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Repetitorium Bundesstaatsrecht - Studentenverbindung Concordia ...

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Seite 21 von 50<br />

II. Rechtsgleichheit in der Rechtsanwendung<br />

Die generell-abstrakten Rechtsnormen sind von den das Recht anwendenden Organen im Bund, Kanton und in den<br />

Gemeinden auf alle gleichliegenden Fälle in gleicher Weise anzuwenden.<br />

Die Bindung an die Rechtsgleichheit ist insbesondere dort wichtig, wo die anzuwendende Norm unbestimmte Begriffe<br />

verwendet oder den Behörden Ermessen einräumt.<br />

Rechtsungleiche Behandlung kann grundsätzlich nur angefochten werden, wenn sie von der gleichen Behörde<br />

ausgehe (Ausnahme: Aufsichtsbehörde). Insbesondere verstosse die Verschiedenheit des kantonalen Rechts und der<br />

kantonalen Rechtsanwendung nicht gegen die Rechtsgleichheit, BGE 91 I 480.<br />

Eine Praxisänderung begründet eine Interessenkollision zwischen der richtigen Rechtsanwendung und der Rechtsgleichheit<br />

bzw. der Rechtssicherheit.<br />

Eine Praxisänderung ist daher zulässig, wenn ernsthafte und sachliche Gründe dafür vorliegen, das Gebot der<br />

Rechtssicherheit beachtet wird und die Praxisänderung in grundsätzlicher Weise erfolgt.<br />

Das Legalitätsprinzip geht dem Prinzip der Rechtsgleichheit vor; es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf<br />

Gleichbehandlung im Unrecht.<br />

Ausnahmsweise geht die Rechtsgleichheit vor, wenn nämlich die Behörde in ständiger Praxis vom Gesetz abweicht<br />

und zu erkennen gibt, dass sie auch in Zukunft nicht gesetzeskonform entscheiden werde. Selbst dann aber können<br />

noch gewichtige öffentliche Interessen entgegenstehen; in praxi ist beim Schutz einer rechtwidrigen Praxis grösste<br />

Zurückhaltung zu üben, BGE 108 Ia 212.<br />

III. Diskriminierungsverbot<br />

BV 8 II bietet Schutz gegen soziale Ausgrenzungen; wobei es jedoch zulässig ist, Angehörige verschiedener Gruppen<br />

unterschiedlichen Behandlungen auszusetzen, sofern und solange dies sachlich gerechtfertigt ist.<br />

Eine Diskriminierung – und damit ein Verstoss gegen BV 8 II und BV 7 – liegt vor, wenn eine Person allein auf Grund<br />

ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe benachteiligt wird.<br />

IV. Gleiche Rechte für Mann und Frau<br />

BV 8 III garantiert grundsätzlich absolute rechtliche Gleichheit, d.h. sachliche Gründe vermögen eine ungleiche<br />

Behandlung von Mann und Frau nicht zu rechtfertigen. Besondere Verfassungsnormen, die nach geschlechterspezifischen<br />

Kriterien differenzieren, gehen BV 8 als lex specialis vor (Militärdienstpflicht u.a.).<br />

Grundsatz der Gleichberechtigung, BV 8 III Satz 1<br />

Er vermittelt einen unmittelbaren Anspruch betroffener Frauen oder Männer und richtet sich an alle staatlichen Organe.<br />

Der Geschlechterunterschied darf kein Kriterium für eine rechtsungleiche Behandlung durch den Staat sein;<br />

Ausnahmen sind nur dort gerechtfertigt, wo Sachzwänge 21 dem Gesetzgeber vernünftigerweise keine andere Wahl<br />

lassen; „(…) somit auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung<br />

absolut ausschliessen“, BGE 123 I 56.<br />

BV 8 III ist überhaupt nicht berührt, wenn steuerliche Regelungen Ehegatten bevorzugen oder benachteiligen.<br />

Dagegen kann ein Verstoss gegen die Grundsätze der Besteuerung vorliegen.<br />

Gesetzgebungsauftrag, BV 8 III Satz 2<br />

Der Gesetzgebungsauftrag gilt für sämtliche Rechtsbereiche, in denen Mann und Frau noch nicht gleich behandelt<br />

werden. Insbesondere das GlG bezweckt eine Förderung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter.<br />

Der Gesetzgebungsauftrag zielt nicht nur auf die Beseitigung von Geschlechterdiskriminierungen ab, sondern enthält<br />

auch einen Auftrag an den Gesetzgeber, tatsächliche Gleichheit der Geschlechter herbeizuführen.<br />

Dieses Egalisierungsgebot kann in einem Spannungsverhältnis zum Diskriminierungsverbot stehen und u.U. eine<br />

massvolle geschlechtsspezifische Förderung von Frauen durch den Staat trotz der damit verbundenen<br />

Ungleichbehandlung der Männer rechtfertigen oder sogar gebieten. Dabei ist eine Verhältnismässigkeitsprüfung<br />

vorzunehmen; die Massnahme hat zu unterbleiben, wenn sie entweder nicht geeignet ist, tatsächliche Gleichheit<br />

der Geschlechter herbeizuführen, wenn gleich geeignete, aber mit dem individuellen Interesse der<br />

Gleichbehandlung (Diskriminierungsverbot) besser zu vereinbarende Massnahmen zur Verfügung stehen oder<br />

wenn die mit der Massnahme verbundene Abweichung von der strikten Geschlechtsneutralität schwerer ins<br />

Gewicht fällt als das Interesse an der tatsächlichen Gleichstellung.<br />

Gleicher Lohn, BV 8 III Satz 3<br />

Er begründet einen subjektiven Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit auch gegenüber<br />

einem privaten Arbeitgeber. Gleichwertige Arbeit: BGE 125 II 385.<br />

V. Beseitigung von Benachteiligungen Behinderter<br />

BV 8 IV richtet sich an Bund und Kantone, Massnahmen zur Beseitigung der Benachteiligung Behinderter vorzusehen.<br />

Primär stehen bauliche Vorkehrungen im Vordergrund.<br />

21 Bei der Dienstpflicht in der Feuerwehr wird jeweilen unterschieden, ob es sich um eine Milizfeuerwehr (gefährliche Einsätze) oder<br />

um eine „bloss“ die Berufsfeuerwehr unterstützende Bezirksfeuerwehr handelt, bei der auch für Frauen eine Dienstpflicht bestehen<br />

könne, weil weder riskante noch physisch anspruchsvolle Einsätze bestünden.<br />

<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi

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