Zur Ortmeyer-Kampagne gegen Petersen und den Jenaplan
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außer Kraft gesetzt, ist für <strong>Petersen</strong> nach wie vor 'selbstverständlich'. " Und: <strong>Petersen</strong><br />
fügt nun im "Saupe" 1942 aus seinem Pariser Kongress-Vortrag von 1930 sogar noch<br />
hinzu: "Die beste Führung ist diejenige, in welcher der Erzieher die Fähigkeit besitzt,<br />
Menschenkinder anzuleiten, sich selbst Gesetze zu geben <strong>und</strong> sich selbst <strong>den</strong> besten<br />
Gesetzen zu unterwerfen, also zur Autonomie zu gelangen." [Retter (2007), S. 466;<br />
vergl. auch Kirsten Knaak(2001), Kap.4, Exkurs 1 zur Gleichschaltung im<br />
schulischen Bereich ab 1933 in Hamburg: Das Führerprinzip wurde auch in der<br />
Schulorganisation eingeführt; die Behörde gab im folgen<strong>den</strong> Erlasse, Verfügungen,<br />
Bekanntmachungen, Anweisungen heraus, an die sich zu halten war.]<br />
Mit dieser schon klassisch zu nennen<strong>den</strong>, pädagogisch, aber auch didaktisch<br />
anzuwen<strong>den</strong><strong>den</strong> Formel <strong>Petersen</strong>s ist bereits das Terrain abgesteckt, an dem auch<br />
heute noch jede gute Schule arbeiten muss, will sie zu höchster Qualität auflaufen.<br />
"Erziehung" oder "Drill"<br />
Wer - wie <strong>Petersen</strong> - einen ausgereiften, humanen pädagogischen Führungsbegriff<br />
entwickelt hatte <strong>und</strong> noch 1942 in Theorie <strong>und</strong> Praxis durchhielt, musste dem rein<br />
Militärischen distanziert <strong>gegen</strong>überstehen, zumal wenn es - wie bei <strong>den</strong> NS-<br />
Pädagogen - quasi propädeutisch das Schulleben beherrschen <strong>und</strong> auf das<br />
Soldatentum in <strong>den</strong> Kriegen des "Führers" vorbereiten sollte. <strong>Petersen</strong> wusste schon<br />
auf Gr<strong>und</strong> seiner Lektüre von Hitlers "Mein Kampf", dass es <strong>den</strong> Nazis vorrangig um<br />
reine Körperertüchtigung verb<strong>und</strong>en mit dem Geist eines Kadavergehorsams ging.<br />
Überall im zentralistisch durchorganisierten NS-Staat hielt an <strong>den</strong> Schulen<br />
"militärischer Drill zunehmend Einzug; das relativ vielfältig pädagogische<br />
Leben...verschwand." [Kirsten Knaak (2001), Kap.4, Exkurs1]<br />
<strong>Ortmeyer</strong> übersieht in seiner Beschreibung des Aufsatzes von <strong>Petersen</strong> mit dem<br />
martialischen Titel "Die Bedeutung des Politisch-Soldatischen für <strong>den</strong> deutschen<br />
Lehrer <strong>und</strong> unsere Schule" [Siehe <strong>Ortmeyer</strong> (2008), S.21] dessen Strategie im Jahre<br />
1934: Er wollte <strong>den</strong> Aufschwung des <strong>Jenaplan</strong>s in Westfalen unterstützen <strong>und</strong> dabei<br />
durch gewaltiges Frontsoldaten-Kameradschafts-Gesums die Erinnerung an seine<br />
pazifistischen Töne etwa in seinem Band "Die Neueuropäische<br />
Erziehungsbewegung" (1926) überspielen, zugleich aber sein eigenes Schulmodell<br />
mit seinen fre<strong>und</strong>schaftlichen <strong>und</strong> zivilen Verkehrsformen ohne <strong>den</strong> "alten<br />
militärischen Drill", ohne Hitlergruß <strong>und</strong> Braunhem<strong>den</strong> öffentlich verteidigen. Auf<br />
diese Weise wollte er seine Schule auch von dem allgemein im Schulwesen unter<br />
dem Nationalsozialismus dominieren<strong>den</strong> Militarismus, <strong>den</strong> er zum Schein begrüßt,<br />
ausnehmen. Es verdient in <strong>den</strong> Augen <strong>Ortmeyer</strong>s auch keine Beachtung, dass<br />
<strong>Petersen</strong> persönlich seit seinen Primaner-Tagen ein ablehnendes Verhältnis zu<br />
Bierhel<strong>den</strong>tum, Chauvinismus, Uniformen <strong>und</strong> Säbelrasseln hatte.<br />
[Siehe Draeger (2008), S. 21 f. - nach Retter 2007, S. 256 .357-359.S.362. Schwan<br />
2007b, "Denn entscheide nicht ich, so wird über mich entschie<strong>den</strong>. <strong>Petersen</strong> als<br />
politischer Reformpädagoge. In: Zeitschrift für Pädagogik Heft 6/2007, S.(843-860)<br />
848. Kluge (1992), 64 ff. - <strong>Petersen</strong>s Bezeichnung des Gehorsams als "Feldtugend"<br />
(verg. <strong>Ortmeyer</strong>, 2008, S. 17) oder die "Fahne als heiligstes Leichentuch" (ebd. S.22)<br />
sind ebenfalls als Tarnung zu bewerten.