34. Ausgabe / Dezember 2009 - Fritz-Leonhardt-Realschule
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läufig ins Gespräch gebracht wird. Die praxisorientierte,<br />
mit strengem Auge überwachte Anwendung<br />
des Curriculums in einem fast ebenerdigen<br />
Miniparcours bildet den Abschluss der Instruktionen<br />
und, abgesehen von inadäquat eingehängten<br />
Stahlseilrollen, dilettantisch angebrachten Karabinern,<br />
ungesicherten Teilpassagen und einem heftigen<br />
Zusammenprall zweier Probanden, verläuft<br />
die Reifeprüfung zur allgemeinen Zufriedenheit,<br />
das Abenteuer kann beginnen.<br />
Das sehnsüchtige Verlangen,<br />
die Bodenhaftung<br />
einzutauschen<br />
gegen die Herausforderungen<br />
in luftigen<br />
Höhen, wird jedoch<br />
jäh gestoppt durch eine<br />
merkliche Verdunklung<br />
des Himmels, das<br />
Unternehmen muss<br />
abgebrochen werden,<br />
bevor es überhaupt<br />
begonnen. Kumulonimbus,<br />
die gemeine<br />
Gewitterwolke, hat<br />
sich mit einigen größeren<br />
und kleineren Geschwisterneingefunden,<br />
bedrohlich anzusehen, Blitze schleudernd,<br />
zornig grummelnd, und es erscheint nicht ratsam,<br />
sich mit dieser Sippe auf ein têtê a têtê in den<br />
Baumwipfeln einzulassen. Gleich Flugzeugen, alle<br />
Checks durchgeführt, beladen, vollgetankt,<br />
die Koordinaten für die interkontinentale<br />
Distanz schon einprogrammiert,<br />
vorgerollt zur Startposition,<br />
die Startfreigabe jedoch verweigert,<br />
führt der Weg zurück zur Parkposition,<br />
enttäuscht, verärgert. Zeit,<br />
die blauem Helme abzusetzen, worunter<br />
das klinikgrüne Hygienekopftuch<br />
zum Vorschein kommt, ein<br />
Schwätzchen halten, Gesprächsstoff<br />
gibt es unter Pädagogen wahrlich unbegrenzt,<br />
ein knappes Dutzend Operateure<br />
in der Warteschleife zu ihrem<br />
chirurgischen Eingriff in die Biosphäre.<br />
Am Ende hat Petrus dann doch ein<br />
Einsehen, es wird merklich heller, das<br />
Krachen des Donners weicht dem sanften Raunen<br />
des Waldes, Startschuss, Freigabe der Stationen<br />
Eins bis Fünf, von der „Schlossschenke“ hin<br />
zum „Ritterschlag“. Nun also, nun kann sich bewähren,<br />
was in den Vormonaten antrainiert, all die<br />
zahllosen Liegestützen, die Klimmzüge, die vergossenen<br />
Schweißperlen, die Überwindung zu<br />
körperlicher Anstrengung, wo doch das müßige<br />
Leben als Couchpotato ungleich bequemer und<br />
angenehmer. Das erste Netzgeflecht empor geklettert,<br />
die ersten schwankenden Tritte zwischen<br />
den Plattformen gemeistert, das erste Seil trittsicher<br />
balanciert, mühelos, spielerisch, traumwandlerisch.<br />
Eine ungeheure Leichtigkeit des Seins<br />
durchflutet den Körper, Adrenalin und Endorphin<br />
vermischen sich zu einem stimulierenden Cocktail,<br />
das gesamte Geflecht des Organismus<br />
durchziehend, von den Hauptstraßen der Blutbahnen<br />
in die feinsten Kapillaren, von den Zehen zu<br />
den Haarspitzen, aufputschend, euphorisierend,<br />
psychosomatischer Ausnahmezustand. Station<br />
um Station wird so erobert, hangelnd, kletternd,<br />
gleitend, schwebend, keine noch so schwere<br />
Aufgabe erweist sich als undurchführbar, kein<br />
Hindernis, das nicht nahezu mühelos zu bewältigen.<br />
Als verzögernd und Bruch in der ansonsten<br />
nahtlosen Abenteuerkette erweist sich lediglich<br />
das Umstecken der Sicherungskarabiner,<br />
doch mit fortschreitender Übung gelingt auch<br />
dies immer flüssiger, die Frequenz des metallischen<br />
Klickens der Bügel steigt kontinuierlich<br />
an zur Sicherungssymphonie, untermalend, modulierend,<br />
Leitmelodie des Hochseilgartens.<br />
Das „Labyrinth“ als Parcours Nummer Sieben<br />
und, höheren Weihen entgegen strebend, im<br />
Anschluss an die Nummer Fünf „Ritterschlag“<br />
die nächste Herausforderung für unser inzwischen<br />
eingespieltes Team, es erweist sich als lediglich<br />
unbedeutend schwieriger und wird im<br />
Sturm erobert, so dass die Entscheidung, nach<br />
der Krone zu greifen, auf ungeteilte, euphorische<br />
Zustimmung stößt. Nun also<br />
Nummer Neun, die<br />
„Folterkammer“, laut Originalzitat<br />
der Betreiber „der Profi-<br />
Parcours für Hochseilprofis, hier<br />
braucht man Nerven wie<br />
Drahtseile“, alle Wegstrecken<br />
noch ein wenig aufreibender,<br />
abenteuerlicher, der Abstand<br />
zum Boden noch größer und,<br />
als besondere Herausforderung,<br />
auf halber Strecke, im luftigen<br />
Nichts der Umstieg von<br />
einer Seilschlaufe in eine andere,<br />
derart anspruchsvoll, dass<br />
eine zusätzliche Einweisung<br />
des Personals vonnöten. Professionell<br />
geht unsere kleine<br />
Gruppe ans Werk: sichern, klettern, balancieren,<br />
sichern, in diesem Rhythmus geht es zügig vorwärts,<br />
begleitet vom Gesang der Karabiner, von<br />
ihrem monotonen Lied, das von Anstrengung und<br />
Mühe erzählt, aber auch von Erfolg, Zufriedenheit,<br />
Selbstbestätigung, Stolz, ja, vor allem von Stolz<br />
auf das Geleistete, das Erreichte. In Kürze an der<br />
entscheidenden Barriere der doppelten Schlaufe<br />
(Fortsetzung auf Seite 14)<br />
<strong>Fritz</strong>-<strong>Leonhardt</strong>-Realschul-News 13