deutsch-französische filmbegegnungen - Filmmuseum Potsdam
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ohne Werbeetats auskommen müssen. Regisseure beanstanden die mangelnde Risikobereitschaft der Produzenten und die fehlende<br />
Unterstützung durch die Politik.<br />
So schützt das Label auch die zur „Berliner Schule“ zählenden Filmautoren nicht vor Finanzierungsschwierigkeiten für den nächsten<br />
Film und vor ausbleibenden Zuschauern. Die Filmemacher selber verweigern sich der Vereinnahmung, für sie ist die „Berliner Schule“<br />
ein Netzwerk von Freunden, die die Liebe zum Kino verbindet.<br />
In den Filmen geschieht auf den ersten Blick wenig. Unaufdringlich fotografiert, erzählen sie spröde, ziemlich unspektakulär daherkommende<br />
(Alltags-)Geschichten – ohne jede Manipulation in der Beschreibung des Milieus, meist mit Originalton und mit spürbaren<br />
Respekt vor jeder Filmfigur. Innere Spannung entsteht durch den Rhythmus langer Einstellungen (Ästhetik der Langsamkeit) und<br />
genauer Beobachtung, wo kleinste Nuancen in den Gesichtern und Gesten der Protagonisten fühlbar oberflächliche Aktion ersetzen.<br />
Die Anerkennung der Tagesspiegel-Kritikerin Kerstin Decker „selten war es spannender zuzusehen, wie fast nichts passiert“ (16.11.06)<br />
für „Pingpong“ (dem „frankophilen Solitär der <strong>Potsdam</strong>er Schule“) kann auf alle diese Filme übertragen werden. Sie müssen nur ihr<br />
Publikum finden, aber zuerst Kinos, die sie zeigen.<br />
Filme:<br />
Im Verleih von ASC Distribution:<br />
Lucy<br />
R: Henner Winckler, D: Kim Schnitzer, Gordon Schmidt, Feo Aladag, D 2006, 93’<br />
Der Film erzählt die Geschichte von Maggy, einer alleinerziehenden Mutter, die selbst<br />
fast noch ein Kind ist. Unbestimmt zwischen der Verantwortung für ihre Tochter Lucy und<br />
ihren eigenen Bedürfnissen als Jugendliche wartet sie darauf, dass etwas geschieht und<br />
ihrem Leben eine Richtung gibt. Als Maggy in einer Disco Gordon kennen lernt, sieht sie<br />
die Chance eines gemeinsamen Anfangs. Vor allem als sich Gordon bereit erklärt,<br />
Verantwortung für Lucy zu übernehmen. Doch beide haben nur eine vage Vorstellung<br />
davon, wie ihr Leben aussehen soll. Schnell zeigt sich, dass sie dem Alltag mit einem<br />
Kind nicht ohne weiteres gewachsen sind. Henner Wincklers Film ist frei von klischeehafter<br />
Dramaturgie, seine Figuren sind, Zeichen ihrer Hilflosigkeit, in Konfliktsituationen<br />
eher sprachlos. Aber eben deshalb gelingt es dem Film, so viel über sie zu erzählen, sie<br />
so realitätsnah erscheinen zu lassen. „Lucy“ erzählt, ohne großes Drama, vom großen<br />
menschlichen Drama.<br />
Milchwald<br />
R: Christoph Hochhäusler, Buch: Christoph Hochhäusler und Benjamin Heisenberg,<br />
D: Judith Engel, Horst-Günther marx, Miroslav Baka, D 2003, 87’<br />
In einer Landschaftstotalen kommen zwei Kinder aus dem Bildhintergrund auf den<br />
Zuschauer zu. Sie steigen in den später eintreffenden Luxuswagen, den die Stiefmutter<br />
fährt. Sie will über die Grenze nach Polen zum Einkauf. Später wird sie die Kinder –<br />
offensichtlich völlig überfordert im Umgang mit ihnen – hinter der Grenze ihrem<br />
Schicksal überlassen. Schon in den ersten Bildern seiner modernen Hänsel und Gretel-<br />
Version evoziert Hochhäusler eine beunruhigende und bedrohliche Stimmung von angstvoller Erstarrung, Sprachunfähigkeit und<br />
Gefühllosigkeit. Äußerst ökonomisch erzählt und mit exzellent streng durchkomponierten Bildern ist es vor allem das<br />
Unausgesprochene, das nicht Gezeigte, das auf die emotionalen Leerstellen und die (unerkannte) Sehnsucht, sie auszufüllen, verweist.<br />
Vom Kritiker der „Le Monde“ zur Premiere 2003 auf der Berlinale als bester Film des Festivals gepriesen.<br />
Pingpong<br />
R: Matthias Luthardt, D: Sebastian Urzendowsky, Marion Mitterhammer, D 2005, 89’<br />
Ohne Vorankündigung besucht der 16jährige Paul seine Verwandten. Er hat vor kurzem<br />
seinen Vater verloren. Auf der Suche nach einer heilen Welt dringt er nun in den<br />
Mikrokosmos einer scheinbar glücklichen Familie ein. Er lernt mit seiner Tante Anna eine<br />
Frau kennen, die ihn nach ihrem anfänglichen Widerstand auf ihre Seite zieht. Paul sucht<br />
ihre Nähe und merkt zu spät, dass Anna ihn als Spielball benutzt und sie dabei die<br />
Kontrolle verliert. Die Erkenntnis schmerzt und treibt Paul zu einer Verzweiflungstat.