Die äußeren Aspekte der deutschen Einheit

ein erheblicher Fortschritt... Erfreulich ist, wie Bush und Baker uns dafür den Boden
bereiten.“ 194
Amerikanische Ziele
Präsident Bush sah sich Ende der achtziger Jahre einem wachsenden Druck des demokratisch
kontrollierten Kongresses ausgesetzt, die amerikanischen Truppen in Europa aufgrund der
veränderten Sicherheitssituation und haushaltspolitischer Beschränkungen nachhaltig zu
verringern und schlug signifikante Truppenreduzierungen in verschiedenen Initiativen selbst
vor. Für die USA stellt die Bundesrepublik allerdings die Basis für rund 80 Prozent aller U.S.-
Truppen in Europa, deren Bedeutung als amerikanischer Brückenkopf für militärische
Operationen dann bereits im Golfkrieg 1990/91 deutlich sichtbar werden sollte. Bush hatte
verschiedentlich seine Absicht betont, in Europa ein signifikantes Kontingent amerikanischer
Truppen zu belassen. Eine im Verhältnis zu den Sowjets reziproke Reduzierung bzw. einen
totalen Abzug aller Amerikaner aus Deutschland als Preis für die deutsche Einheit galt es zu
verhindern. Gesamtdeutschland als NATO-Partner zu erhalten und die konventionelle
Machtbalance in Europa aus westlicher Sicht zu verbessern, können daher als wichtigste
sicherheitspolitische Ziele der Bush-Administration angesehen werden.
Ein völliger Abzug aller Stationierungstruppen bzw. ein symmetrischer Abbau auf allen Seiten
waren für die Bundesrepublik keine politisch durchsetzbaren Optionen, die Bonn in den 2+4-
Verhandlungen hätte anbieten können, um den Forderungen der Sowjetunion
entgegenzukommen: Waren die USA zu nachhaltiger Reduzierung ihrer Stationierungstruppen
noch gewillt, so hatten Frankreich und Großbritannien keine Bereitschaft erkennen lassen, ihre
Truppen in Deutschland als Verhandlungsgegenstand der Abrüstungsgespräche zu betrachten,
auch nicht, nachdem Genscher persönlich mehrere Versuche unternommen hatte, die beiden
Verbündeten umzustimmen. 195 Bonn mußte also eine andere Lösung finden.
Die Positionen zur NATO-Mitgliedschaft
Über eine NATO-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands war man sich in der
Bundesrepublik und unter den westlichen Verbündeten weitgehend einig. 196 Die Frage unter
den Entscheidungsträgern war nicht so sehr ein „ob“ der NATO-Mitgliedschaft, sondern ein
„wie“, insbesondere, welche Konzessionen gegenüber der Sowjetunion zu machen waren,
damit diese die Mitgliedschaft akzeptieren würde. Allerdings sprachen sich in der
Bundesrepublik Teile der SPD 197 und der Grünen gegen eine NATO-Mitgliedschaft aus.
Innerhalb der DDR gab es sehr starke Vorbehalte gegen die Mitgliedschaft im westlichen
Bündnis. 198
194 Teltschik, 1991, S. 123.
195 Gunther Hellmann, Die Westdeutschen..., 1994, S. 105.
196 Gunther Hellmann, Die Westdeutschen..., 1994, S. 106.
197 SPD-West und SPD-Ost forderten in einer gemeinsamen Erklärung, daß ein geeintes Deutschland weder der
NATO noch dem Warschauer Pakt angehören dürfe, vgl. Erklärung zum Weg zur deutschen Einheit, 19.
Februar 1990, zitiert nach Zelikow/Rice, 1995, S. 203.
198 Im Oktober 1990 favorisierten 68% der Ostdeutschen (25% der Westdeutschen) den Status der Neutralität
für Deutschland, 79% (46% der Westdeutschen) sprachen sich für einen völligen Abzug amerikanischer
Truppen aus Deutschland aus, vgl. Ronald D. Asmus, German Perceptions of the United States at
Unification, RAND Project Air Force, Santa Monica 1991, S. 20, 24.