Mitteilungen Sommer 2012 - Friedenspreis des Deutschen ...
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<strong>Mitteilungen</strong> zum <strong>Friedenspreis</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> Buchhandels Frühling <strong>2012</strong><br />
Thema: Thema: <strong>Friedenspreis</strong> <strong>Friedenspreis</strong> <strong>Friedenspreis</strong> <strong>2012</strong><br />
<strong>2012</strong><br />
"Was für eine gute Wahl!"<br />
Lob und Kritik zur Wahl von Liao Yiwu<br />
Während in Deutschland die am 21. Juli <strong>2012</strong> verkündete Entscheidung <strong>des</strong> Börsenvereins, Liao Yiwu mit<br />
dem <strong>Friedenspreis</strong> auszuzeichnen, auf durchweg positive Resonanz gestoßen ist, übt das offizielle China<br />
harsche Kritik an der Entscheidung. Eine Zusammenfassung der Reaktionen aus den vergangenen Tagen.<br />
Die Reaktion kam unerwartet spät, aber sie kam. Nachdem<br />
Mark Siemons in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“<br />
vom 22.6.<strong>2012</strong> über die positiven Reaktionen unter<br />
den systemkritischen chinesischen Künstlern auf Liao<br />
Yiwus Wahl zum <strong>Friedenspreis</strong>träger berichtete, vergingen<br />
drei Tage, bis China offiziell Stellung nahm. Siemons<br />
weist in seinem Artikel auf die aberwitzige Gleichzeitigkeit<br />
bei den beiden im Westen bekanntesten Opfern chinesischer<br />
Reiseverbote hin: „Am selben Tag, als der Börsenverein<br />
<strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> Buchhandels den Schriftsteller<br />
Liao Yiwu in Berlin als neuen <strong>Friedenspreis</strong>träger bekannt<br />
gab, wurde dem Künstler Ai Weiwei in Peking<br />
mitgeteilt, dass er trotz seiner auslaufenden Kautionszeit<br />
weiterhin nicht außer Lan<strong>des</strong> reisen darf.“ Ai Weiwei<br />
drückte in einem Telefonat seine Freude über den <strong>Friedenspreis</strong><br />
an Liao Yiwu aus, der „Einfluss <strong>des</strong> Dichters im<br />
Lande erstrecke sich allerdings vor allem auf Literatenzirkel<br />
und weniger auf die Gesellschaft als ganze“.<br />
和平獎<br />
Das Wort für „<strong>Friedenspreis</strong>“ auf Chinesisch<br />
Das könnte sich nun mit der offiziellen Stellungnahme<br />
Chinas, über die "Die Welt" berichtet, ändern. Am Montag<br />
nach der Bekanntgabe kritisierte Hong Lei, Sprecher <strong>des</strong><br />
chinesischen Außenministeriums, vor Journalisten in<br />
Peking die Wahl von Liao Yiwu zum <strong>Friedenspreis</strong>träger.<br />
Liao sei wegen „illegaler Aktivitäten“ verurteilt worden<br />
und „fabriziert Geschichten, um Sympathie und Unterstützung<br />
zu bekommen“, so Hong, der äußerte, dass er<br />
darauf hoffe, dass die „relevanten Institutionen und Personen“<br />
in Deutschland die Entwicklungen in China in<br />
„objektivem und fairem Licht“ betrachten würden. Mit<br />
dieser Reaktion ist durchaus zu rechnen gewesen, denn<br />
schließlich, so zitiert Mark Siemons den Kulturkritiker<br />
Zhu Dake aus Shanghai, seien in China „nicht nur Liaos<br />
Bücher, sondern auch die Nennung seines Namens in den<br />
Medien verboten. […] Eine Anerkennung wie der <strong>Friedenspreis</strong><br />
werde die Offiziellen gewiss ärgern. ‚Aber die<br />
inoffizielle Gesellschaft‘, so Zhu, ‚wird sich freuen‘.“<br />
„Eine gute, eine große Wahl“, findet die „Süddeutsche<br />
Zeitung“ vom vergangenen Freitag, denn wie „kaum ein<br />
10<br />
Zweiter legte er Zeugnis ab, über all die Lebensgeschichten<br />
von Dissidenten, Straftätern, Außenseitern seines<br />
Lan<strong>des</strong>, die sonst verschwunden wären. Die Stimmen der<br />
Entrechteten Chinas bleiben durch ihn erhalten.“ Denn<br />
schließlich, wie Liao Yiwu dem Autoren Alex Rühle erzählte,<br />
„sammle er die Geschichten, die sonst verloren<br />
gingen; oder wie er es bei einem Treffen in einem Hamburger<br />
Café einmal formulierte: ‚Ich bin das Tonbandgerät<br />
meiner Generation‘.“<br />
Susanne Metzner hebt in der „tageszeitung“ Liaos literarischen<br />
Fähigkeiten hervor. „Was in der Wertschätzung<br />
Liao Yiwus als mutiger Dissident oft untergeht, das ist die<br />
Wirkung seiner Sprache. Diese erwischt auch jene, die<br />
bislang wenig mit China am Hut hatten. Sie herzustellen<br />
ist eine hohe Kunst, denn selbst ein Realist wie Liao Yiwu<br />
weiß, dass man Wirklichkeit niemals abschreiben, sondern<br />
nur evozieren kann.“ Es gebe Stellen in seinem Buch<br />
über die Erlebnisse während der Gefängniszeit, bei denen<br />
den Lesern physisch übel werden könne. Weder erkläre<br />
noch rationalisiere er in seinen Schilderungen, noch will<br />
er eine „minimalistische, lakonische Sprache. Vielmehr<br />
gelingt es ihm, den Leser in die Überwältigung seiner<br />
Person, ins Anschreiben gegen Folter und seelische wie<br />
körperliche Vernichtung mitzunehmen.“<br />
Bernhard Bartsch betont in der „Frankfurter Rundschau“<br />
die Verantwortung, die Liao Yiwu für das Schicksal seines<br />
Freun<strong>des</strong> Li Bifeng empfindet, der den <strong>Friedenspreis</strong>träger<br />
vor seiner Flucht aus China finanziell unterstützt<br />
hatte und den man danach inhaftierte. „Wenn er zu 10<br />
Jahren verurteilt würde, wäre Li Bifeng nach der Entlassung<br />
ein alter Hund. Das Leben eines hochtalentierten<br />
Dichters und Schriftstellers würde somit völlig zerstört“,<br />
zitiert Bartsch aus dem öffentlichen Appell Liao Yiwus,<br />
seinen Freund zu unterstützen, und fügt selbst hinzu:<br />
„Sein Freund Liao Yiwu ist frei und kann Zeugnis ablegen.<br />
Man muss ihm nur zuhören.“<br />
„Eine gute und im Sinne <strong>des</strong> Preises ehrenwerte Wahl,<br />
aber eben auch ein Politikum“, findet Lothar Schröder in<br />
der „Rheinischen Post“, denn „erst vor drei Jahren war<br />
China das Gastland der Frankfurter Buchmesse und<br />
machte damals weidlich Werbung in eigener und staatstragender<br />
Sache. Mit Liao Yiwu ist dieses Bild einer unkritischen<br />
Annäherung an das Land der aufgehenden Sonne<br />
wieder korrigiert worden.“