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Zur Ortmeyer-Kampagne gegen Petersen und den Jenaplan

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229-248!] Peter <strong>Petersen</strong> , der eine "Bevölkerungspolitik" wünscht, mit der man die<br />

Kosten einer anerkannten humanen Praxis in <strong>den</strong> Griff bekommt. Zum anderen<br />

enthielt der Absatz genau die Begriffe "Humanität", "humane Idee <strong>und</strong> Praxis",<br />

"moderne Gesellschaft", derentwegen ihm die NS-"Beobachter", Kontrolleure <strong>und</strong><br />

Machthaber von Anfang an als Liberalen unter einer nationalsozialistischen Maske<br />

misstrauten. In einer historischen Situation, in der es für <strong>Petersen</strong> aber absolut<br />

vorrangig war, seine Schüler zu schützen <strong>und</strong> seine humane Schule<br />

aufrechtzuerhalten, war die massive Erinnerung an jenen Passus aus dem Jahre 1932<br />

unerwünscht. Humanes Tun war in der bedrohlichen Situation von 1937 noch<br />

wichtiger als ein öffentliches Bekenntnis.<br />

Führung, Autorität, Freiheit<br />

<strong>Petersen</strong>s Kritik am Wirken des parlamentarischen Systems im Zusammenhang mit<br />

einer "reichen Erfahrung an <strong>den</strong> neuen Schulen Europas" findet sich bereits 1925 [s.<br />

<strong>Ortmeyer</strong> (2008) S.11] Hat Politik also kein Lebensrecht in der Schule? In der<br />

Lichtwarkschule <strong>Petersen</strong>s wur<strong>den</strong> die vom Unterrichtsministerium dekretierten<br />

zweiwöchentlichen demokratischen Aussprachen zwischen Lehrern <strong>und</strong> Schülern -<br />

im Gegensatz zu <strong>den</strong> meisten Gymnasien, welche sie boykottierten, - am Anfang der<br />

1920-er Jahre in die Schulverfassung aufgenommen <strong>und</strong> durchgeführt. Hier wur<strong>den</strong><br />

Konflikte geregelt, aber auch aktuelle Themen diskutiert. So skeptisch <strong>Petersen</strong> die<br />

bloße Nachahmung des politischen Parlamentarismus in der Schule auch schon vor<br />

1933 beurteilte, bekannte er sich durchaus zu freien parlamentarischen Formen der<br />

Schulgemeindearbeit. [s. Draeger (2009) S. 5 f. - nach Retter (2007) S. 86.92]<br />

Dennoch war <strong>Petersen</strong>s Verhältnis zur parlamentarischen repräsentativen<br />

Demokratie trotz seiner eigenen Reichstagskandidaturen, um die politische Mitte zu<br />

stärken, unklar. Dies zeigt sich auch in jenem von <strong>Ortmeyer</strong> zu Recht beanstandeten<br />

Satz im Kleinen <strong>Jenaplan</strong>, in dem <strong>Petersen</strong> Schülerparlamente <strong>und</strong> Schülergerichte<br />

ablehnt.[Nach <strong>Ortmeyer</strong> S.11] Heute wer<strong>den</strong> Schuldemokratie <strong>und</strong> gewählte<br />

Schülervertretungen in allen deutschen B<strong>und</strong>esländern von <strong>den</strong> Schulgesetzen<br />

verlangt <strong>und</strong> überall durchgesetzt, - natürlich auch in <strong>den</strong> <strong>Jenaplan</strong>-Schulen. Beides<br />

ist auch im aktuellen Kompendium der <strong>Jenaplan</strong>-Pädagogik verankert.[s. Both<br />

(2001), S. 80-82] Im Zusammenhang des Nach<strong>den</strong>kens über schulische Demokratie<br />

ist besonders zu betonen, dass <strong>Petersen</strong> schon ein zukunftsweisender Repräsentant<br />

direkter, kommunitärer, partizipativer Demokratie gewesen. Diese ist - laut Retter -<br />

durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Abbau vertikaler Schulhierarchien,<br />

Veränderung des Frontalunterrichts als Gr<strong>und</strong>situation, veränderte Lehrerrolle. <strong>Zur</strong><br />

partizipativen Demokratie gehört auch die Gleichstellung im Sinne sozialer<br />

Gerechtigkeit als Bestandteil eines Demokratisierungsprozesses: universitäre<br />

Lehrerausbildung, schulische Selbstverwaltung, Einheitsschule, Koedukation,<br />

Integration, verstärkte Elternteilhabe am Schulgeschehen.[s. Draeger (2008), S.32<br />

nach Retter 2007, S. 867. 873 Es passt auch zu <strong>Petersen</strong>s unbedingter Bejahung der<br />

partizipativen Demokratie als „Lebensform <strong>und</strong> soziale Teilhabe“, wenn er selbst<br />

mitten im Nationalsozialismus John Deweys Gedanken über „Demokratie <strong>und</strong><br />

Erziehung“ unverändert <strong>und</strong> positiv zitiert (Vergl. Retter 2007, S.191 f.) <strong>und</strong> F.<br />

Clarkes Auffassungen positiv aufgreift (siehe oben!).] Von der Verwirklichung dieser

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