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Demenz - alexander-joerk.de

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Neuro<strong>de</strong>generative Erkrankungen - vom Molekül zur Therapie<br />

<strong>Demenz</strong> bei<br />

Morbus Alzheimer [F 00.0 – 00.2]<br />

• Definition und Epi<strong>de</strong>miologie<br />

• Genetik und Neuropathologie<br />

• Klinisches Erscheinungsbild<br />

• Diagnostik<br />

• Risikofaktoren und Prävention<br />

• Therapie<br />

05.09.2010 Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

1


ICD-10-Definition <strong>Demenz</strong>:<br />

<strong>Demenz</strong> (lat. <strong>de</strong>mentia: „ohne Geist“)<br />

<strong>Demenz</strong> ist ein Syndrom als Folge einer meist chronischen o<strong>de</strong>r fortschreiten<strong>de</strong>n Krankheit <strong>de</strong>s<br />

Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken,<br />

Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Sprechen und Urteilsvermögen im<br />

Sinne <strong>de</strong>r Fähigkeit zur Entscheidung. Das Bewusstsein ist nicht getrübt. Für die Diagnose einer<br />

<strong>Demenz</strong> müssen die Symptome nach ICD über min<strong>de</strong>stens 6 Monate bestan<strong>de</strong>n haben. Die Sinne<br />

(Sinnesorgane, Wahrnehmung) funktionieren im für die Person üblichen Rahmen. Gewöhnlich<br />

begleiten Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r emotionalen Kontrolle, <strong>de</strong>s Sozialverhaltens o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Motivation<br />

die kognitiven Beeinträchtigungen; gelegentlich treten diese Syndrome auch eher auf. Sie kommen<br />

bei Alzheimer-Krankheit, Gefäßerkrankungen <strong>de</strong>s Gehirns und an<strong>de</strong>ren Zustandsbil<strong>de</strong>rn vor, die<br />

primär o<strong>de</strong>r sekundär das Gehirn und die Neuronen betreffen.<br />

DMS-IV-Definition <strong>Demenz</strong>:<br />

Die kognitiven Defizite verursachen eine signifikante Beeinträchtigung <strong>de</strong>r sozialen und<br />

beruflichen Funktionen und stellen eine <strong>de</strong>utliche Verschlechterung gegenüber einem früheren<br />

Leistungsniveau dar. Zur Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Gedächtnisses muss noch min<strong>de</strong>stens eine <strong>de</strong>r<br />

folgen<strong>de</strong>n Störungen hinzukommen:<br />

• Aphasie (= Störung <strong>de</strong>r Sprache)<br />

• Apraxie (= eingeschränkte Motorik)<br />

• Agnosie (= Unfähigkeit, Gegenstän<strong>de</strong> zu erkennen)<br />

• Dysexekutives Syndrom (= gestörte Organisation und Planung)<br />

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Zusammenfassung Definition <strong>Demenz</strong><br />

• <strong>Demenz</strong>-Syndrome sind auf eine fortschreiten<strong>de</strong> kortikale und/o<strong>de</strong>r subkortikale Atrophie<br />

<strong>de</strong>s Hirnparenchyms zurückzuführen und von <strong>de</strong>r physiologischen zerebralen Involution<br />

zu unterschei<strong>de</strong>n<br />

• Kombinationen von Defiziten in kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten, die zu<br />

einer Beeinträchtigung <strong>de</strong>r Wahrnehmung von sozialen und beruflichen Aufgaben führen<br />

• Leitsymptom sind Gedächtnisstörungen:<br />

am Anfang Störungen <strong>de</strong>s Kurzzeit-<br />

Gedächtnisses, insbeson<strong>de</strong>re die Aufnahme<br />

und Wie<strong>de</strong>rgabe neuer Informationen<br />

Verlust von erlernten Fertigkeiten und<br />

Verhaltensroutinen <strong>de</strong>s prozeduralen<br />

Gedächtnisses erst in späteren Stadien<br />

Bei Morbus Alzheimer (links) ist die Gehirnmasse verkleinert, die Liquorbereiche<br />

sind vergrößert und die Durchblutung ist verringert (rote Färbung)<br />

(http://aerzteblatt.lnsdata.<strong>de</strong>/bil<strong>de</strong>r/2006/09/img121183.jpg)<br />

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Prävalenz <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong>kranken steigt exponentiell mit <strong>de</strong>m Alter<br />

S3-Leitlinie <strong>Demenz</strong>en November 2009: Seite 19, Abb. 2: Altersabhängige Prävalenz <strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong>. Daten aus<br />

europäischen und amerikanischen Erhebungen und Meta-Analysen (aus Ziegler und Doblhammer 11)<br />

• Zahl <strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong>kranken wird<br />

in Deutschland auf über<br />

1 100 000 geschätzt<br />

• sofern kein Durchbruch bei<br />

Therapie und Prävention gelingt,<br />

wird sich die Zahl <strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong>-<br />

Kranken aufgrund <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>mographischen Wan<strong>de</strong>ls in<br />

Deutschland bis 2050 auf<br />

2,6 Millionen erhöhen<br />

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Inzi<strong>de</strong>nz (= Zahl <strong>de</strong>r Neuerkrankungen) an <strong>Demenz</strong> ist ebenfalls stark altersabhängig<br />

S3-Leitlinie <strong>Demenz</strong>en November 2009: Seite 20, Abb. 3: Inzi<strong>de</strong>nz von <strong>Demenz</strong> pro 100 gelebten<br />

Personenjahren in verschie<strong>de</strong>nen Studien (aus Ziegler und Doblhammer 11)<br />

• Anzahl <strong>de</strong>r Neuerkrankungen an<br />

<strong>Demenz</strong> pro Jahr in Deutschland<br />

wird auf ca. 244.000 geschätzt<br />

• das jährliche Neuerkrankungsrisiko<br />

steigt von durchschnittlich 0,4 %<br />

unter <strong>de</strong>n 65- bis 69-Jährigen bis<br />

auf über 10 % unter <strong>de</strong>n<br />

Höchstbetagten an<br />

• aufgrund <strong>de</strong>r unterschiedlichen<br />

Lebenserwartung von Männern<br />

und Frauen und <strong>de</strong>s hohen<br />

Frauenanteils unter <strong>de</strong>n über<br />

85-Jährigen entfallen 70 % <strong>de</strong>r<br />

<strong>Demenz</strong>erkrankungen auf<br />

Frauen und nur 30 % auf Männer<br />

• das Alter ist <strong>de</strong>r Hauptrisiko-<br />

Faktor für die LOAD<br />

05.09.2010 Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

5


15 %<br />

15 %<br />

Häufigkeitsverteilungen <strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong>formen<br />

10 %<br />

60 %<br />

Alzheimer-<strong>Demenz</strong>: knapp 700 000 Menschen in Deutschland lei<strong>de</strong>n an dieser <strong>Demenz</strong>form<br />

Vaskuläre <strong>Demenz</strong>: zerebrale Mikroangiopathie, ischämisch-hypoxische Hirnläsionen<br />

Gemischte <strong>Demenz</strong>: subsumiert Patienten mit gemischter Alzheimer- und vaskulärer <strong>Demenz</strong><br />

An<strong>de</strong>re <strong>Demenz</strong>formen: Lewy-Body-<strong>Demenz</strong>, frontotemporale <strong>Demenz</strong>, <strong>Demenz</strong> infolge HIV,<br />

Schä<strong>de</strong>l-Hirn-Trauma, Parkinson, Chorea Huntington, Creutzfeld-Jakob-Krankheit<br />

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25.11.1901: Begegnung von Alois Alzheimer mit <strong>de</strong>r Patientin Auguste Deter<br />

• im Jahr 1901 beschrieb <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Psychiater und<br />

Neuropathologe Alois Alzheimer <strong>de</strong>n ersten Fall <strong>de</strong>r Krankheit,<br />

welche später als Alzheimer-Krankheit bekannt wur<strong>de</strong><br />

• am 25.11.1901 begegnete er <strong>de</strong>r 51-Jährigen Auguste Deter, die<br />

keine Orientierung über Zeit o<strong>de</strong>r Aufenthaltsort hatte, sich<br />

kaum an Einzelheiten aus ihrem Leben erinnern konnte und oft<br />

Antworten gab, die in keinerlei Bezug zur Frage stan<strong>de</strong>n<br />

Alois Alzheimer (1864-1915)<br />

(http://farm3.static.flickr.com/2071/2121210469<br />

_914d5ab832.jpg?v=0)<br />

Auguste Deter<br />

(http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/w/in<strong>de</strong>x.php?title=Datei:Auguste<br />

_D_aus_Marktbreit.jpg&filetimestamp=20070124092544)<br />

• nach <strong>de</strong>m Tod von Auguste Deter im Jahr 1906 ließ sich Alzheimer<br />

die Krankenakte und das atrophierte Gehirn von Auguste Deter nach<br />

München schicken<br />

• mikroskopische Untersuchung ergab Plaques in <strong>de</strong>generierten Neuronen<br />

• Alzheimer stellte seine Erkenntnisse auf einer Fachtagung in Tübingen<br />

als eigenständige Erkrankung vor<br />

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05.09.2010<br />

„Krankheit <strong>de</strong>s Vergessens“ – Morbus Alzheimer als häufigste <strong>Demenz</strong>form<br />

ICD-10-Definition Alzheimer-<strong>Demenz</strong>:<br />

Die Alzheimer-Krankheit ist eine primär <strong>de</strong>generative zerebrale Krankheit mit progredienter<br />

<strong>Demenz</strong>, weitgehend unbekannter Ätiologie und charakteristischen neuropathologischen und<br />

neurochemischen Merkmalen. Sie beginnt meist schleichend und entwickelt sich langsam aber<br />

stetig über einen Zeitraum von mehreren Jahren.<br />

LOAD = „late-onset AD“<br />

= senile Form <strong>de</strong>r AD;<br />

typischerweise spätmanifeste,<br />

nach <strong>de</strong>m 65. Lebensjahr<br />

sporadisch auftreten<strong>de</strong> AD<br />

EOAD = „early-onset AD“<br />

= präsenile Form <strong>de</strong>r AD;<br />

entwe<strong>de</strong>r sporadisch o<strong>de</strong>r<br />

familiär ( FAD) noch vor <strong>de</strong>m<br />

65. Lebensjahr auftreten<strong>de</strong> AD;<br />

< 5 % aller AD<br />

FAD = „familiar AD“;<br />

autosomal-dominant erbliche,<br />

frühmanifeste Form <strong>de</strong>r EOAD;<br />

Erkrankungsbeginn < 60 Jahre<br />

Unterscheidung von LOAD und FAD anhand molekulargenetischer Metho<strong>de</strong>n und Familienanamnese<br />

(http://aerzteblatt.lnsdata.<strong>de</strong>/pdf/103/15/a1010.pdf, Tabelle 2)<br />

Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

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Genetische Risikofaktoren <strong>de</strong>r „late-onset“ Alzheimer disease (LOAD)<br />

Strukturmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Apolipoproteins ε4 als be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r<br />

genetischer Risikofaktor für die senile Form <strong>de</strong>r AD<br />

(http://www.gladstone.ucsf.edu/gladstone/files/annualreport/<br />

AR2007/ctrfig1.gif)<br />

• positive Familienanamnese weist auf die Möglichkeit<br />

eines genetischen Risikofaktors hin<br />

• 1993: I<strong>de</strong>ntifikation einer Assoziation zwischen Morbus<br />

Alzheimer und <strong>de</strong>m Apolipoprotein E (ApoE)-Gen<br />

• das humane (menschliche) ApoE-Gen befin<strong>de</strong>t sich auf<br />

Chromosom 19 und zeigt einen Polymorphismus mit drei<br />

wichtigen Allelen: Apoε2, Apoε3 und Apoε4<br />

• an allen untersuchten Populationen ist das ε4-Allel mit<br />

erhöhtem LOAD-Risiko assoziiert, wobei die Assoziation mit<br />

erhöhter Aß42-Prozessierung von APP unverstan<strong>de</strong>n bleibt<br />

• bei Mitteleuropäern ist bei ApoE-ε4-positivem Genotyp<br />

gegenüber ApoE-ε4-negativem Genotyp mit einem Anstieg<br />

<strong>de</strong>s Risikos für LOAD auf das 1,7- bis 2,4fache zu rechnen<br />

• 10-20 % aller LOAD auf das ε4-Risikoallel zurückzuführen<br />

• wegen mangeln<strong>de</strong>r prädiktiver Wertigkeit ist Bestimmung nicht zur Diagnostik empfohlen<br />

• ein substanzieller Anteil <strong>de</strong>r nicht<strong>de</strong>menten älteren Bevölkerung ist allerdings ApoE-ε4-positiv<br />

und ein relativ noch größerer Anteil <strong>de</strong>r LOAD-Patienten ApoE-ε4-negativ -> daher wird die<br />

Existenz noch weiterer Risikoallele, z.B. die Mutationsvariante <strong>de</strong>s SORL1-Gens, und<br />

noch weitere Risikofaktoren, wie mikrovaskuläre Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Gehirns, vermutet<br />

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Down-Syndrom ist häufig mit AD-typischer Histopathologie vergesellschaftet<br />

• bei Patienten mit Down-Syndrom (Trisomie 21)<br />

wer<strong>de</strong>n bereits im Alter zwischen 30 und 40<br />

Jahren fortgeschrittene, AD-typische histopathologische<br />

Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Gehirns<br />

beobachtet<br />

• verursachend ist erhöhte Expression von APP,<br />

das auf Chromosom 21 lokalisiert ist<br />

• Nachweis <strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong> ist bei Menschen mit<br />

dieser Genommutation durch eine meist<br />

vorliegen<strong>de</strong> kognitive Beeinträchtigung<br />

erschwert<br />

Karyogramm bei Trisomie 21 mit <strong>de</strong>m freifachen Vorhan<strong>de</strong>nsein <strong>de</strong>s<br />

Chromosoms 21 in allen Körperzellen<br />

(http://genetik-praxis.<strong>de</strong>/images/trisomie_21.png)<br />

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10


Genetische Komponente <strong>de</strong>r Familial Alzheimer Disease (FAD)<br />

• von EOAD-Patienten erfüllen 13% (also 0,6 % aller Alzheimer-Dementen) die Kriterien<br />

einer familiären Form mit autosomal dominantem Verlauf, <strong>de</strong>finiert durch einen direkten<br />

Vererbungsmodus über zwei vorherige Generationen im Stammbaum <strong>de</strong>s Betroffenen<br />

frühmanifeste <strong>Demenz</strong>form mit einem Krankheitsbeginn vor <strong>de</strong>m 60. Lebensjahr<br />

wird als familiäre Alzheimer-Krankheit (FAD) bezeichnet<br />

• in über 70 % <strong>de</strong>r Fälle von FAD-Patienten wur<strong>de</strong>n<br />

pathogene Mutationen in einem <strong>de</strong>r drei FAD-Gene<br />

beschrieben:<br />

Gen für das Amyloid-Precursor-Protein (APP)<br />

auf Chromosom 21 (31 bekannte Mutationen)<br />

Gen für das Präsenilin 1 (PS1) auf Chromosom 14<br />

(zurzeit 175 bekannte Mutationen)<br />

Gen für das Präsenilin 2 (PS2) auf Chromosom 1<br />

(zurzeit 14 bekannte Mutationen)<br />

• Häufigkeitsverteilung für heterozygote Mutationen<br />

in <strong>de</strong>n FAD-Genen PSEN1, APP und PSEN2:<br />

LOAD<br />

EOAD<br />

05.09.2010 Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

11<br />

FAD<br />

non-FAD<br />

81 15 4<br />

PSEN1 APP PSEN2


Präseniline sind Bestandteile <strong>de</strong>s Gamma-Sekretase-Komplexes<br />

• Präseniline sind eine Familie von Transmembranproteinen, die als Aspartatproteasen wirken und<br />

zusammen mit Nicastrin, PEN-2 und APH-1 <strong>de</strong>n Gamma(γ)-Sekretase-Komplex bil<strong>de</strong>n<br />

• beim Menschen unterschei<strong>de</strong>t man zwei Präsenilin-Gene:<br />

PSEN1 auf Chromosom 14, das die Erbinformation für das Präsenilin 1 (PS 1) enthält<br />

PSEN2 auf Chromosom 1, das die Erbinformation für das Präsenilin 2 (PS 2) enthält<br />

• sowohl die vielfältigen Mutationen in <strong>de</strong>n Präsenilinen als enzymatische Komponenten <strong>de</strong>r<br />

Gamma-Sekretase, als auch Mutationen im APP als Substrat <strong>de</strong>r Gamma-Sekretase bewirken<br />

eine Erhöhung <strong>de</strong>r Synthese <strong>de</strong>s zur Aggregation neigen<strong>de</strong>n Amyloid-Proteins Aß 1-42<br />

• Gamma(γ)-Sekretase-Komplex prozessiert auch <strong>de</strong>n Notch-Rezeptor<br />

Topologie <strong>de</strong>r neun Transmembranhelices von Präsenilin<br />

(http://www.nature.com/embor/journal/v8/n2/images/7400897-f1.jpg)<br />

Aufbau <strong>de</strong>s Gamma-Sekretase-Komplexes, <strong>de</strong>r im ER und in Mitochondrien vorkommt<br />

(http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/w/in<strong>de</strong>x.php?title=Datei:Gamma-secretase-schema.svg&filetimestamp<br />

=20091126184519)<br />

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Akkumulation von ß-Amyloid im Gehirn stellt das primäre pathogenetische Ereignis dar<br />

• vor über 20 Jahren wur<strong>de</strong> auf Chromosom 21 das Gen i<strong>de</strong>ntifiziert, das für das<br />

ß-Amyloid-Vorläuferprotein kodiert: ß-Amyloid Precursor Protein = APP<br />

• APP ist ein über 750 Aminosäuren großes Transmembranprotein und wird durch drei Klassen<br />

von Proteasen enzymatisch verstoffwechselt, die als α-, β- und γ-Sekretasen bezeichnet wer<strong>de</strong>n<br />

• nicht-amyloidogener Stoffwechselpfad: α-Sekretase schnei<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s potentiellen<br />

Aß-Peptids, wodurch APPsα mit neuroprotektiven Eigenschaften entsteht<br />

• amyloidogener Stoffwechselpfad: sequentielle Spaltung durch β-Sekretasen und nachfolgend<br />

durch γ-Sekretasen mit Freisetzung einer Vielzahl unterschiedlich langer Aß-Pepti<strong>de</strong>:<br />

Aß 1-40 mit einer Länge von 40 Aminosäuren<br />

Aß 1-42 (5-10%) mit einer Länge von 42 Aminosäuren und erhöhter Ten<strong>de</strong>nz zur Aggregation<br />

• Mutationen in <strong>de</strong>n APP-Genen und<br />

Präsenilin-Genen sowie ApoE-ε4-Allel<br />

för<strong>de</strong>rn die amyloidogene<br />

Prozessierung von APP und erhöhen<br />

<strong>de</strong>n Aß 42/Aß 40-Quotienten<br />

• amyloi<strong>de</strong> Kaska<strong>de</strong>n-Hypothese:<br />

Aß 1-42 -> Inhibition <strong>de</strong>s UPR-Komplexes<br />

-> Dysfunktion <strong>de</strong>s Komplexes I <strong>de</strong>r<br />

Atmungskette mit ROS-Synthese -><br />

Begünstigung <strong>de</strong>r Tauhyperphosphorylierung<br />

http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Datei:APP-Schema.jpg<br />

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Amyloid-haltige Plaques im zerebralen Kortex<br />

(http://neuropathology.neoucom.edu/chapter9/images9/9-ADbeta.jpg)<br />

Histopathologische Trias von Morbus Alzheimer<br />

• Morbus Alzheimer ist nicht nur durch eine<br />

klinisch objektivierbare <strong>Demenz</strong> <strong>de</strong>finiert, son<strong>de</strong>rn<br />

zeichnet sich im mikroskopischen Befund durch<br />

folgen<strong>de</strong> histopathologische Trias aus:<br />

senile (neuritische) Plaques (= Drusen) im<br />

Neuropil mit zentralem Amyloidkern<br />

Amyloidangiopathie mit Aß-Ablagerungen in<br />

leptomeningealen und kortikalen Gefäßen<br />

aggregieren<strong>de</strong> Neurofibrillenbün<strong>de</strong>l im Perikaryon<br />

von Neuronen („neurofibrilläre tangles“)<br />

Morbus Alzheimer als Tauopathie<br />

• im fortgeschrittenen Stadium <strong>de</strong>r Alzheimer-<strong>Demenz</strong> entwickelt sich auf Grundlage<br />

dieser charakteristischen Morphologien eine ausgeprägte, kortikale Hirnatrophie<br />

• Neurofibrillenverän<strong>de</strong>rungen und senile Plaques entwickeln sich 10 bis 30 Jahre vor<br />

<strong>de</strong>r Manifestation klinischer Symptome (kompensierte Frühstadien)<br />

-> Korrelation zwischen Ausbreitung von Alzheimer-Fibrillen und kognitiven Defiziten<br />

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Hauptbestandteil seniler Plaques sind extrazelluläre Ablagerungen von Beta-Amyloid<br />

• senile Plaques sind bis 100 µm große, extrazelluläre Her<strong>de</strong> im Neuropil und fin<strong>de</strong>n sich<br />

vorwiegend im Hippocampus, <strong>de</strong>n Corpora amygdaloi<strong>de</strong>a und Temporallappen,<br />

später auch im übrigen Kortex, Striatum, Dienzephalon, Hirnstamm und Cerebellum<br />

• Plaques bestehen insbeson<strong>de</strong>re aus Ablagerungen von fibrillenbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m<br />

Amyloid-ß 42-Protein mit ß-Faltblattstruktur<br />

• bei Alzheimer-<strong>Demenz</strong> Plaques mit einer Dichte > 15 Läsionen pro mm² Kortex<br />

• geringe Zahl diffuser seniler Plaques tritt im Rahmen <strong>de</strong>r Altersphysiologie auf<br />

• neuritischer Plaque als beson<strong>de</strong>re Plaqueform:<br />

zentraler Amyloidkern, <strong>de</strong>r von einem Kranz<br />

dystropher Neuriten mit τ-Protein-Aggregaten<br />

und Astrozytenfortsätzen umgeben ist<br />

INFOBOX<br />

Das Neuropil, welches sich zwischen <strong>de</strong>n Nervenzellkörpern in <strong>de</strong>r<br />

grauen Substanz befin<strong>de</strong>t, besteht vor allem aus<br />

nichtmyelinisierten Dendriten benachbarter Zellen und<br />

Gliazellfortsätze und wirkt mikroskopisch amorph.<br />

Neuritische Plaques mit zentralem Amyloidkern und<br />

<strong>de</strong>generieren<strong>de</strong>n Nervenzellfortsätzen<br />

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Zerebrale Amyloidangiopathie (CAA) provoziert Gefäßstenosierungen und Mikroaneurysmata<br />

• bei einem hohen Prozentsatz von Patienten mit AD sind Aß-Ablagerungen in kleinen<br />

leptomeningealen und kortikalen Gehirngefäßen nachweisbar<br />

• auch Bezeichnung als kongophile Angiopathie, weil sich die CAA durch eine<br />

Kongorotfärbung o<strong>de</strong>r immunhistochemisch mit Antikörpern gegen Aß darstellen lässt<br />

Ablagerung von Amyloid (rot) in <strong>de</strong>r Gefäßwand hyalinisierter meningealer Gefäße<br />

(http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0c/Amyloidangiopathie_Kongorot.jpg)<br />

• Amyloidablagerung in <strong>de</strong>r Media<br />

• Gefäßwandverdickung und Hyalinose<br />

• Myozytenapoptose<br />

• Gefäßwandbrüchigkeit mit Gefahr <strong>de</strong>s<br />

Auftretens von Mikroaneurysmata und<br />

von multizentrischen, rezidivieren<strong>de</strong>n<br />

Blutungen<br />

05.09.2010 Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

16


Zusammenhang zwischen extrazellulären Aß-Aggregaten und intrazellulären Neurofibrillen<br />

• Kinasen überla<strong>de</strong>n die zur<br />

Stabilisierung <strong>de</strong>r Mikrotubuli<br />

notwendigen Tau-Proteine mit<br />

Phosphatgruppen, woraufhin<br />

verfilzte Tau-Protein-Knäuel<br />

entstehen<br />

• Folgen: Desintegration <strong>de</strong>r<br />

Mikrotubuli und Einschränkung<br />

<strong>de</strong>s Mikrotubuli-assoziierten<br />

Molekültransports sowie Bildung<br />

neurofibrillärer Läsionen mit<br />

Apoptoseeinleitung<br />

Spektrum <strong>de</strong>r Wissenschaft, Heft September 2006,<br />

Artikel: Medikamente gegen <strong>de</strong>n Hirnzerfall<br />

05.09.2010 Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

17


Hyperphosphorylierung helikaler Tau-Filamente bedingt neurofibrilläre Läsionen<br />

• bei <strong>de</strong>n intrazellulär gelegenen Neurofibrillen-<br />

Bün<strong>de</strong>l („neurofibrillary tangles“) han<strong>de</strong>lt es<br />

sich um Zytoskelettaggregate im Perikaryon<br />

• bei <strong>de</strong>r Alzheimer-Erkrankung wird<br />

hyperphosphoryliertes Tau-Protein vom Axon<br />

ins Perikaryon und in <strong>de</strong>n Dendritenbaum<br />

verlagert, wo es Alzheimer-Fibrillen aggregiert<br />

und <strong>de</strong>ndritische Neuropilfä<strong>de</strong>n bil<strong>de</strong>t<br />

Immunhistochemische Darstellung neurofibrillärer Tangles mit einem<br />

Antikörper gegen tau (τ)-Protein<br />

(Böcker: Pathologie, Elsevier Urban & Fischer, 4. Auflage, 2008 München, Abb. 8.54, S. 311)<br />

Immunmarkierung von Alzheimer-Fibrillen<br />

(http://www.emz.uniklinikum-jena.<strong>de</strong>/img/emz_/AB.jpg)<br />

• abnorme Hyperphosphorylierung <strong>de</strong>r gepaarten<br />

helikalen Tau-Filamente (PHF = paired helical<br />

filaments) führt zu einem nicht funktionellen<br />

Protein: keine Interaktion mit Mikrotubuli<br />

-> PHF-Ablagerungen als neurofibrilläre Läsionen<br />

in <strong>de</strong>n Gehirnen von Alzheimer-Patienten<br />

-> Braak-Stadien: entorhinaler Kortex (Braak I+II),<br />

Hippocampus (III+IV) und Neokortex (Braak V+VI)<br />

• Morbus Alzheimer als bekannteste Tauopathie<br />

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Massiver Neuronenverlust verursacht ein Defizit an Acetylcholin<br />

• durch Kumulation von Amyloid-Plaques im Synapsenspalt und<br />

die Mikrotubuli<strong>de</strong>stabilisierung mit synaptischer Dysfunktion ist<br />

die kortikale und limbische Informationsweiterleitung gestört<br />

progredienter Synapsenverlust<br />

• Dysfunktion <strong>de</strong>s cholinergen Vor<strong>de</strong>rhirnsystems:<br />

Abnahme präsynaptischer cholinerger Enzyme<br />

(Cholinacetyltransferase und Acetylcholinesterase)<br />

Verlust cholinerger Nikotin- und Muskarin-Rezeptoren,<br />

die mit Zellverlust im Nucleus basalis Meynert<br />

und <strong>de</strong>m cholinergen Projektionskern korrelieren<br />

• Messung <strong>de</strong>r kortikalen Aktivität <strong>de</strong>r Acetylcholinesterase mittels C-11-N-Methyl-4-Piperidyl-Acetat<br />

bei leichter AD bereits AChE-Aktivitätsverlust im Kortex, während im Nucleus basalis Meynert noch<br />

die normale Aktivität aufrecht erhalten blieb -> axonale retrogra<strong>de</strong> Degeneration<br />

• Schrumpfung <strong>de</strong>r großen kortikalen Neurone und Neuronenverlust im entorhinalen Kortex durch<br />

oxidativen Stress und Aktivierung von NMDA-Rezeptoren (Exzitotoxizität) mün<strong>de</strong>n in eine diffuse<br />

Hirnatrophie mit Schmälerung <strong>de</strong>r Gyri und Verbreiterung <strong>de</strong>r Sulci<br />

• Mikro- und Astrogliazellaktivierung induziert neuroinflammatorische Signalkaska<strong>de</strong>n<br />

(Anstieg von Akute-Phasen-Proteine und <strong>de</strong>r Interleukine IL-1 und IL-6)<br />

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19


100%<br />

Hypothetisches Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Entwicklung einer Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

Kognitiver Leistungsknick ab <strong>de</strong>r<br />

klinischen Phase<br />

abnorme Amyloidablagerung<br />

bei Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

physiologisch zunehmen<strong>de</strong><br />

Amyloidablagerung<br />

normaler, altersbedingter<br />

Kognitionsverlust<br />

Vorklinische Phase (15 - 30 Jahre) Klinische Phase (5 - 10 Jahre)<br />

05.09.2010 Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

20<br />

MCI<br />

Zeit


Symptomatologie bei Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

• Lernen und Gedächtnis: zunächst Kurzzeitgedächtnisstörungen, während Langzeitgedächtnis,<br />

gewohnte Tätigkeitsabläufe und Emotionen erst im fortgeschrittenen Stadium betroffen sind<br />

• Sprache: reduzierter Sprachfluss und verarmter Wortschatz mit Wortfindungsstörungen -> Aphasie<br />

• Exekutive Funktionen (Funktionen, die zielgerichtetes und flexibles Han<strong>de</strong>ln ermöglichen)<br />

zunehmend eingeschränkt (z.B. dual tasks)<br />

• Visuoperzeption und Visuokonstruktion sind unbefriedigend: örtliche und zeitliche Desorientierung,<br />

Nichterkennen von Angehörigen und Freun<strong>de</strong>n, fehlen<strong>de</strong> Krankheitswahrnehmung -> Agnosie<br />

• Apraxie: Störung feinmotorischer Bewegungsabläufe bis hin zur Agraphie<br />

• Verhalten/Persönlichkeit: im fortgeschrittenen Stadium unbegrün<strong>de</strong>te Wut- und Gewaltausbrüche,<br />

Wahnvorstellungen, psychomotorische Unruhe, anfangs ist Verhalten fassa<strong>de</strong>nhaft, Wechsel<br />

zwischen Euphorie und Depression, Interessensverlust, Halluzinationen<br />

alle Defizite führen zu einer <strong>de</strong>utlichen<br />

Einschränkung <strong>de</strong>r Alltagsaktivitäten mit<br />

Immobilität und Kommunikationsverfall auf<br />

gestische Äußerungen im Endstadium<br />

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Mild Cognitive Impairment (MCI) als Prä<strong>de</strong>menzstadium neuro<strong>de</strong>generativer Erkrankungen<br />

• Syndrom <strong>de</strong>r leichten kognitiven Störung<br />

("Mild Cognitive Impairment", MCI) wur<strong>de</strong> als Prodromalo<strong>de</strong>r<br />

Risikosyndrom einer <strong>Demenz</strong> konzeptualisiert<br />

• MCI ist <strong>de</strong>finiert als objektivierbare kognitive Einbuße<br />

bei erhaltener Alltagskompetenz und beinhaltet<br />

keine ätiologische Zuordnung<br />

• MCI mit Gedächtnisstörungen als Leitsymptom<br />

("amnestic MCI") ist in beson<strong>de</strong>rem Maße mit <strong>de</strong>m Risiko<br />

für eine Alzheimer-<strong>Demenz</strong> assoziiert<br />

• die jährliche Übergangshäufigkeit von MCI zur <strong>Demenz</strong><br />

wird zwischen 10% und 30% angegeben<br />

• Kurztests wie <strong>de</strong>r MMST, <strong>de</strong>r DemTec und <strong>de</strong>r TFDD haben<br />

keine hinreichen<strong>de</strong> Sensitivität für die Feststellung <strong>de</strong>s MCIs<br />

• Ursachen: beginnen<strong>de</strong> neuro<strong>de</strong>generative <strong>Demenz</strong>, vaskuläre Läsionen,<br />

Depression, Medikamentennebenwirkungen und Alkoholabusus<br />

• bei AD-positiver Liquordiagnostik und PiB-sensitiven PET-Bil<strong>de</strong>rn<br />

ist die Gabe von Acetylcholinesterase-Hemmern sinnvoll, ansonsten<br />

gibt es keine Evi<strong>de</strong>nz für eine wirksame Pharmakotherapie zur<br />

Risikoreduktion <strong>de</strong>s Übergangs von MCI zu einer <strong>Demenz</strong><br />

http://www.nzhb.<strong>de</strong>/pics/<strong>de</strong>ndriten.jpg<br />

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Alzheimer-<strong>Demenz</strong> lässt sich unabhängig vom Prä-<strong>Demenz</strong>-Stadium in drei Stadien unterteilen<br />

• durchschnittlich beträgt die Lebenserwartung nach Diagnosestellung von Morbus Alzheimer<br />

noch etwa sieben bis zehn Jahre<br />

• die meisten Patienten sterben an infektbedingten Komplikationen <strong>de</strong>r Bettlägerigkeit<br />

(z.B. Inkontinenz, Pneumonie, Exsikkose)<br />

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Im Vergleich zur Intellektualität bleibt das Verhalten und die Persönlichkeit lange erhalten<br />

• Ausschlusskriterien für eine Alzheimer-Erkrankung nach NINCDS-ADRDA :<br />

plötzlicher, apoplektischer Beginn<br />

fokale neurologische Zeichen wie Hemiparese, sensorische Ausfälle, Gesichtsfeld<strong>de</strong>fekte<br />

o<strong>de</strong>r Koordinationsstörungen<br />

epileptische Anfälle o<strong>de</strong>r Gangstörungen zu Beginn o<strong>de</strong>r in frühen Stadien <strong>de</strong>r Erkrankung<br />

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Klinische Diagnosekriterien für die Alzheimer-<strong>Demenz</strong> nach NINCDS-ADRDA<br />

I Wahrscheinliche Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

• Nachweis einer <strong>Demenz</strong> unter Einbeziehung neuropsychologischer Testverfahren<br />

• Defizite in min<strong>de</strong>stens zwei kognitiven Bereichen<br />

• Progrediente Störungen <strong>de</strong>s Gedächtnisses und an<strong>de</strong>rer kognitiver Funktionen<br />

• Keine Bewusstseinsstörungen<br />

• Beginn zwischen <strong>de</strong>m 40. und 90. Lebensjahr, meistens nach <strong>de</strong>m 65. Lebensjahr<br />

• Kein Hinweis für an<strong>de</strong>re ursächliche System- o<strong>de</strong>r Hirnerkrankungen<br />

II Unterstützen<strong>de</strong> Befun<strong>de</strong> für die Diagnose einer wahrscheinlichen Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

• Zunehmen<strong>de</strong> Verschlechterung spezifischer kognitiver Funktionen, wie z.B. <strong>de</strong>r Sprache (Aphasie),<br />

<strong>de</strong>r Motorik (Apraxie) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wahrnehmung (Agnosie)<br />

• Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten und Auftreten von Verhaltensän<strong>de</strong>rungen<br />

• Familienanamnese ähnlicher Erkrankungen (insbeson<strong>de</strong>re, wenn neuropathologisch gesichert)<br />

III Klinische Befun<strong>de</strong>, die nach Ausschluss an<strong>de</strong>rer Ursachen mit Alzheimer-<strong>Demenz</strong> vereinbar sind<br />

• Vorübergehen<strong>de</strong>r Stillstand im Verlauf <strong>de</strong>r Erkrankung<br />

• Begleitbeschwer<strong>de</strong>n wie Depression, Schlaflosigkeit, Inkontinenz, Illusionen, Halluzinationen<br />

• Wahnvorstellungen, plötzliche aggressive Ausbrüche, sexuelle Dysfunktionen und Gewichtsverlust<br />

• Neurologische Auffälligkeiten, wie erhöhter Muskeltonus, Myoklonien o<strong>de</strong>r Gangstörungen<br />

• Epileptische Anfälle bei fortgeschrittener Erkrankung<br />

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Drei Säulen <strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong>diagnostik bei Morbus Alzheimer<br />

Neurologisch-psychologische<br />

Untersuchung<br />

• Anamnese zur I<strong>de</strong>ntifikation von Ätiologie,<br />

Erstsymptom und Psychopathologie<br />

(Gedächtnissprechstun<strong>de</strong>)<br />

• Medikamenten-, Sozial- und Fremdanamnese<br />

• kognitive Kurztests: Minimental-Status-Test<br />

(MMST), DemTect, Uhren-Zeichen-Test (UZT)<br />

• Nachweis von Hirnleistungsstörungen, wie<br />

Aphasie, Alexie, Akalkulie, Agnosie<br />

• neurologischer Status: Reflexdifferenzen<br />

und Pyrami<strong>de</strong>nbahnzeichen, Hypokinese,<br />

Hyposmie, Gangunsicherheit, Miktionsstörung<br />

Labor<br />

• Blutbild, Elektrolyte,<br />

Schilddrüsenparameter,<br />

Blutzucker, Folsäure,<br />

Leber-/Nierenfunktion<br />

• Liquor: Gesamt-TAU,<br />

Phospho-TAU, Aß 1-42,<br />

Isoprostan (IsoP)<br />

• Serologie: Lues, HIV,<br />

Parathormon<br />

• Genetik: ApoE, CADASIL<br />

• Nachweis autosomaldominanter<br />

Mutationen<br />

Bildgeben<strong>de</strong> Verfahren<br />

• Elektroenzephalogramm (EEG)<br />

• Latenzzeit visuell evozierter<br />

Potenziale (VEP)<br />

• cCT und cMRT zur Beurteilung <strong>de</strong>r<br />

diffusen Hirnatrophie<br />

• nuklearmedizinische Verfahren:<br />

Positronen-Emissions-Tomographie<br />

(PET) mit Fluor<strong>de</strong>soxyglucose<br />

(FDG-PET) und Messung <strong>de</strong>r zerebr.<br />

Perfusion ( 99m Tc-HMPAO-SPECT)<br />

• charakteristische Verän<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Biomarker im Liquor bei<br />

Alzheimer-<strong>Demenz</strong>:<br />

Gesamt-Tau ↑<br />

Phospho-Tau ↑<br />

Aß 1-42 ↓<br />

FDG-PET bei einem Alzheimer-Patienten<br />

(http://www.pmod.com/technologies/gallery/neurology/<br />

PALZ/case3/Excl_orig_short.jpg)<br />

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Kognitive Kurztests: MMST und Uhrentest zur Schweregrad-Abschätzung und Verlaufskontrolle<br />

Minimental-Status-Test (MMST)<br />

Schweregrad-Einteilung: 20 bis 26 Punkte: leichte Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

10 bis 19 Punkte: mittelschwere Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

< 10 Punkte: schwere Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

Uhrentest Uhrentest nach Shulman nach Shulman<br />

am Beispiel (am „Zehn Beispiel nach „Zehn Zehn“ nach Zehn“)<br />

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Vertiefte neuropsychologische Diagnostik<br />

Kombination aus <strong>de</strong>fizitärer Visuokonstruktion und Apraxie<br />

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10-Kanal-EEG eines gesun<strong>de</strong>n Menschen (oben) und eines Patienten mit<br />

Alzheimer-<strong>Demenz</strong> (unten) mit Verlangsamung <strong>de</strong>s Grundrhythmus<br />

(http://www.lei<strong>de</strong>nuniv.nl/en/researcharchive/content_images/research/eeg-grafiek.jpg)<br />

EEG-Verän<strong>de</strong>rungen bei Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

• da das EEG Altersverän<strong>de</strong>rungen unterliegt,<br />

ist es im Einzelfall in <strong>de</strong>r Frühphase einer<br />

<strong>Demenz</strong>erkrankung nahezu unmöglich,<br />

normal und pathologisch zu unterschei<strong>de</strong>n<br />

• Verlangsamungen sind das hervorstechen<strong>de</strong><br />

Merkmal von <strong>Demenz</strong>en<br />

treten im fortgeschrittenen <strong>Demenz</strong>-Stadium<br />

überwiegend generalisiert auf und<br />

können aperiodisch o<strong>de</strong>r kontinuierlich sein<br />

auch isolierte Verlangsamungen <strong>de</strong>s<br />

okzipitalen Alpha-Rhythmus möglich<br />

• in <strong>de</strong>r Frühphase <strong>de</strong>r Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

besteht ein Normalbefund o<strong>de</strong>r subtile<br />

Verlangsamungen <strong>de</strong>s Alpha-Grundrhythmus<br />

• bei auffälligen EEG-Befun<strong>de</strong>n während Diagnose<br />

<strong>de</strong>r <strong>Demenz</strong> oft ungünstige Prognose<br />

• bei bestimmten Verdachtsdiagnosen indiziert<br />

(Anfallslei<strong>de</strong>n, Delir, Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung)<br />

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strukturell<br />

funktionell<br />

Alzheimer-<strong>Demenz</strong> in <strong>de</strong>r Bildgebung<br />

• mediotemporale (MTL-) Atrophie mit Aufweitung<br />

<strong>de</strong>r umgeben<strong>de</strong>n Liquorräume, beson<strong>de</strong>rs<br />

<strong>de</strong>utlich in frontalen, »koronalen« o<strong>de</strong>r<br />

transversalen Schnitten<br />

• hochparietale Furchenaufweitung<br />

• mit hoch auflösen<strong>de</strong>n MRT ist bei frontaler<br />

Schnittführung eine Verschmächtigung <strong>de</strong>s<br />

Nucleus basalis Meynert erkennbar<br />

• temporoparietale Hypoperfusion<br />

• Hypometabolismus<br />

• Differentialdiagnosen:<br />

<strong>Demenz</strong> mit Lewy-Körperchen: geringere mediotemporale<br />

Atrophie und weiter okzipitale Hypoperfusion<br />

frontotemporale Degeneration: frontal betonte, meist<br />

asymmetrische Atrophie und Hypoperfusion<br />

vaskuläre <strong>Demenz</strong>: Nachweis vaskulärer Hirnverän<strong>de</strong>rungen<br />

ist obligat<br />

Oben: MRT-Scan eines normalen Gehirns<br />

Unten: MRT-Scan eines Patienten mit AD<br />

Markierung: Hippocampus (rot), entorhinaler Kortex<br />

(blau) und perirhinaler Kortex (grün)<br />

(http://www.elements4health.com/images/stories/conditions<br />

/Alzheimers-MRI-brain-scans.jpg)<br />

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Positronen-Emissions-Tomographie mit [ 18 F]-Fluor-2-Desoxy-D-Glucose (FDG)<br />

http://www.mpg.<strong>de</strong>/bil<strong>de</strong>rBerichteDokumente/dokumentation/jahrbuch/2004/<br />

neurologische_forschung/forschungsSchwerpunkt/Web.jpeg<br />

• [ 18 F]-Fluor-2-Desoxy-D-Glucose ist ein<br />

wichtiger PET-Tracer, <strong>de</strong>r bis heute in <strong>de</strong>r<br />

<strong>Demenz</strong>-Diagnostik einen hohen Stellenwert<br />

genießt<br />

• FDG bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Glukosemetabolismus im<br />

Hirngewebe (cerebral metabolic rate of<br />

glucose = CMRGlc) zuverlässig ab und eignet<br />

sich zur Einschätzung <strong>de</strong>s zerebralen<br />

Funktionszustands, da <strong>de</strong>r Energiebedarf <strong>de</strong>s<br />

Gehirns unter physiologischen Bedingungen<br />

fast ausschließlich durch oxidativen<br />

Glukose-Abbau ge<strong>de</strong>ckt wird<br />

• bei Alzheimer-<strong>Demenz</strong> Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

Glukosemetabolismus<br />

• Durchblutungs- und Stoffwechselmin<strong>de</strong>rungen im Rahmen <strong>de</strong>r Alzheimer-<strong>Demenz</strong> betreffen <strong>de</strong>n:<br />

temporo-parietalen Assoziationskortex (Gyrus angularis, hinterer Gyrus cinguli)<br />

später <strong>de</strong>n präfrontalen Assoziationskortex<br />

lange unbeeinträchtigt sind Gebiete <strong>de</strong>s Primärkortex (z.B. Area 17), Basalganglien, Cerebellum<br />

und Thalamus<br />

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Positronen-Emissions-Tomographie mit Pittsburgh Compound B (PIB)<br />

PIB-PET-Aufnahmen von Hirnschnitten verschie<strong>de</strong>ner neuro<strong>de</strong>generativer Erkrankungen: Rote und gelbe Areale weisen<br />

auf hohe Konzentrationen von ß-Amyloid hin<br />

• radioaktiver Pittsburgh Compound B ( 11 C-PIB)-Marker ermöglicht die Sichtbarmachung von<br />

Beta-Amyloid-Ablagerungen -> Korrelation <strong>de</strong>s PET-Signals mit <strong>de</strong>n kognitiven Fähigkeiten<br />

• SPECT-Untersuchung mit radioaktivem 123I-Ioflupan (FP-CIT) weist dagegen einen<br />

Dopamintransporter-Mangel nach, wie er bei Lewy-Körper-<strong>Demenz</strong> auftritt<br />

• Ausblick: Protein TDP-43 in pathologischen Einschlüssen <strong>de</strong>r frontotemporalen <strong>Demenz</strong><br />

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Risikofaktoren und Prävention<br />

• Risikofaktoren:<br />

Alter und genetische Prädisposition<br />

vorangegangenes Schä<strong>de</strong>l-Hirn-Trauma<br />

ischämische o<strong>de</strong>r hämorrhagische Schlaganfälle (Multiinfarkt<strong>de</strong>menz)<br />

asymptomatische ischämische Hirnläsionen<br />

Erkrankungen <strong>de</strong>s kardiovaskulären Systems, wie Bluthochdruck, Diabetes,<br />

Herzinsuffizienz/Herzinfarkt (Hypoperfusions<strong>de</strong>menz), Hyperhomocysteinämie und<br />

Hypercholesterinämie sowie obstruktive Schlafapnoe<br />

• Prävention:<br />

aktiver Lebensstil mit ausreichen<strong>de</strong>r Bewegung, sportlicher und sozialer Betätigung<br />

ausgewogene Ernährung (mediterrane Diät) mit Vermeidung von Übergewicht<br />

Nikotinverzicht<br />

• weiterhin stellt die Therapie behan<strong>de</strong>lbarer vaskulärer Risikofaktoren (Hypertonie, diabetische<br />

Stoffwechsellage, Hypercholesterinämie, Vorhofflimmern) eine präventive Maßnahme<br />

zur Verringerung einer neuronalen Desintegration dar<br />

• Gingko biloba und Hormontherapien wer<strong>de</strong>n nicht zur Prävention empfohlen<br />

• <strong>de</strong>r Einfluss eines hohen Ausbildungsniveaus und die lebenslange Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit geistig anspruchsvollen Tätigkeiten („Gehirnjogging“, Gedächtnissport) korreliert mit <strong>de</strong>m<br />

klinischen Erscheinungsbild stärker als mit <strong>de</strong>m neuropathologischen Befund<br />

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Medikamentöse Therapie <strong>de</strong>r Alzheimer-<strong>Demenz</strong> mit zwei Wirkstoffgruppen<br />

Acetylcholinesterase-Hemmer<br />

• Wirkung: reversible Hemmung <strong>de</strong>r Acetylcholinesterase mit vermin<strong>de</strong>rtem Abbau von Ach<br />

es resultieren klinische Effekte, wie Verbesserung <strong>de</strong>r kognitiven Leistungen und<br />

vermin<strong>de</strong>rte Verhaltensauffälligkeiten<br />

• Anwendung: bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

häufigste Fehler für unzureichen<strong>de</strong> Wirkung: zu niedrige Dosis o<strong>de</strong>r Therapiepausen<br />

kein Wirksamkeitsunterschied zwischen <strong>de</strong>n Cholinesterasehemmern<br />

• cholinerge Nebenwirkungen: Übelkeit und Diarrhoe (> 10%), Erbrechen (1 – 10%), Magen-Darm-<br />

Ulzera (0,1 – 1%), gastrointestinale Blutungen (0,1 – 1%), aber auch Erregung, Halluzinationen,<br />

Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Bradykardie, Bronchokonstriktion<br />

<strong>de</strong>shalb langsame Aufdosierung beachten<br />

Wirkstoffgruppe Acetylcholinesterasehemmer<br />

Substanzen Donezepil Galantamin Rivastigmin<br />

Han<strong>de</strong>lsname Aricept® Reminyl® Exelon®<br />

Halbwertszeit 70-80 h 5-7 h 2 h<br />

tägliche Maximal-Dosis 10 mg 24 mg 12 mg (Kapsel), 9,5 mg (TTS)<br />

Ausscheidung Leber 50% Leber, 50% Niere Niere<br />

Cytochrom P 450 ja ja nein<br />

Indikation leichte bis mittelschwere Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

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Cholinesterase-Inhibitoren und NMDA-Rezeptor-Antagonisten dienen symptomatischer Therapie<br />

NMDA-Rezeptor-Antagonisten<br />

• Wirkung: nicht-kompetitiver Antagonist am NMDA-Rezeptor<br />

Hemmung <strong>de</strong>r bei neuro<strong>de</strong>generativer <strong>Demenz</strong> pathologisch erhöhten<br />

Glutamatkonzentration<br />

• Anwendung: bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

bisher keine Zulassung für Kombination von Cholinesterasehemmern und Memantin<br />

• Nebenwirkungen: Halluzinationen, Verwirrtheit, Schwin<strong>de</strong>l, Müdigkeit, Obstipation, Hypertonie,<br />

selten Krampfanfälle<br />

• Dosierung: initial 5 mg/d, wöchentliche Steigerung um 5 mg bis auf Erhaltungsdosis von 20 mg/d<br />

Wirkstoffgruppe NMDA-Rezeptor-Antagonisten<br />

Substanz Memantin<br />

Han<strong>de</strong>lsname Axura®, Exiba®<br />

Halbwertszeit 60-80 h<br />

Ausscheidung Niere<br />

Cytochrom P450 nein<br />

Indikation mittelschwere bis schwere Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

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Weitere medikamentöse Therapieempfehlungen <strong>de</strong>r Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

• bei therapiebedürftiger Depression selektive<br />

Serotonin-Reuptake-Hemmer (SSRI)<br />

tri- o<strong>de</strong>r tetracyclische Anti<strong>de</strong>pressiva sollten wegen<br />

anticholinerger Nebenwirkungen nicht angewen<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n<br />

• bei therapiebedürftiger Agitiertheit, Aggressivität und<br />

psychotischen Syndromen ist niedrigdosiert<br />

Risperidon für geriatrisch <strong>de</strong>mente Patienten zugelassen<br />

Blätter <strong>de</strong>s Gingko biloba haben hohen Wirkstoffgehalt<br />

(http://daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.<strong>de</strong>/umat/ginkgo/<br />

ginkgo_biloba.jpg)<br />

• Vitamin E als Antioxidantium ist bei Alzheimer-Erkrankung leicht neuroprotektiv<br />

adjuvante Gabe zu Acetylcholinesterase-Hemmern ist möglich, wird aber wegen<br />

Nebenwirkungsrate nicht empfohlen<br />

• eine Vielzahl weiterer Medikamente zur Abwendung <strong>de</strong>s Verlustes geistiger Fähigkeiten im Alter,<br />

wie Geriatrika und Nootropika halten <strong>de</strong>r kritischen Empirie von klinischen Studien nicht stand<br />

so konnte für das Mutterkornalkaloid-Derivat Dihydroergotoxin, o<strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Calcium-<br />

Kanalblocker Nimodipin sowie <strong>de</strong>n Extrakten aus Gingko biloba kein signifikanter<br />

Unterschied im Vergleich zur Placeboeinnahme festgestellt wer<strong>de</strong>n<br />

zur Wirkung von Ibuprofen und an<strong>de</strong>ren nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) laufen<br />

<strong>de</strong>rzeit noch epi<strong>de</strong>miologische Studien und Interventionsstudien<br />

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Nicht-medikamentöse Interventionen und Therapieverfahren <strong>de</strong>r Alzheimer-<strong>Demenz</strong><br />

• diese Therapieformen sollen in Kombination mit medikamentöser Therapie angeboten wer<strong>de</strong>n<br />

• kognitive Trainingsprogramme bei leichter und mittelschwerer <strong>Demenz</strong> können sich auf<br />

Gedächtnis, Orientierung, Sprache und Alltagskompetenz positiv auswirken<br />

• Einsatz von Mnemotechniken: Assoziationsketten, Keyword-Metho<strong>de</strong>, Zahl-Symbol-System,<br />

Loci-Metho<strong>de</strong>, Gedächtnispalast, therapeutische Einbeziehung mnemotechnischer<br />

Mentalfaktoren<br />

• psychomotorische Übungen (Ergometrie) unterstützen <strong>de</strong>n Trainingseffekt<br />

• nicht kognitive Verfahren, wie milieutherapeutische Maßnahmen, Biographiearbeit, Tanz-/<br />

Musik-Therapie, Kunsttherapie, Aromatherapie, Lichttherapie, Snoezelen, tierunterstützte<br />

Therapie wirken positiv auf die Befindlichkeit, die Stimmung und das Verhalten und können<br />

auch bei schwerer <strong>Demenz</strong> zum Einsatz kommen<br />

• Selbsthilfegruppen mit kontinuierlichem Informationsaustausch und Trainingsprogramme für<br />

Angehörige können die häusliche Betreuung unterstützen<br />

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ß-Sekretase-Inhibitoren verhin<strong>de</strong>rn Spaltung <strong>de</strong>s APP zum ß-Amyloid-Peptid<br />

In <strong>de</strong>n unbehan<strong>de</strong>lten Zellen links fin<strong>de</strong>t sich viel grün fluoreszieren<strong>de</strong>s ß-Amyloid,<br />

während nach Zugabe <strong>de</strong>r ß-Sekretase-Inhibitoren auf <strong>de</strong>r rechten Seite nur noch die<br />

Zellkerne rot leuchten und kein ß-Amyloid entstan<strong>de</strong>n ist<br />

(http://www.mpg.<strong>de</strong>/bil<strong>de</strong>rBerichteDokumente/multimedial/mpForschung/2008/heft02/002/in<strong>de</strong>x.html)<br />

• Wirkmechanismus <strong>de</strong>r Inhibitoren<br />

besteht in <strong>de</strong>r Blocka<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

ß-Sekretase (= BACE I): CTS-21166<br />

• ohne Enzymhemmung bewerkstelligt<br />

die ß-Sekretase die erste essentielle<br />

Spaltung <strong>de</strong>s Amyloid-Vorläuferproteins<br />

(APP) zur Erzeugung <strong>de</strong>s ß-Amyloids (Aß)<br />

• Haupthin<strong>de</strong>rnis zur Anwendung: Passage<br />

<strong>de</strong>r Blut-Hirn-Schranke<br />

Zur endozytotischen Aufnahme ins Zellinnere wer<strong>de</strong>n die ß-Sekretase-<br />

Hemmer über Ankerproteine an Lipid rafts gekoppelt – sogenannte<br />

Cholesterin-reiche Mikrodomänen, die an <strong>de</strong>r Oberfläche <strong>de</strong>r<br />

Lipiddoppelschicht <strong>de</strong>r Biomembran wie Flöße entlang gleiten<br />

(http://pics.livejournal.com/sciuro/pic/0000krgt)<br />

http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Datei:APP-Schema.jpg<br />

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Aktive und passive Immunisierung gegen Beta-Amyloid<br />

Spektrum <strong>de</strong>r Wissenschaft,<br />

Heft September 2006,<br />

Artikel: Medikamente gegen<br />

<strong>de</strong>n Hirnzerfall, Abb. Seite 33<br />

• aktive Immunisierung: Injektion von Aß o<strong>de</strong>r Abschnitten von Aß als Antigene mit Aufbau einer<br />

Immunreaktion und Bildung von Antikörpern, welche hirneigene Immunzellen – die Mikrogliazellen –<br />

zur Attackierung <strong>de</strong>r ß-Amyloid-Aggregate bewegen<br />

im Tierversuch Verbesserung <strong>de</strong>r Lernleistung und <strong>de</strong>s Gedächtnisses<br />

bei Anwendung in <strong>de</strong>r klinischen Prüfungsphase II erkrankten jedoch einige Patienten an<br />

einer aseptischen Meningoenzephalitis, so dass <strong>de</strong>r Versuch 2002 abgebrochen wur<strong>de</strong><br />

• passive Immunisierung: Verabreichung von humanen monoklonalen Antikörpern o<strong>de</strong>r Nanokörperchen<br />

Vorteil: keine unerwünschten Immunreaktionen, Nachteil: Wie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>r Immunisierung<br />

05.09.2010 Alexan<strong>de</strong>r Jörk - Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

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