Zur Ortmeyer-Kampagne gegen Petersen und den Jenaplan
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<strong>Petersen</strong> setzt - in krassem Widerspruch zur NS-Wirklichkeit - fort: "So setzt sich der<br />
heute wieder in höchster Reinheit vom Führer vertretene urgermanische Gedanke<br />
durch, dass die letzte Quelle aller Regierungsmacht im Volke liegt <strong>und</strong> dass der<br />
Despotismus in <strong>den</strong> Orient gehört." (ebd.)<br />
Trotz dieser kritischen Beobachtungen <strong>und</strong> Ansätze ist - wie in KINDERLEBEN 27,<br />
S. 22f. beschrieben - <strong>Petersen</strong>s Sicht eines modernen Staatsaufbaus mit liberaler<br />
Gewaltenteilung einschließlich praktizierter Rechtsstaatlichkeit gefährlich unklar <strong>und</strong><br />
begünstigte ebenso wie die Zustimmung des gesamten bürgerlichen Lagers am<br />
23.3.1933 im Deutschen Reichstag zum "Ermächtigungsgesetz" für die Regierung<br />
des fanatischen Antiliberalen Hitler die (Etablierung der) Diktatur. Otto Wels (SPD)<br />
hat die Ablehnung dieses Gesetzes durch die Sozialdemokratie zu Recht mit der<br />
bereits begonnenen Ausschaltung der Kontrollfunktion des Parlaments <strong>gegen</strong>über der<br />
Regierung, mit der willkürlichen Verfolgung von Regierungsgegnern, der<br />
Beseitigung der vollen Rechtssicherheit <strong>und</strong> der Knebelung der Pressefreiheit<br />
begründet.<br />
Wie die rechtliche Lage in Hitlerdeutschland wirklich war, zeigt die Geschichte des<br />
Vorm<strong>und</strong>schaftsrichters <strong>und</strong> späteren Gründers der Aktion Sühnezeichen/<br />
Frie<strong>den</strong>sdienste <strong>und</strong> der Aktion Solidarische Welt Lothar Kreyssig. Ihm wurde zum<br />
Beweis, dass die Euthanasieaktionen der Nazis <strong>gegen</strong> behinderte Menschen<br />
"rechtens" waren, auf persönliches Verlangen der Führererlass vorgelegt. Kreyssigs<br />
Reaktion: „Ein Führererlass schafft noch kein Recht.“ Er erstattete beim preußischen<br />
Generalstaatsanwalt Anzeige wegen Mordes <strong>gegen</strong> Reichsleiter Philipp Bouhler , <strong>den</strong><br />
Chef der „Kanzlei des Führers“, der von Hitler persönlich mit der Mordaktion<br />
beauftragt war, - eine in jener Zeit unvorstellbare Tat! So wurde Kreyssig unter 1400<br />
Vorm<strong>und</strong>schaftsrichtern im Deutschen Reich der einzige, der auf diese juristisch<br />
eigentlich gebotene Weise <strong>gegen</strong> die Schändung der Menschenrechte durch die<br />
systematische Tötung behinderter Menschen vorging.<br />
[Die Nazis versetzten Richter Kreyssig sofort nach seiner Anzeige 1941 in <strong>den</strong><br />
Ruhestand <strong>und</strong> erklärten ihn gleichzeitig für „wehrunwürdig“. Kreyssig überlebte auf<br />
einem Bauernhof. Siehe die Biographie von Konrad Weiß: Lothar Kreyssig. Prophet<br />
der Versöhnung. Gerlingen 1998 ]<br />
Die auch von <strong>Ortmeyer</strong> geteilte Auffassung der niederländischen <strong>Jenaplan</strong>-Kritiker<br />
Imelman, Jeunhomme, Meijer <strong>gegen</strong> die "antirationalistische Gr<strong>und</strong>konzeption" Peter<br />
<strong>Petersen</strong>s mündet in die groteske Vorstellung, dass nach <strong>Petersen</strong>s Lehre letzendlich<br />
"jeder sowohl seinen eigenen irrationalen Instinkten als vor allem auch <strong>den</strong>en des<br />
Führers vertrauen müsse." [Nach <strong>Ortmeyer</strong> 2008, S.50 f. Wir fragen uns natürlich<br />
auch, welcher "Führer" da in <strong>den</strong> 1980-er <strong>und</strong> 1990-er Jahren gemeint sein könnte!]<br />
Erstaunlich, dass Erziehungswissenschaftler aus dem "<strong>Jenaplan</strong>-Land" Niederlande<br />
so etwas 1996 schrieben, als der niederländische <strong>Jenaplan</strong> [Siehe Kees Both (1997),<br />
<strong>Jenaplan</strong>onderwijs op weg naar de 21e eeuw - seit 2001 in der deutschen<br />
Übersetzung Kees Both (2001), <strong>Jenaplan</strong> 21, hg. von Oskar Seitz] mit wichtigen von<br />
<strong>Petersen</strong> abweichen<strong>den</strong> Neupositionierungen bereits weitgehend entwickelt<br />
war.[Diese Neubestimmung des <strong>Jenaplan</strong>s war ja bereits in <strong>den</strong> zahlreichen<br />
Publikationen der Niederländischen <strong>Jenaplan</strong>-Vereinigung ablesbar, auch in der bei