Zur Ortmeyer-Kampagne gegen Petersen und den Jenaplan
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Schlusssatz dieser Ergänzung könnte dann voll <strong>und</strong> ganz <strong>Petersen</strong>s Meinung zum<br />
Thema sein: "Die Fülle der 'freien Persönlichkeit' kann allerdings nur innerhalb eines<br />
Gruppenlebens erreicht wer<strong>den</strong>, allein sie selbst ragt darüber hinaus." [Zitatstelle<br />
nach <strong>Ortmeyer</strong> (2008), S. 120 f.] Wieder müssen wir annehmen, dass <strong>Petersen</strong> hier<br />
unter dem Eindruck einer deutlichen demokratischen Stimme - vermittelt ja durch<br />
seine nach wie vor bestehen<strong>den</strong> Interessen an der internationalen Pädagogik (vgl.<br />
seine Veröffentlichungspraxis nach 1933 zur internationalen Reformpädagogik) auf<br />
einmal selbst innerhalb des Spektrums demokratischen Denkens operiert <strong>und</strong><br />
argumentiert. Während der Satz über das völlig in der Gemeinschaft aufgehende Ich<br />
mit Sicherheit eine der öfter festzustellen<strong>den</strong> bewussten "Anpassungsleistungen"<br />
<strong>Petersen</strong>s an nationalssozialistisches Denken darstellt, ist dann der breite Raum, <strong>den</strong><br />
<strong>Petersen</strong> F. Clarke <strong>und</strong> seiner Vorstellung von der freien Persönlichkeit in einer<br />
demokratischen Gesellschaft einräumt, das Gegenstück im Rahmen seiner Strategie<br />
der Zweigleisigkeit. [Zu dieser Strategie s. Draeger (2008), S. 14 ff.]<br />
Denken in Kategorien von "Rasse" oder Rassismus?<br />
Über "Rasse" nachzu<strong>den</strong>ken ist im ersten Drittel des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts etwas weit<br />
Verbreitetes <strong>und</strong> oft durch wissenschaftlichen Erkenntnistrieb geleitetes<br />
Unternehmen. Große Zusammenhänge zu erschließen gehörte zu <strong>den</strong> Lei<strong>den</strong>schaften<br />
des bedeuten<strong>den</strong> Lehrers <strong>Petersen</strong>s Wilhelm W<strong>und</strong>t, über dessen Denken <strong>Petersen</strong><br />
auch seine Dissertation verfasst hat. <strong>Petersen</strong> zählt von W<strong>und</strong>t behandelte Gebiete<br />
auf: "Organische <strong>und</strong> geistige Entwicklung, Erkenntnistheorie, Völkerpsychologie,<br />
Sitte <strong>und</strong> Geschichte..." [Nach Kluge (1992) S.86] W<strong>und</strong>t selbst als<br />
Naturwissenschaftler <strong>und</strong> Philosoph beschreibt als Aufgabe der Philosophie, "jenen<br />
Zusammenhang zwischen der empirisch-sinnlichen Wirklichkeit <strong>und</strong> ihrer geistigen<br />
Wiedererzeugung in dem menschlichen Bewusstsein wiederzugeben." [Nach Kluge<br />
(1992), S. 86; siehe auch <strong>den</strong> sehr aufschlussreichen Abschnitt bei Hein Retter über<br />
"W<strong>und</strong>ts Einfluss auf <strong>Petersen</strong>" (Retter 2007, S. 642 ff.)] So kann es nicht<br />
verw<strong>und</strong>ern, dass <strong>Petersen</strong> seit <strong>den</strong> Tagen seiner Dissertation auch in seinem eigenen<br />
Denken die vielen Facetten der damaligen Reflexionen über "Rasse" widerspiegelt.<br />
Das Re<strong>den</strong> von Rasse hat in jener Zeit häufig etwas rein Biologisches, Tiere, sogar<br />
Pflanzen, Menschen Klassifizierendes. Wenn <strong>Petersen</strong> in seiner Dissertation über die<br />
"Kluft zwischen <strong>den</strong> niedersten Menschenrassen <strong>und</strong> <strong>den</strong> vollkommensten Tieren"<br />
schreibt, ist das eine Denkweise nahe der Ethnologie, wie in jener Zeit oft "Rasse"<br />
fast synonym für "Volk" gebraucht wird.[In ähnlicher Weise teilt <strong>Petersen</strong> die<br />
Völkerschaften in Dänemark als "Rassen" bzw. "Rassenteile" ein: die Dänen i.e.S.,<br />
die Jüten (mit ihrer unterschiedlichen Kultur, Politik <strong>und</strong> Wirtschaftsauffassung) <strong>und</strong><br />
schließt direkt ein Forschungsdesiderat an: "An einem solchen Beispiel wird<br />
ersichtlich, was uns fehlt, bevor wirklich die europäische Geschichte in echte Volks-,<br />
besser europäische Völkergeschichte umgeschrieben wer<strong>den</strong> kann: wir müssen zuvor<br />
in allen Völkern strengste wissenschaftliche Voruntersuchungen über die rassischen<br />
Zusammensetzungen, <strong>den</strong> politischen wie kulturellen Anteil jeder einzelnen Rasse<br />
sowie rassenseelische Analysen dieser Volksgruppen haben", bevor man etwa eine<br />
Geschichte Dänemarks schreiben könnte. <strong>Petersen</strong> fordert hier also eine<br />
Geschichtsschreibung, die - ganz im Sinne der zeitgenössischen Überbetonung der