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Wer promoviert in Deutschland? - iFQ Institut für ...

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2. Zur Def<strong>in</strong>ition von neuen Verantwortlichkeiten<br />

In dieser Situation stellt sich notwendigerweise die Frage nach der Verantwortung <strong>für</strong> die Etablierung<br />

und Kontrolle der <strong>in</strong> den meisten Promotionsordnungen sehr hoch angesetzten Standards neu. Die<br />

rechtliche Fixierung auf den Prüfungsakt, der unklare Status von Doktoranden und die damit verbundene<br />

Unkenntnis über wesentliche Parameter des Promotionsprozesses erschweren allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e<br />

Neudef<strong>in</strong>ition von Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen erheblich. Dabei s<strong>in</strong>d diese Probleme<br />

ke<strong>in</strong>eswegs unbekannt. Bereits <strong>in</strong> der 5. Novelle des Hochschulrahmengesetzes aus dem Jahre 2002<br />

war der Versuch erkennbar, die Hochschulen <strong>für</strong> den Prozess des Promovierens, <strong>in</strong>sbesondere im<br />

Zusammenhang mit der Betreuung, stärker <strong>in</strong> die Verantwortung zu nehmen und die Promovierenden<br />

über e<strong>in</strong>e verpflichtende Immatrikulation zum<strong>in</strong>dest so zu erfassen, dass Fakultäten, Hochschulen,<br />

Länder und auch die Bundesstatistik über belastbare Informationen verfügen konnten. Dass dieser<br />

Vorstoß ke<strong>in</strong>en verfassungsrechtlichen Bestand hatte, war <strong>für</strong> die weitere Entwicklung ke<strong>in</strong>eswegs<br />

förderlich.<br />

Der von Theodor Mommsen im Jahr 1876 geäußerte Wunsch, dass gerade die Universitäten die Initiative<br />

ergreifen sollten und „damit die deutschen Regierungen sowie die öffentliche Me<strong>in</strong>ung baldigst<br />

der Mühe überhöben darüber Erwägungen anzustellen, wie trotz der Universitäten geholfen werden<br />

könnte, wenn es durch sie nicht geht“, (Mommsen 1905: 409) sche<strong>in</strong>t unter den heutigen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

nicht mehr durchsetzbar. Eher ist das Gegenteil geboten: e<strong>in</strong>e Ausschöpfung der Hochschulautonomie,<br />

verbunden mit e<strong>in</strong>er wissenschaftspolitischen Koord<strong>in</strong>ation, die so viel Transparenz und<br />

Vergleichbarkeit sicherstellt, dass e<strong>in</strong>erseits ke<strong>in</strong>e Zweifel an der Qualität deutscher Promotionen<br />

entstehen und andererseits h<strong>in</strong>reichend Raum <strong>für</strong> die Entwicklung e<strong>in</strong>er wünschenswerten Vielfalt<br />

von Promotionswegen und -formen bleibt.<br />

Der (regelmäßige) Bundesbericht zur Förderung des Wissenschaftlichen Nachwuchses (BMBF 2008)<br />

oder neuere promotionsbezogene Erhebungen (Statistisches Bundesamt 2012) – um zwei Beispiele<br />

zu nennen – s<strong>in</strong>d diesbezüglich Schritte <strong>in</strong> die richtige Richtung. Dennoch kann gegenwärtig noch<br />

immer nicht mit Sicherheit gesagt werden, wie viele Personen an deutschen Hochschulen promovieren,<br />

wie viel Zeit diese benötigen, wie viele gegebenenfalls ihre Promotion abbrechen oder wie<br />

erfolgreiche Promotionen letztlich verlaufen. Wenn Daten überhaupt erfasst werden, dann selten mit<br />

dem Ziel der Gew<strong>in</strong>nung e<strong>in</strong>es Gesamtbildes. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund müssen Bewertungen von e<strong>in</strong> zelnen<br />

Promotionsmodellen zwangsläufig ohne Vergleich mit geeigneten Referenzgruppen stattf<strong>in</strong>den.<br />

Es gilt also zu verh<strong>in</strong>dern, dass aus der <strong>in</strong>spirierenden Vielfalt und den bee<strong>in</strong>druckenden Promotionsprogrammen<br />

lediglich <strong>in</strong>sulare Modellvorhaben werden, die den Blick auf das gesamte Promotionswesen<br />

verstellen. Solche Tendenzen der Zergliederung führen erst zu der derzeitigen öffentlichen<br />

Debatte, die stark auf die Defekte des deutschen Promotionssystems konzentriert ist und erfolgreiche<br />

Elemente bei der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund drängen.<br />

Um dies zu ändern, s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens zwei Handlungsdimensionen von entscheidender Bedeutung.<br />

Zum e<strong>in</strong>en muss die Promotion als Prozess nicht nur <strong>in</strong>nerhalb von e<strong>in</strong>zelnen strukturierten Promotionsprogrammen,<br />

sondern <strong>in</strong>sgesamt als Verantwortung der Hochschule wahrgenommen werden.<br />

Dies sollte ke<strong>in</strong>eswegs zu e<strong>in</strong>em völlig homogenen, aber doch zu e<strong>in</strong>em transparenten und besser<br />

beurteilbaren Promotionswesen führen. Mit e<strong>in</strong>er stärkeren <strong>in</strong>stitutionellen Verantwortung der<br />

Hochschule <strong>für</strong> die Promotion ist nicht geme<strong>in</strong>t, dass die Zuständigkeiten der Betreuer oder der<br />

Fakultät geschmälert würden, wohl aber, dass e<strong>in</strong>e Neuverteilung von Verantwortlichkeiten und e<strong>in</strong>e<br />

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