Zur Ortmeyer-Kampagne gegen Petersen und den Jenaplan
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<strong>Petersen</strong> als Schulleiter irgendwie gedeckt, - eigentlich hatten ja "Ju<strong>den</strong>fre<strong>und</strong>e" in<br />
Schulen unter dem NS nichts zu suchen.<br />
<strong>Petersen</strong>s Äußerungen zu seiner Südafrika-Reise Juli-Okt.1937 sind bereits seit<br />
längerem ein Stein des Anstoßes. Seine in eigener Mission (67 Vorträge über <strong>den</strong><br />
<strong>Jenaplan</strong>, in 24 Tagen auf Einladung von Lehrervereinigungen auf Englisch,<br />
Holländisch <strong>und</strong> Afrikaans gehalten) durchgeführte Reise ist auch in einem<br />
Reisereport dokumentiert, <strong>den</strong> er dem Reichsministerium für Erziehung (REM)<br />
zukommen ließ. Darin machte er die "stark ju<strong>den</strong>hörige Lehrerschaft" in<br />
Johannesburg <strong>und</strong> Kapstadt dafür verantwortlich, dass seine Vorträge dort nicht die<br />
gleiche Wirkung entfalten konnten wie anderswo. <strong>Petersen</strong> reagiert damit höchst<br />
gereizt auf eine dort schon bekannte Kritik im New Yorker Educational Yearbook<br />
"The Making of Nazis", in welchem <strong>Petersen</strong> eine Wandlung seiner "Philosophie"<br />
des Humanismus <strong>und</strong> der Toleranz vorgeworfen wird. <strong>Petersen</strong> verschweigt in<br />
seinem Bericht an das REM <strong>den</strong> jüdischen Autor Isaac Leon Kandel, <strong>den</strong> er ja bei<br />
seinem Aufenthalt 1928 in <strong>den</strong> USA als einen der führen<strong>den</strong> Reform<strong>den</strong>ker<br />
persönlich kennen- <strong>und</strong> schätzen gelernt hatte. [vergl. Retter (2007), S. 411 f., 183 f.<br />
Kluge 204.255 f.] <strong>Petersen</strong> ergriff die Gelegenheit dieses Reports, <strong>den</strong> Nazi-Bonzen<br />
im REM "zielgenau" einen Antisemitismus vorzutäuschen. <strong>Ortmeyer</strong>, der <strong>den</strong> ganzen<br />
Report <strong>und</strong> einen Auszug aus Kandels Darstellung <strong>Petersen</strong>s im "Yearbook" abdruckt<br />
[<strong>Ortmeyer</strong> (2008), S. 138-142], unterlässt es aber zu konstatieren, dass Kandel zu <strong>den</strong><br />
Anhängern der Diskontinuitäts-Hypothese gehört, dass er also der Meinung ist,<br />
<strong>Petersen</strong> habe 1928 ganz andere Ansichten vertreten als nach 1933. <strong>Petersen</strong>s<br />
Briefwechsel mit seiner Frau über die Erlebnisse <strong>und</strong> Eindrücke vom US-Aufenthalt<br />
kann auf diese Weise auch verschwiegen wer<strong>den</strong>. Auch die dortigen Aussagen (s.o.)<br />
könnten ja <strong>Ortmeyer</strong>s Hypothese von einem "Rassismus" <strong>Petersen</strong>s "von Anfang an"<br />
erheblich ins Wanken bringen.<br />
Integration <strong>und</strong> Inklusion<br />
<strong>Petersen</strong> versuchte nach ersten großen Erfolgen in Westfalen 1933 <strong>und</strong> 1934, im<br />
Jahre 1935 seine Pädagogik im "Dritten Reich" auszubreiten. Er schrieb dafür einen<br />
langen Artikel in der großen Zeitschrift "Die Schule im nationalsozialistischen Staat",<br />
um dem breiten Publikum <strong>den</strong> <strong>Jenaplan</strong> zu erklären.[s. KL 27, S.19] Darin fiel auch<br />
der häufig zitierte Satz: "Diese Erziehungswissenschaft (ist) von jeher offen für alle<br />
Forderungen der Hygiene <strong>und</strong> Eugenik, der Rassenlehre <strong>und</strong> der<br />
Erbwissenschaft."[<strong>Ortmeyer</strong> (2008), S.131] Diese heute so anpasslerisch<br />
erscheinende Gedankenkette entsprach aber hinsichtlich der letzten bei<strong>den</strong> Stichworte<br />
durchaus gegebenen - nichtrassistischen - Fragestellungen <strong>Petersen</strong>s längst vor 1933<br />
(s.o.!). Die Eugenik war seit dem beginnen<strong>den</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert weltweit ein Thema,<br />
etwa in England, Frankreich <strong>und</strong> in der Sowjetunion. Auch heute spielt Eugenik bei<br />
der genetischen Familienberatung <strong>und</strong> in der Präimplantationsdiagnostik eine Rolle,<br />
die letzten Endes dazu dient, Embryonen mit genetischen Mängeln zu eliminieren.<br />
In Deutschland sorgte der NS-Staat dafür, dass die bestehen<strong>den</strong> Übereinstimmungen<br />
zwischen dem Eugenik-Gedanken <strong>und</strong> der eigenen Ideologie in politische<br />
Gesetzgebung einmündeten , aber in verschärfter <strong>und</strong> pervertierter Form. Aus dem