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Zur Ortmeyer-Kampagne gegen Petersen und den Jenaplan

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Konzeptentwicklung, hg. von Oskar Seitz, Baltmannsweiler: Schneider Verlag<br />

Hohengehren, S. 83 ff.]<br />

Dies ist, trotz der Tugen<strong>den</strong> (Güte, Liebe, Treue etc.), auf <strong>den</strong>en Erziehung nach<br />

<strong>Petersen</strong> beruht, schon ein gefährlicher Ansatz, da etwas so Wirkmächtiges wie<br />

"Erziehung" vielleicht nie erschöpfend rational erklärt wer<strong>den</strong> kann, aber doch nie<br />

rationaler Kritik entzogen wer<strong>den</strong> darf. Termini wie "Volk" wer<strong>den</strong> bei <strong>Petersen</strong> aber<br />

zu "sozial-immunen" Begriffen; "Gegensätze" in der Gemeinschaft stören eher die<br />

Sehnsucht nach Einheit <strong>und</strong> wer<strong>den</strong> in <strong>den</strong> Bereich der "Gesellschaft" abgedrängt<br />

[vgl. Skiera (2003), S. 295. Vgl. auch Fritz Karsens die Gesellschaft qualifizierender<br />

Gemeinschaftsbegriff: Er spricht von einer nach "Gemeinschaft" streben<strong>den</strong><br />

Gesellschaft.(Siehe KINDERLEBEN 29, S.4 - nach Kees Both] In der Tat ist eine<br />

"politische 'Erziehung zur Gemeinschaft' " mit Positionen demokratischer Pädagogik<br />

unvereinbar. [<strong>Ortmeyer</strong> (2008), S. 55 - nach Oelkers, Hervorhebung: H.D.] Aber es<br />

muss auch gesehen wer<strong>den</strong>, dass etwa der Begriff der Volksgemeinschaft <strong>und</strong> der<br />

Volkseinheit im politischen Denken der Weimarer Republik bis hin zur<br />

Sozialdemokratie <strong>und</strong> schließlich zur "sozialistischen Volksgemeinschaft" der DDR<br />

fest verankert war. Gerade weil der Gebrauch der Begriffe fließend war, muss<br />

festgehalten wer<strong>den</strong>, dass "'Gemeinschaft' im Geist der Reformschulen Bremens,<br />

Wiens oder Jenas der zwanziger Jahre...pädagogisch wie politisch etwas anderes war<br />

als das aggressiv-exklusiv rassische Verständnis von 'Gemeinschaft' im<br />

Nationalsozialismus." Letzteres Verständnis verschweigt <strong>Petersen</strong>s Konstrukt der<br />

Volksgemeinschaft - dort wo er sich nach 1933 auf Gemeinschaft bezieht. [Retter<br />

(2007) S. 533. 840. 838 Es ist eine bei <strong>Petersen</strong> immer wieder zu beobachtende<br />

Strategie der "Herstellung nicht gegebener Übereinstimmung" mit dem NS, dass er<br />

sich scheinbar unbe<strong>den</strong>klich nationalsozialistischen Schlagworten <strong>und</strong> Positionen<br />

verbal annähert, dabei aber - stillschweigend - seinen eigene Auffassung voraussetzt<br />

<strong>und</strong> sämtliche mit diesen Begriffen in der NS-Terminologie verb<strong>und</strong>enen<br />

Konnotationen nicht wahrhaben will.] So konnte er sich ungeniert auf eine Rede des<br />

Reichsinnenministers Frick vom 9. Mai 1933 zur neuen Schulpolitik berufen, in der<br />

dieser zum Ausdruck brachte, dass die "neue Schule...gr<strong>und</strong>sätzlich vom<br />

Gemeinschaftsgedanken" ausgehe. [Nach <strong>Ortmeyer</strong> (2008), S. 135]<br />

Erst nach der Katastrophe von 1945 bejaht <strong>Petersen</strong> die Rolle "selbständigen<br />

Denkens", die "demokratische Lebensform" in Schulen, welche die Gegensätze <strong>und</strong><br />

Interessen innerhalb einer Volksgemeinschaft anerkennt. [Ergänzender Abschnitt in<br />

der Nachkriegsversion von Peter <strong>Petersen</strong>, Führungslehre des Unterrichts (1950)<br />

1984, S. 229 f. nach <strong>Ortmeyer</strong> (2008), S.105. Hervorhebung : H.D.] Dieser Gebrauch<br />

des Begriffs der "Volksgemeinschaft" bei <strong>Petersen</strong> kommt nun unserem heutigen<br />

pluralistischen <strong>und</strong> liberalen Verständnis von "Gesellschaft" sehr nah.<br />

Kurz: <strong>Petersen</strong>s humanistisch gemeinte Begriffe von Erziehung <strong>und</strong> Gemeinschaft<br />

bzw. Volksgemeinschaft waren in sich nie nationalsozialistisch; ihnen fehlte aber -<br />

besonders im Kontext des Nationalsozialismus - die nötige klärende Abgrenzung.<br />

Wie bei Montessori der Begriff der "Disziplin" zur Anbiederung an Mussolini <strong>und</strong><br />

<strong>den</strong> Faschismus gebraucht wird [s. Hartmut Draeger (2006), Montessoris Leben<br />

kritisch betrachtet. In: KINDERLEBEN 24, Dez.06, S. 42 f.] so ist bei <strong>Petersen</strong> der

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