herbeigeführt wurde, unter<br />
Versicherungsschutz, VVG 14 III.<br />
VVG 14 III ordnet die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers o<strong>der</strong> des Anspruchsberechtigten aus <strong>der</strong> von dritten<br />
Personen verschuldeten Herbeiführung des befürchteten Ereignisses erschöpfend; OR 55 I und OR 101 sind ausgeschaltet.<br />
VVG 14 IV: Die bloss leichtfahrlässige Herbeiführung des befürchteten Ereignisses durch den Versicherungsnehmer o<strong>der</strong> den<br />
Anspruchsberechtigten wird vom VVG nicht als Grund für eine Reduktion behandelt. Vielmehr schliesst VVG 14 IV die<br />
leichtfahrlässige Herbeiführung des befürchteten Ereignisses ausdrücklich in die Versicherung mit ein.<br />
Handeln gemäss einem Gebot <strong>der</strong> Menschlichkeit, VVG 15<br />
VVG 15 setzt voraus, dass gemäss einem Gebot <strong>der</strong> Menschlichkeit gehandelt wird; ein solches appelliert nicht bloss an das<br />
Pflichtbewusstsein, son<strong>der</strong>n auch an das menschliche Solidaritätsgefühl überhaupt. Sie bestimmen den Menschen aus<br />
selbstlosen, nicht auf die Wahrung eigener Interessen gerichteten Beweggründen, in die Dinge <strong>der</strong> Aussenwelt einzugreifen.<br />
[Rettungsaktionen im Gebirge, Gnadenschuss für Pferde usw.].<br />
Hat somit eine in VVG 14 genannte Person gemäss einem Gebot <strong>der</strong> Menschlichkeit gehandelt und dadurch das befürchtete<br />
Ereignis herbeigeführt, so haftet <strong>der</strong> Versicherer in vollem Umfang. Die Verschuldensfrage stellt sich überhaupt nicht.<br />
• Vertragsschicksal nach Eintritt des befürchteten Ereignisses<br />
1. Totalschaden<br />
Der Begriff des Totalschadens ist nur bei <strong>der</strong> Schadensversicherung von Bedeutung. Ein Totalschaden schliesst den Eintritt eines<br />
weiteren befürchteten Ereignisses aus; bspw. vollständige Zerstörung o<strong>der</strong> Verlust von Sachen.<br />
Liegt ein Voll- o<strong>der</strong> Totalschaden vor, ist <strong>der</strong> Eintritt eines weiteren befürchteten Ereignisses ausgeschlossen, die Leistung des<br />
Versicherers deshalb objektiv unmöglich. Daher endet das Versicherungsverhältnis mit dem Eintritt des Totalschadens.<br />
Ergänzend ist OR 119 I beizuziehen.<br />
Betreffend <strong>der</strong> Prämie gilt <strong>der</strong> Grundsatz <strong>der</strong> Unteilbarkeit <strong>der</strong> Prämie, VVG 24.<br />
2. Teilschaden<br />
Unter Teilschäden sind alle befürchteten Ereignisse zu verstehen, die zu einer bloss teilweisen Schädigung <strong>der</strong> versicherten<br />
Sache führen. Erfasst wird die Beschädigung, d.h. die bloss teilweise Vernichtung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> bloss teilweise Verlust versicherter<br />
Sachen. Ebenso alle Ereignisse, die die künftige Haftung des Versicherers nicht beeinflussen, so bspw. einzelne Schadenfälle in<br />
<strong>der</strong> Haftpflichtversicherung, einzelne Krankheitsfälle in <strong>der</strong> Krankenversicherung usw.<br />
Sie haben keinen Einfluss auf den bestehenden Vertrag, VVG 42 ist aber anwendbar. Die Erfahrung bei <strong>der</strong> Schadenserledigung<br />
kann daher beide Parteien dazu bewegen, vom Vertrag zurückzutreten.<br />
Für die Begründung des Rücktrittsrechts ist erfor<strong>der</strong>lich, dass Ersatz beansprucht wird. Das blosse Stellen einer Ersatzfor<strong>der</strong>ung<br />
genügt dabei nicht; <strong>der</strong> Ersatz muss zu Recht beansprucht worden sein. Das Rücktrittsrecht entsteht somit nicht, wenn <strong>der</strong><br />
Versicherte keinen Ersatzanspruch erhebt o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Versicherer diesen mit Erfolg ablehnt.<br />
Das bestehende Rücktrittsrecht muss spätestens bei <strong>der</strong> Auszahlung erhoben werden.<br />
Macht <strong>der</strong> Versicherer vom Rücktrittsrecht Gebrauch, erlischt die Haftung erst 14 Tage danach, VVG 42 II Satz 1, es liegt daher<br />
eine Kündigung (Vertragsauflösung für die Zukunft) vor. Tritt <strong>der</strong> Versicherungsnehmer vom Vertrag zurück, bleibt dem<br />
Versicherer die Prämie gesamthaft gewahrt, VVG 42 III Satz 1. (Grundsatz <strong>der</strong> Unteilbarkeit <strong>der</strong> Prämie).<br />
10<br />
Die Anwendung von VVG 14 III auf den Konkubinatspartner ist zu verneinen, wenn dem Versicherungsnehmer u.a. keine<br />
Hausgewalt zusteht
• Mehrheit von Ersatzpflichtigen<br />
Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen für denselben Schaden, so haften sie solidarisch, OR 51 I i.V.m.<br />
OR 50. Das Aussenverhältnis regelt die Beziehungen zwischen dem Geschädigten und dem Haftpflichtigen, das Innenverhältnis<br />
das Verhältnis unter den Haftpflichtigen selbst.<br />
Aussenverhältnis<br />
Solidarische Haftung im Aussenverhältnis bedeutet, dass je<strong>der</strong> Ersatzpflichtige dem Geschädigten gegenüber grundsätzlich für<br />
den ganzen Schaden haftet. Der Geschädigte hat somit die freie Wahl, welchen Ersatzpflichtigen er belangen bzw. ob er alle o<strong>der</strong><br />
nur einzelne in Anspruch nehmen will; es besteht Anspruchskonkurrenz.<br />
Innenverhältnis<br />
Da <strong>der</strong> Versicherer i.a.R. solvent ist und ihm gegenüber nur <strong>der</strong> Nachweis des versicherten Ereignisses nachgewiesen werden<br />
muss, wendet sich ein versicherter Geschädigter i.a.R. im Aussenverhältnis oftmals an sie.<br />
Die Regressordnung nach OR 51 II stellt für das Innenverhältnis eine Rangordnung auf. In letzter Linie hat <strong>der</strong>jenige für den<br />
Schaden einzustehen, <strong>der</strong> ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung kausal haftet.<br />
Obwohl <strong>der</strong> Versicherer aus Versicherungsvertrag nicht haftet, son<strong>der</strong>n vielmehr seine vertragliche Leistung erbringt, wird er<br />
als ein aus Vertrag haften<strong>der</strong> i.S.v. OR 51 II betrachtet. Der Sachversicherer steht somit auf zweiter Stufe zwischen dem<br />
Kausalhaftplichtigen und dem aus Verschulden Haftpflichtigen.<br />
VVG 72 enthält aber eine spezielle Regress- und Subrogationsnorm für die Schadens- bzw. Sachversicherung.<br />
1. Subrogation des Schadensversicherers gemäss VVG 72<br />
Der Ersatzanspruch, <strong>der</strong> dem Anspruchsberechtigten gegenüber Dritten aus unerlaubter Handlung zusteht, geht insoweit auf den<br />
Versicherer über, als dieser Entschädigung geleistet hat. Diese Bestimmung ist einzig für die Sachversicherung anwendbar.<br />
• Massgebend ist die tatsächlich erfolgte Leistung des Versicherers<br />
• Das Regressrecht des Versicherers erstreckt sich auf den dem Anspruchsberechtigten zustehenden Ersatzanspruch; <strong>der</strong><br />
Ersatzanspruch muss sich daher auf den gleichen Gegenstand beziehen wie die Versicherung (identischer<br />
Schadensposten).<br />
• Dem Regressrecht unterstehen nur Ansprüche gegen Dritte; Ausnahme gemäss VVG 72 III<br />
• Der Übergang beschränkt sich auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung; in allen an<strong>der</strong>en Bereichen bleibt es bei <strong>der</strong><br />
Grundordnung von OR 51 II. VVG 72 I ist daher lex specialis zu OR 51.<br />
Als Folge <strong>der</strong> Subrogation tritt ein Übergang <strong>der</strong> Ersatzansprüche auf den Versicherer ein. Es handelt sich nicht um ein<br />
selbständiges Regressrecht, son<strong>der</strong>n um eine Subrogation; die Ansprüche gehen über, wie sie beim Anspruchsberechtigten<br />
bestanden haben. Es beginnt daher auch keine neue Verjährung zu laufen.<br />
Nach Meinung des Bundesgerichts stehen OR 51 II und VVG 72 selbständig gegenüber und bleiben kumulativ anwendbar. Der<br />
Versicherer kann daher das Regressrecht gemäss VVG 72 gegenüber einem ausservertraglich aus Verschulden Haftpflichtigen<br />
ausüben.<br />
Umstritten ist, ob <strong>der</strong> Versicherer gestützt auf OR 50 f, insbeson<strong>der</strong>e OR 51 II auf einen an<strong>der</strong>en gleichzeitig aus Vertrag<br />
Haftpflichtigen regressieren kann. Dies liegt im richterlichen Ermessen, wie OR 51 II „in aller Regel“ selbst ausdrückt. Trifft den<br />
aus Vertrag Haftpflichtigen ein Verschulden, beantwortet die Lehre die Frage mit ja.<br />
Bei bloss leichtem Verschulden bejaht man hingegen eine Reduktion <strong>der</strong> Leistungspflicht des ebenfalls aus Vertrag Haftenden.<br />
Anwendung in <strong>der</strong> Haftpflichtversicherung<br />
In <strong>der</strong> Sachversicherung ist <strong>der</strong> Versicherte <strong>der</strong> Geschädigte. Schädiger und Haftpflichtiger ist ein Dritter.<br />
In <strong>der</strong> Haftpflichtversicherung ist hingegen <strong>der</strong> Haftpflichtige und somit Schädiger die versicherte Person. Sein Vermögen<br />
wird gegen Haftpflichtansprüche Dritter geschützt. Geschädigter ist daher ein Dritter.<br />
Soweit <strong>der</strong> Haftpflichtversicherer den Schaden des Geschädigten ersetzt, tritt er ebenfalls voll in die Rechtsstellung des<br />
versicherten Haftpflichtigen ein, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Rangfolge von OR 51 II befindet.<br />
Der Anspruchsberechtigte ist für jede Handlung, durch die er das Regressrecht des Versicherers verkürzt, verantwortlich,<br />
VVG 72 II. Eine entsprechende Verkürzung kann bspw. darin bestehen, dass <strong>der</strong> gegen Kasko versicherte Halter auf<br />
Haftpflichtansprüche, die ihm gegenüber einem an<strong>der</strong>en Halter zustehen, sofort verzichtet.<br />
Anwendung in <strong>der</strong> Sozialversicherung<br />
Mehrere Sozialversicherungsgesetze räumen dem Sozialversicherer gegen haftpflichtige Dritte durch beson<strong>der</strong>e<br />
Bestimmungen ein Regressrecht ein, bspw. UGV 41 ff., AHVG 48ter, IVG 52, 67 MVG, 79 KVG. Sie unterscheiden sich vom<br />
Regress nach VVG 72 dadurch, dass <strong>der</strong> Sozialversicherer einen integralen Regress besitzt, so dass er auch gegen<br />
Kausalpflichtige vorgehen kann. Der Sozialversicherer steht somit über <strong>der</strong> von OR 51 II normierten Haftungskaskade.
GRENZÜBERSCHREITENDE VERSICHERUNGSAKTIVITÄTEN SCHWEIZ – EU<br />
EU (Binnenmarkt)<br />
Helvetia (D)<br />
NL D; <br />
Helvetia (D)<br />
TG D; <br />
Aufsicht BRD<br />
<br />
Legende:<br />
Gründung Nie<strong>der</strong>lassung / Agentur<br />
Gründung Tochtergesellschaft<br />
Grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit (cross-bor<strong>der</strong>)<br />
Geschäftliche Aktivitäten<br />
<br />
Helvetia NL<br />
CH; <br />
Allianz F<br />
<br />
<br />
Versicherungsunternehmen CH - EU<br />
Allianz D<br />
<br />
Allianz Oe<br />
<br />
Calif Re (Oe)<br />
<br />
<br />
<br />
Versicherungsunternehmen in <strong>der</strong> EU:<br />
1957 1. Koordinations-Richtlinie Leben<br />
1979 1. Koordinations-Richtlinie Nichtleben<br />
Abschaffung Kautionspflicht<br />
Abschaffung präventive Prämien- und AVB-<br />
Kontrolle für gewisse Versicherungen<br />
Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit<br />
1992 3. Koordinations-Richtlinie Leben<br />
3. Koordinations-Richtlinie Nichtleben<br />
Home-Country-Prinzip<br />
Single-Licence-Prinzip<br />
CH<br />
<br />
1993 Nie<strong>der</strong>lassungsrechtliches Abkommen<br />
Nur im Bereich Nichtleben<br />
Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit EU – CH auf<br />
Grundlage <strong>der</strong> Reziprozität / Gegenseitigkeit<br />
Wegfall Kautionen / präventive Kontrolle <strong>der</strong><br />
Prämien und AVB für Agenturen und<br />
Nie<strong>der</strong>lassungen von CH NL-Versicherern<br />
(A: Leben/Krankenversicherung)<br />
Erlaubt (nur) lokale Tätigkeit<br />
SchVG, VO SchVG<br />
<br />
Agenturen / Nie<strong>der</strong>lassungen von Gesellschaften mit dem<br />
Hauptsitz in Drittlän<strong>der</strong>n ( ≠ CH)<br />
immer noch Kautionserfor<strong>der</strong>nis<br />
Kein Rechtsanspruch auf Betriebsbewilligung<br />
Nur lokaler Markt<br />
Für CH im Bereich Lebensversicherungen<br />
<br />
<br />
1993 Swisslex-Programm<br />
autonomer Nachvollzug 1./2. KoRL L;<br />
2. KoRL NL.<br />
Marktöffnung für grenzüberschreitende<br />
Dienstleistungen; Reziprozitätsvorbehalt<br />
und Vorbehalt staatsvertraglicher<br />
Regelung<br />
Grenzüberschreitende Versicherungdeckung<br />
für TG in EU sofern Gegenrecht<br />
Keine Dienstleistungsfreiheit Leben/NL<br />
Keine Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit Leben<br />
Calif Re<br />
USA<br />
USA
KUHN, PRIVATERSICHERUNGSRECHT<br />
QUOTENVORRECHT DES GESCHÄDIGTEN<br />
Sachverhalt:<br />
G stellt seine kostbare Mingh-Vase ohne Schutz auf seine Terrasse.<br />
F schiesst sie mit seinem Fussball nie<strong>der</strong>.<br />
Vertragliche For<strong>der</strong>ung von<br />
G gegenüber seinem<br />
Schadenversicherer aus<br />
VVG 41 I<br />
Sachversicherer<br />
SVR von G<br />
Regressrecht nach VVG 72<br />
im Umfang <strong>der</strong> selber<br />
erbrachten Leistungen (60<br />
%), sobald F/HPVR restliche<br />
40 % bezahlt hat.<br />
Effektive Leistung des SVR<br />
bspw. nur 60 % wegen<br />
Unterversicherung, VVG 69 II<br />
Haftpflichtversicherer<br />
HPVR von F<br />
Die Rechtsprechung identifiziert<br />
regelmässig den<br />
Haftpflichtversicherer mit<br />
dem versicherten Haftpflichtigen.<br />
Soweit ersterer den Schaden<br />
des Geschädigten ersetzt,<br />
tritt er in die Rechtsstellung<br />
des versicherten Haftpflichtigen<br />
ein; analoge<br />
Anwendung von VVG 72,<br />
BGE 116 II 645 E 2.<br />
G<br />
Direktfor<strong>der</strong>ung von G<br />
gegenüber dem Schädiger<br />
bzw. seinem Haftpflichtversicherer<br />
aus OR 41, 100 %<br />
F<br />
Quotenvorrecht:<br />
Der Regress des Sachversicherers SVR gegenüber dem Haftpflichtigen, basierend auf VVG 72, darf erst erfolgen, wenn G vom Haftpflichtigen den gesamten (Rest-) Schaden erhalten hat.<br />
Relevant ist dies v.a. dann, wenn <strong>der</strong> Sachersicherer G gegenüber infolge Reduktionsgründen aus dem VVG (grobe Fahrlässigkeit, VVG 14 II, Unterversicherung, VVG 69 II) nur einen Teil des<br />
erlittenen Schadens vergütet.<br />
In diesem Fall soll es zunächst nur dem G erlaubt sein, seinen Restschaden gestützt auf OR 41 bei F bzw. dessen Haftpflichtversicherer zu decken; erst wenn G vollständig befriedigt ist, soll sein<br />
Sachversicherer gegen F bzw. seinen Haftpflichtversicherer vorgehen können.<br />
Relevant ist dieses Vorrecht v.a. bei <strong>der</strong> Unterversicherung. G erhält bspw. nur 60 % seines Schadens von seinem Sachversicherer vergütet. Der restliche Schaden – Unterversicherung ist wohl ein<br />
Reduktionsgrund i.S. des VVG, nicht aber des OR – kann bzw. muss er von F bzw. seinem Haftpflichtversicherer geltend machen.<br />
Die infolge einer Neuwertversicherung zu erfolgende Mehrzahlung des Sachversicherers (Neuwert – Ersatzwert) darf auf dem Regressweg nicht eingefor<strong>der</strong>t werden, da nur identische<br />
Schadensposten Gegenstand des Rückgriffs sein können.<br />
Wird somit <strong>der</strong> Schadenersatzanspruch des Geschädigten wegen Reduktionsgründen gekürzt, stellt sich die Frage, ob diese Kürzung auf den Direktanspruch des Geschädigten und den<br />
Regressanspruch des Versicherers angewendet wird o<strong>der</strong> ob nur einer von ihnen den gesamten Kürzungsbetrag zu tragen hat.<br />
Mit BGE 93 II 411 wurde die Kürzungsquote dem Versicherer angelastet. Der Geschädigte kumuliert deshalb die Leistungen seines eigenen Verscherers und diejenige des Haftpflichtigen F bzw.<br />
dessen Haftpflichtversicherers, bis sein Schaden voll gedeckt ist.
KUHN, PRIVATERSICHERUNGSRECHT<br />
QUOTENTEILUNG<br />
Nichtanwendung des Quotenvorrechts<br />
Obengenanntes Vorrecht, in dessen Folge <strong>der</strong> Geschädigte mittels Kumulation trotz nur teilweiser Leistung des Versicherers voll decken kann, rechtfertigt sich nicht bei Grobfahrlässigkeit, da <strong>der</strong><br />
Geschädigte von <strong>der</strong> Kürzung nicht o<strong>der</strong> nur wenig betroffen würde.<br />
Da das Quotenvorrecht im Falle <strong>der</strong> Grobfahrlässigkeit nicht gilt, stellt sich die Frage, ob <strong>der</strong> Schadensversicherer und <strong>der</strong> geschädigte Versicherungsnehmer die nicht gedeckte Quote<br />
untereinan<strong>der</strong> proportional aufteilen sollen.<br />
Vertragliche For<strong>der</strong>ung von<br />
G gegenüber seinem<br />
Schadenversicherer aus<br />
VVG 41 I<br />
Sachversicherer<br />
SVR von G<br />
Effektive Leistung des SVR<br />
bspw. nur 75 % wegen<br />
grober Fahrlässigkeit von G,<br />
VVG 14 II<br />
Regressrecht nach VVG 72<br />
Konkretes Regressrecht nach<br />
VVG 72; Regressquote:<br />
Leistung des Versicherers<br />
Gekürzter Schaden<br />
Haftpflichtversicherer<br />
HPVR von F<br />
Die Rechtsprechung identifiziert<br />
regelmässig den<br />
Haftpflichtversicherer mit<br />
dem versicherten Haftpflichtigen.<br />
Soweit ersterer den Schaden<br />
des Geschädigten ersetzt,<br />
tritt er in die Rechtsstellung<br />
des versicherten Haftpflichtigen<br />
ein; analoge<br />
Anwendung von VVG 72,<br />
BGE 116 II 645 E 2.<br />
G<br />
Direktfor<strong>der</strong>ung von G<br />
gegenüber dem Schädiger<br />
bzw. seinem Haftpflichtversicherer<br />
aus OR 41<br />
F<br />
Effektive Leistung des HPVR: bspw.<br />
nur 60 % wegen grober Fahrlässigkeit<br />
von G<br />
Quotenteilung<br />
Die Quotenteilung findet Anwendung, wenn <strong>der</strong> Versicherer die Ansprüche seine Leistungen wegen grobfahrlässiger bzw. vorsätzlicher Herbeiführung des Schadenfalles gekürzt hat.<br />
Der Anspruch des Versicherten G geht entsprechend dem Verhältnis <strong>der</strong> Versicherungsleistungen zum Schaden (i.c. 60 %) auf den Versicherer SVR über. Der Direktanspruch, <strong>der</strong> sich beim<br />
Quotenvorrecht aus <strong>der</strong> Substraktion „Schaden minus Versicherungsleistung“ ergibt, wird hier durch Substraktion des Regressanspruches des Versicherers vom gesamten Schadenersatzanspruch<br />
berechnet; „Schaden minus Regressanspruch SVR gegenüber F.“ Der Reduktionsgrund wirkt sich gleichmässig auf den an sich bestehenden Regressanspruch des Versicherers SVR und auf den<br />
Direktschaden des Geschädigten aus.<br />
Achtung: Derselbe Reduktionsgrund kann [muss aber nicht] im ausservertraglichen Verhältnis eine an<strong>der</strong>e Kürzung zur Folge haben wie im Versicherungsverhälntis. Es bleibt deshalb trotz<br />
Reduktion noch Platz für einen Direktanspruch von G gegenüber F trotz erfolgter Versicherungsleistungen.
KUHN, PRIVATERSICHERUNGSRECHT<br />
ZAHLENBEISPIEL<br />
1. Quotenvorrecht<br />
Annahme: Mingh-Vase CHF 100’000<br />
Unterversicherung<br />
Kürzung <strong>der</strong> Versicherungsleistung um 40 % infolge Unterversicherung<br />
Kein Einfluss auf den Direktanspruch (100 %)<br />
Versicherungsanspruch VVG 41 I G gegen SVR auf CHF 60’000<br />
Direktanspruch OR 41 G gegen F auf 40’000<br />
Regressanspruch VVG 72 analog SVR gegen F bzw. HPVR auf CHF 60'000, sobald G gegen F auf CHF 40'000 geklagt hat<br />
Der Versicherungsnehmer ist daher zu 100 % gedeckt, er erhält CHF 60'000 von seinem Versicherer und CHF 40'000 von F bzw. dessen Haftpflichtversicherer.<br />
2. Quotenteilung<br />
Annahme: Mingh-Vase CHF 100’000<br />
Grobe Fahrlässigkeit Kürzung <strong>der</strong> Versicherungsleistung (VVG) um 25 %<br />
Kürzung des Direktanspruches (OR) um 40 %<br />
Versicherungsanspruch VVG 41 I G gegen SVR auf CHF 75’000<br />
Direktanspruch OR 41 G gegen F: CHF 15'000 (CHF 60'000 [SE-Anspruch G-F] – CHF 45'000 [Regressanspruch]).<br />
Die Ansprüche des Versicherten gehen entsprechend dem Verhältnis <strong>der</strong> Versicherungsleistungen<br />
zum Schaden auf den Versicherer über. Je mehr Prozente des Schadens die nach <strong>der</strong> Kürzung<br />
verbleibende Leistung des Versicherers ausmacht, umso höher ist die Quote des Regresses [<strong>der</strong><br />
Versicherung SVR] gegenüber dem Haftpflichtigen und umso kleiner ist daher <strong>der</strong> für den<br />
Geschädigten reservierte Teil. Der Direktanspruch (…) wird durch Substraktion des<br />
Regressanspruches des Versicherers vom gesamten Schadenersatzanspruch G-F berechnet.<br />
Regressanspruch VVG 72 analog SVR gegen F bzw. HPVR auf CHF 45'000.<br />
CHF 75'000 / CHF 100'000 = 75 %; Anspruch des Versicherten G gegen F = 60'000; ergo<br />
Regressanspruch = 0.75 x 60'000 = CHF 45'000.<br />
Der Versicherungsnehmer ist nur zu 90 % gedeckt, er erhält<br />
Die Kürzung trägt er mit 10 % [CHF 10’000]<br />
CHF 75'000 von seiner Versicherung<br />
CHF 15'000 infolge <strong>der</strong> Direktfor<strong>der</strong>ung von F bzw. dessen Haftpflichtversicherer, somit total CHF 90’000<br />
Die Versicherung SVR zahlt CHF 75'000 an G aus und for<strong>der</strong>t gestützt auf ihr Regressrecht CHF 45'000 von F bzw. dessen Haftpflichtversicherung ein. Sie erleidet einen<br />
Verlust von CHF 30'000.