Repetitorium Bundesstaatsrecht - Studentenverbindung Concordia ...
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Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit<br />
BV 15, EMRK 19, UNO-Pakt II 18<br />
Seite 7 von 50<br />
Religionsfreiheit bedeutet, dass ein Individuum in Selbstverantwortung, ohne staatliche Einmischung, über<br />
religiöse Fragen entscheiden kann.<br />
1. Schutzbereich<br />
Recht des Einzelnen, in seiner religiösen Überzeugung sowie deren Ausübung und Verbreitung nicht durch staatliche<br />
Vorschriften eingeschränkt zu werden.<br />
Nach BV 15 II hat jede Person das Recht, ihre Religion oder ihre weltanschauliche Überzeugung selbst zu wählen;<br />
geschützt sind alle Überzeugungen, die sich auf das Verhältnis des Menschen zum Göttlichen, zum Transzendenten<br />
beziehen und weltanschauliche Dimensionen haben.<br />
Die Abgrenzung zur Meinungsfreiheit ist fliessend.<br />
Sie schützt nicht nur vor Beschränkungen, sondern verpflichtet den Staat auch zur konfessionellen und religiösen<br />
Neutralität.<br />
I. Recht auf Äusserung und Betätigung religiöser Überzeugungen<br />
Spezialnorm im Verhältnis zur Meinungs- und Informationsfreiheit, weil BV 15 die Äusserung und Verbreitung religiöser<br />
Auffassungen und die (sachlich) kritische Auseinandersetzung mit religiösen Anschauungen anderer in Wort und<br />
Schrift zulässt.<br />
Nach BV 15 II umfasst dies auch die Befugnis, diese Religion oder Weltanschauung zu bekennen; was eigentliche<br />
Kultushandlungen wie Predigt, Messe, Gebet und Prozessionen umfasst.<br />
Geschützt wird auch das Befolgen religiöser Vorschriften (Bekleidung, Feiertage, Fasten, Speisetabus).<br />
II. Kein staatlicher Zwang zur Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft<br />
BV 15 IV; wonach niemand gezwungen werden darf, einer Religionsgemeinschaft anzugehören oder beizutreten.<br />
Ebenso darf der Kirchenaustritt nicht behindert werden. Die Landeskirchen dürfen aber ein klares Austrittsgesuch<br />
verlangen (Rechtssicherheit) und in einem formellen Verfahren den Willen überprüfen.<br />
III. Kein staatlicher Zwang zur Vornahme einer religiösen Handlung<br />
Schulgebet, Feldgottesdienst, religiöser Eid, Prozession, Einhalten konfessioneller Feiertage<br />
IV. Kein obligatorischer Religionsunterricht an öffentlichen Schulen<br />
Bis zur Religionsmündigkeit entscheiden die Eltern über den Besuch des Religionsunterrichts. Der Religionsunterricht<br />
ist daher in einem separaten Fach zu erteilen, Dispensierte dürfen nicht im Zimmer verbleiben müssen.<br />
V. Beschränkung der Kultussteuern<br />
Kultussteuern sind Steuern, die speziell für Kulturzwecke verwendet werden.<br />
Andersgläubige und Konfessionslose müssen die allgemeinen kantonalen Steuern auch bezahlen, selbst wenn damit<br />
Beiträge an die Kirchen finanziert werden.<br />
Von konfessionell gemischten Familien darf von der jeweiligen Religionsgemeinschaft nur ein Bruchteil der vollen<br />
Kirchensteuer verlangt werden.<br />
Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen – ständige Praxis seit 1978 – ist verfassungsmässig, was in der Lehre<br />
aber abgelehnt wird.<br />
VI. Konfessionelle Neutralität an öffentlichen Schulen<br />
Grundlage dazu bildet BV 15 IV und 62 II; so verstösst bspw. das Anbringen von Kruzifixen in Klassenzimmern gegen<br />
die Pflicht zur religiösen Neutralität. Auch ein System mit konfessionell getrennten öffentlichen Schulen ist<br />
verfassungswidrig.<br />
VII. Anspruch auf schickliche Beerdigung<br />
Ergibt sich aus BV 7; aus der Würde des Menschen.<br />
Verstorbene müssen so bestattet werden, wie es die ortsübliche Ehrung der Toten erfordert. Wo es ortsüblich ist, hat<br />
auch der Konfessionslose Anspruch auf Glockengeläute, nicht aber auf eine kirchliche Abdankung.<br />
Es ist ein Anspruch auf positive Leistung des Staates, der von den nächsten Angehörigen geltend gemacht werden<br />
kann.<br />
Ein verfassungsmässiges Recht auf freie Grabmalgestaltung wurde verneint, BGE 96 I 104.<br />
2. Rechtsträger<br />
Alle natürlichen Personen;<br />
Juristische Personen ausnahmsweise, sofern sie selbst religiöse Ziele verfolgen.<br />
Die Religionsmündigkeit tritt bereits mit 16 Jahren ein, bis zu diesem Zeitpunkt entscheiden jedoch die<br />
Eltern, ZGB 303.<br />
<strong>Repetitorium</strong> © by Sandro Rossi