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Repetitorium Bundesstaatsrecht - Studentenverbindung Concordia ...

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Seite 1 von 50<br />

<strong>Repetitorium</strong> <strong>Bundesstaatsrecht</strong> © by Sandro Rossi, www.stpo.ch<br />

I. Grundrechte<br />

1. Grundrechte im Allgemeinen<br />

Grundrechte sind die von der Verfassung und von internationalen Menschenrechtskonventionen gewährleisteten<br />

grundlegenden Rechte des Einzelnen gegenüber dem Staat;<br />

Träger des Rechts ist der Einzelne<br />

Adressat ist der Staat<br />

Inhaltlich geschützt sind elementar anerkannte Rechte des Individuums, die dem Rechtsstaat im materiellen<br />

Sinne zugerechnet werden.<br />

Rechtsgrundlage ist die BV, die KV, die EMRK und UNO-Menschenrechtspakete.<br />

Es gibt folgende Arten von Grundrechten:<br />

Freiheitsrechte schützen den Einzelnen in seiner Freiheitssphäre gegenüber Eingriffen<br />

des Staates. Sie verpflichten den Staat zu einem Dulden oder<br />

Unterlassen [Abwehrfunktion].<br />

Rechtsgleichheit Beinhaltet den Anspruch des Einzelnen gegenüber dem Staat auf<br />

rechtsgleiche Behandlung.<br />

Soziale Grundrechte In der Verfassung verankerte Ansprüche des Einzelnen auf staatliche<br />

Leistungen, bspw. BV 12, 19.<br />

Grundrechte sind unmittelbar anwendbares Recht, d.h. der Einzelne kann sich direkt auf die Grundrechte<br />

berufen und Gerichte haben Verfassungsnormen, die Grundrechte gewähren, direkt anzuwenden.<br />

BV 189 I lit. a und OG 84 I lit. a sehen eine Beschwerdemöglichkeit an das Bundesgericht wegen<br />

Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger vor.<br />

2. Rechtliche Grundlage<br />

BV 7 – 36. Eingeleitet wird der Katalog mit der Garantie der Menschenwürde. Nach Auffassung des<br />

Bundesgerichts ergibt sich das in der nBV nicht mehr ausdrücklich erwähnte Recht auf schickliche<br />

Beerdigung aus der Menschenwürde.<br />

Grundrechte sind somit alle unmittelbar durch die Verfassung gewährleisteten grundlegenden Rechte<br />

des Einzelnen im Staat und gegenüber dem Staat; somit nebst Freiheitsrechten und Rechtsgleichheit<br />

auch Verfahrensgarantien und soziale Grundrechte wie politische Rechte.<br />

Auch die Kantonsverfassungen gewähren Grundrechte, solchen Normen kommt jedoch nur dann eine<br />

eigene Tragweite zu, wenn sie einen ausgedehnteren Schutzbereich aufweisen als die entsprechende<br />

Norm des Bundesverfassungsrechts.<br />

Ebenso sind in der direkt anwendbaren EMRK Grundrechte erwähnt, die der engen inhaltlichen Beziehung<br />

wegen als verfassungsmässige Rechte behandelt werden. Nach Erschöpfung der innerstaatlichen<br />

Rechtsmittel kann der Einzelne an den Ständigen Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)<br />

in Strassburg gelangen. Neben Einzelnen und Organisationen können sich auch Staaten über Menschenrechtsverletzungen<br />

beschweren.<br />

Der EGMR hat keine Befugnis, innerstaatliche Akte aufzuheben, er kann nicht deren Widerrechtlichkeit<br />

gegenüber der EMRK feststellen. Nach EMRK 46 sind die Mitgliederstaaten verpflichtet, das endgültige<br />

Urteil des EGMR zu befolgen; ein Urteil des EGMR ist ein Revisionsgrund, OG 139a.<br />

Als weitere Rechtsquellen sind die UNO-Pakte I und II zu erwähnen, das Int. Abkommen über Beseitigung<br />

jeder Form der Rassendiskriminierung sowie das UNO Abkommen gegen Folter. Es gibt jedoch nur ein<br />

schwaches Instrumentarium zu deren Durchsetzung; Entscheide des UNO-Ausschusses sind nicht bindend<br />

für die betroffenen Staaten.<br />

Der UNO II Pakt garantiert klassische Menschenrechte und ist zum grössten Teil direkt anwendbar und<br />

wird vom Bundesgericht gleich behandelt wie die EMRK.<br />

<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi


3. Grundrechtsverständnis im Wandel<br />

Seite 2 von 50<br />

Erschöpfte sich die Funktion früher weitgehend darin, Eingriffe des Staates abzuwehren, so werden<br />

Grundrechte heute zugleich als objektive Grundsatznormen verstanden, welche die ganze Rechtsordnung<br />

durchwirken sollen.<br />

Primär liegt die Aufgabe der Freiheitsrechte in der Abwehrfunktion. Die neuere Lehre geht davon aus, dass<br />

den Freiheitsrechten über die Abwehrfunktion hinaus auch die Funktion von objektiven Grundsatznormen<br />

zukomme, auf die die gesamte staatliche Tätigkeit ausgerichtet 1 sein müsse, sog. konstitutiv-institutionelles<br />

Grundrechtsverständnis. Konsequenzen:<br />

Der Staat wird nicht nur zu einem Dulden oder Unterlassen, sondern auch zu einem positiven Tun verpflichtet. Er soll<br />

bspw. durch gesetzgeberische und ggf. finanzpolitische Vorkehrungen dafür sorgen, dass die persönliche Freiheit besser<br />

geschützt wird (Massnahmen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit sowie der Persönlichkeitsrechte), dass die<br />

Pressevielfalt gewahrt wird (Presseförderung), dass das „kleine“ Eigentum gefördert wird (damit möglichst viele in den<br />

Genuss der Eigentumsgarantie kommen).<br />

Direkte oder indirekte Drittwirkung<br />

Eine Ableitung von Drittpflichten und Staatsleistungen darf aber nicht dazu führen, dass die demokratischen<br />

Prozesse (Gesetzgebungsverfahren, Bewilligungsverfahren für finanzielle Mittel) überspielt werden.<br />

Müller unterscheidet deshalb das einzelne Grundrecht in 3 Phasen:<br />

Direkt-anspruchsbegründender Gehalt<br />

Nur hier kann im Rahmen der Rechtsanwendung aus einem Freiheitsrecht ein selbständiger Anspruch abgeleitet werden<br />

Programmatische Schicht<br />

Hier ist der Gesetzgeber angesprochen (Grundrechte als Gesetzgebungsaufträge)<br />

Flankierende Funktion<br />

Bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe 2 werden die den Freiheitsrechten zugrunde liegenden Wertentscheidungen<br />

herangezogen.<br />

Grundrechte begründen insbesondere eine staatliche Schutzpflicht gegen Störungen, die von Dritten<br />

verursacht werden, BGE 126 II 300.<br />

4. Adressaten der Grundrechte<br />

Adressaten der Grundrechte sind sämtliche Staatsorgane auf allen Ebenen der staatlichen Tätigkeit. Die<br />

Grundrechte sind vom Gesetzgeber, von der Regierung und von der Verwaltungsbehörde bei der<br />

Anwendung der Gesetze, bei der Beurteilung verwaltungsinterner Rekurse, bei der Vorbereitung von<br />

Gesetzen und beim Erlass von Verordnungen zu beachten. Ebenso sind unter Vorbehalt von BV 191 alle<br />

Gerichte daran gebunden.<br />

Alle verfassungsrechtlichen Einbindungen, v.a. Grundrechte und Legalitätsprinzip, kommen ungeachtet der<br />

verwendeten Rechtsform, wohl aber allenfalls differenziert nach Art und Struktur des Verwaltungshandelns,<br />

zum Tragen; unabhängig somit, ob der Staat hoheitlich handelt oder eine öffentliche Anstalt sich des<br />

Privatrechts bedient. In neueren Urteilen sind sogar Organisationen an die Grundrechte gebunden, denen<br />

der Staat die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben übertragen hat, die jene mittels des Privatrechts<br />

wahrnehmen sollen, BGE 109 Ib 146; BV 35 II.<br />

Eine direkte Drittwirkung (unmittelbare Bindung der Grundrechte auf den Privatrechtsverkehr) wird<br />

abgelehnt, BGE 80 II 26; Fall Seelig.<br />

Eine indirekte Drittwirkung (Orientierung an den Grundrechten bei der Auslegung unbestimmter<br />

Rechtsbegriffe) wird hingegen bejaht, BGE 86 II 365; Fall Vertglas.<br />

Die neue BV statuiert in Art. 35 III die Bindung der Grundrechte auch für Private, sofern und soweit sie sich<br />

dazu eignen [indirekte Drittwirkung]. Hingegen statuiert BV 8 III Satz 3 eine direkte Drittwirkung.<br />

1 „(…) die bis in die feinsten Verästelungen der Rechtsordnung ausstrahlen (…)“, Saladin, Grundrechte im Wandel, S. 295.<br />

2 Bspw. BGE 113 V 22: Ein Paraplegiker war umgezogen und war nun auf das Auto angewiesen, um zur Arbeit zu gelangen. Die<br />

Versicherung machte geltend, die Verlängerung des Arbeitsweges sei nicht invaliditätsbedingt. Das Bundesgericht zog die<br />

Niederlassungsfreiheit und die Wirtschaftsfreiheit als Auslegungshilfe zum Invalidengesetz bei und bejahte den Anspruch.<br />

<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi


5. Grundrechtsträger<br />

Seite 3 von 50<br />

Natürliche Personen können Träger sämtlicher Grundrechte sein.<br />

Grundsätzlich stehen Grundrechte auch Minderjährigen zu; bei ihnen ist aber die Grundrechtsmündigkeit zu<br />

unterscheiden: Minderjährige können die Grundrechtsverletzung dann selbständig geltend machen, wenn<br />

die Grundrechtsmündigkeit bereits vor der zivilrechtlichen Mündigkeit eintritt, was bspw. bei der<br />

Religionsfreiheit, ZGB 303, der Fall ist.<br />

Aus BV 11 II darf wohl abgeleitet werden, dass urteilsfähige Minderjährige im Bezug auf<br />

persönlichkeitsnahe Grundrechte wie persönliche Freiheit, Meinungs-, Informations-, Religions- Presse-,<br />

Vereins- und Versammlungsfreiheit grundrechtsmündig sind.<br />

Auch juristische Personen des Privatrechts können Träger von Grundrechten sein, soweit das<br />

betreffende Recht seiner Natur nach überhaupt einer juristischen Person zustehen kann.<br />

Bejaht: Wirtschaftsfreiheit, Eigentumsgarantie, Rechtsgleichheit Verneint: persönliche Freiheit, Ehefreiheit<br />

Die Religionsfreiheit steht nur denjenigen zu, die selbst religiöse Zwecke verfolgen.<br />

Juristische Personen des öffentlichen Rechts können nur ausnahmsweise in Grundrechten tangiert sein,<br />

nämlich dann, wenn sie sich auf dem Boden des Privatrechts bewegen und durch einen staatlichen Akt wie<br />

eine Privatperson betroffen werden.<br />

6. Einschränkung der Freiheitsrechte<br />

Zuständigkeit der ausfällenden Instanz, richtiges Verfahren<br />

Gesetzliche Grundlage<br />

Erfordernis des Rechtssatzes<br />

Generell-abstrakte Norm, genügend bestimmt; „so präzise formuliert, dass der Bürger sein Verhalten danach richten<br />

kann und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit<br />

erkennen kann.<br />

Erfordernis der Gesetzesform<br />

Schwerwiegende Eingriffe in Freiheitsrechte sind auf der Stufe eines Gesetzes zu normieren, für weniger<br />

schwerwiegende Eingriffe genügt eine kompetenzgemäss erlassene Verordnung.<br />

Zum Schutz fundamentaler Rechtsgüter bei Dringlichkeit genügt auch die polizeiliche Generalklausel.<br />

Öffentliches Interesse<br />

Neben dem öffentlichen Interesse gilt auch der Schutz von Grundrechten Dritter als Rechtfertigung für eine<br />

Grundrechtseinschränkung.<br />

Im öffentlichen Interesse liegt all das, was der Staat zum Gemeinwohl vorkehren muss, um eine ihm obliegende<br />

Aufgabe zu erfüllen. Dazu gehören polizeiliche Interessen – aber nicht nur ! Bspw. auch Umweltschutz,<br />

Raumplanung.<br />

Verhältnismässigkeit<br />

Der Eingriff in ein Freiheitsrecht darf nicht weiter gehen, als es das öffentliche Interesse erfordert. Es sind kumulativ<br />

erforderlich:<br />

Eignung der Massnahme<br />

Eine abstrakte Eignung genügt.<br />

Erforderlichkeit<br />

Die Massnahme hat zu unterbleiben, wenn eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für den angestrebten<br />

Erfolg ausreichen würde. Der Eingriff darf in sachlicher, räumlicher, personeller und zeitlicher Hinsicht nicht über das<br />

Notwendige hinausgehen.<br />

Verhältnismässigkeit i.e.S.<br />

Zwischen dem gesteckten Ziel und der zu seiner Erlangung notwendigen Freiheitsbeschränkung muss ein<br />

vernünftiges Ziel bestehen bzw. es geht um eine Abwägung der öffentlichen und betroffenen privaten Interessen.<br />

[Schirmbilduntersuchung]<br />

Wahrung des Kerngehaltes<br />

Der Kerngehalt von Grundrechten ist unantastbar, BV 36 IV.<br />

<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi


7. Sonderstatusverhältnis<br />

Seite 4 von 50<br />

Ein Sonderstatusverhältnis zeichnet sich durch eine besonders enge Beziehung zum Staat oder zu einer<br />

öffentlichen Anstalt aus, woraus sich besondere Pflichten ergeben.<br />

Die zwangsweise Begründung eines Sonderstatusverhältnis’ [bspw. Verhaftung] bedarf einer klaren<br />

gesetzlichen Grundlage auf der Stufe eines Gesetzes im formellen Sinn.<br />

Ebenso muss der wesentlichste Inhalt des Rechtsverhältnisses darin geregelt sein.<br />

8. Grundrechtsverzicht<br />

Ob der Einzelne in rechtsverbindlicher Weise über Einschränkungen im Bestand oder Ausmass seiner<br />

grundrechtlichen Ansprüche selbst bestimmen dürfe, ist auf Grund einer an der Verfassung ausgerichteten<br />

Abwägung von privaten und öffentlichen Interessen zu entscheiden.<br />

Infolge des allen Grundrechten inhärente Selbstbestimmungsrecht muss ein Grundrechtsverzicht an die<br />

Stelle der gesetzlichen Grundlage treten; die restlichen Eingriffsvoraussetzungen nach BV 36 müssen<br />

dennoch vorliegen.<br />

<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi


Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit<br />

BV 10, EMRK 2-5, ZP 6, UNO Pakt II 6-11<br />

Persönliche Freiheit<br />

Menschenwürde<br />

BV 7<br />

Recht auf Leben<br />

BV 10 I, EMRK 2, ZP 6<br />

Körperliche Integrität<br />

BV 10 III, EMRK 3<br />

Folterverbot<br />

Persönliche Freiheit ieS<br />

BV 10 II, EMRK 4<br />

Geistige Unversehrtheit<br />

BV 13, EMRK 8<br />

Schutz Privatsphäre, DatenS<br />

Seite 5 von 50<br />

Recht auf Hilfe in Notlage<br />

BV 12<br />

Bewegungsfreiheit<br />

BV 31, EMRK 5<br />

Garantie bei Freiheitsentzug<br />

Bei der Konkretisierung der persönlichen Freiheit berücksichtigt das Bundesgericht auch internationale<br />

Menschenrechtsabkommen, v.a. die EMRK und tlw. auch den UNO-Pakt II.<br />

EMRK 2 Recht auf Leben<br />

EMRK 3 Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung<br />

EMRK 4 Verbot der Sklaverei sowie von Zwangs- oder Pflichtarbeit<br />

EMRK 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit (BV 31)<br />

1. Schutzbereich<br />

Bedeutet aber keine<br />

allgemeine Handlungsfreiheit<br />

I. Recht auf Leben<br />

BV 10 I gewährleistet jedem Menschen das Recht auf Leben und verbietet die Todesstrafe.<br />

II. Recht auf physische Freiheit<br />

BV 10 II garantiert körperliche Unversehrtheit, Bewegungsfreiheit und geistige Unversehrtheit.<br />

2. Rechtsträger<br />

Die körperliche Integrität wird durch jeden Eingriff in den menschlichen Körper tangiert. Eine eigentliche Schädigung<br />

oder die Verursachung von Schmerzen wird nicht vorausgesetzt. (Impfung, Blutentnahme, Schirmbilduntersuchung).<br />

Extraktion einiger Haare; kleiner Nadelstich; nicht aber Urinprobe.<br />

Der Schutz der Bewegungsfreiheit bedeutet Schutz vor ungerechtfertigten Freiheitsentzügen wie Verhaftung oder<br />

Anstaltseinweisung. Es sind dies „(…) alle Massnahmen der öffentlichen Gewalt, durch die jemand gegen oder ohne<br />

seinen Willen an einem bestimmten begrenzten Ort für gewisse Dauer festgehalten wird.“<br />

Die geistige Unversehrtheit garantiert alle Freiheiten, welche elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung<br />

des Menschen darstellen. Sie schützt insbesondere den Bürger, in elementarer Weise 3 über seine Lebensweise zu<br />

entscheiden, insbesondere seine Freizeit zu gestalten, Beziehungen zu Mitmenschen anzuknüpfen und sich Kenntnis<br />

über das Geschehen in seiner näheren und weiteren Umgebung zu verschaffen.<br />

Relevant v.a. im Bereich Untersuchungshaft und Ausschaffungshaft.<br />

Relevant im Bereich Persönlichkeitsschutz; persönliche Freiheit umfasst auch Verfügungsrecht über sterbliche Hülle<br />

(Genfer Transplantationsgesetz)<br />

Relevant im Bereich künstliche Fortpflanzung; Wunsch nach Kindern ist Element der persönlichen Freiheit.<br />

(Generelles Verbot der in-vitro-Fertilisation wäre verfassungswidrig).<br />

Alle natürlichen Personen; nicht aber juristische Personen.<br />

Auch schon Personenvereinigungen, BGE 106 Ia 277; Groupe Action de Prison.<br />

3. Voraussetzungen für Einschränkungen<br />

I. Gesetzliche Grundlage<br />

Bedarf nach einer gesetzlichen Grundlage; bei einem schweren Eingriff ist eine klare, unzweideutige Grundlage in<br />

einem Gesetz im formellen Sinn notwendig.<br />

II. Öffentliches Interesse<br />

In erster Linie polizeiliche Interessen, ferner die Interessen der Allgemeinheit an der Wahrheitsfindung in Zivil- und<br />

Strafprozessen.<br />

Ein Freiheitsentzug, der über einen sehr kurzfristigen polizeilichen Gewahrsam hinausgeht, darf nur in den von EMRK<br />

5 I genannten Fällen erfolgen. (abschliessender Katalog).<br />

III. Verhältnismässigkeit<br />

Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist zu beachten.<br />

Insbesondere ist die in einzelnen Kantonen noch praktizierte Isolationshaft zulässig.<br />

Die ausländerrechtliche Administrativhaft wird nicht wegen des Verdachts einer Straftat angeordnet, sondern dient der<br />

Sicherstellung der Ausschaffung.<br />

3 I.S. der von Huber geforderten Einschränkung; ansonsten eine allgemeine Handlungsfreiheit aus BV 10 abgeleitet werden könne.<br />

<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi


Recht auf Privatsphäre<br />

BV 13, EMRK 8, UNO-Pakt II 17<br />

Seite 6 von 50<br />

EMRK 8 schützt die Privatsphäre in umfassender Weise, BV 13 I knüpft daran an. BV 13 II verankert den<br />

Anspruch auf Datenschutz.<br />

1. Schutzbereich<br />

I. Achtung des Privat- und Familienlebens<br />

Die Privatsphäre wird durch heimliche Überwachungsmassnahmen betroffen.<br />

Ebenso kann das Grundrecht im Ausländerrecht Fernhalte- und Entfernungsmassnahmen gegen Ausländer entgegenstehen,<br />

wenn diese besonders intensive private Beziehungen in der Schweiz unterhalten oder wenn deren<br />

Familienangehörige 4 in der Schweiz weilen.<br />

II. Unverletzlichkeit der Wohnung<br />

Der Grundrechtsschutz (v.a. gegen polizeiliche Zwangsmassnahmen) erfasst auch vorübergehend bewohnte Räume<br />

wie Hotelzimmer oder Wohnwagen.<br />

III. Schutz des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs<br />

Bspw. Briefgeheimnis des Untersuchungsgefangenen, Fernmeldeverkehr ist nach FMG 43 geschützt, wird aber durch<br />

BÜPF geregelt.<br />

IV. Datenschutz<br />

- Veröffentlichung des Namens eines fruchtlos gepfändeten Schuldners im Amtsblatt ist unverhältnismässig<br />

- Ableitung eines Auskunftsrechts über registrierte Daten seinerselbst<br />

- Beschaffung und Aufbewahrung personenbezogener Daten untersteht BV 13 II<br />

Recht auf Ehe und Familie<br />

BV 14, EMRK 8 und 12, UNO-Pakt II 23<br />

1. Schutzbereich<br />

Die Ehefreiheit ist das Recht, unbeeinträchtigt durch staatliche, insbesondere polizeiliche Einschränkungen eine Ehe<br />

einzugehen und eine Familie zu gründen.<br />

Ob das Recht auch ein Recht auf eheliches Zusammenleben enthält, wurde offengelassen.<br />

Das eheliche Zusammenleben ist allerdings eher durch BV 13 I i.V.m. EMRK 8 geschützt.<br />

Andere Formen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens, insbesondere das Konkubinat, sind nicht durch die<br />

Ehefreiheit, wohl aber durch die persönliche Freiheit, BV 10 II, und den Schutz der Privatsphäre, BV 13 I, geschützt.<br />

2. Einschränkungen<br />

I. Ehehindernisse des ZGB<br />

ZGB 96 – 104, 120. An die geforderte Urteilsfähigkeit dürfen keine allzu grossen Anforderungen gestellt werden.<br />

Eine dem schuldigen Ehegatten im Scheidungsurteil auferlegte Wartefrist für die Eingehung einer neuen Ehe verstösst<br />

gegen EMRK 12.<br />

II. Einschränkungen für Gefangene<br />

Dass der Vollzug der Ehe während der Dauer des Freiheitsentzugs nicht möglich sei, ist nach Ansicht der Kommission<br />

kein Hindernis, dem Gefangenen das Recht auf Eheabschluss zu verweigern, da sie – selbst wenn sie nicht vollzogen<br />

wird – zur Stabilisierung und Resozialisierung des Täters beitragen kann.<br />

In der Untersuchungshaft sind weitergehende Beschränkungen als im Strafvollzug zulässig, bspw. Verweigerung,<br />

einen schriftlichen Heiratsantrag eines Untersuchungshäftlings an seine Komplizin weiterzuleiten.<br />

4 Sofern diese ein gefestigtes Anwesenheitsrecht haben und die Beziehung tatsächlich gelebt wird und intakt ist.<br />

<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi


Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit<br />

BV 15, EMRK 19, UNO-Pakt II 18<br />

Seite 7 von 50<br />

Religionsfreiheit bedeutet, dass ein Individuum in Selbstverantwortung, ohne staatliche Einmischung, über<br />

religiöse Fragen entscheiden kann.<br />

1. Schutzbereich<br />

Recht des Einzelnen, in seiner religiösen Überzeugung sowie deren Ausübung und Verbreitung nicht durch staatliche<br />

Vorschriften eingeschränkt zu werden.<br />

Nach BV 15 II hat jede Person das Recht, ihre Religion oder ihre weltanschauliche Überzeugung selbst zu wählen;<br />

geschützt sind alle Überzeugungen, die sich auf das Verhältnis des Menschen zum Göttlichen, zum Transzendenten<br />

beziehen und weltanschauliche Dimensionen haben.<br />

Die Abgrenzung zur Meinungsfreiheit ist fliessend.<br />

Sie schützt nicht nur vor Beschränkungen, sondern verpflichtet den Staat auch zur konfessionellen und religiösen<br />

Neutralität.<br />

I. Recht auf Äusserung und Betätigung religiöser Überzeugungen<br />

Spezialnorm im Verhältnis zur Meinungs- und Informationsfreiheit, weil BV 15 die Äusserung und Verbreitung religiöser<br />

Auffassungen und die (sachlich) kritische Auseinandersetzung mit religiösen Anschauungen anderer in Wort und<br />

Schrift zulässt.<br />

Nach BV 15 II umfasst dies auch die Befugnis, diese Religion oder Weltanschauung zu bekennen; was eigentliche<br />

Kultushandlungen wie Predigt, Messe, Gebet und Prozessionen umfasst.<br />

Geschützt wird auch das Befolgen religiöser Vorschriften (Bekleidung, Feiertage, Fasten, Speisetabus).<br />

II. Kein staatlicher Zwang zur Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft<br />

BV 15 IV; wonach niemand gezwungen werden darf, einer Religionsgemeinschaft anzugehören oder beizutreten.<br />

Ebenso darf der Kirchenaustritt nicht behindert werden. Die Landeskirchen dürfen aber ein klares Austrittsgesuch<br />

verlangen (Rechtssicherheit) und in einem formellen Verfahren den Willen überprüfen.<br />

III. Kein staatlicher Zwang zur Vornahme einer religiösen Handlung<br />

Schulgebet, Feldgottesdienst, religiöser Eid, Prozession, Einhalten konfessioneller Feiertage<br />

IV. Kein obligatorischer Religionsunterricht an öffentlichen Schulen<br />

Bis zur Religionsmündigkeit entscheiden die Eltern über den Besuch des Religionsunterrichts. Der Religionsunterricht<br />

ist daher in einem separaten Fach zu erteilen, Dispensierte dürfen nicht im Zimmer verbleiben müssen.<br />

V. Beschränkung der Kultussteuern<br />

Kultussteuern sind Steuern, die speziell für Kulturzwecke verwendet werden.<br />

Andersgläubige und Konfessionslose müssen die allgemeinen kantonalen Steuern auch bezahlen, selbst wenn damit<br />

Beiträge an die Kirchen finanziert werden.<br />

Von konfessionell gemischten Familien darf von der jeweiligen Religionsgemeinschaft nur ein Bruchteil der vollen<br />

Kirchensteuer verlangt werden.<br />

Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen – ständige Praxis seit 1978 – ist verfassungsmässig, was in der Lehre<br />

aber abgelehnt wird.<br />

VI. Konfessionelle Neutralität an öffentlichen Schulen<br />

Grundlage dazu bildet BV 15 IV und 62 II; so verstösst bspw. das Anbringen von Kruzifixen in Klassenzimmern gegen<br />

die Pflicht zur religiösen Neutralität. Auch ein System mit konfessionell getrennten öffentlichen Schulen ist<br />

verfassungswidrig.<br />

VII. Anspruch auf schickliche Beerdigung<br />

Ergibt sich aus BV 7; aus der Würde des Menschen.<br />

Verstorbene müssen so bestattet werden, wie es die ortsübliche Ehrung der Toten erfordert. Wo es ortsüblich ist, hat<br />

auch der Konfessionslose Anspruch auf Glockengeläute, nicht aber auf eine kirchliche Abdankung.<br />

Es ist ein Anspruch auf positive Leistung des Staates, der von den nächsten Angehörigen geltend gemacht werden<br />

kann.<br />

Ein verfassungsmässiges Recht auf freie Grabmalgestaltung wurde verneint, BGE 96 I 104.<br />

2. Rechtsträger<br />

Alle natürlichen Personen;<br />

Juristische Personen ausnahmsweise, sofern sie selbst religiöse Ziele verfolgen.<br />

Die Religionsmündigkeit tritt bereits mit 16 Jahren ein, bis zu diesem Zeitpunkt entscheiden jedoch die<br />

Eltern, ZGB 303.<br />

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3. Einschränkungen<br />

I. Strafrechtliche Schranken<br />

StGB 261; wer öffentlich und in gemeiner Weise Glaubensüberzeugungen anderer beschimpft.<br />

II. Polizeiliche Einschränkungen<br />

Gewerbepolizeiliche Vorschriften betr. Hausieren mit religiösen Schriften / Sammeln von Geld<br />

SVG-Vorschrift (Helmtragepflicht) gilt auch für Sikhs und beeinträchtigt nicht deren Religionsfreiheit.<br />

Seite 8 von 50<br />

„Aus dem Wesen der Religionsfreiheit ergibt sich zum Beispiel, dass das Anwerben für eine Religion grundsätzlich<br />

nicht wegen deren Inhalts als täuschend oder unlauter angesehen werden darf. Die Tatsachen, über die getäuscht<br />

wird, müssen sich regelmässig ausserhalb des Inhalts einer Religion befinden, da sich die Wahrheit von<br />

transzendenten Aussagen definitionsgemäss einer Überprüfung durch staatliche Gerichte entzieht. Einzig die Methode<br />

des Anwerbens für irgendeine Sache darf in einer demokratischen Gesellschaft als täuschend oder unlauter<br />

angesehen werden, wenn sie die Freiheit, sich für oder gegen diese Sache zu entscheiden, nicht respektiert oder<br />

Personen betrifft, die sich nicht frei entscheiden können. In diesem Fall ist eine Beschränkung der Religionsfreiheit<br />

zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig. Diesen nicht immer leichten Weg der verfassungsmässigen<br />

Auslegung zu gehen, kann insbesondere den Gerichten, als juristisch geschulten Behörden durchaus zugetraut<br />

werden (BGE 125 I 127 E. 10b S. 159). Solange keine Gerichtspraxis dazu besteht, wird die Polizei von sich aus eine<br />

Anwerbemethode nur zurückhaltend als täuschend oder unlauter betrachten können, BGE 125 I 369, 384.“<br />

Ein Verbot des Anwerbens mit täuschenden oder unlauteren Methoden ist deshalb vereinbar.<br />

Die Benutzung des öffentlichen Grundes kann aus verkehrspolizeilichen Gründen eingeschränkt werden.<br />

Im Strafvollzug ergeben sich im öffentlichen Interesse liegende Einschränkungen der Kultusfreiheit, es ist jedoch<br />

unzulässig, die öffentlich-rechtlichen Landeskirchen zu privilegieren.<br />

III. Schächtverbot<br />

Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor dem Blutentzug; vgl. Tierschutzgesetz 20 f.<br />

IV. Weitere Einschränkungen<br />

Die Militärdienstpflicht oder zivile Ersatzpflicht ist in BV 59 I statuiert; der Grundschulunterricht ist nach BV 62 II<br />

obligatorisch. Bei der konkreten Ausgestaltung dieser Pflichten muss jedoch der Glaubens- und Gewissensfreiheit<br />

Rechnung getragen werden.<br />

Bund und Kantone sind im Rahmen ihrer Zuständigkeit befugt, Massnahmen zur Wahrung des öffentlichen Friedens<br />

zwischen Angehörigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften zu treffen, BV 72 II.<br />

Der Bistums-Artikel (Bundesgenehmigung zur Errichtung eines Bistums) wurde per 10.06.2001 aufgehoben.<br />

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Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit<br />

BV 16 und 17, EMRK 10, UNO-Pakt II 19<br />

Seite 9 von 50<br />

Die Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit garantiert zusammen mit anderen Grundrechten (v.a. der<br />

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) die Freiheit der sozialen Kommunikation.<br />

« C’est le fondament de tout Etat démocratique, BGE 96 I 586 »<br />

Meinungsfreiheit<br />

BV 16 I und II<br />

Freie Meinungsbildung<br />

Freie Verbreitung von Meinungen<br />

1. Schutzbereich<br />

Informationsfreiheit<br />

BV 16 I und III<br />

Empfang und Beschaffung von Infos<br />

aus allgemein zugänglicher Quelle<br />

Verbreitung von Informationen<br />

Anspruch auf Behördeninformation ?<br />

Medienfreiheit<br />

BV 17<br />

Für Presse, Radio, Fernsehen<br />

Verbot der Zensur<br />

Redaktionsgeheimnis<br />

I. Begriff der Meinung<br />

Nicht nur Ergebnisse rationaler Denkvorgänge, sowie rational fassbar und mitteilbar gemachte Überzeugungen in der<br />

Art von Stellungnahmen, Wertungen, Anschauungen, Auffassungen und dergleichen, sondern auch das Kunstschaffen<br />

und dessen Hervorbringen.<br />

Nachrichten werden wie Meinungen geschützt und bei den Meinungen ist es irrelevant, ob sie zu ideellen oder<br />

kommerziellen [bspw. Satelliten-TV] Zwecken erfolgen.<br />

II. Geschützte Tätigkeit<br />

Bildung, Äusserung und Verbreitung der Meinung, BV 16 II.<br />

Eng damit verknüpft ist die Freiheit, Informationen frei zu beschaffen und zu verbreiten, BV 16 III.<br />

Es ist jedoch nicht jedes Handeln, das mittelbar eine Meinung zum Ausdruck bringt, durch BV 16 geschützt<br />

[demonstratives Verlassen des Gerichtssaales]<br />

Wissenschaftliche Lehrmeinungen werden durch die Wissenschaftsfreiheit, BV 20, Werke der Kunst durch die<br />

Kunstfreiheit geschützt, BV 21.<br />

Die neuere Praxis leitet aus der Meinungsfreiheit in Verbindung mit der Versammlungsfreiheit einen bedingten<br />

Anspruch von Demonstranten auf Benützung des öffentlichen Grundes ab.<br />

III. Meinungsfreiheit, BV 16 I und II<br />

Auffanggrundrecht, das zur Anwendung gelangt, wenn es um schützenswerten Austausch von Meinungen oder<br />

Informationen geht, aber keines der spezifischen Kommunikationsrechte betroffen ist.<br />

Informationsfreiheit, BV 16 III<br />

Umfasst das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu<br />

verbreiten.<br />

Ein allgemeiner Anspruch auf Behördeninformation wird verneint 5 ; informieren jedoch Behörden, sind sie an das<br />

Rechtsgleichheitsgebot und an das Willkürverbot gebunden.<br />

So wurde eine Informationspflicht in RVOG 10 statuiert.<br />

Demonstrationsfreiheit<br />

Demonstrationen geniessen den Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.<br />

Demonstrationen auf öffentlichem Grund sind weiter gehenden Beschränkungen unterworfen als Versammlungen<br />

und Meinungsäusserungen auf privatem Grund, da dabei der der Öffentlichkeit zustehende Raum von einer<br />

Gruppe in besonderer Weise in Anspruch genommen wird. (gesteigerter Gemeingebrauch)<br />

Medienfreiheit, BV 17<br />

Die Pressefreiheit ist das Recht, seine Meinung ohne Beeinträchtigung des Staates durch Druckerzeugnisse zu<br />

äussern und zu verbreiten. In den Schutzbereich fallen auch gedruckte bildliche Darstellungen, bspw. auf<br />

Plakaten oder satirischen Zeitschriften.<br />

Die Radio- und Fernsehfreiheit ist auch im Lichte von BV 93 III die Autonomie, frei von staatlichen Eingriffen eine<br />

Programmgestaltung vorzunehmen. BV 93 II Satz 3 verpflichtet zu einer sachlichen Information und<br />

Berücksichtigung gegensätzlicher politischer Standpunkte, womit der monopolähnlichen Stellung der SRG<br />

Rechnung getragen wird.<br />

Nicht ableitbar ist aber ein Recht auf Antenne, d.h. ein Anspruch auf Verbreitung bestimmter Darbietungen und<br />

Informationen durch einen Veranstalter, RTVG 5 III.<br />

5 A.M. J.P. Müller: „Es kann doch kein Zweifel sein, dass die verfassungsmässig gewährleistete freie Meinungsbildung vereitelt<br />

würde, wenn eine Regierung einen ganzen Bereich ihrer Tätigkeit oder der übrigen Staatsverwaltung grundsätzlich und absolut<br />

vom Einblick der Öffentlichkeit fernhalten wollte.“<br />

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2. Rechtsträger<br />

Seite 10 von 50<br />

Alle natürlichen und juristischen Personen.<br />

Auch urteilsfähige Minderjährige können sich darauf berufen, BV 11 II.<br />

Auch Ausländern steht die Meinungsfreiheit zu, doch können ihnen stärkere Beschränkungen auferlegt<br />

werden, insbesondere was die politische Komponente betrifft. Ausländer dürfen sich politisch betätigen,<br />

soweit sie dadurch die innere oder äussere Sicherheit nicht gefährden.<br />

3. Einschränkungen<br />

I. Zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortlichkeit<br />

Beschränkungen der Meinungsfreiheit sind notwendig, um andere Personen in ihren persönlichen Verhältnissen und in<br />

ihrer Ehre zu schützen.<br />

Beschränkungen: ZGB 28 – 28l, OR 41, 49, StGB 173 ff, 276 Ziff. 1 I, 275 bis , 296.<br />

Weitere Einschränkungen ergeben sich aus dem UWG<br />

Personen, die im staatlichen Leben hervortreten, müssen sich mehr Kritik und Berichterstattung, sogar über die<br />

persönlichen Verhältnisse 6 II.<br />

, gefallen lassen.<br />

Allgemeine Voraussetzungen<br />

Gesetzliche Grundlage, öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit.<br />

Zulässig: Verpflichtung zu sachlicher Berichterstattung in kantonalem Gerichtsorganisationsgesetz<br />

Ausschluss fehlbarer Gerichtsberichterstatter von öffentlichen Verhandlungen<br />

Vermummungsverbot bei Demonstrationen (mit Ausnahmen)<br />

III. Verbot präventiver Massnahmen<br />

Bspw. Verbot der Zensur, d.h. jede behördliche Kontrolle des Inhalts von Sendungen oder Druckerzeugnissen.<br />

Allerdings dürfen Demonstrationen auf öffentlichem Grund generell einer Bewilligungspflicht unterstellt werden und<br />

auch der Vertrieb von Druckerzeugnissen auf öffentlichem Grund darf unter gewissen Voraussetzungen<br />

bewilligungspflichtig erklärt werden.<br />

Die Pflicht, vorgesehene Redner an Demos in dem Gesuch um Bewilligung anzugeben, verstösst gegen die<br />

Meinungsfreiheit. [Sie können immer noch nach der Bewilligung angegeben werden].<br />

IV. Besonderheiten bei der Beanspruchung von öffentlichem Grund<br />

Nach Bundesgericht ist die für die Aufsicht über öffentliche Sachen zuständige Behörde auch ohne gesetzliche<br />

Grundlage 7 befugt, eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung öffentlichen Grundes von einer<br />

Bewilligung abhängig zu machen.<br />

Betreffend Demonstrationen besteht wohl gestützt auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein bedingter<br />

Anspruch auf Bewilligung des gesteigerten Gemeingebrauchs; aber Einschränkungen sind nicht nur aus polizeilichen<br />

Gründen, sondern auch aus anderen öffentlichen Interessen möglich.<br />

Bei der Abgabe von Drucksachen auf öffentlichem Grund spielt die Intensität der Benutzung öffentlichen Grundes eine<br />

Rolle, die u.a. durch die Entgeltlichkeit beeinflusst wird.<br />

V. Einschränkungen für Personen im Sonderstatusverhältnis<br />

Die Meinungspflicht des Beamten wird durch seine Treuepflicht eingeschränkt, welche innerhalb und ausserhalb des<br />

Dienstes zum Tragen kommt. Eine Verletzung liegt vor, wenn eine Äusserung erfolgt, die seine Amtsführung oder das<br />

Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung beeinträchtigen würde.<br />

Auch der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit verlangt vom Richter, dass er sich politischer<br />

Meinungsäusserungen enthält, die das gesellschaftliche Umfeld von Vorgängen betreffen, die die Rechtspflegeorgane<br />

zum Einschreiten veranlassen.<br />

4. Verhältnis zu anderen Freiheitsrechten<br />

Auch bei der Beurteilung von Äusserungen kommerziellen Inhalts darf nicht allein auf die Wirtschaftsfreiheit<br />

abgestellt werden, sondern muss die Meinungsfreiheit mitberücksichtigt werden.<br />

BV 15 ist lex specialis zur Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit.<br />

Ausnahmsweise kann eine staatliche Eingriffsmassnahme gleichzeitig die Meinungsfreiheit und ein anderes<br />

ideelles Freiheitsrecht tangieren (Grundrechtskonkurrenz). Durch ein Demonstrationsverbot werden bspw.<br />

sowohl die Meinungsfreiheit wie auch die Versammlungsfreiheit beschränkt.<br />

6 Soweit diese für die staatliche Stellung der Betreffenden von Bedeutung sind, BGE 71 II 191.<br />

7 Sehr umstritten, ein gewichtiger Teil der Lehre geht vom Gegenteil aus, vgl. Allgemeines Verwaltungsrecht.<br />

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Sprachenfreiheit<br />

BV 4, 18, 70<br />

1. Schutzbereich<br />

Seite 11 von 50<br />

Die Sprachenfreiheit ist die Befugnis zum Gebrauch der Muttersprache; wobei der Begriff der<br />

Muttersprache auch jene Zweit- oder Drittsprachen umfasse, welche einer Person nahe stehen und welcher<br />

sie sich vernünftigerweise zu bedienen pflegt, ZBl 83 (1982) 361.<br />

Tlw. wird sogar vom Begriff ausgegangen, dass die Sprachenfreiheit jede Sprache 8 schütze, derer sich<br />

jemand bedient.<br />

2. Rechtsträger<br />

Alle natürlichen Personen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Ein Teil der Lehre befürwortet auch,<br />

dass sich juristische Personen auf die Sprachenfreiheit berufen können.<br />

3. Einschränkungen<br />

Die Anerkennung der 4 Landessprachen in BV 4 bedeutet insofern eine Einschränkung, als sie die<br />

überkommene sprachliche Zusammensetzung des Landes gewährleistet und die Erhaltung der<br />

überlieferten Ausdehnung gewährleistet (Territorialitätsprinzip, ansatzweise BV 70 II Satz 2); die Kantone<br />

sind daher aufgrund dieser Bestimmung befugt, Massnahmen zu ergreifen, um die überlieferten Grenzen<br />

der Sprachegebiete und deren Homogenität zu erhalten.<br />

Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus BV 70 I und II Satz 1 in Bezug auf die Amtssprache; im<br />

Umgang mit Behörden muss die Amtssprache verwendet werden.<br />

4. Bundesgerichtliche Praxis<br />

Territorialitätsprinzip:<br />

Zulässige kantonalzürcherische Regelung, wonach Schüler französischer Muttersprache im Kt. Zürich nach 2 Jahren<br />

Privatschule zwingend in eine deutschsprachige Schule übertreten müssen<br />

Gemeinde St. Martin (überwiegend deutschsprachig) muss keine Klassen in romanisch führen und muss auch kein<br />

Schulgeld bezahlen für Kinder, die in der Nachbargemeinde romanischen Unterricht besuchen.<br />

Ein in einer deutschsprachigen Gemeinde des Kantons Bern wohnendes Kind französischer Muttersprache darf nicht<br />

gezwungen werden, die deutschsprachige Schule zu besuchen, wenn eine französischsprachige Gemeinde das Kind auf<br />

Kosten der Eltern aufnimmt.<br />

Aus dem Territorialitätsprinzip wurde in einigen Fällen ein die Wirtschaftsfreiheit überwiegendes öffentliches Interesse am<br />

Verbot deutschsprachiger Leuchtreklamen und Hinweistafeln in einer mehrheitlich rätoromanischen Gemeinde abgeleitet.<br />

Fremdsprachige Beschuldigte können aus der Bundesverfassung – v.a. aus BV 31 II und 32 II – und aus der EMRK<br />

diejenigen Verfahrensrechte ableiten, die für eine wirksame Verteidigung notwendig sind, bspw. die Information über die<br />

erhobenen Beschuldigungen und die wesentlichen Verfahrensschritte in einer ihnen verständlichen Sprache.<br />

Wissenschafts- und Kunstfreiheit<br />

BV 20 und 21, EMRK 10 und UNO Pakt II 19.<br />

Die Wissenschaftsfreiheit als lex specialis der Meinungsfreiheit umfasst die wissenschaftliche Lehr- und<br />

Kritikfreiheit.<br />

Die ebenfalls gewährte Forschungsfreiheit wurde bspw. durch Normen der modernen Fortpflanzungsmedizin<br />

einschränkt.<br />

Auch die Kunstfreiheit, nämlich das Kunstschaffen und dessen Hervorbringen, gilt als lex specialis zur<br />

Meinungsfreiheit; obwohl die Abgrenzung mangels einer einheitlichen Definition von „Kunst“ schwierig ist.<br />

Kunst sollte jedoch weit umschrieben werden.<br />

Sprayer von Zürich: EuGRZ 1984, S. 259, 271.<br />

8 EHRENZELLER, ST. GALLER KOMMENTAR ZU ART. 18, RZ 14: natürliche Sprachen in der Form des allgemeine Umganges wie auch<br />

dialektale Ausprägungen, Gebärdensprache, Kunstsprachen wie das lingua franca oder Esperanto, Fachsprachen.<br />

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Versammlungsfreiheit<br />

BV 22, EMRK 11, UNO Pakt II 21<br />

1. Schutzbereich<br />

I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />

Die Versammlungsfreiheit ist die gegen staatliche Eingriffe geschützte Freiheit,<br />

Versammlungen zu organisieren<br />

an Versammlungen teilzunehmen<br />

oder Versammlungen fernzubleiben.<br />

Seite 12 von 50<br />

Geschützt sind Versammlungen in geschlossenen Räumen und im Freien, auf privatem und auf öffentlichem Grund.<br />

Bei Versammlungen auf öffentlichem Grund sind aber weiter gehende Beschränkungen zulässig.<br />

II. Definition der Versammlung<br />

Eine Versammlung ist eine vorübergehende, d.h. zeitlich beschränkte Zusammenkunft, die i.a.R. an einem bestimmten<br />

Ort stattfindet, aber sich auch in Bewegung befinden kann.<br />

Es genügt bereits eine tatsächliche Organisation. [Bei der Vereinigungsfreiheit: rechtliche Organisation]<br />

Elementar ist der meinungsbildende Zweck; Gaffer an einer Unfallstelle oder Fussballfans sind keine Versammlung.<br />

Die Versammlungsfreiheit verpflichtet den Staat bedingt, öffentlichem Grund bzw. ihm gehörenden Räumlichkeiten 9<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

2. Rechtsträger<br />

Träger der Versammlungsfreiheit sind natürliche wie juristische Personen. Juristische Personen können<br />

sich zwar – analog der Meinungsfreiheit – nicht als solche versammeln, können wohl aber eine<br />

Versammlung organisieren und insoweit in ihrer Freiheit eingeschränkt werden.<br />

Sie steht auch Ausländern zu, allerdings mit einer grösseren Einschränkungsmöglichkeit.<br />

3. Einschränkungen<br />

I. Allgemeine Voraussetzungen<br />

Bedürfnis der gesetzlichen Grundlage; selbst in Bereichen von öffentlichen Sachen<br />

Die Bewilligungspflicht für öffentliche Sachen muss daher in einem Rechtssatz geregelt sein, um der BV und der<br />

EMRK zu genügen.<br />

Für das öffentliche Interesse gelten bei Versammlungen auf privatem Grund nur polizeiliche Interessen; bei<br />

Versammlungen auf öffentlichem Grund auch weitere Interessen.<br />

Die Verhältnismässigkeit ist zu beachten; insbesondere sind Verbote in räumlicher, zeitlicher, sachlicher und<br />

personeller Sicht auf das Notwendigste zu beschränken.<br />

Präventive Massnahmen, wie bspw. Bewilligungspflicht, sind zulässig.<br />

II. Störerprinzip<br />

Polizeiliche Massnahmen sind nur gegen den Störer zu richten, d.h. denjenigen, der die öffentliche Sicherheit und<br />

Ordnung stört oder gefährdet.<br />

Ausnahmsweise kann in Fall eines Polizeinotstandes – gestützt auf die Polizeigeneralklausel – zum Schutz der<br />

öffentlichen Sicherheit notwendig sein, die Versammlungsfreiheit von Nichtstörern einzuschränken 10 .<br />

9 Aubert: Les requérants pourraient demander l’usage d’un local public s’ils ne trouvent aucun lieu où se réunir. Motif : en<br />

garantissant un droit fondamental, la Constitution oblige l’Etat à prendre les mesures qui sont nécessaires pour le réaliser.<br />

10 Vgl. generelles Versammlungsverbot in Genf nach den Ausschreitungen zum G-8 Gipfel in Evian vom Juni 2003.<br />

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Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit<br />

BV 23 und 28, EMRK 11, UNO-Pakt I 8, UNO Pakt II 22<br />

Vereinigungsfreiheit, BV 23<br />

1. Schutzbereich<br />

I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />

Vereinigungsfreiheit bedeutet die Freiheit, ohne Beeinträchtigung seitens des Staates<br />

Vereinigungen zu bilden<br />

Vereinigungen beizutreten oder anzugehören<br />

und sich an den Tätigkeiten von Vereinigungen zu beteiligen.<br />

Seite 13 von 50<br />

II. Geschützte Vereinigungen<br />

Vereinigungen sind auf Dauer gerichtete Zusammenschlüsse von Personen, die einem gemeinsamen ideellen Zweck<br />

verfolgen. Die Rechtsform ist unerheblich.<br />

Vereinigungen mit Erwerbszwecken unterstehen nur der Wirtschaftsfreiheit<br />

Vereinigungen mit religiösen Zwecken unterstehen der Glaubens- und Gewissensfreiheit als lex specialis.<br />

2. Rechtsträger<br />

Die Vereinigungsfreiheit steht auch Ausländern zu, doch sind bei Ausländervereinen, die politische<br />

Zielsetzungen verfolgen, stärkere polizeiliche Beschränkungen zulässig.<br />

Auch die juristische Person selbst kann sich auf die Vereinigungsfreiheit berufen und sich bspw. für eine<br />

ungestörte Ausübung ihrer Tätigkeit selbständig zur Wehr setzen.<br />

3. Einschränkungen<br />

I. Im Allgemeinen<br />

Gemäss BV 36.<br />

Darüber hinaus sind rechtswidrige und staatsgefährliche Vereinigungen verboten.<br />

Rechtswidrig ist eine Vereinigung, deren Zweck oder Mittel rechtswidrig ist; nicht aber eine Vereinigung, die an der<br />

bestehenden Rechtsordnung Kritik übt und diese auf verfassungsmässigem Weg abändern will.<br />

Staatsgefährlich ist eine Vereinigung, die die staatliche Ordnung mit Gewalt abändern will und den gewaltsamen<br />

Umsturz propagiert.<br />

Zum Schutz polizeilicher Güter kann die Tätigkeit einer Vereinigung beschränkt werden.<br />

Unzulässig sind jedoch grundsätzlich Präventivmassnahmen (Bewilligungspflicht für Gründung usw.)<br />

II. Für Personen im Sonderstatusverhältnis<br />

Es kann bspw. gegen die Treuepflicht verstossen, wenn ein hochgestellter Funktionär im Integrationsbüro des Bundes<br />

einer Vereinigung beitritt, die sich zum Ziel gesetzt hat, eine weitere Integration der Schweiz in Europa zu verhindern.<br />

III. Öffentlich-rechtliche Zwangsverbände<br />

Bei genügend starkem öffentlichem Interesse kann die Mitwirkung in einem Verein vorgeschrieben werden oder sogar<br />

die Zwangsmitgliedschaft bei einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die vom Staat mit der Wahrnehmung einer<br />

sachlich begrenzten Aufgabe betraut wird, rechtlich zulässig sein; bspw. Krankenkasse.<br />

Koalitionsfreiheit, BV 28<br />

1. Schutzbereich<br />

I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />

Koalition ist die Freiheit der Sozialpartner zur Bildung von Vereinen zum Schutz der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.<br />

[Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände].<br />

II. Streik und Aussperrung<br />

Es gibt kein subjektives Recht auf Streik (kollektive Arbeitsverweigerung), der Streik wird aber als „ultima ratio“ unter<br />

bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtet.<br />

Ein generelles Streikverbot für Verwaltungsangestellte wäre verfassungswidrig, BPG 24 I genügt der BV.<br />

III. Drittwirkung<br />

Die Teilnahme an einem rechtmässigen Streik verletzt den Arbeitsvertrag nicht und stellt daher keinen Kündigungsgrund<br />

dar.<br />

Ebenso sind Bestimmungen in einem Arbeitsvertrag oder GAV, wodurch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber zum Eintritt in<br />

einen vertragsschliessenden Verband gezwungen werden, sind nach OR 356a I nichtig.<br />

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Niederlassungsfreiheit<br />

BV 24, 115; UNO-Pakt II 12, BG über die Zuständigkeit Unterstützung Bedürftiger (SR 851.1)<br />

1. Schutzbereich<br />

Seite 14 von 50<br />

I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />

Die Niederlassungsfreiheit ist das Recht aller Schweizer Bürger, sich an jedem Ort der Schweiz niederzulassen 11 oder<br />

aufzuhalten und den bisherigen Niederlassungsort jederzeit wieder zu verlassen.<br />

Sie schliesst auch das Recht ein, die Schweiz zu verlassen oder wieder in die Schweiz einzureisen.<br />

Es ergibt sich jedoch nicht aus der Niederlassungsfreiheit, dass Niedergelassene und Aufenthalter in jedem Sinne<br />

gleich zu behandeln sei 12 .<br />

II. Örtlicher Geltungsbereich<br />

Die Niederlassungsfreiheit gilt innerkantonal und interkantonal. Sie umfasst auch die Auswanderungsfreiheit, die den<br />

Anspruch auf Ausstellung eines Passes begründet.<br />

2. Rechtsträger<br />

Die Niederlassungsfreiheit gilt nur für Schweizer Staatsbürger. Der Wohnsitz unmündiger Kinder wird durch<br />

die Eltern bzw. den obhutsberechtigten Elternteil bestimmt, ZGB 25.<br />

Juristische Personen können sich nicht auf BV 24 berufen, die Sitzverlegung wird nach dem ZGB beurteilt.<br />

3. Einschränkungen<br />

I. Eingeschränkte Rechtfertigung<br />

Bei der Niederlassungsfreiheit sind die bei den anderen Freiheitsrechten zulässigen Beschränkungen,<br />

insbesondere diejenigen polizeilicher Natur, nicht erlaubt. Auch dürfen Ausweisschriften nicht wegen<br />

Steuerschulden zurückbehalten werden.<br />

Aus Sonderstatusverhältnissen können sich aber Beschränkungen ergeben; in der Praxis wird eine sog.<br />

Residenzpflicht (Wohnsitzpflicht von Beamten am Arbeitsort) unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig<br />

anerkannt. Sie muss jedoch gesetzlich vorgesehen sein, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.<br />

Ein öffentliches Interesse liegt vor,<br />

Wenn die Art des Dienstes eine erhöhte Bereitschaft am Arbeitsort erfordert (Polizei, Feuerwehr)<br />

Wo eine gewisse Verbundenheit von Beamten mit der Bevölkerung für die sachgerechte Aufgabenerfüllung<br />

von Bedeutung ist (Lehrer, Gemeindeschreiber in kleineren Gemeinden).<br />

aber nicht mehr, um die Steuern der betroffenen Beamten (Arbeitnehmer) zu sichern.<br />

Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Ehegatten den Wohnsitz gemeinsam bestimmen. Unterstehen die<br />

Ehegatten der Residenzpflicht verschiedener Gemeinwesen, kann sich aus BV 24 i.V.m. 8 III ein Anspruch auf eine<br />

Ausnahmeregelung ergeben.<br />

4. Prinzip der wohnörtlichen Unterstützung<br />

Seit 1975 obliegt die Unterstützung Bedürftiger dem Wohnsitzkanton.<br />

Schutz vor Ausweisung, Auslieferung und Ausschaffung<br />

BV 25, EMRK 3, UNO-Pakt II 7<br />

BV 25 II übernimmt das in Abs. 1 enthaltene, eng mit der Niederlassungsfreiheit verbundene Ausweisungsverbot für Schweizer.<br />

Abs. 2 und 3 schützen grundlegende menschenrechtliche Ansprüche ausländischer Staatsangehöriger.<br />

I. Schutz schweizerischer Staatsangehöriger gegen Ausweisung und Auslieferung<br />

Ausweisung ist die verbindliche Verpflichtung, das Staatsgebiet zu verlassen; das Verbot gilt absolut.<br />

Auslieferung ist die Übergabe an einen fremden Staat auf Ersuchen des betreffenden Staates; es ist nur mit dem<br />

Einverständnis des Betroffenen zulässig. Verweigert er die Zustimmung, kommt StGB 6 zur Anwendung.<br />

vgl. IRSG; BG über internationale Rechtshilfe in Strafsachen<br />

II. Schutz von Flüchtlingen gegen Ausschaffung oder Auslieferung an einen „Verfolgerstaat“<br />

BV 25 II schützt i.V.m. AsylG 45 Flüchtlinge vor der Ausschaffung oder Auslieferung in einen Staat, in dem ihnen<br />

Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder<br />

wegen politischer Anschauungen droht, sog. Non-Refoulement-Gebot (zwingendes Völkerrecht).<br />

Dieses Gebot gilt aber nicht für Personen, die die Sicherheit der Schweiz gefährden oder als gemeingefährlich gelten.<br />

III. Schutz aller Menschen vor Ausschaffung oder Auslieferung an einen „Folterstaat“<br />

BV 25 III schützt alle Menschen vor Ausschaffung oder Auslieferung an einen Staat, in dem ihnen Folter droht.<br />

BV 25 III gilt – im Unterschied zu BV 25 II- absolut.<br />

11<br />

Deshalb ist auch die Befugnis mit eingeschlossen, sich auch nur für kürzere Zeit dort aufzuhalten.<br />

12<br />

BGE 93 I 17: Eine nur von auswärts wohnenden Eigentümern von Ferienhäusern und ihren Gästen erhobene Kurtaxe verstösst<br />

nicht gegen die Niederlassungsfreiheit.<br />

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Eigentumsgarantie<br />

BV 26<br />

Eigentumsgarantie als Institutsgarantie<br />

1. Schutzbereich<br />

Seite 15 von 50<br />

I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />

Die Eigentumsgarantie schützt das Privateigentum als in seinem Kern unantastbares Institut der Rechtsordnung.<br />

Sie gilt als verletzt, wenn der Gesetzgeber Normen aufstellt, welche das Privateigentum als fundamentale Einrichtung<br />

der schweizerischen Rechtsordnung beseitigen oder aushöhlen, seiner Substanz berauben (…).<br />

II. Anwendungsfälle<br />

Bspw. generelle Ersetzung des Grundeigentums durch vom Staat verliehene Nutzungsrechte<br />

Bspw. uneingeschränktes Vorkaufsrecht des Gemeinwesens<br />

Bspw. konfiskatorische Besteuerung (allerdings sehr hoher Schwellenwert)<br />

Eigentumsgarantie als Bestandes- und Wertgarantie<br />

1. Schutzbereich<br />

I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />

Nicht nur das sachenrechtliche Eigentum, sondern auch andere vermögensrechtliche Rechte wie beschränkte<br />

dingliche Rechte, obligatorische Rechte und Immaterialgüterrechte.<br />

Auch öffentlich-rechtliche Berechtigungen, bspw. Vermögensrechte aus Konzessionen oder Ansprüche der Beamten,<br />

sofern sie als wohlerworbene Rechte qualifiziert werden.<br />

II. Inhalt des Bestandesschutzes<br />

Es werden die konkreten, individuellen Eigentumsrechte vor staatlichen Eingriffen geschützt.<br />

Eine Einschränkung bzw. ein Eingriff setzt voraus:<br />

Gesetzliche Grundlage<br />

Bei einem schweren Eingriff (Umzonung) wird eine klare und eindeutige Grundlage in einem Gesetz im<br />

formellen Sinn verlangt; volle Kognition des Bundesgerichts.<br />

Bei leichten Eingriffen genügen auch Verordnungen, nur Willkür-Kognition des Bundesgerichts.<br />

Öffentliches Interesse<br />

Jedes öffentliche Interesse ausser rein fiskalischen Interessen. Wichtige öffentliche Interessen sind die in<br />

der BV verankerten Anliegen des RPG, USG, GeschG und NHG.<br />

Öffentliches Interesse im Fall von Grundrechtskonkurrenz<br />

Bei Nutzungsvorschriften für Industrie- und Gewerbezonen tritt häufig eine Grundrechtskonkurrenz zwischen<br />

der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit auf. Die Frage, welchem Grundrecht ein solcher Sachverhalt<br />

zugeordnet werden muss, ist entscheidend; denn für die Beschränkung der Eigentumsfreiheit sind<br />

alle, für die Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit nur gewisse öffentliche Interessen zulässig.<br />

BGE 102 I a 104, 113; BGE 111 Ia 23, 29; BGE 110 Ia 167 ff.<br />

Verhältnismässigkeit<br />

III. Inhalt des Wertschutzes<br />

Wenn – und erst dann [!] – Beschränkungen des Eigentums zulässig sind, kommt die Eigentumsgarantie als<br />

Wertgarantie zum Tragen: Bei Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, ist<br />

volle Entschädigung zu leisten, BV 26 II.<br />

Eine formelle Expropriation liegt vor, wenn durch einen Hoheitsakt von der Eigentumsgarantie geschützte Rechte<br />

vollumfänglich oder teilweise entzogen und auf einen Dritten übertragen werden.<br />

Bei einer materiellen Expropriation findet keine Übertragung von Eigentumsrechten statt, es liegt aber eine öffentlichrechtliche<br />

Eigentumsbeschränkung vor, die den Eigentümer in einer Weise trifft, die einer formellen Expropriation<br />

gleichkommt und deshalb entschädigungspflichtig ist.<br />

Einem Eigentümer wird der bisherige oder ein voraussehbar („sicherer“) künftiger Gebrauch seiner Sache<br />

untersagt oder besonders schwer eingeschränkt, weil dem Eigentümer eine wesentliche, aus dem Eigentum<br />

fliessende Befugnis entzogen wird Grundlage für Entschädigung ist BV 26 II<br />

Ohne Entzug einer wesentlichen Eigentümerbefugnis werden ein einziger oder einzelne Eigentümer so<br />

betroffen, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erschiene und es mit der Rechtsgleichheit<br />

nicht vereinbar wäre, wenn hierfür keine Entschädigung geleistet würde Grundlage ist BV 8.<br />

2. Rechtsträger<br />

Hauptbeispiel einer materiellen Expropriation:<br />

Bauverbot eines eingezonten, erschlossenen und für bauliche Nutzung geeigneten Grundstücks.<br />

Rechtsträger der Eigentumsgarantie sind schweizerische Staatsangehörige und Ausländer.<br />

Ebenso juristische Personen.<br />

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Wirtschaftsfreiheit<br />

BV 27, 94 - 107<br />

Seite 16 von 50<br />

Erst 1874 erfolgte die Verankerung der Wirtschaftsfreiheit in der Verfassung. Sie ist in BV 27 [als<br />

Grundrecht des Einzelnen] und in BV 94 ff. [als Grundentscheidung für eine marktwirtschaftlich organisierte<br />

Wirtschaft] verankert. Dreiteilung nach J.P. Müller:<br />

Institutionelle Funktion Individualrechtliche Funktion Bundesstaatliche Funktion<br />

BV 94<br />

Grundentscheidung für eine<br />

Wirtschaftsordnung des freien<br />

Wettbewerbs<br />

BV 27<br />

Wirtschaftsfreiheit als Grundrecht<br />

BV 95 ff.<br />

Bundeskompetenzen im Interesse<br />

eines einheitlichen Wirtschaftsraums<br />

Schweiz<br />

Das Verhältnis zwischen Wirtschaftsfreiheit und Wirtschaftspolitik ist als eine Beziehung von Grundsatz und<br />

Ausnahme zu verstehen. Zum einen bildet die Wirtschaftspolitik bspw. mittels Konjunktur- und<br />

Wettbewerbspolitik eine unerlässliche Stütze der Wirtschaftsfreiheit, zum nehmen aber etliche Teilbereiche<br />

der Wirtschaftspolitik die Realität von der Wirtschaftsfreiheit aus (Landwirtschaftspolitik, Sozialpolitik usw.).<br />

1. Schutzbereich<br />

I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />

Die Wirtschaftsfreiheit bedeutet das Recht des Einzelnen, uneingeschränkt von staatlichen Massnahmen jede<br />

privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit frei auszuüben und einen privatwirtschaftlichen Beruf frei zu wählen.<br />

Es wird daher die freie Konkurrenz im Erwerbsleben sowie die Freiheit der Berufswahl im privatwirtschaftlichen Bereich<br />

garantiert.<br />

Die Vertragsfreiheit steht – obwohl ein Grundsatz des Privatrechts – im unmittelbaren Zusammenhang mit der<br />

Wirtschaftsfreiheit. Die Wirtschaftsfreiheit schliesst auch ein, dass man den Vertragspartner den Vertragsinhalt frei<br />

wählen kann. Da die privatwirtschaftliche Tätigkeit zu einem wesentlichen Teil in der rechtlichen Verfügung über<br />

Sachen besteht, setzt die Wirtschaftsfreiheit deshalb auch die Eigentumsfreiheit voraus – Beschränkungen der<br />

Eigentumsfreiheit können sich deshalb auch als Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit herausstellen.<br />

II. Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit als Schutzobjekt<br />

Private Tätigkeit<br />

Gemeinwesen als Privatrechtssubjekt<br />

Nicht aber: Offizialverteidiger, Notar, Abgabe auf Honorare der Chefärzte<br />

Schutz jeder auf Erwerb gerichteten Tätigkeit<br />

Geschützt sind alle auf Erwerb gerichteten 13 privaten Tätigkeiten, ob haupt- oder nebenberuflich.<br />

Sie beinhaltet aber keine Konsumfreiheit; d.h. kein Recht, Einkäufe nach Belieben zu tätigen. 14<br />

Schutz auch der unselbständig Erwerbenden<br />

Schutz aller Handlungen im Rahmen einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit<br />

- Freie Wahl der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (aber kein Anspruch auf Anstellung)<br />

Kein Anspruch auf Zulassung zu einer staatl. Ausbildungsanstalt [numerus clausus]<br />

- Freie Wahl bezüglich Ort und Zeit der privatwirtschaftlichen Tätigkeit<br />

- Freie Wahl der sachlichen Mittel (Verbot von Schaufelbaggern ist unzulässig, VS)<br />

- Freie Gestaltung der Geschäftsbeziehungen<br />

- Organisatorische Freiheit (Schranken: KG)<br />

- Freie Werbung (Schranke: UWG)<br />

- Benützung von öffentlichem Grund<br />

Alle, die zur Ausübung einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit öffentliche Sachen zum<br />

gesteigerten Gemeingebrauch beanspruchen, können sich auf die Wirtschaftsfreiheit berufen.<br />

Es besteht daher ein bedingter Anspruch auf Benutzung des öffentlichen Grundes, bspw. BGE<br />

101 Ia 473, 479.<br />

III. Schutz nur vor Eingriffen des Staates<br />

Die Wirtschaftsfreiheit schützt nur vor Eingriffen des Staates und beinhaltet kein gerichtlich durchsetzbares Recht auf<br />

staatliche Leistungen, bspw. Zulassung zur Universität (numerus clausus).<br />

Grundsätzlich bildet die Wirtschaftsfreiheit auch keinen Schutz vor Eingriffen von Privaten in den freien Wettbewerb.<br />

IV. Schutz vor allgemeinen Einschränkungen<br />

Die ältere Praxis ging davon aus, dass Vorschriften, die sich an jedermann und nicht nur an Erwerbstätige richten, die<br />

Wirtschaftsfreiheit nicht berühren würden. Die neuere Rsp. berücksichtigt auch bei der Beurteilung allgemeiner<br />

Vorschriften, die auch zu einer Einschränkung wirtschaftlicher Betätigungsmöglichkeiten führen, die Wirtschaftsfreiheit<br />

(Aufstellen einer Reklametafel, BGE 99 Ia 42, 48).<br />

13 Ob sie schlussendlich auch dort mündet, ist irrelevant; ebenso ob sie bspw. durch ideelle Ziele zurückgedrängt wird.<br />

14 BGE 102 Ia 104: Beurteilung bei der Zulässigkeit von Vorschriften über den Bau von Einkaufszentren.<br />

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2. Rechtsträger<br />

Seite 17 von 50<br />

Schweizer Staatsbürger und Ausländer mit Niederlassungsbewilligung oder Aufenthaltsbewilligung 15 . Ob<br />

Ausländer von der Ausübung eines bestimmten Berufes ausgeschlossen werden können, ist nicht eine<br />

Frage der Grundrechtsträgerschaft, sondern der materiellen Schranken der Wirtschaftsfreiheit.<br />

Juristische Personen des Privatrechts sind ebenfalls Träger der Wirtschaftsfreiheit.<br />

3. Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit<br />

I. Grundsatzkonforme und grundsatzwidrige Einschränkungen<br />

Grundsatzwidrig (vormals: wirtschaftspolitisch) sind alle wettbewerbsverzerrenden Massnahmen, d.h. solche, die den<br />

freien Wettbewerb, basierend auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, behindern 16 , um gewisse Gewerbezweige<br />

oder Bewirtschaftungsformen zu sichern oder zu begünstigen.<br />

Vorschriften zum Schutz bestimmter Erwerbszweige oder Berufsarten vor neuen Konkurrenten sind den Kantonen nur<br />

noch bis Ende 2009 (Gastgewerbe) erlaubt bzw. generell verboten. Dem Bund sind sie nur dort gestattet, wo die BV<br />

eine Abweichung vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit erlaubt, wie bspw. in BV 103.<br />

Grundsatzkonform (vormals: wirtschaftspolizeilich) sind Massnahmen, die dem Schutz der Polizeigüter dienen. Der<br />

Begriff der grundsatzkonformen Massnahmen reicht aber weit über den Bereich polizeilicher Regelungen hinaus;<br />

grundsätzlich können auch andere allgemein anerkannte öffentliche Interessen eine Einschränkung rechtfertigen.<br />

II. Grundsatzkonforme Einschränkungen<br />

Bundeszuständigkeit nach BV 95 I; nachträglich derogatorische Kompetenz des Bundes.<br />

Im Übrigen sind die Kantone zuständig; solange und soweit der Bund die Kompetenz nicht ausgeschöpft hat, dürfen<br />

die Kantone die Ausübung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit in grundsatzkonformer Weise regeln.<br />

Voraussetzungen:<br />

Gesetzliche Grundlage<br />

Bei schweren Eingriffen (Bewilligungspflicht) muss die Beschränkung auf der Stufe eines Gesetzes geregelt sein.<br />

Weniger schwere Eingriffe können auf einer Verordnung basieren, die ihrerseits aber auf einer zulässigen<br />

Gesetzesdelegation beruhen muss.<br />

Öffentliches Interesse<br />

Es genügt nicht jedes irgendwie geartete öffentliche Interesse. In Frage kommen neben polizeilichen<br />

Massnahmen auch sozialpolitische oder raumplanerisch, energiepolitisch oder sprachlich motivierte Massnahmen.<br />

Verhältnismässigkeit i.w.S.<br />

Gleichbehandlung der Konkurrenten<br />

Aus der Wirtschaftsfreiheit wird ein Anspruch der direkten Konkurrenten auf Gleichbehandlung bzw. ein Verbot der<br />

rechtsungleichen Behandlung der direkten Konkurrenten abgeleitet.<br />

Es sind somit Massnahmen verboten, die den Wettbewerb unter direkten Konkurrenten verzerren bzw. nicht<br />

wettbewerbsneutral 17 sind.<br />

Staatliche Massnahmen können somit Unterscheidungen treffen, die zwar auf vernünftigen, sachlichen<br />

Gründen beruhen und damit vor dem Rechtsgleichheitsgebot standhalten (BV 8), aber dennoch in<br />

unzulässiger Weise vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen, weil die Differenzierung nicht genügend<br />

wettbewerbsneutral ist.<br />

Die Wirtschaftsfreiheit ergänzt daher das allgemeine Gleichbehandlungsgebot und bietet einen darüber<br />

hinausgehenden Schutz.<br />

Der Grundsatz der Gleichbehandlung direkter Konkurrenten gilt nicht absolut. Er schliesst nicht aus, dass aus<br />

Gründen des USG gewisse umweltverträgliche Produkte oder Verfahren begünstigt werden.<br />

Der Anspruch auf Gleichbehandlung steht aber nur direkten Konkurrenten zu.<br />

Als direkte Konkurrenten gelten Angehörige der gleichen Branche, die sich mit gleichen Angeboten an<br />

dasselbe Publikum richten, um das gleiche Bedürfnis zu befriedigen.<br />

Verneint: Peep-Show vs. Kiosk, Kinos und Nightclub; Kino vs Theater und Cabaret; Apotheke vs Drogerie<br />

Bejaht: Bäckerei vs Konditorei, Zirkusunternehmen<br />

Konkurrenten eines Bewilligungsempfängers sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht schon auf<br />

Grund der blossen Befürchtung, einer verstärkten Konkurrenz ausgesetzt zu sein, zur Beschwerde legitimiert.<br />

Diese Art des Berührtseins liegt vielmehr im Prinzip des freien Wettbewerbs und schafft keine schutzwürdige<br />

besondere Beziehungsnähe (...). Erforderlich ist vielmehr eine spezifische Beziehungsnähe, die von der<br />

einschlägigen gesetzlichen Ordnung erfasst, BGE 125 I 7, Mediservice; vgl. Fall 4 PD Dr. Trueb, Folie 13 ff.<br />

15<br />

Sofern sie nicht unter die arbeitsmarktlichen Begrenzungsmassnahmen fallen und Anspruch auf Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung<br />

haben, BGE 123 I 212, 214.<br />

16<br />

Und dies bewusst auch bezweckt – nicht grundsatzwidrig ist deshalb eine rigorose Vorschrift zum Schutz vor Lärm und Abgasen,<br />

wenngleich sie einschneidende Auswirkungen auf die Konkurrenzverhältnisse in der Automobilindustrie haben kann; ihr Zweck liegt<br />

nicht in der Steuerung des Wettbewerbs sondern im Schutz des Polizeiguts der öffentlichen Gesundheit.<br />

17<br />

I.c. unterschiedliche Standplatzgebühren für Taxis mit und ohne Anschluss an eine Funkzentrale.<br />

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Seite 18 von 50<br />

Polizeiliche Massnahmen sind die wichtigsten Anwendungsfälle von grundsatzkonformen Einschränkungen:<br />

- Einschränkung der Erwerbstätigkeit von Prostituierten (öffentliche Ruhe)<br />

- Handel mit gefährlichen Gegenständen (öffentliche Sicherheit)<br />

- Rezeptpflicht für Medikamente, Beschränkung des Verkaufs auf Apotheken (öffentliche Gesundheit)<br />

- Verbot einer Peep-Show (öffentliche Sittlichkeit)<br />

- UWG (Treu und Glauben im Geschäftsverkehr)<br />

- Die Zulassung zu einer Erwerbstätigkeit kann von einer beruflichen Ausbildung oder einem Prüfungsausweis<br />

abhängig gemacht werden, sofern das Schutzbedürfnis des Publikums dies erfordert.<br />

Bspw. für Kosmetikerin, Bergführer, Skilehrer, Hebamme, Immobilienhändler, Dentalhygieniker bejaht;<br />

Für Coiffeur verneint.<br />

- Aus polizeilichen Gründen kann ebenso eine andere persönliche Voraussetzung erforderlich sein, bspw.<br />

Mindestalter, guter Leumund usw.<br />

- Ebenso sind sachbezogene Voraussetzungen möglich; Vorschriften feuerpolizeilicher oder gesundheitspolizeilicher<br />

Natur.<br />

- Staatliche Höchtspreisfestsetzungen können ausnahmsweise polizeilich gerechtfertigt sein, wenn mit der<br />

Ausübung einer Erwerbstätigkeit eine besondere Gefahr der Ausnutzung des Publikums verbunden ist.<br />

Förderungsmassnahmen von Bund und Kantonen<br />

BV 94 III ermächtigt sowohl den Bund als auch die Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeit mittels Förderungsmassnahmen<br />

für günstige Rahmenbedingungen für die private Wirtschaft zu sorgen.<br />

Reine Förderungsmassnahmen bestehen in der Zuwendung vermögenswerter Vorteile und können sich grundsätzlich<br />

auf alle Zweige der Wirtschaft beziehen; Bund und Kantone sind dabei an die Grundsätze der Wirtschaftsfreiheit und<br />

der Rechtsgleichheit gebunden 18 .<br />

III. Grundsatzwidrige Einschränkungen<br />

Massnahmen, die vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen und sich gegen den freien Wettbewerb richten,<br />

darf nur der Bund gestützt auf eine direkte Verfassungsermächtigung erlassen, BV 94 IV. Vorbehalten bleiben<br />

kantonale Regalrechte und bis 2009 Regelungen im Gastgewerbe, BV 103.<br />

Voraussetzungen:<br />

Besondere Ermächtigung der BV (Verfassungsvorbehalt)<br />

Konjunkturpolitik, BV 100 III; Aussenwirtschaftspolitik, BV 101 II, Landesversorgung, BV 102 II, regionale und<br />

sektorale Strukturpolitik, BV 103 Satz 2, Landwirtschaft, BV 104 II.<br />

Notwendigkeit<br />

In erster Linie sollen Massnahmen ergriffen werden, die mit der marktwirtschaftlichen Ordnung konform sind.<br />

Subsidiaritätsprinzip, BV 103<br />

Bestimmungen gemäss BV 103 dürfen nur erlassen werden, wenn die zu schützenden Wirtschaftszweige oder<br />

Berufe die ihnen zumutbaren Selbsthilfemassnahmen getroffen haben.<br />

Inhalt<br />

Bedürfnisklauseln, Preisregulierungen, Kontingentierungen, Investitionshilfen, Pflichtlagerhaltung<br />

IV. Konjunkturpolitische Massnahmen<br />

Der Bund muss Massnahmen für eine ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung treffen, BV 100 I, deren Ziel eine<br />

ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung ist. Als Mittel gegen die Teuerung kommen v.a. eingreifende Massnahmen<br />

auf den Gebiet des Geld- und Kreditwesens in Frage; gegen Rezession und Arbeitslosigkeit v.a. fördernde<br />

Massnahmen.<br />

BV 100 III gestattet dem Bund Abweichungen von der Wirtschaftsfreiheit nur in drei abschliessend genannten<br />

Bereichen.<br />

Ebenso wird der Bund und die Kantone wie die Gemeinden verpflichtet, ihre Mittel „antizyklisch“ einzusetzen, dies als<br />

Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur, BV 100 IV und V. Der Bund kann private Unternehmen zur Bildung von<br />

Arbeitsbeschaffungsreserven verpflichten; d.h. dass Unternehmen aus ihrem Reingewinn<br />

Arbeitsbeschaffungsreserven bilden, die stillgelegt werden und über die erst verfügt werden darf, wenn der Bundesrat<br />

die Durchführung von Arbeitschaffungsaktionen beschlossen hat.<br />

V. Staatliche Monopole<br />

Ein Monopol liegt vor, wenn jemand eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit unter Ausschluss der Konkurrenz ausübt;<br />

ein staatliches Monopol 19 somit, wenn eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit unter grundsätzlichem Ausschluss der<br />

Privaten dem Staat vorbehalten ist. Mittels einer Monopolkonzession kann das Recht auf einen Privaten übertragen<br />

werden.<br />

Rechtliche Monopole sind grundsatzwidrig und bedürfen einer besonderen Grundlage in der Bundesverfassung.<br />

Faktische Monopole verstossen nicht gegen BV 27.<br />

Kantonale Regalrechte sind generell vorbehalten, BV 94 IV; neue nur erlaubt, wenn sie grundsatzkonform sind.<br />

18<br />

Finanzielle Hilfeleistungen können jedoch in einzelnen Fällen ein Ausmass annehmen, das einerseits so sehr privilegiert,<br />

anderseits entsprechend diskriminiert, dass ein Verstoss gegen die Wirtschaftsfreiheit und den darin enthaltenen Grundsatz der<br />

Gleichbehandlung angenommen werden sollte.<br />

19<br />

Ein rechtliches Monopol stützt sich auf einen Rechtssatz, ein faktisches auf tatsächliche Gegebenheiten, insbesondere die<br />

staatliche Hoheit über öffentliche Sachen, ab.<br />

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VI. Freizügigkeit der Berufstätigen<br />

Es liegt in der Kompetenz der Kantone, für Berufe, die zum Schutz des Publikums nicht ohne Sachkenntnis ausgeübt<br />

werden dürfen, einen Fähigkeitsausweis zu verlangen. Das Erfordernis eines Fähigkeitsausweises ist eine<br />

ausschliesslich polizeiliche Massnahme.<br />

Es liegt am Bund, dafür zu sorgen, dass Personen mit einer wissenschaftlichen Ausbildung oder mit einem<br />

eidgenössischen, kantonalen oder kantonal anerkannten Ausbildungsabschluss ihren Beruf in der ganzen Schweiz<br />

ausüben können, BV 95 II. Die Kantone dürfen deshalb für Inhaber eines ausserkantonalen Ausweises keine<br />

zusätzlichen Fähigkeitsprüfungen durchführen (Cassis-de-Dijon-Prinzip); vgl. ÜBest BV 95 Nr. 5.<br />

Es bestehen bereits das BGFA, BG für Medizinalpersonen und allgemeine Medizinalprüfungsverordnung.<br />

Ebenso will das BGBM durch den Abbau öffentlich-rechtlicher Wettbewerbshindernissen im kantonalen, kommunalen<br />

und eidgenössischen Bereich Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz für die Ausübung ihrer<br />

Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt verschaffen.<br />

CdD: Ortsfremden Anbietern darf der freie Zugang zum Markt nur dann nach Massgabe der Vorschriften des<br />

Bestimmungsortes eingeschränkt werden, wenn diese Beschränkungen gleichermassen auch für ortsansässige<br />

Personen gelten, zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen unerlässlich und verhältnismässig sind, BGBM 3.<br />

Ein ausserkantonaler Fähigkeitsausweis ist nach BGBM 4 auch in anderen Kantonen anzuerkennen, sofern er nicht<br />

Beschränkungen nach BGBM 3 unterliegt.<br />

Die Pflicht zur Anerkennung ausserkantonaler Fähigkeitsausweise bedeutet also nicht, dass die Kantone die<br />

Bescheinigungen eines anderen Kantons nicht überprüfen dürfen, sie müssen insbesondere einen Fähigkeitsausweis<br />

nur dann anerkennen, wenn der ausstellende Kanton die zur Berufsausübung erforderlichen wirtschaftlichen und<br />

praktischen Fähigkeiten materiell geprüft hat.<br />

Nach der binnenmarktlichen Freizügigkeitskonzeption wird die Gleichwertigkeit jedoch vermutet.<br />

Die Kantone können jedoch verlangen, dass die betroffene Person um eine formelle Bewilligung nachsucht, die<br />

allerdings in einem einfachen, raschen und kostenlosen Verfahren gewährt werden muss.<br />

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Rechtsgleichheit<br />

BV 8<br />

Seite 20 von 50<br />

BV 8 IV weist den Gesetzgeber an, Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen von<br />

Behinderten vorzusehen.<br />

BV 8 II enthält ein allgemeines Diskriminierungsverbot<br />

Der Schutz vor Willkür und die Wahrung von Treu und Glauben sind selbständige Rechte<br />

Rechtsstaatlich wichtige Grundsätze, bisher aus der EMRK abgeleitet, sind nun separat<br />

ausdrücklich gewährleistet, BV 29 – 32.<br />

BV 8I und III stimmen mit dem bisherigen Recht überein.<br />

Auf internationaler Ebene gewährleistet EMRK 14 nur die Gleichbehandlung beim Genuss der in der<br />

Konvention festgelegten Rechte.<br />

Rechtsgleichheit und Freiheitsrechte sind keine Gegensätze; denn wirkliche Freiheit ist nur möglich, wenn<br />

auch für alle in einem bestimmten Mass gleiche Voraussetzungen bestehen.<br />

Allgemeines<br />

Gleichheitsgebot<br />

Abs. 1<br />

„relative Gleichheit“<br />

BV 8 BV 37 II<br />

Diskriminierungsverbot Gleiche Rechte für<br />

Mann und Frau<br />

Beseitigung von<br />

Benachteiligungen<br />

Behinderter<br />

Abs. 2 Abs. 3 Abs. 4.<br />

Differenzierungsverbot Egalisierungsgebot Gleicher Lohn für<br />

gleichwertige Arbeit<br />

Satz 1 Satz 2 Satz 3<br />

Gleichstellung von<br />

kantonsfremden<br />

Schweizer Bürgern<br />

mit Kantonsbürgern<br />

BV 29 BV 9<br />

Allgemeine<br />

Gerichtsverfahren Schutz bei Schutz vor Willkür Wahrung von Treu<br />

Verfahrensgarantien<br />

Freiheitsentzug<br />

und Glauben<br />

BV 29 BV 30 BV 31<br />

Unschuldsvermutung<br />

Faires Verfahren<br />

BV 32<br />

Es gibt keine Bereiche staatlicher Tätigkeit, die vom Grundsatz der Rechtsgleichheit ausgenommen sind.<br />

Auch juristische Personen können sich trotz der Formulierung von BV 8 „alle Menschen“ auf die<br />

Rechtsgleichheit berufen.<br />

I. Rechtsgleichheit in der Rechtsetzung<br />

Die Rechtsgleichheit betrifft die Rechtsetzung auf allen Ebenen der staatlichen Tätigkeit.<br />

Absolute Gleichheit ist nur in wenigen Bereichen erfüllt (aber auch nur dort notwendig), bspw. politisches Stimmrecht<br />

oder BV 8 III.<br />

Im Übrigen wird die Rechtsgleichheit durch eine differenzierende Regelung erfasst:<br />

Gleiches ist nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu<br />

behandeln.<br />

Dem Gesetzgeber ist es verboten, Differenzierungen zu treffen, für die sachliche und vernünftige Gründe fehlen oder<br />

sich über erhebliche tatsächliche Unterschiede hinwegzusetzen.<br />

Ein Erlass verletzt das Rechtsgleichheitsgebot,<br />

wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht<br />

ersichtlich ist oder Unterscheidungen unterlässt, die sich auf Grund der Verhältnisse aufdrängen.<br />

Gewisse Schematisierungen sind aber erlaubt (Differenzierungen nach abstrakten Kriterien) 20 .<br />

Zudem genügt nicht jeder Unterschied, er muss „erheblich“ sein, damit er als Differenzierung gelten kann.<br />

Ein (kantonaler) Erlass verstösst gegen das Willkürverbot, wenn er sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe<br />

stützen lässt oder sinn- und zwecklos ist;<br />

er verletzt das Gebot der Rechtsgleichheit, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger<br />

Grund nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen.<br />

20 Differenzierung Tag- und Nachtparkierer; da die Nachtparkierer infolge der Dauer und Regelmässigkeit ihres Tuns leichter zu<br />

erfassen sind und für Tagparkierer differenzierte Instrumente (Parkuhren) zur Anwendung gelangen.<br />

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II. Rechtsgleichheit in der Rechtsanwendung<br />

Die generell-abstrakten Rechtsnormen sind von den das Recht anwendenden Organen im Bund, Kanton und in den<br />

Gemeinden auf alle gleichliegenden Fälle in gleicher Weise anzuwenden.<br />

Die Bindung an die Rechtsgleichheit ist insbesondere dort wichtig, wo die anzuwendende Norm unbestimmte Begriffe<br />

verwendet oder den Behörden Ermessen einräumt.<br />

Rechtsungleiche Behandlung kann grundsätzlich nur angefochten werden, wenn sie von der gleichen Behörde<br />

ausgehe (Ausnahme: Aufsichtsbehörde). Insbesondere verstosse die Verschiedenheit des kantonalen Rechts und der<br />

kantonalen Rechtsanwendung nicht gegen die Rechtsgleichheit, BGE 91 I 480.<br />

Eine Praxisänderung begründet eine Interessenkollision zwischen der richtigen Rechtsanwendung und der Rechtsgleichheit<br />

bzw. der Rechtssicherheit.<br />

Eine Praxisänderung ist daher zulässig, wenn ernsthafte und sachliche Gründe dafür vorliegen, das Gebot der<br />

Rechtssicherheit beachtet wird und die Praxisänderung in grundsätzlicher Weise erfolgt.<br />

Das Legalitätsprinzip geht dem Prinzip der Rechtsgleichheit vor; es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf<br />

Gleichbehandlung im Unrecht.<br />

Ausnahmsweise geht die Rechtsgleichheit vor, wenn nämlich die Behörde in ständiger Praxis vom Gesetz abweicht<br />

und zu erkennen gibt, dass sie auch in Zukunft nicht gesetzeskonform entscheiden werde. Selbst dann aber können<br />

noch gewichtige öffentliche Interessen entgegenstehen; in praxi ist beim Schutz einer rechtwidrigen Praxis grösste<br />

Zurückhaltung zu üben, BGE 108 Ia 212.<br />

III. Diskriminierungsverbot<br />

BV 8 II bietet Schutz gegen soziale Ausgrenzungen; wobei es jedoch zulässig ist, Angehörige verschiedener Gruppen<br />

unterschiedlichen Behandlungen auszusetzen, sofern und solange dies sachlich gerechtfertigt ist.<br />

Eine Diskriminierung – und damit ein Verstoss gegen BV 8 II und BV 7 – liegt vor, wenn eine Person allein auf Grund<br />

ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe benachteiligt wird.<br />

IV. Gleiche Rechte für Mann und Frau<br />

BV 8 III garantiert grundsätzlich absolute rechtliche Gleichheit, d.h. sachliche Gründe vermögen eine ungleiche<br />

Behandlung von Mann und Frau nicht zu rechtfertigen. Besondere Verfassungsnormen, die nach geschlechterspezifischen<br />

Kriterien differenzieren, gehen BV 8 als lex specialis vor (Militärdienstpflicht u.a.).<br />

Grundsatz der Gleichberechtigung, BV 8 III Satz 1<br />

Er vermittelt einen unmittelbaren Anspruch betroffener Frauen oder Männer und richtet sich an alle staatlichen Organe.<br />

Der Geschlechterunterschied darf kein Kriterium für eine rechtsungleiche Behandlung durch den Staat sein;<br />

Ausnahmen sind nur dort gerechtfertigt, wo Sachzwänge 21 dem Gesetzgeber vernünftigerweise keine andere Wahl<br />

lassen; „(…) somit auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung<br />

absolut ausschliessen“, BGE 123 I 56.<br />

BV 8 III ist überhaupt nicht berührt, wenn steuerliche Regelungen Ehegatten bevorzugen oder benachteiligen.<br />

Dagegen kann ein Verstoss gegen die Grundsätze der Besteuerung vorliegen.<br />

Gesetzgebungsauftrag, BV 8 III Satz 2<br />

Der Gesetzgebungsauftrag gilt für sämtliche Rechtsbereiche, in denen Mann und Frau noch nicht gleich behandelt<br />

werden. Insbesondere das GlG bezweckt eine Förderung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter.<br />

Der Gesetzgebungsauftrag zielt nicht nur auf die Beseitigung von Geschlechterdiskriminierungen ab, sondern enthält<br />

auch einen Auftrag an den Gesetzgeber, tatsächliche Gleichheit der Geschlechter herbeizuführen.<br />

Dieses Egalisierungsgebot kann in einem Spannungsverhältnis zum Diskriminierungsverbot stehen und u.U. eine<br />

massvolle geschlechtsspezifische Förderung von Frauen durch den Staat trotz der damit verbundenen<br />

Ungleichbehandlung der Männer rechtfertigen oder sogar gebieten. Dabei ist eine Verhältnismässigkeitsprüfung<br />

vorzunehmen; die Massnahme hat zu unterbleiben, wenn sie entweder nicht geeignet ist, tatsächliche Gleichheit<br />

der Geschlechter herbeizuführen, wenn gleich geeignete, aber mit dem individuellen Interesse der<br />

Gleichbehandlung (Diskriminierungsverbot) besser zu vereinbarende Massnahmen zur Verfügung stehen oder<br />

wenn die mit der Massnahme verbundene Abweichung von der strikten Geschlechtsneutralität schwerer ins<br />

Gewicht fällt als das Interesse an der tatsächlichen Gleichstellung.<br />

Gleicher Lohn, BV 8 III Satz 3<br />

Er begründet einen subjektiven Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit auch gegenüber<br />

einem privaten Arbeitgeber. Gleichwertige Arbeit: BGE 125 II 385.<br />

V. Beseitigung von Benachteiligungen Behinderter<br />

BV 8 IV richtet sich an Bund und Kantone, Massnahmen zur Beseitigung der Benachteiligung Behinderter vorzusehen.<br />

Primär stehen bauliche Vorkehrungen im Vordergrund.<br />

21 Bei der Dienstpflicht in der Feuerwehr wird jeweilen unterschieden, ob es sich um eine Milizfeuerwehr (gefährliche Einsätze) oder<br />

um eine „bloss“ die Berufsfeuerwehr unterstützende Bezirksfeuerwehr handelt, bei der auch für Frauen eine Dienstpflicht bestehen<br />

könne, weil weder riskante noch physisch anspruchsvolle Einsätze bestünden.<br />

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VI. Gleichstellung von kantonsfremden Schweizer Bürgern und Kantonsbürgern<br />

Nach BV 37 II Satz 1 darf niemand wegen seiner Bürgerrechte benachteiligt oder bevorzugt werden. Der Grundsatz,<br />

dass die kantonalen Behörden alle schweizerischen Staatsangehörigen gleich behandeln müssen, stellt ein<br />

grundlegendes bundesstaatliches Prinzip dar.<br />

BV 37 II ist lex specialis zu BV 8, indem er grundsätzlich untersagt, das Kantonsbürgerrecht als Kriterium für eine<br />

rechtsungleiche Behandlung zu verwenden.<br />

Eine Differenzierung nach Wohnsitz wird jedoch durch BV 37 II nicht untersagt und darf erfolgen, sofern sie mit BV 8<br />

vereinbar ist, d.h. sachliche Gründe sie rechtfertigen. So dürfen insbesondere bei Anstalten wie Spitälern oder<br />

Schulen, die zu einem wesentlichen Teil aus Steuergeldern finanziert werden, von ausserhalb des Kantons oder der<br />

Gemeinde wohnenden Benützern höhere Gebühren verlangt werden.<br />

BV 37 II Satz 2 erlaubt ausnahmsweise Privilegierungen, die an das Bürgerrecht anknüpfen.<br />

Willkürverbot und Wahrung von Treu und Glauben<br />

BV 9<br />

I. Willkürverbot<br />

Ein staatlicher Akt ist willkürlich, wenn er nicht nur unrichtig, sondern schlechthin unhaltbar ist; er somit eine Norm oder<br />

einen klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich verletzt oder in stossender Weise de<br />

Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft.<br />

Das Willkürverbot stellt ein selbständiges verfassungsmässiges Recht dar; das oft als Auffangtatbestand – wenn kein<br />

anderes Grundrecht geltend gemacht werden kann – dient. 22<br />

Geschützt sind natürliche wie juristische Personen.<br />

Willkür in der Rechtsetzung<br />

Eine Norm verletzt das Willkürverbot, wenn sie sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder<br />

sinn- und zwecklos ist. Massgebend ist der Zeitpunkt der richterlichen Überprüfung.<br />

Willkür in der Rechtsanwendung<br />

Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn eine Norm im Einzelfall offensichtlich unrichtig ausgelegt wird;<br />

Bei offensichtlicher Gesetzesverletzung<br />

Bei offensichtlicher Missachtung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes<br />

Bei groben Ermessensfehlern<br />

Bei einem inneren, nicht auflösbaren Widerspruch<br />

Bei einem stossenden Widerspruch zum Gerechtigkeitsgedanken<br />

Die Willkürprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob sich ein staatlicher Akt auf vernünftige und sachliche Gründe<br />

stützen lässt. Bei der Rechtsgleichheit wird geprüft, ob sich die Differenzierung gestützt auf sachliche Gründe<br />

rechtfertigen lässt.<br />

Die ausdrückliche Erwähnung des Willkürverbots in BV 9 deutet auf ein selbständiges verfassungsmässiges Recht.<br />

Das Bundesgericht hält aber an der Rechtsprechung fest, wonach dieses Recht für sich allein keine geschützte<br />

Rechtsstellung begründe und daher kein rechtliches Interesse i.S.v. OG 88 vermittle.<br />

II. Wahrung von Treu und Glauben<br />

Er verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder<br />

sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden.<br />

Das Prinzip von Treu und Glauben ist Im Privatrecht in ZGB 2; im öffentlichen Recht in BV 5 III verankert. Die<br />

Grundlage als verfassungsmässiges Recht des Bürgers findet sich in BV 9.<br />

Verbot des Rechtsmissbrauchs<br />

Private wie staatliche Behörden sind verpflichtet, ihre Rechte und Pflichten im Sinne des Gesetzeszwecks<br />

auszuüben. Es ist jedoch kein selbständiges verfassungsmässiges Recht des Bürgers sondern dient vielmehr<br />

als Schranke der Rechtsausübung.<br />

Voraussetzungen des Vertrauensschutzes<br />

Existenz einer Vertrauensgrundlage; berechtigtes Vertrauen in das Verhalten der staatlichen Behörden,<br />

Tätigung einer Vermögensdisposition infolge des Vertrauens, Interessenabwägung zugunsten des<br />

Vertrauenden.<br />

Verbot widersprüchlichen Verhaltens<br />

Staatliches Handeln muss in sich kohärent, d.h. logisch, zusammenhängend und nicht widersprüchlich sein.<br />

22 Bspw BGE 96 I 104: Kein Recht auf freie Grabmalgestaltung, aber willkürliche Rechtsanwendung ?<br />

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Verfahrensgarantien<br />

BV 29 – 32, EMRK 5 und 6, UNO Pakt II 9 und 14<br />

Seite 23 von 50<br />

Die Art und Weise, wie ein gerichtliches oder administratives Verfahren abläuft, ist wesentlich für die<br />

Legitimation einer staatlichen Entscheidung und deren Akzeptanz.<br />

I. Allgemeine Verfahrensgarantien, BV 29<br />

Die Verfahrensgarantien gelten umfassend für alle Gerichts- und Verwaltungsverfahren.<br />

Verbot der formellen Rechtsverweigerung, BV 29 I<br />

Formelle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn ein formeller Rechtssatz unrichtig angewendet wird, sodass der<br />

betroffene Private nicht in den Genuss gleicher Rechtsanwendung gelangt.<br />

Verbot der Verweigerung oder Verzögerung eines Rechtsanwendungsaktes<br />

Verletzt, wenn eine Gerichts- oder Verwaltungsbehörde untätig bleibt oder das gebotene Handeln über<br />

Gebühr hinauszögert. Voraussetzung ist, dass ein Anspruch auf das Verfahren besteht und dass der<br />

Berechtigte ein Begehren an die Behörden stellt, die Sache anhand zu nehmen.<br />

Überspitzter Formalismus ist eine besondere Form der Rechtsverweigerung, die dann vorliegt, wenn für<br />

ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt<br />

wäre, wenn die Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt oder an Rechtsschriften<br />

überspannte Anforderungen stellt<br />

Anspruch auf rechtliches Gehör, BV 29 II<br />

Es dient der Sachaufklärung und garantiert dem Betroffenen ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht im<br />

Verfahren. Das rechtliche Gehör ist der Anspruch des Privaten, in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren<br />

Mit seinem Begehren angehört zu werden und Beweisanträge zu stellen<br />

Bei der Beweiserhebung mitzuwirken<br />

Eine Stellungnahme zum Vorbringen der Gegenpartei und zum Ergebnis des Beweisverfahrens<br />

abzugeben<br />

Einblick in die Akten zu erhalten<br />

Zu den für die Entscheidung wesentlichen Punkten Stellung nehmen zu können.<br />

Einen begründeten Entscheid zu erhalten.<br />

Im Rechtsanwendungsbereich findet dieses Recht überall dort Anwendung, wo die Gefahr besteht, dass der Einzelne<br />

durch den Erlass einer Verfügung in seinen rechtlich geschützten Interessen verletzt wird.<br />

Im Rechtssetzungsverfahren wäre eine individuelle Anhörung aller Betroffenen nicht praktikabel, hier kommen<br />

demokratische Mitwirkungsrechte zum Tragen.<br />

Das rechtliche Gehör ist ein selbständiges Recht formeller Natur; bei Verletzung des Anspruchs wird ein angefochtener<br />

Entscheid aufgehoben, unabhängig davon, ob er bei korrektem Verfahrensausgang anders ausgefallen wäre.<br />

Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung, BV 29 III<br />

Beim Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung i.e.S. wird der Betroffene vorläufig von Verfahrens- und Gerichtskosten<br />

befreit, wenn er bedürftig ist und sein Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.<br />

Der Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand erfordert zudem eine Sachkomplexität, die den Beizug eines<br />

Rechtsbeistands als notwendig erscheinen lässt.<br />

II. Rechtsweggarantie, BV 29a 23<br />

Der Einzelne muss ihn betreffende staatliche Anordnungen durch Justizbehörden überprüfen lassen können; was sich<br />

nicht nur auf Mehrparteien-Streitsachen, sondern auch auf nichtstreitige Verfahren (Erlass einer Verfügung) beziehen<br />

muss. Es genügt, wenn ein kantonales Gericht mit voller Kognition in Rechts- und Tatsachenfragen die Sache<br />

beurteilt.<br />

III. Garantien im gerichtlichen Verfahren, BV 30, EMRK 6 I<br />

Im Gegensatz zu den allgemeinen Verfahrensgarantien von BV 29 betreffen diese Garantien nur das Verfahren vor<br />

Gericht.<br />

Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht<br />

BV 29a garantiert den Zugang zum Gericht, BV 30 I legt dessen Zusammensetzung fest. Ausnahmegerichte<br />

sind unzulässig, nicht aber Spezialgerichte.<br />

Das Gesetz darf gewisse Vorschriften über die Geltendmachung aufstellen und bspw. den Anspruch als<br />

verwirkt erklären, wenn er nicht frist- oder formgerecht gestellt wurde.<br />

Garantie des Wohnsitzrichters; starke Einschränkung durch GestG, SchKG LugÜ.<br />

Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verfahren; wonach Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung,<br />

nicht aber Urteilsberatung, öffentlich sein müssen. Ausnahmen sind gesetzlich vorgesehen.<br />

23 Regelungsdefizit v.a. im Bereich Einbürgerungsverfahren: Bisher konnte kein Gericht angerufen werden, weil der Gemeinderat oder<br />

die Gemeindeversammlung letztinstanzlich entschied, die VGB infolge OG 100 I lit. c ausgeschlossen war und eine<br />

Willkürbeschwerde nicht anhand genommen wurde mangels rechtlich geschütztem Interesse.<br />

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IV. Schutz bei Freiheitsentzug, BV 31<br />

Der Entzug der Freiheit ist die einschneidenste Zwangsmassnahme. Darunter fallen alle Massnahmen der öffentlichen<br />

Gewalt, durch die jemand gegen oder ohne seinen Willen an einem bestimmten begrenzten Ort für gewisse Dauer<br />

festgehalten wird. BV 31 garantiert den verfahrensmässigen Schutz in Fällen von Freiheitsentzug.<br />

Nach BV 31 I muss sowohl der Tatbestand, der zum Freiheitsentzug führt, wie auch die Art und Weise des Eingriffs, in<br />

einem Gesetz vorgesehen sein.<br />

BV 31 II verpflichtet die Behörden zur Information über die Gründe des Freiheitsentzuges und die der Person zur<br />

Verfügung stehenden Rechte (MIRANDA-Rights, Benachrichtigung Angehöriger usw.).<br />

BV 31 III gilt ausschliesslich für die Untersuchungshaft.<br />

BV 31 IV garantiert die richterliche Kontrolle des Freiheitsentzuges.<br />

V. Strafverfahren, BV 32<br />

BV 32 I statuiert die Unschuldsvermutung; d.h. der Schuldnachweis einer Person erfolgt erst mit deren rechtskräftigen<br />

Verurteilung. Sie beinhaltet eine Beweislastregel (Sache des Staates, Schuld nachzuweisen) und eine<br />

Beweiswürdigungsregel (Freispruch, wenn nach Würdigung der Beweise objektiver Zweifel an der Schuld des<br />

Angeklagten).<br />

BV 32 II verpflichtet den Staat auf umfassende Orientierung über die erhobenen Beschuldigungen und über die<br />

Verteidigungsrechte der angeklagten Person.<br />

BV 32 III sichert die Rechtsmittelgarantie. Ausnahme: Bundesgericht urteilt als einzige Instanz.<br />

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Grundsätze der Besteuerung<br />

BV 127<br />

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Obwohl im Kapitel über die Finanzordnung des Bundes untergebracht, gelten diese Prinzipien für Bund und<br />

Kantone gleichermassen.<br />

I. Legalitätsprinzip, BV 127 I und BV 164 I lit. d<br />

Öffentliche Abgaben bedürfen einer Grundlage in einem Gesetz.<br />

Delegiert das Gesetz die Kompetenz einer Abgabe an den Verordnungsgeber, so muss es zumindest den Kreis der<br />

Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlage selber festlegen.<br />

Nicht vom Wortlaut nach BV 127 I erfasst sind Kausalabgaben; weil hier die Praxis geringere Anforderungen an die<br />

Festsetzung der Bemessung im Gesetz selbst stellt, sofern das Mass der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche<br />

Kriterien (v.a. Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip) begrenzt sind.<br />

BV 127 I hat den Charakter eines selbständig rügbaren verfassungsmässigen Rechts.<br />

II. Allgemeinheit und Gleichheit der Besteuerung sowie Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips,<br />

BV 127 II<br />

Der Grundsatz stellt eine Konkretisierung der Rechtsgleichheit auf dem Gebiet des Steuerrechts dar. Das Leistungsfähigkeitsprinzip<br />

verlangt nicht eine absolut gleiche Besteuerung bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.<br />

Eine rechtsgleiche Besteuerung 24 erfordert indes, dass der Gesetzgeber der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der<br />

hauptsächlichen Gruppen von Steuerpflichtigen Rechnung trägt.<br />

III. Doppelbesteuerungsverbot, BV 127 III<br />

Es soll die Mehrfachbesteuerung des nämlichen Steuerobjekts verhindert werden. Der Bund kam bisher dem in BV<br />

127 III auferlegten Gesetzgebungsauftrag nicht nach. Deshalb hat das Bundesgericht Kollisionsnormen entwickelt;<br />

wobei das Doppelbesteuerungsverbot als verfassungsmässiges Recht der Bürger konzipiert wurde.<br />

Eine Doppelbesteuerung liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger von zwei oder mehreren Kantonen für das nämliche<br />

Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zur Steuerleistung herangezogen wird.<br />

Das Doppelbesteuerungsverbot gilt nur im interkantonalen Verhältnis; die Abgrenzung innerkantonaler Steuerhoheiten<br />

richtet sich nach dem kantonalen Recht. Zudem ist es nur auf bestimmte Steuern anwendbar, nicht darunter fallen<br />

Zwecksteuern von geringer Höhe (Kurtaxen).<br />

Eine ebenfalls unzulässige virtuelle Doppelbesteuerung liegt vor, wenn ein Kanton unzulässigerweise Steuern erhebt,<br />

auch wenn der an sich zuständige Kanton keine Steuern erhebt.<br />

Die Besteuerung bestimmter Steuerobjekte ist demjenigen Kanton zuzuweisen, zu dem der die Steuerpflicht<br />

auslösende Sachverhalt die engsten Beziehungen hat, wobei (…) die Notwendigkeit, zwischen den Kantonen einen<br />

gerechten Ausgleich zu finden (…) [von Bedeutung ist], BGE 99 Ia 229 E 2b.<br />

Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit Wohnsitzkanton<br />

Einkommen aus selbständiger Tätigkeit Kanton der Berufsausübung<br />

Unterhaltszahlungen Wohnsitzkanton des Empfängers<br />

Bewegliches Vermögen Wohnsitzkanton<br />

Erbschaftssteuern Wohnsitzkanton des Erblassers<br />

Liegenschaft Kanton der gelegenen Sache<br />

24 Abschaffung Eigenmietwert: Gegen die Gleichheit der Besteuerung verstösst eine vollständige und undifferenzierte Abschaffung<br />

der Besteuerung des Eigenmietwerts, die nicht durch andere Massnahmen (wie Verzicht auf Abzug von Hypothekarzinsen und<br />

Unterhaltskosten) ausgeglichen wird. Denn wenn der Haus- oder Wohnungseigentümer den Nutzen, den er aus dem<br />

selbstbewohnten Heim zieht, nicht als Einkommen versteuern muss, bleibt der Ertrag des investierten Eigentums unbelastet und<br />

wird der Eigentümer gegenüber dem Mieter (…) begünstigt, BGE 112 Ia 240.<br />

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Petitionsrecht<br />

BV 33<br />

1. Schutzbereich<br />

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Jede Person hat das Recht, Petitionen i.S. von Kritiken, Vorschlägen, Bitten oder Beschwerden an die<br />

Behörden zu richten. Daraus dürfen ihr keine Nachteile erwachen und die Behörden müssen von der<br />

Petition Kenntnis nehmen.<br />

Es müssen nur schriftliche und unterzeichnete Petitionen, die ein Begehren zum Inhalt haben, zur Kenntnis<br />

genommen werden.<br />

2. Gegenstand der Petition<br />

Gegenstand der Petition kann jede staatliche Tätigkeit sein. Petitionen sind für Sachgeschäfte wie auch für<br />

Wahlen zulässig. Petitionen an Gerichte kommen nur für jene Bereiche in Frage, die nicht unmittelbar 25 mit<br />

einem bestimmten Verfahren in Verbindung stehen, bspw. Fragen der Gerichtsverwaltung.<br />

Petitionen an unzuständige Stellen sind von diesen an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Der Petent<br />

hat jedoch keinen Anspruch auf materielle Behandlung, nicht einmal auf Beantwortung 26 seiner Eingabe.<br />

Die Behörde ist nur verpflichtet, vom Inhalt der Petition Kenntnis zu nehmen.<br />

3. Rechtsnatur<br />

Das Petitionsrecht ist ein verfassungsmässiges Recht. Anders als bei den politischen Rechten wird dem<br />

Bürger jedoch kein eigentliches Recht auf Mitwirkung bei der staatlichen Willensbildung vermittelt.<br />

4. Rechtsträger<br />

Rechtsträger sind alle urteilsfähigen natürlichen Personen; ebenso Ausländer – insbesondere auch in<br />

politischen Belangen - und juristische Personen.<br />

5. Einschränkungen<br />

Bei der Zulässigkeit der Einschränkung ist BV 36 analog anzuwenden. Insbesondere Personen im Sonderstatusverhältnis<br />

können in ihrer Petitionsfreiheit eingeschränkt werden. 27<br />

25 Da ansonsten BV 39 I und EMRK 6 I verletzt würden, sofern das Gericht auf die Petition einginge.<br />

26 Kritik J.P. Müller: Nur wenn sich die zuständige Behörde mit der Sache auseinandersetzen muss und eine Antwort verfassen muss,<br />

kann die Petition ihrer Funktion als Kommunikationsmittel gerecht werden.<br />

27 Werden Strafgefangene wegen heimlicher Kontaktaufnahme zwecks Unterschriftensammlung disziplinarisch bestraft, verstösst dies<br />

nicht gegen die Petitionsfreiheit, BGE 100 Ia 77; da BV 33 nur im Rahmen der Anstaltsordnung gewährleistet sei.<br />

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Rechtliche Struktur von sozialen Grundrechten und Sozialzielen<br />

1. Soziale Grundrechte<br />

Seite 27 von 50<br />

Soziale Grundrechte sind verfassungsrechtliche Gewährleistungen bestimmter staatlicher Leistungen in der<br />

Form individualrechtlicher Verbürgungen. Die Verfassung gewährleistet dem Einzelnen subjektive,<br />

unmittelbar anwendbare und grundsätzlich gerichtlich durchsetzbare Ansprüche auf bestimmte Leistungen<br />

des Gemeinwesens.<br />

Anspruch auf Hilfe in Notlagen, BV 12<br />

Anspruch auf unentgeltlichen und ausreichenden Grundschulunterricht, BV 19<br />

Die Sozialziele in BV 41 begründen im Gegensatz jedoch keine klagbaren Rechte des Individuums,<br />

sondern stellen programmatisch formulierte Handlungsaufträge dar.<br />

2. Recht auf Hilfe in Notlagen<br />

BV 12, UNO Pakt I 9, 11 und 12<br />

Menschliche Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Obdach ist die Sicherung menschlicher Existenz und<br />

Entfaltung überhaupt und zugleich unentbehrlicher Bestandteil eines rechtsstaatlichen und demokratischen<br />

Gemeinwesens.<br />

Er orientiert sich am Subsidiaritätsprinzip und sichert kein zahlenmässig bestimmbares Existenzminimum<br />

zu. Richtpunkt für den Umfang der staatlichen Leistungsfähigkeit ist der Grundsatz der Menschenwürde,<br />

BV 7. Daher ist nicht entscheidend, aus welchen Gründen die Notlage entstanden ist, sofern es jemandem<br />

objektiv unmöglich ist, sich die für ein menschenwürdiges Dasein unabdingbaren Mittel zu verschaffen. Aus<br />

dem UNO-Pakt I lassen sich Konkretisierungshilfen gewinnen.<br />

Rechtsträger sind alle Personen in der Schweiz, die in Not gelangen.<br />

3. Anspruch auf Grundschulunterricht<br />

BV 19, UNO Pakt I 13 und 14<br />

Rechtsträger sind alle betroffenen Kinder und deren Eltern, die in der Schweiz wohnen, unabhängig von<br />

deren Nationalität. Neu ist das Bundesgericht dafür letztinstanzlich zuständig,<br />

Bei einem Schulweg von übermässiger Länge oder grosser Gefährlichkeit können die Anforderungen des<br />

genügenden Primarschulunterrichts nur durch einen vom Staat bezahlenden, für die Eltern unentgeltlichen<br />

Transport sichergestellt werden, VPB 64 (2000) Nr. 1, S. 17 ff.<br />

Ungeklärt ist jedoch, ob Grundschulunterricht i.S.v. BV 19 dem Primarschulunterricht i.S.v. aBV 27 II<br />

gleichzusetzen ist oder ob darüber hinaus auch die Unentgeltlichkeit eines Teils der höheren<br />

Schulausbildung mitumfasst wird.<br />

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Schweizer Bürgerrecht<br />

BV 37, 38, BüG<br />

Seite 28 von 50<br />

Beschränkung auf Erwerb durch Einbürgerung:<br />

Die Einbürgerung ist die Verfügung, die einer bestimmten Person auf Antrag hin das Bürgerrecht verleiht.<br />

Unmündige können das Gesuch nur durch ihren gesetzlichen Vertreter einreichen, Bewerber über 16 Jahre<br />

haben zudem schriftlich zuzustimmen.<br />

I. Ordentliche Einbürgerung, BüG 12 – 16<br />

- Einbürgerungsbewilligung des Bundes<br />

Sie ist Gültigkeitsvoraussetzung für die Einbürgerung in einem Kanton und in einer Gemeinde, BüG 12 II. Der<br />

Bund prüft, ob die von ihm festgelegten Mindestvoraussetzungen erfüllt sind.<br />

Die Bewilligung wird erteilt, wenn der Gesuchsteller während 12 Jahren Wohnsitz in der Schweiz hatte, wovon<br />

drei in den letzten fünf Jahren vor Einreichung des Gesuches, BüG 15 I.<br />

In der Schweiz verbrachte Lebensjahre zwischen 10. und 20. Lebensjahr werden doppelt gezählt.<br />

Erfüllt ein Ehegatte diese Voraussetzungen, gelten für den anderen erleichterte Bedingungen, BüG 15 III.<br />

Neben dem Wohnsitzerfordernis muss der Bewerber zur Einbürgerung geeignet sein, BüG 14.<br />

Die Einbürgerungsbewilligung des Bundes vermittelt keinen Anspruch auf Einbürgerung<br />

- Einbürgerungsakt durch Kantone und Gemeinden, BüG 12<br />

Die ordentliche Einbürgerung erfolgt durch eine kantonale und eine kommunale Verfügung, wobei die Kantone<br />

und die Gemeinden neben der Einbürgerungsbewilligung des Bundes noch zusätzliche materielle<br />

Voraussetzungen aufstellen können 28 .<br />

II. Erleichterte Einbürgerung, BüG 26 - 32<br />

Die erleichterte Einbürgerung unterscheidet sich von der ordentlichen dadurch, dass die direkt von der<br />

Bundesbehörde EJPD vorgenommen wird. Der erleichterten Einbürgerung können 29 unterstehen:<br />

Der Ehegatte eines Schweizer Bürgers, der mindestens 5 Jahre in der Schweiz gewohnt hat und mindestens<br />

3 Jahre verheiratet ist, BüG 27<br />

Der Ehegatte eines Auslandschweizers, wenn er seit 6 Jahren in ehelicher Gemeinschaft lebt, BüG 28<br />

Wer gutgläubig annahm, er sei Schweizer Bürger, BüG 29<br />

Unter bestimmten Voraussetzungen das ausserhalb der Ehe gebotene Kind eines schweizerischen Vaters,<br />

BüG 31.<br />

III. Wiedereinbürgerung, BüG 18 - 25<br />

Sie erfolgt im gleichen Verfahren wie die erleichterte Einbürgerung; auch hier besteht kein Rechtsanspruch. Sie<br />

kommt nur bei Personen in Frage, die das Schweizer Bürgerrecht schon einmal besessen haben.<br />

Auslandschweizer der 2. Generation; die das Schweizer Bürgerrecht verwirkt haben, BüG 21<br />

Wer aus dem Schweizer Bürgerrecht entlassen worden ist, BüG 23.<br />

IV. Gemeinsame Bestimmungen, BüG 33 - 41<br />

Unmündige Kinder des Bewerbers werden i.a.R. in die Einbürgerung miteinbezogen.<br />

Für das Verfahren vor Bundesbehörden gilt das VwVG.<br />

Wurde die Einbürgerung durch falsche Angaben oder durch Verheimlichung wesentlicher Tatsachen<br />

erschlichen, kann sie vom EJPD oder bei der ordentlichen Einbürgerung auch von der kantonalen Behörde<br />

nichtig erklärt werden.<br />

28 Entscheidet das Volk über die Einbürgerung an der Urne, so ist es – da es staatliche Aufgaben wahrnimmt – an die Verfassung und<br />

an die Grundrechte gebunden, BV 35 II; insbesondere an das Willkürverbot und das Diskriminierungsverbot.<br />

Zu den Rechtsmitteln vgl. Übungsfall Breining-Kaufmann, SS 2003; Materielle Enteignung.<br />

29 Es besteht kein Anspruch auf erleichterte Einbürgerung.<br />

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V. Rechtsschutz, BüG 50 f.<br />

Seite 29 von 50<br />

Für Beschwerden gegen letztinstanzliche Verfügungen der Kantone und gegen Entscheide des Bundes gelten gemäss<br />

BüG 51 I grundsätzlich die Bestimmungen des OG und des VwVG.<br />

Für die Anfechtung von Verfügungen, welche die kantonalen und Gemeindebehörden in Anwendung von kantonalem<br />

oder kommunalem Recht über die ordentliche Einbürgerung erlassen haben, gelten die kantonalen Gesetze über die<br />

Verwaltungsrechtspflege – ausgenommen im Falle der StaBe.<br />

Beschwerde an das EJPD VGB an das Bundesgericht Verwaltungsbeschwerde an den<br />

Bundesrat<br />

BüG 51 III OG 97, 98 lit. b und g BüG 51 III, VwVG 72 lit. a<br />

Gegen Entscheide des BA für<br />

Ausländerfragen über die Erteilung<br />

oder Verweigerung der Einbürgerungsbewilligung<br />

des Bundes.<br />

Das EJPD entscheidet – abgesehen<br />

von den Beschwerden der<br />

Regierung des Einbürgerungskantons<br />

– endgültig.<br />

Gegen Entscheide des EJPD<br />

− über erleichterte Einbürgerung<br />

− über Wiedereinbürgerung<br />

− über Nichtigerklärung<br />

Nicht aber gegen den Entscheid<br />

des EJPD über die Erteilung oder<br />

Verweigerung der Einbürgerungsbewilligung.<br />

Die Regierung des Einbürgerungskantons<br />

kann Entscheide des<br />

EJPD, welche die Einbürgerungsbewilligung<br />

des Bundes für die<br />

ordentliche Einbürgerung verweigern,<br />

an den BR weiterziehen.<br />

Staatsrechtliche Beschwerde<br />

BV 84 I lit. a OG<br />

Da in der Regel kein Anspruch auf Einbürgerung besteht, kann das Bürgerrecht nicht den verfassungsmässigen<br />

Rechten i.S.v. OG 84 I lit. a zugeordnet werden.<br />

Inwieweit allerdings das Gebot der Rechtsgleichheit (BV 8) und insbesondere das in Abs. 2 verankerte<br />

Diskriminierungsverbot als Beschwerdegrund angerufen werden kann beantwortet Häfelin/Haller wie folgt:<br />

„Der Schutz vor Willkür bildet gemäss der nBV Gegenstand eines selbständigen verfassungsmässigen Rechts.<br />

Eine willkürliche Verweigerung der ordentlichen Einbürgerung durch kantonale oder kommunale Behörden sollte<br />

der Betroffene daher mit StaBe anfechten könne, selbst dann, wenn das kantonale Recht keinen Anspruch auf<br />

Einbürgerung vorsieht“; N 1362.<br />

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Politische Rechte<br />

BV 34, 39, 136, BPR<br />

Seite 30 von 50<br />

Sie stellen einen status activus im Gegensatz zu den Freiheitsrechten dar, da sie die Teilhabe der Bürger<br />

an der Staatsgewalt bewirken.<br />

Wer Schweizer Bürger und 18 Jahre alt ist sowie nicht mangels minimaler politischer Urteilsfähigkeit vom<br />

Stimmrecht ausgeschlossen ist, ist auf Bundesebene stimmberechtigt. BV 136.<br />

Es ist am politischen Wohnsitz auszuüben. Der politische Wohnsitz umfasst den zivilrechtlichen Wohnsitz<br />

sowie die formelle Anmeldung durch die Hinterlegung der Ausweisschriften.<br />

Die Gemeinde hat daher ein Stimmrechtsregister zu führen, auf Eintragung in dasselbe besteht ein<br />

Rechtsanspruch.<br />

Auf kantonaler und kommunaler Ebene bleibt es dem kantonalen Recht vorbehalten, weitere<br />

Anforderungen zu verlangen, BV 39 I. Insbesondere können sie eine Karenzfrist einführen, BV 39 IV.<br />

Für Quotenregelungen: BGE 125 I 21.<br />

I. Wahlrechte im Bund<br />

Aktives Wahlrecht: Nationalrat BV 136 II, 149; BPR 16 ff.<br />

Passives Wahlrecht: NR, BR, BGer BV 143<br />

Abstimmungen: Obligatorisches Referendum<br />

− Verfassungsreferendum für Teil- und Totalrevisionen, BV 140 I lit. a, 142, 195<br />

− Nachträgliches Referendum für verfassungsändernde dringliche Bundesgesetze<br />

− Obligatorisches Staatsvertragsreferendum, BV 140 I lit. b<br />

Fakultatives Referendum<br />

− Gesetzesreferendum für Bundesgesetze, BV 141 I lit. a<br />

− Nachträgliches Referendum für verfassungskonforme dringliche Bundesgesetze<br />

− Referendum für Bundesbeschlüsse, sofern Verfassung oder Gesetz dies vorsehen<br />

− Fakultatives Staatsvertragsreferendum, BV 141 I lit. d, 141 II<br />

Unterzeichnung von Initiativen, Referendumsbegehren, Wahlvorschlägen<br />

− Volksinitiative auf Teil- und Totalrevision der BV<br />

− Referendumsbegehren<br />

Bei Bundesgesetzen, BV 141 I lit. a<br />

Bei verfassungskonformen dringlichen Bundesgesetzen, BV 141 I lit. b, 165 II<br />

Bei Bundesbeschlüssen, sofern Verfassung oder Gesetz dies vorsehen, BV<br />

141 I lit. c<br />

Bei Staatsverträgen, BV 141 I lit. d.<br />

− Wahlvorschlag bei der Nationalratswahl<br />

II. Wahlrechte in den Kantonen<br />

Aktives Wahlrecht: Exekutive<br />

Abstimmungen: Finanzreferendum<br />

Gesetzesinitiative<br />

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Daraus abgeleitete bundesrechtliche Prinzipien<br />

Seite 31 von 50<br />

Unverfälschte Willenskundgabe, BV 34 II<br />

Anspruch darauf, dass kein Abstimmungs- und Wahlergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der<br />

Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt.<br />

Grundsatz der Einheit der Materie<br />

Er verbietet es, in einer einzigen Vorlage über mehrere Fragen, die ohne inneren Zusammenhang sind,<br />

abstimmen zu lassen. Sie ist aber gewahrt, wenn in einer Abstimmungsvorlage mehrere sachlich zusammenhängende<br />

Vorlagen miteinander verknüpft werden. Bei Verfassungsänderungen werden höhere Anforderungen<br />

als bei Gesetzen gestellt; „insbesondere kann der Stimmberechtigte nicht verlangen, dass ihm einzelne, allenfalls<br />

besonders wichtige Vorschriften des Gesetzes gesondert zur Abstimmung vorgelegt werden.“<br />

Verbot der Irreführung der Stimmberechtigten<br />

Der Stimmberechtigte hat Anspruch darauf, dass die Informationen in behördlichen Erläuterungen zu einer<br />

Abstimmung objektiv sind. Zulässig sind auch Empfehlungen, sofern dabei die Pflicht zu einer objektiven<br />

Information nicht verletzt wird.<br />

Einflüsse durch Private und Presse auf die politische Willensbildung stellen nur ausnahmsweise unzulässige<br />

Eingriffe dar, nämlich wenn in einem so späten Zeitpunkt mit offensichtlich unwahren und irreführenden Angaben<br />

in den Abstimmungskampf eingegriffen wird, dass es den Stimmberechtigten nach den Umständen unmöglich ist,<br />

aus anderen Quellen ein zuverlässiges Bild von den tatsächlichen Verhältnissen zu gewinnen. Denn solche<br />

Äusserungen stehen unter dem Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit.<br />

Den Stimmbürgern darf zugetraut werden, zwischen verschiedenen bekundeten Meinungen zu unterscheiden,<br />

offensichtliche Übertreibungen als solche zu erkennen und sich aufgrund ihrer eigenen Überzeugung zu<br />

entscheiden, BGE 119 Ia 271.<br />

Nur wenn ein ganz schwerer Verstoss vorliegt und die Beeinflussung des Ergebnisses als sehr wahrscheinlich<br />

erscheint, kann eine Wiederholung der Abstimmung verlangt werden.<br />

Verbot behördlicher Propaganda<br />

Eine unzulässige Beeinflussung liegt auch vor durch das Eingreifen der Behörden als solche in den Wahl- oder<br />

Abstimmungskampf. Unzulässig ist insbesondere eine mit staatlichen Mitteln finanzierte Abstimmungspropaganda<br />

für eigene Abstimmungsvorlagen der Behörden.<br />

Ein Einschalten in die Ausarbeitung der Vorlage ist erlaubt, ja sogar gefordert; erst wenn sich der Zeitpunkt der<br />

Volksabstimmung nähert, hat die Behörde von einer über sachliche Information hinausgehende Beeinflussung der<br />

Stimmberechtigten abzusehen.<br />

Die Intervention einer Gemeinde ist zulässig, wenn die Gemeinde und ihre Stimmbürger am Ausgang der<br />

Abstimmung ein unmittelbares und besonderes Interesse haben, das jenes der übrigen Gemeinden des<br />

Kantons bei weitem übersteigt.<br />

Auch hier muss aber die Gemeinde objektiv und sachlich bleiben. Zudem darf der Einsatz öffentlicher Mittel<br />

nicht unverhältnismässig sein.<br />

Öffentliche oder gemischtwirtschaftliche Unternehmungen werden vom Bundesgericht wie Gemeinden behandelt;<br />

haben sich also i.a.R. neutral zu verhalten, bei besonderer Betroffenheit dürfen sie aber in objektiver Weise und<br />

mit verhältnismässigem finanziellen Aufwand informieren.<br />

Grundsatz der geheimen Stimmabgabe<br />

Glarus und Appenzell Innerrhoden kennen noch die Landsgemeinde, wodurch das Stimmrechtsgeheimnis nicht<br />

gewahrt ist; ebenso können Krankheit, Alter o.a. die Teilnahme verhindern.<br />

Korrekte Ermittlung des Wahl- oder Abstimmungsergebnisses<br />

Bundesrechtlicher Anspruch auf unverfälschte Willenskundgabe; selbst bei Abschätzungen (Landsgemeinde) ist<br />

die Behörde zu grosser Sorgfalt verpflichtet.<br />

Aufhebung von Volksabstimmungen und - wahlen<br />

Die Verletzung des Anspruchs auf unverfälschte Willenskundgabe führt nicht zwangsweise zur Kassation eines<br />

Volksentscheids. Eine Aufhebung erfolgt nur bei erheblichen Unregelmässigkeiten, die eine wahrscheinlich<br />

Beeinflussung des Ergebnisses bewirken können.<br />

Kein Anspruch auf Ungültigkeiterklärung einer ggf. bundesrechtswidrigen kantonalen Initiative<br />

Es besteht kein Anspruch darauf, dass eine inhaltlich bundesrechtswidrige Initiative nicht der Volksabstimmung<br />

unterbreitet wird.<br />

Parteienförderung; Quoten und Sperrklauseln<br />

Mit Bezug auf die Willensbildung und –betätigung der Wähler müssen Unterstützungen und Hilfeleistungen an<br />

Parteien neutral sein, einzelne Kandidaten oder Parteien dürfen nicht bevorzugt oder benachteiligt werden.<br />

Der durch Quoren und Sperrklauseln bewirkte Ausschluss kleinerer Parteien ist grundsätzlich zulässig, da durch<br />

eine Parteienzersplitterung verhindert wird und die Funktionsfähigkeit des Parlaments aufrechterhalten wird.<br />

Die StaBe gegen eidgenössische Wahlen und Abstimmungen ist ausgeschlossen, wenngleich BV 189 I lit. f eine<br />

solche Ausdehnung vorsah – dessen Inkrafttreten aber vom BR bestimmt wird, AS 2002 3147; vgl. BB über<br />

Reform der Justiz, http://www.ofj.admin.ch/d/index.html.<br />

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II. Kompetenzausscheidung zwischen Bund und Kantonen<br />

1. Grundsätzliche Regelung<br />

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BV 3 garantiert eine subsidiäre Generalklausel zu Gunsten der kantonalen Zuständigkeit; die Kantone üben<br />

alle Rechte aus, die nicht der Bundesgewalt übertragen sind.<br />

Die Aufgabenverteilung ist in BV 42 und 43 formuliert. Der Bund ist in jenen Bereichen zuständig, die ihm<br />

die Bundesverfassung zuweist. Aber auch in diesen Bereichen soll der Bund nur dann zuständig sein, wenn<br />

eine einheitliche Regelung 30 erforderlich ist, BV 42 II.<br />

Im Übrigen sind die Kantone originär zuständig.<br />

Es liegt das System der Einzelermächtigung des Bundes durch die Bundesverfassung vor. Die<br />

Kompetenzen werden einzeln für bestimmte, meist genau umgrenzte Sachbereiche zugewiesen.<br />

Alternativen: Einzelermächtigung der Provinzen; Rest ist Bundessache [Canada]<br />

Werden ausnahmsweise kantonale Kompetenzen in der Bundesverfassung erwähnt, so kommt ihnen<br />

folgende Bedeutung zu:<br />

Ermächtigung der Kantone zur Einschränkung bundesrechtlich garantierter Freiheitsrechte (BV 94 IV)<br />

Kantonale Kompetenz ist eine Ausnahme von einer umfassenden Bundeskompetenz (BV 56 I vs BV 54 I)<br />

Eine Bundesregelung wird für einen bestimmten Sachbereich unter dem Vorbehalt des Vollzuges durch die<br />

Kantone vorgesehen (BV 74 III, USG; BV 80 III GschG)<br />

Sind in einem Sachbereich sowohl der Bund als auch die Kantone zuständig, enthält die BV oft eine präzisierende<br />

Umschreibung der den Kantonen verbleibenden Kompetenzen: BV 76 IV, 78 I.<br />

Neu anfallende Staatsaufgaben fallen automatisch in die Kompetenz der Kantone, drängt sich eine<br />

einheitliche Regelung auf, muss durch eine Revision der BV eine Bundeskompetenz begründet werden.<br />

Eine Berufung auf Gewohnheitsrecht kann mangels Lücke in der Kompetenzaufteilung keine Bundeskompetenz begründen.<br />

Ebenso wenig kann eine Bundeskompetenz durch freiwillige Übertragung durch die Kantone begründet werden.<br />

2. Ermittlung von Bundeskompetenzen<br />

Für die Ermittlung der verfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen gelten die allgemeinen<br />

Grundsätze der Verfassungsauslegung, der teleologischen Methode wird dabei ein grösseres Gewicht<br />

eingeräumt. Sie erlaubt es, aus einer ausdrücklichen Bundeskompetenz jene Kompetenzen abzuleiten, die<br />

der Bund zur Erreichung der in der Verfassung genannten Aufgabe braucht.<br />

Die Herleitung einer stillschweigenden Bundeskompetenz ist nach der Nachführung der BV wohl für einige<br />

Zeit ausgeschlossen.<br />

Bundeskompetenzen finden sich<br />

In reinen Kompetenznormen, d.h. Normen, die sich darin erschöpfen, eine Kompetenz des Bundes zu begründen.<br />

Eisenbahnverkehr BV 87, Luftfahrt, Raumfahrt.<br />

In Kompetenznormen, die zugleich gewisse materielle Grundsätze regeln<br />

Nutzung der Wasserkraft, BV 76, AHV, BV 111 – 113.<br />

In Verhaltensnormen, d.h. Normen der BV, welche Rechte und Pflichten der Bürger umschreiben. Soweit die BV<br />

hier eine materielle Regelung trifft, ist die Kompetenz der Kantone ausgeschlossen.<br />

Grundschulunterricht, BV 19/62 II<br />

In Grundrechten, auch sie begrenzen die Kompetenz der Kantone<br />

Daraus aber eine Bundeskompetenz abzuleiten (BV 17 Presseförderung) wird abgelehnt.<br />

BV 2 und 94 II als allgemein gehaltene Zweckartikel begründen keine Bundeszuständigkeit.<br />

30 Die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung begründet jedoch keine Bundeskompetenz ! BV 42 II soll lediglich den Bund<br />

animieren, bestehende, durch die BV begründete Bundeskompetenzen nur dann auszuüben, wenn sie einer einheitlichen Regelung<br />

bedürfen.<br />

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3. Umschreibung von Bundeskompetenzen<br />

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I. Zuständigkeit nach geregeltem Sach- oder Rechtsgebiet<br />

Sachbereiche sind Bereiche, die von der allgemeinen Anschauung als Einheit verstanden werden (Militär, Eisenbahn).<br />

Rechtsbereiche sind geschlossene Komplexe rechtlicher Art (Zivilrecht, Strafrecht)<br />

II. Zuweisung nach einem in verschiedenen Sachbereichen auftretenden Problem<br />

Querschnittsprobleme, bspw. Umweltschutz<br />

III. Zuweisung nach Staatsfunktion<br />

Die Bundeskompetenz kann für ein bestimmtes Staats- oder Rechtsgebiet beschränkt sein auf Rechtsetzung,<br />

Verwaltung oder Rechtsprechung.<br />

Gesetzgebungskompetenz schliesst Kompetenz mit ein, zu entscheiden, ob Verwaltungs- und Recht-<br />

sprechungsfunktion dem Bund oder dem Kanton zustehe; ausser die BV sehe<br />

etwas anderes vor, bspw. BV 122 II, 123 III.<br />

Verwaltungskompetenz bspw. BV 52 (innere Sicherheit), BV 81 (öffentliche Werke)<br />

Rechtsprechung Kompetenzen des Bundesgerichts, BV 189.<br />

4. Umfang der Rechtsetzungskompetenzen des Bundes<br />

Nicht jede Kompetenz des Bundes erlaubt eine vollständige Regelung durch den Bund.<br />

I. Umfassende Rechtsetzungskompetenzen des Bundes<br />

Der Bund ist ermächtigt, dieses Gebiet in jeder Hinsicht umfassend zu regeln. Er kann alle in diesem Sachgebiet<br />

auftretenden Fragen regeln, ohne in bestimmter Richtung eingeschränkt zu sein.<br />

„Sache des Bundes“, „der Bund erlässt Vorschriften“, „der Bund sorgt für“, „der Bund stellt sicher“, „der Bund trifft<br />

Massnahmen“<br />

II. Fragmentarische Rechtsetzungskompetenzen des Bundes<br />

Hier ist nur ein Teilbereich eines bestimmten Sachbereichs dem Bund unterstellt. Der Bund darf keine umfassende<br />

Regelung treffen, sondern nur in bestimmter Richtung tätig werden.<br />

„im Rahmen seiner Zuständigkeit“<br />

Steuerwesen, BV 128 I, 130 I; Gesundheitswesen, BV 118.<br />

III. Grundsatzgesetzgebungskompetenzen<br />

In gewissen Bereichen ist der Bund befugt, eine Materie in ihren Grundzügen zu regeln. Die detaillierte Regelung bleibt<br />

jedoch – innerhalb der vom Bund aufgestellten Rahmenordnung – den Kantonen vorbehalten. Dies erlaubt eine<br />

einheitliche gesamtschweizerische Regelung mit kantonaler Ausprägung.<br />

„der Bund legt Grundsätze fest; „der Bund erlässt Mindestvorschriften“<br />

Raumplanung, BV 75 I; Steuerharmonisierung, BV 129 I, Einbürgerung, BV 38 II<br />

IV. Förderungskompetenzen<br />

In verschiedenen Aufgabenbereichen, für welche grundsätzliche die Kantone zuständig sind, hat der Bund eine<br />

Förderungskompetenz.<br />

„der Bund fördert“, „der Bund unterstützt“<br />

Natur- und Heimatschutz, BV 78 III, Sprachenartikel, BV 70 III – IV.<br />

5. Verhältnis der Bundeskompetenzen zu den kantonalen Kompetenzen<br />

Nach BV 3 und 42 schliesst die Einräumung einer Bundeskompetenz grundsätzlich die Zuständigkeit der<br />

Kantone aus. Je nach Wirkung auf die kantonale Kompetenz ist aber zu unterscheiden, ob eine<br />

umfassende Rechtsetzungskompetenz des Bundes<br />

I. mit nachträglich derogatorischer Kraft ausgestattet ist (Normalfall)<br />

Solange der Bund eine ihm von der BV zugewiesene Kompetenz nicht benutzt, bleiben i.a.R. die Kantone zuständig.<br />

Erst vom Moment an, da der Bund ganz oder teilweise Gebrauch macht, wird die kantonale Kompetenz in entsprechendem<br />

Umfang hinfällig.<br />

In der Zeitspanne bis zum Erlass der gesetzlichen Regelung bleibt die kantonale Kompetenz vollumfänglich bestehen.<br />

Insbesondere können die Kantone auch neue Bestimmungen erlassen.<br />

II. mit ursprünglich derogatorischer Kraft ausgestattet ist (sehr selten)<br />

Mit Aufnahme der kompetenzbegründenden Norm in die BV geht generell jede kantonale Kompetenz im betreffenden<br />

Sachgebiet unter und darauf gestützte Regelungen werden hinfällig. Auch wenn der Bund daraufhin seine Kompetenz<br />

nicht ausschöpft, bleiben die Kantone ausgeschlossen. Eine solche Regelung ist nur sinnvoll, wenn Gewähr dafür<br />

besteht, dass kein Regelungsvakuum entsteht. Bsp: BV 99 I, 133<br />

III. parallele Wirkung aufweist (selten)<br />

Eine parallele Kompetenz liegt vor, wenn auf einem bestimmten Sachgebiet Bund und Kantone gleichzeitig und<br />

unabhängig voneinander tätig sein können. Die Ausschöpfung der Bundeskompetenz tangiert die kantonale<br />

Kompetenz nicht. Bsp: Hochschulen, BV 63 II; direkte Steuern, BV 128, Staatsschutz, BV 57.<br />

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Die bundesstaatliche Kompetenzausscheidung bedeutet nicht, dass die staatlichen Kompetenzen in einer<br />

absoluten Weise aufgeteilt sind, so dass Bund und Kantone sie ohne gegenseitige Rücksichtnahme<br />

ausüben können. Von den Kompetenzen soll auf eine Art und Weise Gebrauch gemacht werden, dass<br />

dadurch die kompetenzgemässe Regelung des Partners nicht unmöglich oder unwirksam gemacht wird.<br />

Prinzip der Bundestreue, BV 44; wobei es sich um eine modifizierte Anwendung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes<br />

von Treu und Glauben handelt, BV 5 III; deren Verletzung von Bund oder Kantonen mittels<br />

staatsrechtlicher Klage geltend gemacht werden kann.<br />

Überblick über die Bundeskompetenzen<br />

1. Rechtsetzung<br />

Die Wahrnehmung der dem Bund zustehenden verfassungsmässigen Kompetenzen hat primär auf dem<br />

Weg der Rechtsetzung, durch den Erlass generell-abstrakter bundesgesetzlicher Normen zu erfolgen, BV<br />

164. Materielles Recht besteht in der inhaltlichen Regelung eines bestimmten Sachbereichs; formelles<br />

Recht bestimmt die Organisation der Behörden und das anwendbare Verfahren.<br />

Prüfungsschema:<br />

I. Weist die BV dem Bund die betreffende Aufgabe zu ? [BV 42 I]<br />

Dabei sollte der Bund nach dem Subsidiaritätsprinzip seine Zuständigkeit nur soweit beanspruchen, als es einer<br />

einheitlichen Regelung bedarf, BV 42 II.<br />

II. Umfang der Bundeskompetenz bei bejahter Zuständigkeit<br />

Umfassende, fragmetarische oder Grundsatzgesetzgebungskompetenz; Förderungskompetenz<br />

III. Auswirkung auf kantonale Regelungen<br />

i.a.R. nachträglich derogatorisch<br />

2. Aussenpolitik und Staatsverträge<br />

Aussenpolitik ist eine umfassende Bundeszuständigkeit, BV 54 I. Pflicht des Bundes, auf Zuständigkeit der Kantone Rücksicht zu<br />

nehmen, BV 54 III. Mitspracherecht der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden, BV 55.<br />

Staatsverträge sind dem Völkerrecht unterstehende Vereinbarungen zwischen mehreren Staaten; die Kompetenz steht umfassend<br />

dem Bund zu, BV 54 I. Selbst für Materialien, die innerstaatlich in den Kompetenzbereich der Kantone fallen; bspw. im<br />

Schulbereich, Polizeiwesen, Steuerrecht. BG über Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik.<br />

Den Kantonen steht in gewissen Rahmen eine konkurrierende Staatsvertragskompetenz zu, BV 56 I; die aber nur soweit gilt, als<br />

der Bund selbst in diesem Bereich keinen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat (nachträglich derogatorische Wirkung).<br />

3. Verwaltungskompetenzen des Bundes<br />

Der Vollzug von Bundeserlassen erfolgt i.a.R. durch die Kantone. Dadurch werden diese nicht völlig ausgeschlossen, sondern<br />

wirken u.a. auch bei der Regelung des Vollzuges mit. Insbesondere wird der Aufbau einer bundeseigenen Verwaltung auf<br />

Kantonsstufe verhindert.<br />

Die Kantone sind jedoch für den Vollzug nur soweit zuständig, als nicht der Bund selbst kraft Verfassung oder Gesetz zuständig ist.<br />

Kraft Verfassung: Aussenpolitik, Staatsverträge, BV 166/184; öffentliche Sicherheit, BV 52, 57, 173 I lit. a – d, 185 u.a.<br />

Kraft Gesetz: sofern Gesetzgebungskompetenz, kann Bund wählen, wem der Vollzug obliegt.<br />

4. Rechtsprechungskompetenzen des Bundes<br />

BV 188. Grundsätzlich stehen dem Bund nur bei der Anwendung von Bundesrecht Rechtsprechungskompetenzen zu. Eine<br />

Ausnahme bildet BV 189 I lit. c und d.<br />

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Delegation von Bundeskompetenzen an die Kantone<br />

Seite 35 von 50<br />

Eine Kompetenzdelegation liegt vor, wenn der Inhaber einer Kompetenz einen Teil seiner Kompetenz auf<br />

eine andere Instanz überträgt. Sie erfolgt durch einen Erlass (Gesetz, VO) der delegierenden Instanz und<br />

kann gleichermassen rückgängig gemacht werden. Sie ist nur gegenüber einer untergeordneten Instanz<br />

möglich.<br />

Grundsätzlich ist die Kompetenzordnung der BV zwingender Natur. Dennoch erachtet die Praxis die<br />

Kompetenzdelegation des Bundes an die Kantone als zulässig.<br />

Bei den ausschliesslichen Bundeskompetenzen (ursprünglich derogatorische Wirkung) und bei den<br />

Grundsatzgesetzgebungskompetenzen, die ja gerade eine einheitliche Regelung in wesentlichen<br />

Punkten bezwecken sollen, gilt sie als unzulässig.<br />

Eine Gesetzesdelegation an die Kantone liegt vor, wenn der Bund einen Teil der ihm gemäss BV<br />

zustehenden Rechtsetzungskompetenz auf dem Weg der Gesetzgebung an die Kantone überträgt. Durch<br />

ein BG oder eine VO werden die Kantone ermächtigt, die ihnen überlassenen Fragen durch kantonale<br />

Rechtsnormen zu regeln.<br />

Ein echter Vorbehalt liegt aber nur dann vor, wenn die Kantone durch Delegation eine Kompetenz erhalten,<br />

die sie zuvor nicht hatten. Unechte Vorbehalte sind bspw. ZGB 6, 59 I, 373 I.<br />

I. Ergänzendes kantonales Recht<br />

Das Bundesrecht regelt eine bestimmte Materie, lässt aber Raum für ergänzendes kantonales Recht.<br />

Voraussetzung ist eine klare Ermächtigung durch den Bund, die Kantone können sich nicht auf eine stillschweigende<br />

Delegation berufen.<br />

Bspw: Kantone können Übertretungsstrafrecht regeln, als es nicht Bundesgegenstand ist<br />

Fakultative Ermächtigung: Kantone können wählen, ob sie von der Kompetenz Gebrauch machen<br />

Obligatorische Ermächtigung: Kantone müssen ergänzendes Recht erlassen, bspw. SchlT 52 ZGB<br />

II. Abweichendes kantonales Recht<br />

Bei einem solchen Vorbehalt hat der Bund eine Frage in bestimmter Weise geregelt, er ermächtigt aber die Kantone,<br />

stattdessen eine abweichende kantonale Regelung aufzustellen. Das Bundesrecht gilt hier nur subsidiär; bspw. OR 61.<br />

Eine Verwaltungsdelegation liegt vor, wenn die Kantone für den Vollzug zuständig werden. In BV 46 liegt<br />

ein subsidiärer Vollzugsvorbehalt zugunsten der Kantone vor.<br />

Die Verwaltungsdelegation umfasst immer eine Ermächtigung der Kantone zum Erlass einer<br />

Vollziehungsverordnung mit ein. Oft sind aber Bund und Kantone am Vollzug beteiligt und erlassen<br />

Vollziehungsverordnungen.<br />

Für Rechtsprechungsdelegationen besteht nur ein beschränkter Anwendungsbereich, da die BV die<br />

Rechtsprechung im Zivilrecht und im Strafrecht den Kantonen zuordnet, BV 122 f.<br />

Auf dem Gebiet des Verwaltungsstrafrechts und des Militärstrafrechts, wo die Zuständigkeit nicht festgelegt<br />

ist, kommt eine Delegation in Frage. Die in BV 189 genannten Kompetenzen sind ausschliessliche Bundeskompetenzen<br />

und lassen eine Delegation nicht zu.<br />

Derogatorische Kraft des Bundesrechts<br />

Geraten Bundesrecht und kantonales Recht miteinander in Konflikt, liegt eine Normenkollision vor. Hinter<br />

der Normenkollision liegt i.a.R. auch eine Kompetenzkollision.<br />

Grundsätzlich gilt bei einem Konflikt das Bundesrecht, d.h. Bundesrecht bricht kantonales Recht i.S. „lex<br />

superior derogat legi inferiori.“ Er bezieht sich auf alle Stufen von Bundesrecht; eine Verordnung des<br />

Bundesrates bricht bspw. ein kantonales Gesetz.<br />

Rechtsgrundlage ist BV 49 I, das ein verfassungsmässiges Recht des Bürgers darstellt.<br />

Normenkollision und Kompetenzkollision: Nichtige kantonale Regelung<br />

Kompetenzmässiges Bundesrecht aller Stufen hat Vorrang.<br />

Kompetenzwidriges Bundesrecht kann aber nicht überprüft werden, BV 191<br />

Gleichlautendes Bundes- und kt. Recht Keine Normen-, wohl aber Kompetenzkollision.<br />

Ungültigkeit der kantonalen Regelung.<br />

Ausnahme: kt. garantierte Grundrechte; die nur suspendiert werden.<br />

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Verhältnis von Bundeszivilrecht und kantonalem öffentlichem Recht<br />

Seite 36 von 50<br />

Die Zuständigkeit des Bundes für das Zivilrecht ist eine umfassende, BV 122 I. OR und ZGB beruhen auf dem Grundsatz der<br />

Gesamtkodifikation, sind also umfassend und abschliessend. Die Kantone dürfen zivilrechtliche Bestimmungen nur noch erlassen,<br />

wenn und soweit sie das Bundesrecht dazu ermächtigt, ZGB 5 I.<br />

Dadurch werden aber die öffentlich-rechtlichen Befugnisse der Kantone nicht beschränkt, ZGB 6.<br />

Der Erlass öffentlich-rechtlicher kantonaler Vorschriften in einem vom Bundeszivilrecht geregelten Bereich gestützt auf ZGB ist<br />

zulässig; sofern<br />

Der Bundesgesetzgeber eine nicht abschliessende Regelung getroffen hat<br />

Die kantonalen Bestimmungen einem schutzwürdigen öffentlichen Interesse entsprechen<br />

Sie nicht gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts verstossen.<br />

Dem Bundesrecht widersprechendes kantonales Recht ist nichtig. Konkrete Anwendungsakte, die auf<br />

Grund von nichtigem kantonalen Recht erfolgten, sind in der Regel nicht nichtig, sondern nur anfechtbar.<br />

Der Vorrang des Bundesrechts kann mittels ordentlichen Rechtsmitteln oder mittels dem<br />

ausserordentlichen Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde, OG 84 I lit. a als verfassungsmässiges<br />

Recht des Bürgers, direkt gegen eine kommunale oder kantonale Rechtsnorm nach ihrem Erlass oder aber<br />

gegen den darauf gestützt erfolgenden Anwendungsakt bzw. mittels staatsrechtlicher Klage von Bund und<br />

Kantonen, OG 83 lit. a geltend gemacht werden.<br />

III. Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse<br />

1. Erlasse der Bundesversammlung nach neuer Bundesverfassung<br />

I. Bundesgesetz, BV 163- 165<br />

Alle wichtigen Rechtssätze sind in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen, BV 164 I.<br />

Sie sind somit in einem dem (fakultativen) Referendum unterstellten Erlass enthalten und erhalten somit eine<br />

genügende direkt-demokratische Legitimation.<br />

Das Parlament ist aber nicht verpflichtet, Regelungen von untergeordneter Bedeutung dem Bundesrat zur Regelung zu<br />

überlassen, auch diese können in einem Bundesgesetz normiert werden.<br />

II. Dringliches Bundesgesetz, BV 165, 140 I lit. c, 141 I lit. b<br />

Das dringliche Bundesgesetz soll sofort und nicht erst nach Ablauf der Referendumsfrist in Kraft treten. Voraussetzung<br />

für den Erlass eines dringlichen Bundesgesetzes ist sachliche wie zeitliche Dringlichkeit.<br />

Das dringliche Bundesgesetz ist stets zu befristen, das Referendum kommt erst nachträglich zum Zug. In der<br />

Abstimmung verworfene dringliche Bundesgesetze dürfen nicht erneuert werden, BV 165 IV.<br />

Für dringliche Bundesgesetze mit verfassungsmässiger Grundlage ist ein nachträgliches fakultatives<br />

Referendum vorgesehen, BV 141 I lit. b. Wird das Referendum ergriffen, tritt das Gesetz ein Jahr nach<br />

Annahme durch die Bundesversammlung ausser Kraft.<br />

Dringliche Bundesgesetze ohne Verfassungsgrundlage, BV 165 I und III; stellen Notstandsrecht dar. Innert<br />

Jahresfrist muss ein obligatorisches nachträgliches Referendum durchgeführt werden, BV 140 I lit. c. Falls der<br />

Beschluss kein Volks- und Ständemehr aufbringen kann, tritt er nach Ablauf eines Jahres ausser Kraft und<br />

darf nicht erneuert werden.<br />

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Seite 37 von 50<br />

III. Verordnung, BV 163 I, GVG 4, 7 und 8 bis I<br />

Die VO der Bundesversammlung enthalten rechtsetzende Normen, die gestützt auf eine besondere Ermächtigung<br />

durch die Bundesverfassung oder ein Bundesgesetz unter Ausschluss des Referendums beschlossen werden. Sie<br />

werden Parlamentsverordnungen genannt und beruhen meist auf einer Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen<br />

vom Gesetzgeber (Parlament und Volk) an das Parlament allein.<br />

Selbständige Verordnungen nur bspw. BV 82 III; 173 I lit. c; i.a.R. deshalb unselbständige Verordnungen.<br />

IV. Bundesbeschluss, BV 163 II<br />

Der einfache Bundesbeschluss ist für Beschlüsse der Bundesversammlung vorgesehen, für die keine andere Form<br />

vorgeschrieben ist. Sie sind nicht rechtsetzender Natur (Verfügungen und Rechtsprechungsakte des Parlaments) und<br />

unterstehen nicht dem Referendum. Ein selbständiger einfacher Bundesbeschluss beruht direkt auf einer<br />

Ermächtigung durch die Verfassung; ein unselbständiger einfacher Bundesbeschluss beruht auf einer Ermächtigung<br />

durch den Bundesgesetzgeber.<br />

Bsp: BV 52 II i.V.m. 172 II (Gewährleistung KV); BV 173 I lit. f (Gültigkeit Volksinitiativen)<br />

Der referendumspflichtige Bundesbeschluss ist vorgesehen für Beschlüsse, die nicht rechtsetzender Natur sind und<br />

die Kraft besonderer Bestimmung durch Gesetz oder Verfassung dem Referendum unterstehen. Auch hier besteht die<br />

Unterscheidung zwischen selbständigen und unselbständigen referendumspflichtigen Bundesbeschlüssen.<br />

Bsp: BV 53 III (Genehmigung Gebietsveränderungen von Kantonen), BV 166 II i.V.m. 141 I lit. d (Genehmigung von<br />

völkerrechtlichen Verträgen, die dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstehen).<br />

2. Erlasse der Bundesversammlung nach alter Bundesverfassung<br />

Bundesgesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse unterstanden dem fakultativen Referendum, bei<br />

Beschlüssen der Bundesversammlung entschied aber erst das GVG, ob ein fakultatives Referendum erfolgt.<br />

Entscheidend war das Vorliegen von Rechtsetzung. Rechtsetzend war jede abstrakte und generelle Norm, die<br />

Personen Pflichten auferlegte oder Rechte einräumte oder Organisation, Zuständigkeit oder Aufgaben von Behörden<br />

oder deren Verfahren regelte.<br />

I. Bundesgesetz<br />

Unbefristete Erlasse rechtsetzender Normen.<br />

II. Nichtdringlicher allgemeinverbindlicher Bundesbeschluss<br />

Befristete Erlasse rechtsetzender Normen. Da Bundesgesetze nunmehr nach BV 163 ohne weiteres befristet werden<br />

können, erübrigt sich diese Erlassform.<br />

III. Nicht referendumspflichtiger allgemeinverbindlicher Bundesbeschluss<br />

Rechtsetzender Erlass, der auf eine besondere Ermächtigung durch die BV, ein Bundesgesetz oder einen<br />

allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss unter Ausschluss des Referendums beschlossen wurde.<br />

Entspricht der heutigen Parlamentsverordnung, BV 163 I.<br />

IV. Dringlicher Bundesbeschluss<br />

Unterart des allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses, der für dringliche Fälle befristeter Rechtssetzung<br />

vorgesehen war. Entspricht dem heutigen dringlichen Bundesgesetz mit und ohne Verfassungsgrundlage.<br />

V. Einfacher Bundesbeschluss<br />

Vgl. heute.<br />

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3. Erlass von Verordnungen 31<br />

Seite 38 von 50<br />

Verordnung ist der Erlass generell-abstrakter Rechtsnormen in einer anderen Form als derjenigen der<br />

Verfassungsgebung oder des Gesetzes. Entscheidend ist die vereinfachte Erlassform, es fehlt die<br />

Unterstellung unter das Referendum.<br />

Unterscheidungskriterien:<br />

Rechtsverordnungen und Verwaltungsverordnungen<br />

Rechtsverordnung als rechtsetzender Erlass<br />

Verwaltungsverordnung als generelle Dienstanweisung. Aussenwirkung, wenn sie indirekt eine Rechtsstellung des<br />

Bürgers genauer umschreiben und ihn in seinen Interessen faktisch genau gleich stark treffen wie Rechtsverordnungen.<br />

Dann kann eine Verwaltungsverordnung mit StaBe angefochten werden.<br />

Selbständige und unselbständige Verordnungen<br />

Selbständig: Direkte Ermächtigung durch die Verfassung<br />

Unselbständig: Die verordnende Behörde stützt sich auf eine nicht der Verfassungsstufe angehörende Ermächtigung. In<br />

diesem Fall liegt eine Delegation vor.<br />

Vollziehungsverordnung und gesetzesvertretende Verordnung<br />

VollziehungsVO: führt die Regelung des Gesetzes durch Detailvorschriften näher aus. Sie beruhen auf der<br />

allgemeinen, von der Verfassung eingeräumten Vollzugskompetenz.<br />

GesetzesvertretVO: enthält Regelungen, die ebenso gut im Gesetz selbst enthalten sein könnten. Sie beruhen auf einer<br />

Ermächtigung durch das Gesetz.<br />

I. Selbständige VO des Bundesrates<br />

Vollziehungsverordnungen, BV 182 II<br />

Der BR wird beauftragt mit dem Vollzug der Gesetzgebung, der Beschlüsse der Bundesversammlung und der<br />

Urteile der richterlichen Behörden. BV 182 I ermächtigt ihn zum Erlass von Vollziehungs- wie auch gesetzesvertretenden<br />

Verordnungen.<br />

Sie<br />

i. Dürfen sich nur auf eine Materie beziehen, die Gegenstand des zu vollziehenden Gesetzes bildet<br />

ii. Dürfen weder dieses noch andere Gesetze aufheben oder abändern<br />

iii. Müssen der Zielsetzung dieses Gesetzes folgen und dürfen die getroffene Grundregelung lediglich<br />

ergänzen und spezifizieren.<br />

iv. Dürfen dem Bürger keine neuen Pflichten auferlegen, selbst wenn sie durch den Gesetzeszweck gedeckt<br />

wären, es sei denn, es müsse eine Lücke gefüllt werden.<br />

Leading Case: BGE 103 IV 192; Gurtentragepflicht<br />

Polizeinotverordnungen, BV 185 III<br />

Verordnungen und Verfügungen, die eingetretene oder unmittelbar drohende schwere Störung der öffentlichen<br />

Ordnung oder der Sicherheit bekämpfen sollen, sie sind zu befristen.<br />

Sie<br />

v. Müssen angesichts einer in bedeutendem Mass gestörten oder ernsthaft gefährdeten öffentlichen<br />

Ordnung erfolgen<br />

vi. Müssen zeitlich dringlich erforderlich sein<br />

vii. Müssen durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt und verhältnismässig sein.<br />

Leading Case: VO über Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch jugoslawische Staatsangehörige<br />

Verordnungen zur Wahrung der äusseren Interessen der Schweiz, BV 184 III, 185 III<br />

Verordnungskompetenz kraft Bundesverfassung, bspw. BV 84 II, 196 Ziff. 9 I ÜbBest.<br />

II. Unselbständige VO des Bundesrates<br />

Unselbständig sind diejenigen Verordnungen, zu deren Erlass der Bundesrat durch ein Bundesgesetz ermächtigt<br />

worden ist. Es liegt eine Gesetzesdelegation vor. Eine Subdelegation, bspw. vom BR (dem selbst delegiert wurde) an<br />

sein Departement ist gemäss RVOG 48 zu beurteilen.<br />

Voraussetzung, BV 164 II:<br />

Nicht durch die Verfassung ausgeschlossen<br />

Übertragung muss in einem formellen Gesetz vorgesehen sein (Bundesgesetz mit Referendum)<br />

Beschränkung der Delegation auf ein bestimmtes, genau umschriebenes Sachgebiet<br />

Grundzüge müssen im delegierenden Gesetz selbst enthalten sein<br />

• Abgaberecht: BV 127 I: Kreis der Abgabepflichtigen, Gegenstand, Bemessungsgrundlage<br />

• Grundrechte: Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein<br />

• Leistungen: Grundzüge der Regelung im formellen Gesetz.<br />

31 Uneinheitliche Bezeichnung: Verordnung, Reglement, Ordnung, Verfügung.<br />

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IV. Staatsrechtliche Beschwerde<br />

Seite 39 von 50<br />

Während Verfassungsverletzungen durch kantonale Hoheitsakte seit der Gründung des Bundesstaates bei einer Bundesbehörde<br />

gerügt werden konnten, war eine Kontrolle der verfassungsmässigen Handhabung der Bundesgesetze durch die Bundesverwaltung<br />

lange Zeit nicht möglich. Erst ab 1914 bestand eine Grundlage für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bund, in deren Rahmen auch<br />

Verstösse der Bundesverwaltung gegen die Bundesverfassung gerügt werden konnten, heute: OG 104 a.<br />

§ 2 – Die staatsrechtliche Beschwerde als Form der Verfassungsgerichtsbarkeit<br />

Verfassungsgerichtsbarkeit ist jedes gerichtliche Kontrollverfahren der Verfassungsmässigkeit staatlicher Akte auf ihre<br />

Übereinstimmung mit der Verfassung.<br />

Prüfungsmasstab ist die Verfassung<br />

Verfassungsverletzung ist Beschwerdegrund<br />

Anfechtungsobjekt ist staatliches Handeln<br />

Formen:<br />

Organstreitigkeiten (Zuständigkeitsstreit Ex-Leg-Iud) BVersammlung entscheidet im Bund, BV 173 I lit. i.<br />

Bundesstaatliche Streitigkeiten (Kompetenz Bund-Kt) Bundesgericht, BV 189 I lit. d.<br />

Normenkontrolle<br />

Abstrakte Normenkontrolle kantonaler Erlass wird direkt angefochten, StaBe<br />

Konkrete Normenkontrolle (akzessorisch) kt. / eidg. Erlass (Ausnahme: BV 191) wird vorfrageweise<br />

zufolge konkretem Anwendungsfall überprüft.<br />

§ 3 – Anfechtungsobjekt<br />

I. kantonale Hoheitsakte<br />

Nur Hoheitsakte, die von einer kantonalen Behörde 32 ausgehen und auf kantonaler Herrschaftsgewalt beruhen<br />

[hoheitlich sind], (…) was also von kantonalen Selbstverwaltungsbehörden, also von Gemeinden oder kirchlichen<br />

Behörden ausgeht, und sogar von Privaten, wenn diese vom Kanton mit hoheitlicher Gewalt ausgestattet worden sind.<br />

Aus OG 88 folgt, dass nur solche kantonalen Hoheitsakte angefochten werden können, welche in irgendeiner Weise<br />

die Rechtsstellung des einzelnen Bürgers berühren, indem sie ihn verbindlich und erzwingbar zu einem Tun,<br />

Unterlassen oder Dulden verpflichten oder sonst wie seine Rechtsbeziehung zum Staat autoritativ festlegt.<br />

[Bürgerverbindlich] 33 .<br />

II. kantonaler Erlass 34<br />

Ein Erlass regelt einen generellen (unbestimmter Adressatenkreis) und abstrakten (unbestimmte Vielzahl von Fällen)<br />

Lebenssachbereich.<br />

Allgemeinverfügungen, d.h. generell-konkrete Hoheitsakte, werden i.a.R. den gewöhnlichen Verfügungen<br />

gleichgestellt, was grundsätzlich auch für die Anfechtbarkeit gilt.<br />

Ist jedoch der Kreis der Adressaten offen und werden diese durch den Erlass der Allgemeinverfügung nur virtuell<br />

berührt 35 , muss eine Allgemeinverfügung im Anwendungsfall noch vorfrageweise auf die Rechtmässigkeit überprüft<br />

werden können. (Lohnfall der Berner Lehrer).<br />

Kantonsverfassungen<br />

Praxisänderung mit Änderung der Zürcher Kantonsverfassung (Kirchen als Personen des öffentlichen Rechts).<br />

Die Kontrolle der Bundesversammlung ist nicht von anderer Art, als jene des Bundesgerichts es sein könnte. Denn ob<br />

eine kantonale Verfassung nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält, ist kein Entscheid<br />

politischer, sondern ein solcher rechtlicher Natur [aber durch ein politisches Gremium !].<br />

Da Bundesversammlung und Bundesgericht eine ähnliche Kognition aufweisen und beide Entscheide nicht materiell<br />

rechtskräftig werden, könne es deshalb nicht die Meinung gewesen sein, dass anschliessend an die Bundesversammlung<br />

noch das Bundesgericht die Kantonsverfassung überprüfen könne – rein schon aus Gründen der<br />

Rechtssicherheit, BGE 89 I 392 ff.<br />

Mit BGE 118 Ia 127 erfolgte insofern eine Kehrtwendung, als die vorfrageweise Überprüfung kantonaler<br />

Verfassungsbestimmungen (…) jedenfalls dann mit StaBe verlangt werden konnte, wenn das übergeordnete Recht im<br />

Zeitpunkt der Gewährleistung durch die Bundesversammlung noch nicht in Kraft getreten ist. Eine abstrakte<br />

Normenkontrolle, d.h. eine direkte Anfechtung der KV, ist weiterhin nicht möglich.<br />

32<br />

Bei der StaBe ist somit die verfügende Behörde für das Anfechtungsobjekt entscheidend, dies im Unterschied zur VGB, bei der die<br />

Rechtsbasis (Bundesverwaltungsrecht) entscheidend ist.<br />

33<br />

Eine relativ unbestimmte Weisung des Kantons an die Gemeinde, in einem bestimmten Bereich Rechtsnormen zu erlassen, berührt<br />

den Bürger noch nicht und ist deshalb kein taugliches Anfechtungsobjekt.<br />

34<br />

Die Unterscheidung Erlass – Verfügung ist entscheidend: Der Erlass kann zunächst nach seinem Inkrafttreten mittels einer<br />

abstrakten Normenkontrolle überprüft werden, anschliessend noch akzessorisch. Die Verfügung kann nur einmal überprüft werden.<br />

35<br />

St. Galler Fahrverbot auf der Strasse X berührt den Tessiner Autofahrer virtuell.<br />

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Seite 40 von 50<br />

Im Kanton Appenzell sollte die Änderung der KV – gemäss Vorschriften der Kantonsverfassung – vor der<br />

Landsgemeinde erfolgen. Willy Rohner erhob dagegen Stimmrechtsbeschwerde, weil diese Vorschriften gegen die<br />

Stimmrechtsgarantien verstiessen, wie sie von der BV gewährleistet würden, OG 85 lit. a; BGE 121 I 138.<br />

Das Bundesgericht hat in diesem Fall die entwickelten Prinzipien (Eintreten nur, wenn z.Z. der Verfassungsgewährleistung<br />

das angerufene Bundesrecht noch nicht in Kraft war) auf das Verfassungsrecht erweitert.<br />

Genehmigungsbedürftige kantonale Gesetze und Verordnungen<br />

Die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bundesrat, BV 186 II, hat nur den Charakter einer provisorischen<br />

Rechtskontrolle. Mit der Genehmigung wird daher nicht verbindlich festgestellt, dass die betreffenden kantonalen<br />

Vorschriften rechtmässig sind. Sie schliesst weder eine abstrakte noch eine nachträgliche konkrete Normenkontrolle<br />

aus, BGE 103 Ia 133.<br />

Verwaltungsverordnungen<br />

BGE 98 I 510: Verordnung über kantonale Krankenhäuser (Todesfeststellung, Obduktion usw.)<br />

Verwaltungsverordnungen sind generelle Dienstanweisungen, die den Bürger nicht zu einem bestimmten Tun,<br />

Unterlassen oder Dulden verpflichten und daher die Rechtssphäre des Bürgers nicht berühren.<br />

I.c. wird aber über den direkten Adressatenkreis (Ärzte, übriges Personal) hinaus der Bürgers in seinen rechtlich<br />

geschützten Interessen getroffen und die Wirkung kommt derjenigen einer Rechtsverordnung gleich.<br />

Auch Verwaltungsverordnungen 36 sind mit StaBe anfechtbar, sofern die darin enthaltenen Regeln nicht nur aus<br />

internen Anweisungen an Beamte und Angestellte bestehen, sondern darüber hinaus die Rechtsstellung des Privaten<br />

direkt oder indirekt näher umschreiben und ihn auf diese Weise in seinen rechtlich geschützten Interessen berühren.<br />

BGE 105 Ia 349; Präzisierung:<br />

Eine Verwaltungsverordnung kann nur dann mit StaBe angefochten werden, wenn sie Aussenwirkungen entfaltet und<br />

wenn gestützt auf sie keine Verfügungen getroffen werden, deren Anfechtung möglich ist und dem Betroffenen<br />

zugemutet werden kann.<br />

Allgemeinverbindlich erklärte Verbandsbeschlüsse<br />

BGE 89 I 30…..<br />

Raumpläne<br />

BGE 106 Ia 386:<br />

Die Verfassungsmässigkeit einer Rechtsnorm kann nicht nur im Anschluss an ihren Erlass, sondern auch auf einen<br />

konkreten Anwendungsakt hin bestritten werden, während eine nachträgliche Anfechtung von Verfügungen<br />

grundsätzlich ausgeschlossen ist.<br />

Zonenpläne stellen zwischen Rechtssatz und Verfügung stehende Anordnungen besonderer Natur dar, auf welche<br />

teils die für generell-abstrakte Normen geltenden, teils die für Verfügungen massgebenden Grundsätze anzuwenden<br />

sind.<br />

Ob ein Zonenplan nur anschliessend an den Erlass oder auch bei späterer Anwendung noch angefochten werden<br />

kann, bestimmt sich primär danach, ob der Betroffene schon bei Planerlass über die ihm auferlegten Beschränkungen<br />

im klaren sein konnte und welche Möglichkeiten er in diesem Zeitpunkt hatte, seine Interessen zu verteidigen.<br />

BGE 107 Ia 80:<br />

Beim Gesamtplan handelt es sich jedoch um einen Richtplan, der nicht für die davon erfassten Grundeigentümer,<br />

sondern nur für die Behörden verbindlich ist, also die Rechtsstellung des Bürgers nicht berührt. Allerdings ist nicht zu<br />

verkennen, dass dieser Richtplan auf die Ausarbeitung der das Grundeigentum direkt beschränkenden Nutzungspläne<br />

sehr erhebliche Vorwirkungen ausübt und es fragt sich, ob der Richtplan nicht analog der Verwaltungsverordnung mit<br />

Aussenwirkung als anfechtbarer Hoheitsakt gelten müsse.<br />

Frage offengelassen, da das weitere Erfordernis, dass kein weiterer anfechtbarer Verwaltungsakt erfolgt, nicht erfüllt<br />

ist: Der Vollzug von Richtplänen muss im Rahmen von Nutzungsplänen in rechtverbindliche Eigentumsbeschränkungen<br />

umgesetzt werden, ebenso Baubewilligungen erfolgen usw.<br />

Anfechtung durch Gemeinden: BGE 111 Ia 310; 119 Ia 285.<br />

Exkurs: akzessorische Prüfung<br />

Das Bundesgericht bejaht eine akzessorische Prüfung von Rechtserlassen, weil der Einzelne bei Erlass einer<br />

Rechtsnorm im Allgemeinen noch nicht wisse, ob und wie sich ihn eines Tages treffen werde. Dies im Unterschied zu<br />

einer Verfügung.<br />

Wird infolge der akzessorischen Prüfung die Verfassungswidrigkeit einer Norm festgestellt, so führt dies nicht zu deren<br />

Aufhebung, sondern sie wird nur nicht auf den Beschwerdeführer angewendet.<br />

36 Oftmals ergeht dann im Vollzug der Verwaltungsverordnung überhaupt keine Verfügung und somit Anfechtungsobjekt.<br />

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III. kantonale Verfügungen (Entscheide)<br />

Seite 41 von 50<br />

Eine Verfügung i.S.v. OG 84 I muss nicht unbedingt die Anforderungen von VwVG 5 erfüllen, zumindest jedoch einen<br />

hoheitlichen Akt darstellen, der die Rechtsstellung des einzelnen berührt, indem sie ihn zu einem Tun, Unterlassen<br />

oder Dulden verpflichtet oder sonst wie seine Rechtsbeziehung zum Staat autoritativ in verbindlicher und erzwingbarer<br />

Art und Weise regelt.<br />

Zwischenentscheide<br />

Diese sind nur im Rahmen von OG 87 I und II anfechtbar.<br />

Als Endentscheid i.S.v. OG 87 wird jeder Entscheid betrachtet, der ein Verfahren vorbehaltlich der Weiterziehung an<br />

eine höhere Instanz abschliesst. Zwischenentscheid sind dagegen Entscheide, die das Verfahren nicht abschliessen,<br />

sondern bloss einen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid darstellen, gleichgültig, ob sie eine Verfahrensfrage oder<br />

eine Frage des materiellen Rechts zum Gegenstand haben.<br />

Es ist zudem die blosse Möglichkeit eines nicht wiedergutzumachender Nachteil rechtlicher Art erforderlich, ein<br />

Nachteil bloss tatsächlicher Natur genügt nicht. Der Nachteil ist nur rechtlicher Art, wenn er auch durch einen für den<br />

Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden könnte.<br />

Vollzugs- und Bestätigungsakte zu Verfügungen<br />

BGE 104 Ia 172: Eine Verfügung, welche auf einer rechtskräftigen früheren Verfügung beruht und diese lediglich<br />

vollzieht oder bestätigt, kann nicht mit der Begründung angefochten werden, die frühere Verfügung sei<br />

verfassungswidrig; eine solche Rüge ist verspätet.<br />

Eine Ausnahme gilt nur bei Verletzung unverzichtbarer und unverjährbarer Rechte. Dazu gehören bestimmte dem<br />

Einzelnen um seiner Persönlichkeit willen zustehende fundamentale Rechte, wie die persönliche Freiheit, die<br />

Niederlassungsfreiheit, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Kultusfreiheit, die Ehefreiheit, das Verbot des<br />

Schuldverhaftes und der körperlichen Strafen. Die Wirtschaftsfreiheit gehört ausdrücklich nicht dazu.<br />

Diese Rechtsprechung ist insofern zu präzisieren, als dass das angerufene Grundrecht in einem Schutzbereich<br />

angesprochen ist, der derart fundamentale Aspekte der Persönlichkeit oder der Menschenwürde betrifft, dass ein<br />

Eingriff schon an sich als besonders schwerwiegend wirkt. Bejaht für Anspruch auf unabhängigen Richter.<br />

Allgemeinverfügungen<br />

Ihrer Konkretheit wegen wird die Allgemeinverfügung in Lehre und Rechtsprechung den Verwaltungsakten zugeordnet;<br />

dessen ungeachtet kann sie bei ihrer späteren Anwendung trotzdem auf ihre Rechtsbeständigkeit überprüft werden,<br />

BGE 112 Ib 251.<br />

Urteile von Schiedsgerichten<br />

Schiedsgerichte sind keine kantonalen Entscheide i.S.v. OG 84 I. Es erscheint als fraglich, ob das<br />

Rechtsschutzbedürfnis von Parteien die sich aus freiem Willen einer privaten Gerichtsbarkeit unterworfen haben,<br />

demjenigen anderer Parteien, die staatlichen Gerichten unterstellt sind, gleichzusetzen sei. Im Übrigen besteht die<br />

Rechtskontrolle gestützt auf das KSG.<br />

Anfechtungsobjekt bei der Stimmrechtsbeschwerde, OG 85 lit. a<br />

Kanton Thurgau beschloss, den zweiten Satz einer Initiative wegen Staatsvertragswidrigkeit zu streichen. Nach der<br />

Abstimmung erhoben 3 Stimmbürger Beschwerde.<br />

Richtet sich eine Stimmrechtsbeschwerde gegen Handlungen 37 , die der Vorbereitung einer Abstimmung dienen, so<br />

beginnt die Beschwerdefrist mit der Eröffnung oder Mitteilung der entsprechenden Anordnung, (…) unterlässt dies der<br />

Stimmberechtigte, obwohl nach den Verhältnissen ein sofortiges Handeln geboten und zumutbar war, so verwirkt er<br />

das Recht zur Anfechtung des Abstimmungsergebnisses.<br />

Läuft die von OG 89 I aufgestellte Frist jedoch nach dem Abstimmungstermin ab, so kann nicht verlangt werden, dass<br />

die Beschwerde vor der Durchführung der Abstimmung erhoben wird, in diesem Fall kann eine Vorbereitungshandlung<br />

mit einer gegen die Abstimmung als solche gerichteten Beschwerde angefochten werden.<br />

Klarstellung der Rechtsprechung:<br />

Soweit sich Stimmrechtsbeschwerden gegen Handlungen richten, die der Vorbereitung von Abstimmungen und<br />

Wahlen dienen, sind sie grundsätzlich im Anschluss an deren Anordnung innert 30 Tagen zu erheben; ein sofortiges<br />

Handeln ist normalerweise durchaus zumutbar.<br />

Wohl kann die Zeitspanne zwischen dem Fristenablauf und dem Abstimmungsdatum zu kurz sein, als dass das<br />

Bundesgericht materiell entscheiden oder eine vorsorgliche Verfügung treffen könne. Diese rein praktische Überlegung<br />

reicht indessen nicht aus, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen. Der Stimmberechtigte erleidet (…) keinen<br />

Nachteil, die (…) [gegen die beanstandete Vorbereitungshandlung gerichtete] Beschwerde (…) ist so zu verstehen,<br />

dass sinngemäss auch der Antrag auf Aufhebung der Abstimmung selber gestellt wird.<br />

Vom Grundsatz, dass die gegen Vorbereitungshandlungen gerichtete Beschwerde sofort nach deren Anordnung innert<br />

30 Tagen einzureichen ist, kann lediglich abgewichen werden, wenn die Frist nach dem Abstimmungstermin abläuft<br />

oder sofortiges Handelns als unzumutbar erscheint (restriktiv), BGE 110 Ia 177.<br />

I.c. trat das Bundesgericht der Verschärfung seiner Praxis wegen in diesem konkreten Fall dennoch ein (ansonsten eine Verletzung<br />

aus BV 8 erfolgte, wenn eine Änderung ohne vorherige Ankündigung erfolgen würde).<br />

37<br />

Bspw. Beschlüsse über die Durchführung der Abstimmung, Ungültigkeit der Initiative, Formulierung der Abstimmungsfrage,<br />

amtliche Erläuterungen zur Abstimmung.<br />

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§ 4 – Beschwerdegründe<br />

Seite 42 von 50<br />

I. Verfassungsmässige Rechte, OG 84 I lit. a<br />

Kantonalen Verfassungsrechten kommt nur dann eine eigene Tragweite zu, wenn sie einen ausgedehnteren<br />

Schutzbereich aufweisen als die entsprechende Norm im Bundesverfassungsrecht, BGE 121 I 200.<br />

Bspw. BGE 101 Ia 83: Die KV verbietet jede Rückwirkung eines Gesetzes. Die Bundesverfassung erlaubt unter<br />

gewissen Voraussetzungen jedoch die Rückwirkung; ergo geht die KV weiter und weist selbständigen Charakter auf.<br />

Es ist jedoch erforderlich, dass ein Individualrecht 38 eines Bürgers verletzt sein muss. Die Bestimmung, wonach alle<br />

Gesetze vom Grossen Rat einer doppelten Beratung unterworfen werden müssen, ist eine das<br />

Gesetzgebungsverfahren betreffende Vorschrift, die sich nur an den Grossen Rat richtet und keine Rechte der<br />

Stimmbürger begründet. Deren verfassungsmässig gewährleistete Mitwirkung (…) besteht im Initiativ- und<br />

Referendumsrecht.<br />

Die Grossräte werden durch die Verletzung (…) ausschliesslich in ihrer Eigenschaft als Behördenmitglieder berührt<br />

und als solchen stehen ihnen keine verfassungsmässigen Rechte zu, BGE 91 I 114.<br />

Der Begriff des verfassungsmässigen Rechts ist bundesrechtlicher Natur; (…) es sind diejenigen<br />

Verfassungsbestimmungen, die dem Bürger einen Schutzbereich gegen staatliche Eingriffe sichern wollen.<br />

Allgemeine Anweisungen an den Gesetzgeber, in einem bestimmten Bereich tätig zu werden, vermögen dem<br />

Einzelnen keinen Anspruch auf richterliche Durchsetzung des Gesetzgebungsauftrages zu geben, anders nur, wenn<br />

die Verfassung dem Gesetzgeber vorschreibt, welchen Anforderungen er nachkommen muss.<br />

Das Rechtsschutzinteresse des Bürgers daran, dass nicht eine beliebige Besteuerung 39 auf dem Weg der<br />

Gesetzgebung eingeführt wird, ist derart wichtig, dass die Annahme nahe liegt, die Verfassung habe dem Bürger auch<br />

einen Rechtsbehelf dagegen gewähren wollen, BGE 104 Ia 284.<br />

BGE 108 Ia 157 E 3: Die Beschwerdeführer sehen im streitigen Kreditbeschluss der Politischen Gemeinde Eglisau eine Verletzung<br />

des vom Bundesrecht und von Art. 16 KV gewährleisteten politischen Stimmrechts.<br />

a) Einer Garantie, die in einer Kantonsverfassung verankert ist, kommt nur dann eigene Tragweite zu, wenn sie ein ausgedehnteres<br />

Recht als die Bundesverfassung gewährt (BGE 104 Ia 435 E. 2). Das ist in bezug auf Art. 16 KV nicht der Fall. Das Bundesgericht<br />

kann sich daher im vorliegenden Fall darauf beschränken, die Vereinbarkeit der Kreditbewilligung mit dem eidgenössischen<br />

Verfassungsrecht zu überprüfen.<br />

BGE 114 Ia 331; heute BV 8 III Satz 2: En revanche, contrairement à l'interdiction des discriminations en matière de rémunération<br />

(art. 4 al. 2, 3 e phrase, Cst.; ATF 113 Ia 110 et les références), la règle précitée ne s'adresse pas aux particuliers mais à l'Etat; elle ne<br />

produit pas d'effet horizontal direct (direkte Dritt- oder Horizontalwirkung; sur cette notion, cf. ATF 111 II 254 et les références) dans<br />

les rapports entre personnes privées. D'où il suit que la recourante n'a pas qualité pour s'en prévaloir directement en l'espèce à<br />

l'appui d'un recours de droit public dirigé contre une décision rendue dans une affaire opposant deux particuliers.<br />

BGE 123 I 27 : Der Beschwerdeführer beruft sich in diesem Zusammenhang auf Art. 18 KV/SO. Nach dessen Abs. 1 hat jeder<br />

"Anspruch auf Rechtsschutz"; Abs. 2 räumt den Parteien einen Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht, Behörden und<br />

Verwaltung sowie auf einen begründeten Entscheid innert angemessener Frist ein. Zu den verfassungsmässigen Rechten im Sinne<br />

von Art. 113 Abs. 1 Ziff. 3 BV und Art. 84 Abs. 1 lit. a OG, deren Verletzung mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann,<br />

gehören auch durch die Kantonsverfassung gewährleistete Rechte, soweit ihnen der Charakter von Freiheitsrechten, d.h. von<br />

individualrechtlichen Garantien zum Schutze des Bürgers zukommt (BGE 121 I 267 E. 3a S. 269, mit Hinweisen). Dies ist hier der<br />

Fall, weshalb der Beschwerdeführer geltend machen kann, der angefochtene Beschluss verletze ihn in seinen durch Art. 18 KV/SO<br />

garantierten prozessualen Rechten. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist deshalb einzutreten.<br />

Auch Sozialrechte 40 , d.h. Rechte auf Leistung, sind verfassungsmässige Rechte, vgl. BV 12, 7 und Kerngehalt von BV<br />

10. Bei Leistungsansprüchen ist jedoch erforderlich, dass diese justiziabel sind, d.h. normativ hinreichend bestimmt,<br />

sodass sie vom Richter mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und Verfahren konkretisiert und durchgesetzt<br />

werden können. Das Grundrecht auf Existenzsicherung erfüllt diese Bedingungen der Justiziablität.<br />

Grundrechtsträger sind – da es menschenrechtlich begründet ist – Schweizer als auch Ausländer.<br />

In der nBV sind die Grundrechte des Bundes in einem geschlossenen Katalog zusammengefasst, BV 7 ff. Auch<br />

aus anderen Teilen der Verfassung werden jedoch verfassungsmässige Rechte abgeleitet, so das Prinzip der<br />

Gewaltenteilung, der Vorrang des Bundesrechts, BV 49 I, die Gebührenfreiheit auf Strassen, BV 82 III und das<br />

Legalitätsprinzip im Abgaberecht, BV 127 I.<br />

Die von der EMRK gewährleisteten Rechte haben verfassungsrechtlichen Inhalt und werden Verfassungsrechten<br />

gleichgestellt. Sie werden mittels der Verfassungsbeschwerde, nicht mit der Staatsvertragsbeschwerde geschützt.<br />

Bei widersprechenden Normen gilt das Primat des Völkerrechts; ausnahmsweise geht das Bundesrecht vor, wenn der<br />

Gesetzgeber die Verletzung internationalen Rechts bewusst in Kauf genommen haben könnte. Kontrovers ist<br />

allerdings, ob Bundesgesetze entgegen BV 191 auf ihre Übereinstimmung mit der EMRK überprüft werden dürfen; vom<br />

Bundesgericht in BGE 117 Ib 369 E 2 e a.E. bejaht.<br />

38<br />

„Das Bundesgericht ist nur zum Schutz der verfassungsmässigen Rechte der Bürger eingesetzt, nicht auch zum Schutz der<br />

Verfassung überhaupt, BGE 104 Ia 284.“<br />

39<br />

I.c: KV 62 IV (SO): Geringe Vermögen sowie von jedem Einkommen ein zum Leben unbedingt notwendiger Betrag sind steuerfrei.<br />

40<br />

Leading case: BGE 121 I 367: Ausgeschaffte Angehörige der Tschechoslowakei reisen erneut ein, können nicht zurückgeschafft<br />

werden in die neu geschaffene Tschechei, ausser sie selbst würden ein Gesuch stellen.<br />

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Seite 43 von 50<br />

II. Konkordate, OG 84 I lit. b<br />

Ob ein Konkordat nur gegenseitige Rechte und Pflichten zwischen den Kantonen oder Recht oder Privaten begründet,<br />

ist für die Beantwortung der Eintretensfrage unwesentlich. Nach dem OG kann jeder Bürger wegen Verletzung eines<br />

Konkordates Beschwerde führen, sofern er dadurch in seinen persönlichen, rechtlich geschützten Interessen verletzt<br />

zu sein behauptet.<br />

III. Staatsverträge, OG 84 I lit. c<br />

Die Staatsvertragsbeschwerde gemäss OG 84 I lit. c kann sich auch gegen kantonale Erlasse richten. Der<br />

Beschwerdeführer kann sich dabei aber nur auf Bestimmungen berufen, welche unmittelbar anwendbar (selfexecuting)<br />

sind. Dies setzt voraus, dass die angerufene staatsvertragliche Regelung inhaltlich hinreichend bestimmt<br />

und klar ist, um im Einzelfall Grundlage eines Entscheides bilden zu können.<br />

IV. Bundesrechtliche Vorschriften über die Abgrenzung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der<br />

Bundesbehörden 41 , OG 84 I lit. d.<br />

V. Stimmrechtsbeschwerde 42 , OG 85 lit. a<br />

Die politischen Rechte umfassen das Recht, an Abstimmungen teilzunehmen, Initiativen und Referendumsbegehren zu<br />

unterschrieben, sowie das aktive und das passive Wahlrecht. Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann die Verletzung<br />

sämtlicher im Zusammenhang mit den politischen Rechten stehenden Vorschriften gerügt werden. Dazu zählen<br />

namentlich Wählbarkeits- und Unvereinbarkeitsvorschriften.<br />

Es besteht jedoch kein Anspruch des Bürgers darauf, dass eine kantonale Initiative, die ggf. nicht in Übereinstimmung<br />

mit dem übergeordneten Recht steht, überprüft wird, sofern das kantonale Recht die Behörde dazu nicht verpflichtet,<br />

da ansonsten die Spezialität der Stimmrechtbeschwerde im Unterschied zur allg. Verfassungsbeschwerde entfiele.<br />

Die Rüge, dass die Exekutive ihre Rechtssetzungskompetenz überschritten habe, betrifft nicht die Garantie des<br />

politischen Stimmrechts der Bürger, sondern hat Bezug auf das verfassungsmässige Recht der Gewaltentrennung;<br />

deshalb Verfassungsbeschwerde und Legitimation nach OG 88 und nicht Stimmrechtsbeschwerde und (breitere)<br />

Legitimation nach OG 85 lit. a, BGE 105 Ia 359.<br />

Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann durchgesetzt werden, dass ein Erlass oder Verwaltungsakt, der formell dem<br />

fakultativen oder obligatorischen Referendum untersteht, diesem Mitwirkungsrecht auch wirklich unterstellt wird;<br />

(…) dass die Abstimmung korrekt durchgeführt und deren Ergebnis richtig ermittelt wird.<br />

Sie ist aber nicht zur Anfechtung von Erlassen oder Einzelakten der Exekutive bestimmt, die (…) zum vorneherein<br />

nicht der Volksabstimmung unterliegen können und auch nicht die konkrete Durchführung einer Abstimmung oder<br />

Wahl betreffen. Enthält eine Verordnung oder ein Einzelakt der Verwaltung Vorschriften, die richtigerweise<br />

Gegenstand eines dem Referendum unterliegenden Gesetzes sein müssten, so ist nicht die<br />

Stimmrechtsbeschwerde, sondern gestützt auf OG 84 I lit. a die StaBe wegen Verletzung der Gewaltentrennung zu<br />

ergreifen, BGE 105 Ia 359.<br />

Erlass / Verwaltungsakt der dem<br />

Referendum unterläge<br />

ihm aber nicht unterstellt ist<br />

Erlass / Verordnung der Exekutive,<br />

der an sich nicht dem Referendum<br />

unterliegt, materiell aber Vorschriften<br />

enthält, die dem Referendum unterlägen<br />

Stimmrechtsbeschwerde Verfassungsbeschwerde<br />

Behördliche Interventionen in die Meinungsbildung zu Sachabstimmungen sind zulässig, bspw. Abstimmungserläuterungen.<br />

Eine unerlaubte Beeinflussung liegt vor, wenn die Behörde die Pflicht zu objektiver Information verletzt,<br />

d.h. falsch informiert oder sich sonst wie verwerflicher Mittel bedient.<br />

Wird eine unzulässige Einflussnahme der Behörde auf die Meinungsbildung festgestellt, hebt das Bundesgericht eine<br />

Abstimmung nur auf, wenn die gerügten Unregelmässigkeiten erheblich sind und das Ergebnis wahrscheinlich<br />

beeinflusst haben könnten. Kriterien: Schwere des Mangels, Grösse des Stimmunterschiedes<br />

Informationen von privater Seite können nur ausnahmsweise 43 zur Aufhebung einer Abstimmung führen, denn sie<br />

stehen unter der Meinungs- und Pressefreiheit.<br />

Dem einzelnen Mitglied einer Behörde kann weder die Teilnahme am Abstimmungskampf noch die freie Äusserung zu<br />

einer Gesetzes- oder Sachvorlage untersagt werden. Unzulässig ist aber, dass sie ihrer Intervention einen amtlichen<br />

Anstrich geben und den Anschein erwecken, es handle sich um eine offizielle Verlautbarung einer Behörde.<br />

VI. Armenrechtsbeschwerde [Verfahrensprivilegien im Haftpflichtfall der Post, Eisenbahn, Dampfschiffe]<br />

41<br />

Betrifft nicht Kompetenzstreitigkeiten Bund-Kanton ( OG 83 lit. a), sondern innerhalb des Bundes.<br />

42<br />

Bis zur Justizreform (BV 189 I lit. f) ist OG 85 lit. a nur auf kommunale und kantonale Akte anwendbar; auf eidgenössischer Ebene<br />

sind die Rechtsmittel des BPR massgebend.<br />

Legitimation gemäss OG 85 lit. a; jeder an der Abstimmung oder Wahl stimmberechtigte Bürger<br />

43<br />

So später Zeitpunkt offensichtlich unwahre Informationen Unmöglichkeit des Bürgers, sich zuverlässiges Bild zu generieren<br />

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VII. Schiedsbeschwerde, OG 85 lit. c und IPRG 191 I<br />

§ 5 – Verhältnis der StaBe zu anderen Rechtsmitteln<br />

I. Absolute Subsidiarität, OG 84 II<br />

Seite 44 von 50<br />

Verwaltungsgerichtsbeschwerde, OG 97 ff.<br />

Für die Frage, ob die VGB zulässig sei oder nicht, kommt es nicht auf die formal erhobenen Rügen an, sondern<br />

vielmehr darauf, ob die Grundlage der Verfügung dem öffentlichen Recht des Bundes oder dem kantonalen Recht<br />

angehört.<br />

Für die Annahme einer kantonalrechtlichen Verfügungsgrundlage ist erforderlich, dass dem kantonalen Recht<br />

im betreffenden Sachgebiet gegenüber den bundesrechtlichen Vorschriften selbständige 44 Bedeutung<br />

zukommt. Trifft dies zu, ist nicht die VBG, sondern die StaBe wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte<br />

des Bürgers, insbesondere der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, zu ergreifen.<br />

Falls dagegen die Grundlage der Verfügung nicht im selbständigen kantonalen Recht, sondern in einer<br />

vorrangigen Vorschrift des Bundesrechts liegt 45 , ist die VGB gegeben, BGE 118 Ib 131.<br />

Berufung in Zivilsachen, OG 43 I<br />

Wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger ist die staatsrechtliche Beschwerde vorbehalten. Die<br />

Rüge, bspw. verletzen Bundesgesetze (vorsorgliche Massnahmen nach ZGB 28) die Verfassung, ist infolge BV<br />

191 ausgeschlossen.<br />

Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, BStP 269<br />

Wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger ist die staatsrechtliche Beschwerde vorbehalten.<br />

Wird geltend gemacht, StGB 204 müsse im Licht von EMRK 10 anders ausgelegt werden, so wird eine Verletzung<br />

von Bundesrecht – StGB – geltend gemacht, weshalb die Eidg. NiBe zu erheben ist.<br />

II. Relative Subsidiarität, OG 86<br />

Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges<br />

Rechtzeitige Erhebung der Rügen vor den kantonalen Instanzen (TuG im Prozess)<br />

Dass entsprechende Begehren [der ausländische Angeklagte könne dem Prozess nicht folgen] im kantonalen<br />

Verfahren gestellt worden seine, wird vom Bf nicht behauptet. Somit erfolgen alle diese erst im nachhinein geltend<br />

gemachten Vorbringen verspätet, BGE 118 Ia 466.<br />

Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges<br />

Letztinstanzlich ist ein Entscheid erst, wenn die Rüge, die Inhalt der staatsrechtlichen Beschwerde sein soll, bei<br />

keiner kantonalen Instanz mehr angebracht werden kann. Es darf daher kein ordentliches oder ausserordentliches<br />

kantonales Rechtsmittel 46 mehr zur Verfügung stehen.<br />

Der Entscheid einer unteren Instanz kann mitangefochten werden, wenn entweder der letzten kantonalen Instanz<br />

nicht sämtliche vor Bundesgericht erhobenen Rügen unterbreitet werden konnten, oder wenn solche Rügen zwar<br />

von der letzten kantonalen Instanz zu beurteilen waren, jedoch mit einer engeren Prüfungsbefugnis, als sie dem<br />

Bundesgericht zustehet. [Dorénaz-Praxis]; BGE 125 I 493.<br />

Ausnahmen:<br />

Interkantonale Doppelbesteuerung, OG 86 II<br />

Arrest auf Vermögen ausländischer Staaten<br />

Praxis des Bundesgerichts<br />

Vom Erfordernis der Ausschöpfung der kantonalen Instanzen kann abgesehen werden,<br />

- wenn ernsthafte Zweifel an der Zulässigkeit eines kantonalen Rechtsmittels bestehen<br />

- oder wenn die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges eine leere, zwecklose Formalität wäre.<br />

Dies darf aber nicht leichthin angenommen werden. Der Grundsatz der relativen Subsidiarität bezweckt nicht<br />

nur die Entlastung des Bundesgerichts, sondern dient auch der kantonalen Souveränität.<br />

Anwendungsfälle:<br />

I. Wenn eine untere Instanz nach Weisungen der Rechtsmittelinstanz entschieden hat<br />

II. Es genügt jedoch nicht, wenn vorauszusehen ist, wie der Entscheid der Rechtsmittelinstanz ausfällt. Nur<br />

wenn die oberste Instanz in der gleichen Sache ihre Meinung bereits klar zum Ausdruck gebracht hat,<br />

kann hierauf verzichtet werden.<br />

44<br />

Was i.c. nicht der Fall war: Die kantonale VO über die Besuche in Strafanstalten war unselbständig, dieser Bereich war bereits<br />

durch eine VO zum StGB durch den Bund geregelt.<br />

45<br />

Bzw. sich darauf stützen müsste, dies fälschlicherweise aber nicht tut.<br />

46<br />

Die Wiedererwägung ist grundsätzlich ein blosser Rechtsbehelf, kann aber zum Rechtsmittel (weil Anspruch auf materielle<br />

Behandlung) werden, sofern sich die Umstände seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben (bei nachträglicher<br />

Fehlerhaftigkeit) oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen oder Beweismittel namhaft macht, die im früheren Verfahren<br />

nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (bei<br />

ursprünglicher Fehlerhaftigkeit) [Abgeleitete Praxis aus BV 29 I]<br />

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§ 6 – Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit und Beschwerdelegitimation, OG 88<br />

Seite 45 von 50<br />

I. Parteifähigkeit<br />

Natürliche Personen Grundsätzlich Mündigkeit; jedoch: BV 11 II; BV 15 I i.V.m. ZGB 303 III<br />

Juristische Personen des Privatrechts<br />

Juristische Personen des öffentlichen Rechts<br />

Spezialgesetzgebung bspw. Stockwerkeigentümergemeinschaft, Erbengemeinschaft<br />

II. Prozessfähigkeit<br />

Natürliche Personen Grundsätzlich Urteilsfähigkeit und Mündigkeit<br />

Urteilsfähigkeit für um der Person willen zustehende Rechte<br />

Juristische Personen des Privatrechts Organe bestellt<br />

Juristische Personen des öffentlichen Rechts<br />

III. Beschwerdelegitimation<br />

Trägerschaft des angerufenen Rechts<br />

Die staatsrechtliche Beschwerde ist ein Rechtsmittel zum Schutz der Träger verfassungsmässiger Rechte gegen<br />

die Übergriffe der Staatsgewalt. Der Umstand, dass der Bf im kantonalen Verfahren Parteistellung hatte, ist nicht<br />

entscheidend.<br />

Ausländer: Keine Niederlassungsfreiheit, kein Ausweisungsverbot, kein Gleichbehandlungsgebot BV 37 II<br />

Nur Wirtschaftsfreiheit, wenn Niederlassungsbewilligung bzw. Aufenthaltsbewilligung mit Anspruch auf Verlängerung<br />

Iur. Person: keine Religionsfreiheit, ausser Personen, die selber religiöse Tätigkeiten ausüben.<br />

Betroffenheit in der Privatsphäre<br />

Zur staatsrechtlichen Beschwerde befugt sind Bürger und Korporationen, wenn sie durch den angefochtenen<br />

Hoheitsakt in einem ihnen persönlich zustehenden Individualrecht betroffen sind.<br />

Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die angefochtene Verfügung lediglich Befugnisse und Obliegenheiten<br />

zum Gegenstand hat, die einem Bürger in seiner Eigenschaft als Beamter oder Mitglied 47 einer Behörde<br />

zukommen.<br />

Verletzung rechtlich geschützter Interessen<br />

Allgemein<br />

Gemäss ständiger Rechtsprechung kann nur die Verletzung in rechtlich geschützten Interessen gerügt<br />

werden, zur Verfolgung bloss tatsächlicher oder zur Geltendmachung allgemeiner öffentlicher Interessen ist<br />

die StaBe nicht gegeben. Die angerufenen rechtlichen Interessen können durch kantonales oder<br />

eidgenössisches Gesetzesrecht oder auch durch spezielles Grundrecht geschützt sein.<br />

Willkürbeschwerde 48<br />

Gewährt das kantonale Recht 49 dem Beamten keinen Anspruch auf Wiederwahl, ist die Wahlbehörde grundsätzlich<br />

frei, das Dienstverhältnis nach Ablauf der Amtsdauer zu erneuern. Verzichtet sie darauf, greift diese<br />

Massnahme nicht in die rechtlich geschützten Interessen des Beamten i.S.v. OG 88 ein. Aus BV 8 folgt kein<br />

selbständiger Anspruch auf willkürfreies Handeln des Staates, BGE 107 Ia 182.<br />

Kündigungsgründe frei Freies Ermessen, keine Willkür<br />

Kündigungsgründe umschrieben Willkürbeschwerde möglich<br />

Tritt eine obere Instanz auf eine Aufsichtsbeschwerde nicht ein oder weist sie sie ab, ist keine staatsrechtliche<br />

Beschwerde möglich, da kein Anspruch auf einen Bescheid der Behörde besteht, BGE 102 Ia 197.<br />

Insofern eine Milderung stellt die Tatsache dar, dass der Betroffene bei fehlender Legitimation in der<br />

Sache selbst mittels StaBe doch die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen kann, deren<br />

Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt, BGE 121 I 271.<br />

Verletzung des rechtlichen Gehörs<br />

Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Beschwerdeführer eine Verletzung<br />

der Verfahrensgarantien geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das<br />

nach OG 88 erforderliche rechtlich geschützte Interesse (…) ergibt sich aus der Berechtigung, am Verfahren<br />

teilzunehmen, die besteht, sofern dem Bf im kantonalen Verfahren Parteistellung zukommt.<br />

Das Bundesgericht prüft die Auslegung und Anwendung der kantonalen Verfahrensvorschriften auf Willkür,<br />

deren Vereinbarkeit mit den Minimalanforderungen der BV jedoch frei.<br />

Nichteintreten; Verweigerung der Akteneinsicht oder Verweigerung von Beweisanträgen können gerügt<br />

werden, nicht aber die Beweiswürdigung.<br />

47<br />

I.c. wehrte sich eine Richterin gegen ihre Ablehnung im Prozess; eine Befugnis, die ihr aufgrund ihrer Stellung als Justizbeamtin<br />

zukommt.<br />

48<br />

Somit mangels Anspruch keine Willkürbeschwerde im Bereich Wahl und Wiederwahl von Beamten, fakultative Staatsbeiträge,<br />

Aufenthaltsbewilligungen, Einbürgerungen, Steuererlasse, Begnadigungen.<br />

49<br />

Allerdings kann auch Gewohnheitsrecht einen Anspruch begründen.<br />

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Legitimation bei der Begünstigung Dritter<br />

Bei Erlassen 50<br />

Seite 46 von 50<br />

Zur Erhebung einer Beschwerde ist berechtigt, wer durch den Erlass zumindest virtuell betroffen ist.<br />

Das Bundesgericht geht davon aus, dass die Einräumung von Privilegien grundsätzlich den<br />

Nichtbegünstigten diskriminiere. Dieser hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung eines<br />

diskriminierenden Erlasses, wenn die Diskriminierung ihn in seinem Privatbereich betrifft und er sich in einer<br />

vergleichbaren Sachlage befindet wie die vom Erlass Begünstigten.<br />

Bei Verfügungen 51<br />

Der Beschwerdeführer muss nicht notwendigerweise Adressat der angefochtenen Verfügung sein.<br />

Er kann zur StaBe auch legitimiert sein, wenn er geltend macht, durch die angefochtene Anordnung werde<br />

ein Dritter widerrechtlich begünstigt. Der Bf muss sich aber auch hier auf eigene, durch Gesetzes- oder<br />

spezielle Verfassungsnormen geschützte Interessen berufen können, welche durch den<br />

drittbegünstigenden Entscheid beeinträchtigt werden.<br />

Die massgebenden Vorschriften, wonach die aus Lotteriegeldern stammenden Fondsmittel lediglich für<br />

wohltätige und gemeinnützige Zwecke verwendet werden dürfen, dienen lediglich allgemeine öffentlichen<br />

Interessen, sie haben nicht das ziel, allfällige Konkurrenten oder sonstige Dritte vor Nachteilen zu schützen.<br />

Wohl verpflichtet aber die Glaubens- und Gewissensfreiheit den Staat – im Sinne eines individualrechtlichen<br />

Anspruches – zur konfessionellen und religiösen Neutralität.<br />

Ob dieses Gebot tatsächlich verletzt ist, ist eine materielle Frage.<br />

Baubewilligung 52<br />

Eigentümer benachbarter Grundstücke sind befugt, eine Baubewilligung anzufechten, soweit sie<br />

die Verletzung von Bauvorschriften geltend machen, die ausser den Interessen der Allgemeinheit<br />

auch oder in erster Linie dem Schutz der Nachbarn 53 dienen.<br />

Auch hier muss aber dargetan werden, dass sie sich im Schutzbereich der Vorschriften befinden<br />

und durch die behaupteten widerrechtlichen Auswirkungen der Bauten betroffen werden.<br />

Anfechtung einer drittbegünstigenden Verfügung durch einen Konkurrenten 54<br />

Die geltend gemachte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit kann keine Legitimation begründen,<br />

weil sie StaBe nicht zur Durchsetzung öffentlicher Interessen dient.<br />

Dritte sind zur StaBe gegen die Erteilung einer Bewilligung nur legitimiert, wenn sie die<br />

verfassungswidrige Anwendung einer drittschützenden Norm rügen.<br />

Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen kann erst angerufen werden, wenn<br />

geltend gemacht wird, man würde selbst rechtsungleich behandelt. Solange jedoch nicht<br />

vorgebracht wird, ihnen sei selbst der Betrieb einer Versandapotheke nicht bewilligt worden, sind<br />

sie nicht legitimiert.<br />

Anfechtung eines Vergabeentscheides (Submission)<br />

Der Zuschlag erfolgt durch eine Verfügung und das Binnenmarktgesetz weist drittschützende<br />

Wirkung auf, BGE 125 II 95: „cette nouvelle législation tend en effet à protéger les<br />

soumissionnaires, ceux-ci pouvant se prévaloir des garanties de concurrence, d’impartialité,<br />

d’égalité et de transparence qui régissent la procédure de passation des marchés publics.<br />

Stimmrechtsbeschwerde<br />

Siehe BGE 105 Ia 359<br />

Die Rüge, dass die Exekutive ihre Rechtssetzungskompetenz überschritten habe, betrifft nicht die<br />

Garantie des politischen Stimmrechts der Bürger, sondern hat Bezug auf das verfassungsmässige<br />

Recht der Gewaltentrennung; deshalb Verfassungsbeschwerde und Legitimation nach OG 88 und<br />

nicht Stimmrechtsbeschwerde und (breitere) Legitimation nach OG 85 lit. a, BGE 105 Ia 359.<br />

50 Ein Ehepaar wehrte sich gegen Steuerprivilegierungen für unverheiratete Paare.<br />

51 I.c. erhielt der Verein „InfoSekta“ CHF 75'000 aus einem Fonds des Kt. Zürich. Scientology u.a. wehrten sich dagegen.<br />

52 StaBe gegen Bewilligung eines „Fixerstüblis“: Die Verletzung des BetmG schützt öffentliche Interessen; ebenso wenig kann aus der<br />

Tatsache, dass zuwenig Toiletten vorhanden sind (Baupolizei), keine Legitimation abgeleitet werden, BGE 118 Ia 116.<br />

Jedoch kann die Legitimation aus selbständigem kantonalem Verfassungsrecht abgeleitet werden.<br />

53 Bspw. Vorschriften über immissionsbeschränkende Nutzung, Baudichte, Ausnützungsziffer; nicht aber Vorschriften über die<br />

ästhetische Einordnung von Bauten, die ausschliesslich öffentlichen Interessen dienen, BGE §§1 Ia 89 E 1b.<br />

54 I.c. erhielt ein Apotheker eine Bewilligung für eine Apotheke mit Versandhandel; andere Apotheker wehrten sich dagegen.<br />

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Erfordernis der Aktualität<br />

OG 88 erfordert, dass der Bf ein aktuelles praktisches Interesse an der Behandlung seiner Beschwerde und an<br />

der Aufhebung des angefochtenen Entscheides hat.<br />

Nach OG 88 entfällt somit mit der Entlassung aus der Haft ein aktuelles Interesse an der Behandlung einer<br />

Haftbeschwerde.<br />

Es wird ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses verzichtet, wenn sich die<br />

aufgeworfene Frage jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte und an deren<br />

Beantwortung wegen der grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht.<br />

BGE 118 Ia 490:<br />

Art. 88 OG sowie Art. 40 OG i.V.m. Art. 72 BZP; aktuelles praktisches Interesse als Voraussetzung der Anfechtung eines<br />

Prüfungsentscheides mittels staatsrechtlicher Beschwerde.<br />

1. Hat ein Examenskandidat die Prüfung im zweiten Versuch bestanden, verfügt er nicht mehr über ein aktuelles praktisches<br />

Interesse an einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen den ersten negativen Prüfungsentscheid. Dies gilt unter der<br />

Voraussetzung, dass die Frage der Widerrechtlichkeit Bestandteil eines selbständigen Haftungsprozesses sein kann, selbst im<br />

Hinblick auf die allfällige Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen<br />

2. Auch wenn die fehlende Legitimation in der Sache die Rüge der formellen Rechtsverweigerung nicht ausschliesst, befreit dies<br />

nicht davon, dass wenigstens ein aktuelles praktisches Interesse an der formellen Rüge bestehen muss (E. 2).<br />

Virtuelles Betroffensein bei der Anfechtung von Erlassen<br />

Zur Anfechtung von Erlassen ist jedermann legitimiert, auf den die als verfassungswidrig bezeichnete Bestimmung<br />

künftig einmal 55 angewendet werden könnte. Es genügt, dass der Bf virtuell unter den Erlass fällt, er braucht nicht<br />

bereits praktisch davon betroffen zu sein.<br />

Auch die Möglichkeit, künftige Anwendungsakte mit StaBe anzufechten und dabei vorfrageweise die<br />

Verfassungsmässigkeit des Erlasses in Frage zu stellen, schliesst nicht aus, dass schon der Erlass als solcher<br />

durch den virtuell Betroffenen sofort dem Verfassungsrichter unterbreitet werden kann. Die staatsrechtliche<br />

Beschwerde gegen allgemeinverbindliche Erlasse steht damit der Popularbeschwerde sehr nahe. Die Legitimation<br />

fehlt nur, wenn der Erlass nur auf eine bestimmte Kategorie von Personen anwendbar ist und der Bf dieser nicht<br />

angehört. [Minelli, BGE 99 Ia 264; 102 Ia 205]<br />

Einschränkung durch BGE 102 Ia 205:<br />

Grundsätzlich wird aber vorausgesetzt, dass der Erlass für den Bf verbindlich ist, d.h. der Bf im betreffenden<br />

Kanton wohnt und damit dessen Territorialhoheit untersteht. Die Praxis lässt aber Ausnahmen zu; so wer bei der<br />

Ausübung der Erwerbstätigkeit von diesem Erlass betroffen sein könnte. Eine minimale Wahrscheinlichkeit, dass<br />

der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Erlass einmal betroffen werden könnte, muss somit in jedem Fall<br />

vorhanden sein.<br />

Die rein rechtlich gegebene Möglichkeit, den Wohnsitz zu verlegen begründet – ohne glaubhafte Anzeichen einer<br />

diebbezüglichen Absicht – keine Legitimation.<br />

Besonderheiten betreffend Verbände und politische Parteien<br />

Beschwerde von Verbänden anstelle der Mitglieder<br />

Ideelle Verbandsbeschwerde im Gesetz vorgesehen, bspw. USG, NHG<br />

Egoistische Verbandsbeschwerde 56 Juristische Person<br />

Statutarische Bestimmung: Schutz der Mitglieder<br />

Legitimation der Mitglieder<br />

Direktes / Virtuelles Betroffensein mehrerer Mitglieder<br />

Stimmrechtsbeschwerde von politischen Parteien<br />

Politische Parteien sind befugt, kantonale Abstimmungen und Wahlen mit staatsrechtlicher Beschwerde nach OG<br />

85 a anzufechten, sofern sie im betreffenden Kanton tätig sind und sich als juristische Person konstituiert haben.<br />

Ebenso sind es sonstige politische Vereinigungen, namentlich ad hoc gebildete, aber mit juristischer<br />

Persönlichkeit versehene Initiativ- oder Abstimmungskomitees.<br />

Verbände mit anderen Zielsetzungen und anderer Mitgliederstruktur als Parteien sowie andere Gruppierungen,<br />

deren Mitglieder nicht ausschliesslich stimmberechtigte Bürger des betreffenden Gemeinwesen sind, können<br />

indessen nicht als eigentliche politische Vereinigungen betrachtet werden und sind daher nicht zur<br />

Stimmrechtsbeschwerde legitimiert. 57<br />

55<br />

Erlasse über Beschränkung der Bootslänge auch von Nicht-Bootseigentümern, Erlass über Taxibetrieb auch von Nicht-Taxihalter,<br />

Steuergesetz auch von Nicht-Steuerpflichtigem, Hundetaxe auch von Nicht-Hundehalter usw.<br />

56<br />

DJS (Demokratische Juristen Schweiz) können kt. Gefängnisreglement anfechten, nicht aber Bestimmungen über ausländerrechtliche<br />

Inhaftierung.<br />

Apothekerverein SH wehrt sich gegen Bewilligung der Selbstdispensation eines Arztes: Nur 5 Apotheker wohnen im Umkreis des<br />

Arztes; entspricht einem Drittel der Mitglieder des Apothekervereins SH: Dies genügt aber zur Legitimation.<br />

57<br />

Wäre dann aber nicht zumindest die egoistische Verbandsbeschwerde möglich ?<br />

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Juristische Personen des öffentlichen Rechts<br />

Die StaBe ist ein Rechtsmittel zum Schutz der Träger verfassungsmässiger Rechte gegen Übergriffe der<br />

Staatsgewalt. Solche Rechte stehen grundsätzlich nur dem Bürger zu, nicht aber dem Gemeinwesen als Inhaber<br />

hoheitlicher Gewalt.<br />

Öffentlichrechtliche Korporationen wie Kantone und Gemeinden oder ihre Behörden können gegen Akte<br />

anderer Staatsorgane die sie als Träger hoheitlicher Befugnisse betreffen, demnach i.a.R. keine<br />

staatsrechtliche Beschwerde ergreifen. Eine Ausnahme besteht nur betreffend der durch das kantonalen<br />

Recht gewährten Autonomie- oder Bestandesgarantie 58 .<br />

Öffentlichrechtliche Korporationen sind aber zur StaBe legitimiert, wenn sie nicht hoheitlich handeln, sich auf<br />

dem Boden des Privatrechts bewegen oder sonst wie als dem Bürger gleichgeordnete Rechtssubjekte 59<br />

auftreten und durch den angefochtenen Akt wie eine Privatperson betroffen werden.<br />

Entscheidend dabei ist die Rechtsnatur des Verhältnisses, das der Auseinandersetzung zugrunde liegt.<br />

Zusammenfassung der Rechtsprechung in BGE 113 Ia 336:<br />

1.- a) Une corporation de droit public a qualité pour former un recours de droit public lorsqu'elle se trouve<br />

affectée par la décision attaquée de la même manière que n'importe quel particulier. Elle peut alors invoquer,<br />

au même titre qu'un particulier, une violation des droits constitutionnels et soulever de façon indépendante le<br />

grief de violation de l'art. 4 Cst. En revanche, lorsque la décision attaquée l'affecte en sa qualité de personne<br />

morale de droit public, elle peut seulement faire valoir par cette voie une atteinte à son existence, à son<br />

territoire ou à son autonomie. Elle peut en outre se plaindre de la violation de son droit d'être entendue, à<br />

condition que ce grief soit en rapport étroit avec celui tiré de la violation de l'autonomie ou de la violation du<br />

droit à l'existence. Pour que le recours soit recevable, il suffit alors à la recourante d'invoquer que le droit<br />

cantonal lui garantit le droit à l'existence ou une certaine marge d'autonomie dans le domaine envisagé, et<br />

que la décision attaquée viole ce droit ou cette autonomie. C'est en revanche une question de fond que de<br />

déterminer si la recourante jouit effectivement d'autonomie dans le domaine en cause ou d'un droit à<br />

l'existence, et si cette autonomie ou ce droit ont été violés (ATF 111 Ia 251 ss, 109 Ia 44, 107 Ia 178).<br />

Weitere Fragen<br />

Wenngleich die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit nach neuerer Rechtsprechung auch faktische<br />

Vorteile schützen, ist für die Eintretensfrage der Staatsrechtlichen Beschwerde nach wie vor eine Verletzung<br />

rechtlich geschützter Interessen erforderlich.<br />

58 Deren materieller Gehalt aber für das Eintreten irrelevant ist.<br />

59 bspw. als Steuerpflichtige oder Gebührenpflichtige.<br />

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§ 7 – Kognition des Bundesgerichts<br />

Die Kognition ist nach h.L. ein materiell-rechtliches Problem.<br />

I. Eintretensfrage<br />

Von Amtes wegen und mit freier Kognition werden Eintretensvoraussetzungen geprüft.<br />

Seite 49 von 50<br />

II. Überprüfung von Erlassen 60<br />

Die Verfassungsmässigkeit eines allgemeinverbindlichen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle erfolgt<br />

mit freier Kognition.<br />

Eine Aufhebung erfolgt nur, wenn eine kantonale Norm sich einer verfassungs- oder konventionskonformen Auslegung<br />

entzieht, nicht aber wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist. Zudem spielt die Möglichkeit und<br />

Wahrscheinlichkeit, anlässlich einer konkreten Normenkontrolle gegen die Norm vorzugehen, eine Rolle.<br />

III. Überprüfung von Entscheiden<br />

Auslegung kantonaler Gesetze und Verordnungen<br />

Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigungen durch kantonale Behörden werden nur auf Willkür hin überprüft.<br />

Ebenso steht dem Bundesgericht bei der Anwendung und Auslegung des kantonalen Rechts nur eine Willkürprüfung<br />

zu; es hebt den angefochtenen Entscheid nur auf, wenn kantonale Vorschriften in unhaltbarer Weise ausgelegt und<br />

angewendet wurden.<br />

Es erfolgt jedoch eine freie Prüfung, ob die aus BV 29 ff. abgeleiteten Garantien eingehalten sind.<br />

Willkür liegt nicht vor, wenn eine andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzuziehen wäre, sondern erst,<br />

wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm<br />

oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken<br />

zuwiderläuft.<br />

Eine Gemeinde ist in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht ihn nicht abschliessend ordnet, sondern<br />

ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche<br />

Entscheidungsfreiheit einräumt. Soweit nicht die Handhabung von kantonalem oder eidgenössischem<br />

Verfassungsrecht zur Diskussion steht, erfolgt nur eine Willkürprüfung<br />

Eine freie Prüfung erfolgt jedoch bei<br />

Schweren Freiheitsbeschränkungen<br />

Öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit und gesetzliche Grundlage werden frei,<br />

Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigungen werden weiterhin nur auf Willkür geprüft.<br />

Stimmrechtsbeschwerde<br />

Das Bundesgericht überprüft alle kantonalen und kommunalen Normen frei, die den Inhalt des Stimm- und<br />

Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen.<br />

Auslegung und Anwendung des kantonalen Verfassungsrechts<br />

Auslegung dun Anwendung des kantonalen Verfassungsrechts wird frei überprüft.<br />

Verletzung von Konkordaten<br />

Konkordate und Staatsverträge werden frei überprüft, eine im Zusammenhang damit erhobene Willkürbeschwerde hat<br />

keine selbständige Bedeutung, BGE 115 Ia 214.<br />

Würdigung örtlicher Verhältnisse / technischer Fragen<br />

Die Frage, ob ein Grundrechtseingriff durch ein öffentliches Interesse gedeckt ist und ob dieses die privaten Interessen<br />

überwiege, prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei.<br />

Doch auferlegt es sich Zurückhaltung, wenn die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt,<br />

welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, und soweit sich<br />

ausgesprochene Ermessensfragen stellen; selbst wenn ein Augenschein erfolgt ist.<br />

Tatfragen<br />

Soweit reine Sachverhaltsfeststellungen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das<br />

Bundesgericht – unabhängig davon, ob es sich um eine schweren oder leichten Eingriff handelt – nur ein, wenn die<br />

tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanz willkürlich sind.<br />

60 Eine kantonale Regelung, die Strafgefangene zur Arbeit anhält, verstösst gegen Bundesrecht: StGB 39 Ziff. 3 I sieht die<br />

Arbeitspflicht nur subsidiär vor; wenn der Strafgefangene sich selbst keine Arbeit beschafft.<br />

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§ 8 – Beschwerdefrist und Beschwerdeschrift<br />

Seite 50 von 50<br />

I. Beschwerdefrist, OG 89<br />

Bei Erlassen erfolgt der Fristenlauf ab der nach kantonalem Recht massgeblichen Eröffnung oder Mitteilung des<br />

angefochtenen Hoheitsaktes. Bei Erlassen, welche dem fakultativen Referendum unterstehen ab der<br />

Bekanntmachung, dass der Erlass infolge unbenütztem Ablauf des Referendums zustande gekommen sei.<br />

Bei Verfügungen erfolgt der Fristenlauf für Dritte ab dem Zeitpunkt, ab dem sie von der Verfügung tatsächlich Kenntnis<br />

erhalten.<br />

II. Einlegestelle, OG 89 I und 32 IV OG<br />

III. Beschwerdeschrift, OG 90 I<br />

Sie muss die Anträge des Beschwerdeführers enthalten, OG 90 I lit. a.<br />

Ebenso eine kurze Begründung, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. Rechtssätze inwiefern verletzt sind, OG 90<br />

I lit. b. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen.<br />

Pauschale Vorbringen genügen nicht.<br />

IV. Noven<br />

Neue tatsächliche und rechtliche Vorbringen sind grundsätzlich unzulässig, d.h. das Bundesgericht muss vom<br />

Sachverhalt ausgehen, wie er dem angefochtenen Entscheid zugrunde gelegt wurde, es sei denn, der Bf weise nach,<br />

dass die kantonale Instanz unrichtige oder unvollständige tatsächliche Feststellungen getroffen hat.<br />

Neue Tatsachen und Beweismittel können ausnahmsweise berücksichtigt werden, wenn diese im kantonalen<br />

Verfahren nicht von Bedeutung waren und deshalb nicht vorgetragen werden konnten. Nova sind ferner zulässig, wenn<br />

sie eine rechtlichen Gesichtspunkt betreffen, der erstmals im letztinstanzlichen kantonalen Entscheid aufgegriffen<br />

wurde. Schliesslich sind Nova zulässig bei staatsrechtlichen Beschwerde, die nicht die Erschöpfung des kantonalen<br />

Instanzenzuges voraussetzen.<br />

§ 9 – Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde<br />

I. Zuständige Abteilung<br />

Reglement für das Schweizerische Bundesgericht, Art. 12 I lit. a OG<br />

II. Instruktionsverfahren, OG 91<br />

III. Vernehmlassung, OG 93<br />

IV. Vorsorgliche Massnahmen, OG 94<br />

V. Beweisverfahren, OG 95<br />

VI. Beurteilung der Beschwerde<br />

a. Beschränkung auf den angefochtenen Hoheitsakt<br />

b. Beschränkung auf die gerügte Verfassungsverletzung 61<br />

VII. Besondere Verfahren, OG 36a und b<br />

Offensichtlich unzulässige, begründete oder unbegründete Rechtsmittel<br />

Zirkulationsweg bei Einstimmigkeit<br />

§ 10 – Das Urteil<br />

I. Nichteintreten<br />

II. Gutheissung oder Abweisung<br />

Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur; d.h. mit ihr kann nur die Aufhebung des<br />

angefochtenen Entscheides, nicht aber der Erlass positiver Anordnungen verlangt werden. Eine Ausnahme ist nur<br />

gerechtfertigt, wenn der verfassungsmässige Zustand nicht bereits mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheides<br />

herzustellen ist.<br />

§ 11 – Kosten, Vollzug, Revision<br />

I. Kosten, OG 149 ff.<br />

II. Vollzug, OG 39<br />

III. Revision, Erläuterung<br />

61 Der Unterschied zwischen der StaBe und der VGB besteht darin, dass bei der StaBe nur ausdrücklich erhobene und einer der<br />

strengen Anforderungen von OG 90 I lit. b genügenden Weise begründete Rügen geprüft werden, bei der VGB dagegen die<br />

Bundesrechtskonformität des Entscheides von Amtes wegen und ohne Bindung an die Beschwerdebegründung.<br />

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