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Die äußeren Aspekte der deutschen Einheit

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„Einbindungspolitik“ 108 bekräftigte die Bundesrepublik auch im multilateralen Rahmen. In <strong>der</strong><br />

Erklärung des Europäischen Rates vom 8./9.12.1989 heißt es: „[German unification] must be<br />

embedded in a perspective of European integration.“ 109 Um den Prozeß <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Einheit</strong><br />

zu ‘europäisieren’ und damit die europäische Integration selbst zu stärken, beauftragten<br />

sowohl die EG-Kommission als auch das Europäische Parlament eigene Arbeitsgruppen damit,<br />

die Folgen <strong>der</strong> <strong>Einheit</strong> für die europäische Integration abzuschätzen und, darauf aufbauend,<br />

eine gemeinsame Position <strong>der</strong> EG auszuarbeiten. 110<br />

<strong>Die</strong> Lösung für das anstehende Problem „deutsche Wie<strong>der</strong>vereinigung“ sollte also prinzipiell<br />

im Rahmen institutionalisierter Kontexte und in enger Abstimmung mit internationalen<br />

Partnern gesucht werden. <strong>Die</strong> Auswirkungen einer Vereinigung <strong>der</strong> beiden <strong>deutschen</strong> Staaten<br />

auf den institutionellen Rahmen, in den die Bundesrepublik eingebunden war (vor allem EG),<br />

wurden sehr ernst genommen: Bonn wollte Verträglichkeit sicherstellen. Außerdem machte <strong>der</strong><br />

Kanzler das Prinzip des partnerschaftlichen, kollektiven Handelns <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Außenpolitik<br />

deutlich, insbeson<strong>der</strong>e auch, um Besorgnissen <strong>der</strong> Partner und Verbündeten<br />

entgegenzukommen. In einem Telefonat mit Bush am 29. November 1989 sagte Kohl: „It’s an<br />

iron law that there will be no going it alone in German policy.“ 111 Genscher versicherte einem<br />

internationalen Publikum des Institute for East-West Security Studies im Oktober 1989: „[Wir]<br />

werden Kurs halten. Den Kurs unserer europäischen Friedensverantwortung. Einen <strong>deutschen</strong><br />

Alleingang wird es nicht geben. Unsere Politik wird nicht enteuropäisiert.“ 112 Neben den aus<br />

dem Zivilmachtkonzept herrührenden internationalen Zielsetzungen organisatorischer Art -<br />

speziell „supranationalist“, mit <strong>der</strong> grundsätzlichen Bejahung von Bindung und Einbindung<br />

sowie „regime buil<strong>der</strong>/deepener“, mit dem Ziel einer Vertiefung und Weiterentwicklung<br />

bestehen<strong>der</strong> Institutionen - wird in diesen Maximen <strong>der</strong> Bundesregierung auch <strong>der</strong><br />

außenpolitische Stil einer idealtypischen Zivilmacht erkennbar.<br />

Das Auswärtige Amt hatte sieben wichtige politische Zielvorgaben für den<br />

Verhandlungsprozeß, <strong>der</strong> zur <strong>deutschen</strong> <strong>Einheit</strong> führen sollte, definiert:<br />

1. Bonn wollte die <strong>äußeren</strong> - und nur die <strong>äußeren</strong> - <strong>Aspekte</strong> <strong>der</strong> Einigung im Einklang mit<br />

seinen Nachbarn lösen.<br />

2. Alle Teilnehmer des Verhandlungsrahmens zur <strong>deutschen</strong> <strong>Einheit</strong> sollten gleichberechtigt<br />

sein.<br />

3. Deutschland durfte auf keinen Fall durch eine Son<strong>der</strong>behandlung diskriminiert o<strong>der</strong><br />

singularisiert werden. 113<br />

108 Vgl. dazu Gunther Hellmann, „Einbindungspolitik“. German Foreign Policy and the Art of Declaring<br />

„Total Peace“, Manuscript prepared for the XVIth World Congress of the International Political Science<br />

Association, Berlin, August 20-25, 1994.<br />

109 Vgl. Hellmann, Einbindungspolitik, 1994, S. 5, Fn. 15.<br />

110 Vgl. dazu David Spence, <strong>Die</strong> Verhandlungen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft, in: Wolfgang Heisenberg<br />

(Hrsg.), <strong>Die</strong> Vereinigung Deutschlands in europäischer Perspektive, Baden-Baden 1992, S. 29-51, hier<br />

S. 31. <strong>Die</strong> Arbeitsgruppen hörten auch deutsche Experten und Entscheidungsträger und sprachen<br />

Empfehlungen aus.<br />

111 Vgl. Zelikow/Rice, 1995, S. 123.<br />

112 Rede des Bundesaußenministers bei <strong>der</strong> Tagung des Institute for East-West Security-Studies (IEWSS) in <strong>der</strong><br />

Frankfurter Paulskirche, 19. Oktober 1989, in: Hans-<strong>Die</strong>trich Genscher, Unterwegs zur <strong>Einheit</strong>. Reden<br />

und Dokumente aus bewegter Zeit, Berlin 1991, S. 208-226, hier S. 225.<br />

113 Genscher hebt auf diesen Aspekt in seinen Erinnerungen mit Nachdruck ab: „Ich lege Wert darauf, daß die<br />

beiden <strong>deutschen</strong> Staaten... über die außenpolitischen <strong>Aspekte</strong> mit den Vier sprachen und nicht<br />

umgekehrt. Je<strong>der</strong> Anschein, die Vier würden über Deutschland verhandeln, mußte vermieden werden.<br />

Daraus ergab sich die... Reihenfolge: Zwei plus Vier, nicht Vier plus Zwei.“ Vgl. Hans-<strong>Die</strong>trich<br />

Genscher, Erinnerungen, Berlin 1995, S. 716f.

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