Repetitorium Bundesstaatsrecht - Studentenverbindung Concordia ...
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Wirtschaftsfreiheit<br />
BV 27, 94 - 107<br />
Seite 16 von 50<br />
Erst 1874 erfolgte die Verankerung der Wirtschaftsfreiheit in der Verfassung. Sie ist in BV 27 [als<br />
Grundrecht des Einzelnen] und in BV 94 ff. [als Grundentscheidung für eine marktwirtschaftlich organisierte<br />
Wirtschaft] verankert. Dreiteilung nach J.P. Müller:<br />
Institutionelle Funktion Individualrechtliche Funktion Bundesstaatliche Funktion<br />
BV 94<br />
Grundentscheidung für eine<br />
Wirtschaftsordnung des freien<br />
Wettbewerbs<br />
BV 27<br />
Wirtschaftsfreiheit als Grundrecht<br />
BV 95 ff.<br />
Bundeskompetenzen im Interesse<br />
eines einheitlichen Wirtschaftsraums<br />
Schweiz<br />
Das Verhältnis zwischen Wirtschaftsfreiheit und Wirtschaftspolitik ist als eine Beziehung von Grundsatz und<br />
Ausnahme zu verstehen. Zum einen bildet die Wirtschaftspolitik bspw. mittels Konjunktur- und<br />
Wettbewerbspolitik eine unerlässliche Stütze der Wirtschaftsfreiheit, zum nehmen aber etliche Teilbereiche<br />
der Wirtschaftspolitik die Realität von der Wirtschaftsfreiheit aus (Landwirtschaftspolitik, Sozialpolitik usw.).<br />
1. Schutzbereich<br />
I. Schutzbereich im Allgemeinen<br />
Die Wirtschaftsfreiheit bedeutet das Recht des Einzelnen, uneingeschränkt von staatlichen Massnahmen jede<br />
privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit frei auszuüben und einen privatwirtschaftlichen Beruf frei zu wählen.<br />
Es wird daher die freie Konkurrenz im Erwerbsleben sowie die Freiheit der Berufswahl im privatwirtschaftlichen Bereich<br />
garantiert.<br />
Die Vertragsfreiheit steht – obwohl ein Grundsatz des Privatrechts – im unmittelbaren Zusammenhang mit der<br />
Wirtschaftsfreiheit. Die Wirtschaftsfreiheit schliesst auch ein, dass man den Vertragspartner den Vertragsinhalt frei<br />
wählen kann. Da die privatwirtschaftliche Tätigkeit zu einem wesentlichen Teil in der rechtlichen Verfügung über<br />
Sachen besteht, setzt die Wirtschaftsfreiheit deshalb auch die Eigentumsfreiheit voraus – Beschränkungen der<br />
Eigentumsfreiheit können sich deshalb auch als Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit herausstellen.<br />
II. Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit als Schutzobjekt<br />
Private Tätigkeit<br />
Gemeinwesen als Privatrechtssubjekt<br />
Nicht aber: Offizialverteidiger, Notar, Abgabe auf Honorare der Chefärzte<br />
Schutz jeder auf Erwerb gerichteten Tätigkeit<br />
Geschützt sind alle auf Erwerb gerichteten 13 privaten Tätigkeiten, ob haupt- oder nebenberuflich.<br />
Sie beinhaltet aber keine Konsumfreiheit; d.h. kein Recht, Einkäufe nach Belieben zu tätigen. 14<br />
Schutz auch der unselbständig Erwerbenden<br />
Schutz aller Handlungen im Rahmen einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit<br />
- Freie Wahl der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (aber kein Anspruch auf Anstellung)<br />
Kein Anspruch auf Zulassung zu einer staatl. Ausbildungsanstalt [numerus clausus]<br />
- Freie Wahl bezüglich Ort und Zeit der privatwirtschaftlichen Tätigkeit<br />
- Freie Wahl der sachlichen Mittel (Verbot von Schaufelbaggern ist unzulässig, VS)<br />
- Freie Gestaltung der Geschäftsbeziehungen<br />
- Organisatorische Freiheit (Schranken: KG)<br />
- Freie Werbung (Schranke: UWG)<br />
- Benützung von öffentlichem Grund<br />
Alle, die zur Ausübung einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit öffentliche Sachen zum<br />
gesteigerten Gemeingebrauch beanspruchen, können sich auf die Wirtschaftsfreiheit berufen.<br />
Es besteht daher ein bedingter Anspruch auf Benutzung des öffentlichen Grundes, bspw. BGE<br />
101 Ia 473, 479.<br />
III. Schutz nur vor Eingriffen des Staates<br />
Die Wirtschaftsfreiheit schützt nur vor Eingriffen des Staates und beinhaltet kein gerichtlich durchsetzbares Recht auf<br />
staatliche Leistungen, bspw. Zulassung zur Universität (numerus clausus).<br />
Grundsätzlich bildet die Wirtschaftsfreiheit auch keinen Schutz vor Eingriffen von Privaten in den freien Wettbewerb.<br />
IV. Schutz vor allgemeinen Einschränkungen<br />
Die ältere Praxis ging davon aus, dass Vorschriften, die sich an jedermann und nicht nur an Erwerbstätige richten, die<br />
Wirtschaftsfreiheit nicht berühren würden. Die neuere Rsp. berücksichtigt auch bei der Beurteilung allgemeiner<br />
Vorschriften, die auch zu einer Einschränkung wirtschaftlicher Betätigungsmöglichkeiten führen, die Wirtschaftsfreiheit<br />
(Aufstellen einer Reklametafel, BGE 99 Ia 42, 48).<br />
13 Ob sie schlussendlich auch dort mündet, ist irrelevant; ebenso ob sie bspw. durch ideelle Ziele zurückgedrängt wird.<br />
14 BGE 102 Ia 104: Beurteilung bei der Zulässigkeit von Vorschriften über den Bau von Einkaufszentren.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi