34. Ausgabe / Dezember 2009 - Fritz-Leonhardt-Realschule
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Unter Helmen - Kollegiumsausflug auf die Schwäbische Alb<br />
Zierde oder Schandmal, Auszeichnung<br />
oder Schmach, Trophäe oder<br />
Stigma, darüber gibt es nicht die<br />
geringsten Unklarheiten, nicht den<br />
kleinsten Zweifel, die Sachlage ist<br />
mehr als eindeutig: Der Helm in<br />
Gelb, Signalfarbe der Natur, er entspricht<br />
auch hier der verinnerlichten<br />
Farbrelevanz menschlicher Regelungs-<br />
und Sanktionsstrukturen,<br />
der gelben Ampel, der gelben Karte,<br />
der unmissverständlichen<br />
Zwangspause, dem erhobenen<br />
Zeigefinger, dem Warnschuss vor<br />
den Bug. Bis hierher und nicht weiter!<br />
Jedoch, auch darüber sind wir<br />
pflichtgemäß und bestens informiert,<br />
dem zwangsweisen und degradierenden<br />
Austausch des kobaltblauen gegen den gelben<br />
Helm bedarf es schon gravierender Regelverstöße,<br />
der bewussten oder durch grobe Fahrlässigkeit<br />
verursachten Missachtung elementarer Sicherheitsvorschriften<br />
des "AbenteuerParks", ein<br />
Umstand, der einem gestandenen und nach eigener<br />
Einschätzung vorbildlichen Lehrer, zumal im<br />
Kreis seiner wachsamen Kollegen, keinerlei Sorgenfalten<br />
auf die Stirn zu treiben imstande ist.<br />
Das Mitführen von Gegenständen, die eine Gefahr<br />
für den Teilnehmer selbst oder für andere<br />
darstellen? Ausgeschlossen. Klettern unter Alkohol-<br />
oder Drogeneinfluss? Lächerlich. Das gleichzeitige<br />
Aushängen beider Sicherungskarabiner<br />
aus dem roten Sicherungsseil? Undenkbar.<br />
Eine gute Handvoll neugieriger Pädagogen<br />
hatte an diesem schwülwarmen<br />
Sommertag im Rahmen des<br />
Betriebsausflugs den Entschluss<br />
gefasst, unbekanntes Terrain zu erkunden<br />
und sich nach Unterrichtsschluss<br />
in gespannter Erwartung<br />
und ausgezeichneter Stimmung im<br />
"AbenteuerPark Schloss Lichtenstein"<br />
eingefunden, um Kraft, Ausdauer,<br />
Mut und vielleicht noch weitere,<br />
unbekannte, aber unverzichtbare<br />
Fähigkeiten zur Bewältigung der<br />
kommenden Herausforderungen unter<br />
Beweis zu stellen. Welche physischen, möglicherweise<br />
ornithologischen Eigenschaften sind zu<br />
„Münchhausens Flug“ vonnöten, bedarf es der<br />
Orientierungskünste von Zugvögeln, um sich im<br />
„Labyrinth“ zurechtzufinden, welche psychischen<br />
Qualitäten, welche Nervenstärke ist erforderlich,<br />
um die „Folterkammer“ zu überstehen, ohne im<br />
Anschluss als seelisches Wrack den Dienst quittieren<br />
und sich bedauerlicherweise übergangslos<br />
im vorzeitigen Ruhestand wiederzufinden?<br />
Doch vor der Tat, dem Aufbruch<br />
ins Unbekannte, dem Schritt ins<br />
Ungewisse, findet sich das Häuflein<br />
Unerschrockener in einer zwar<br />
wohl vertrauten, aber fast vergessenen<br />
Rolle wieder, Lichtjahre entfernt<br />
vom fest gefügten Selbstverständnis,<br />
vom per Gesetz mit nahezu<br />
grenzenloser Machtfülle ausgestatteten<br />
Status des Lehrers,<br />
vom Nimbus dessen, der mit seiner<br />
Autorität, seinem Wissen und<br />
didaktischem Geschick Generationen<br />
von Eleven ins eigenverantwortliche<br />
Leben geführt: in der Rolle<br />
des Schülers. Erstaunlicherweise<br />
vollzieht sich der Rollenwechsel<br />
unproblematisch, unmerklich, beiläufig, geräuschlos,<br />
bei allen Beteiligten, ja, man kann sogar den<br />
Eindruck gewinnen, die Annahme der neuen Perspektive<br />
gelänge den an Jahren Älteren, in Korrelation<br />
zum erheblichen zeitlichen Abstand der eigenen<br />
Schulzeit, noch leichter, noch reibungsloser<br />
als den jüngeren Kolleginnen und Kollegen.<br />
Nostalgie, Nachhall von Erinnerungen, Reminiszenzen<br />
an längst vergangene Zeiten oder<br />
schlummernde Kommunikationsstrukturen, situationsbedingt<br />
empor gespült aus tieferen Bewusstseinsebenen,<br />
wer weiß?<br />
Ausgestattet mit Helm, kobaltblau, Gurt, Sicherungsleine<br />
mit Karabinern und Stahlseilrolle erfolgt<br />
die Einweisung in das Regelwerk und die<br />
Praxis des "AbenteuerParks". Rot die Sicherungsleinen,<br />
gelbe Markierungen<br />
für die<br />
Benutzung der<br />
Stahlseilrollen, kompromisslossachgerecht<br />
einzuhängen,<br />
die Karabiner, deren<br />
Verwendung immer<br />
gegenläufig zu erfolgen<br />
hat, pro Station<br />
nur eine Person,<br />
maximal drei auf der<br />
Plattform, …, eine<br />
Checkliste von einem<br />
guten Dutzend Positionen, wahrlich, das<br />
Schülerdasein ist kein leichtes. Notenstress, Leistungsdruck,<br />
Versagensängste, das sollte uns zwar<br />
erspart bleiben, doch ein leichtes Gefühl der<br />
Überforderung bezüglich der Memorierung des<br />
Gelernten lässt sich nicht ganz vermeiden, zumal<br />
die vollkommen unpädagogische Abqualifizierung<br />
mit der Eselsmütze, dem gelben Helm, an diversen<br />
Abschnitten des Lehrgangs immer wieder bei-<br />
(Fortsetzung auf Seite 13)<br />
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