Alder - Swiss Embroidery
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Akademie ziehen werde. Aber schade war es dodl, hat doch<br />
meine Frau immer behauptet, an mir sei ehl Schulmeister ver<br />
loren gegangen.<br />
Es schlug die Stunde des Absdlieds. Noch einmal schweifte<br />
mein Blick über die schöne Gegend, und mein Adieu galt ins<br />
besondere den herrlichen Dents du Midi, deren Anblick mich<br />
bei Sonnenuntergang so oft entzückt hatte. Nm eine Reue<br />
emfand ich beim Abschiede: Auf einmal wurde mir bewußt.<br />
daß ich eigentlich von der Gegend fast nichts gesehen hatte,<br />
gebannt durch das Bestreben, jeden Moment auszunützen und<br />
möglichst wenig Extrakosten zu verursachen. Glücklicherweise<br />
durfte ich das Versäumte in späteren Zeiten nachholen.<br />
In Lausanne hatte ich das GlUck, in eine ganz distinguierte<br />
Familie aufgenommen zu werden, die auf Montagibert, hoch<br />
tiber Lausanne, ein kleines Häuschen mit wundervoller Aus<br />
sicht bewohnte. Der Hausherr war der damalige waadtlän<br />
dische Kal1tonsgerichtspräsident, eine ganz feine Natur, und<br />
auch die Frau wal' mir sehr sympathisch, nicht weniger eine<br />
Tochter gesetzten Alters, die früher Erzieherin in Rußland<br />
gewesen war, eine jener gebildeten Damen, wie sie der fran<br />
zösischen Schweiz eigen und im Auslande so geschätzt sind.<br />
Sie war es denn auch, die mir wöchentlich zwei Sprachstunden<br />
gab.<br />
3B<br />
An der Akademie belegte ich als Fächel' Geschichte, Litcl'a<br />
turgeschichte und das mir liebste Fach, die Physik, letzteres<br />
unter dem allbeliebten und hervorragenden Professor D u fo u 1'.<br />
- Sowohl dieses als auch die Literaturgeschichte al'beitete<br />
ich für mich an Hand meiner Notizen aus, und diese At'heiten<br />
prüfte und korrigierte dann "Mademoiselle". womit sie je<br />
weils eine lehrreiche Konversation übel' dieselben einflocht,<br />
denn sie beherrschte auch diese Gebiete. Wie sehr in diesen<br />
schon so gebildeten Menschen das Bestreben zu stetiger Er<br />
weiterung des Wissens herrschte, beweist der Umstand, daß<br />
es sich der Herr Kantonsgerichtspräsident des Kantons Waadt<br />
nicht nehmen ließ, mich zu den zahlreichen Abendvorlesuogen<br />
zu begleiten, so daß auch bei Tisdl stets gediegener Konver<br />
sütionsstoff geboten wal".<br />
Nicht gering war mein Erstaunen, als ich zum erstenmal<br />
auf die Akademie kam und hören mUßte, wie man im Stun<br />
denwechsel fast nur "Schwizerdtitsch" sprechen hörte. Ich fand<br />
dies unverantwortlich, besonders von dcn vielen Lehramts<br />
kandidaten, von denen ich teilweise wUßte, wie schwer es<br />
den Eltern wurde, detl Söhnen eine Welschlandzeit zu ge<br />
währen. Wir waren ein Fähnlein von nur drei Aufrechten,<br />
die standhaft jedes deutsche Gespräch ablehnten: ein Schwei<br />
zcr aus Catania. ein Appenzeller aus Stein, später Professor<br />
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