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21 besondere orte<br />
Das Kreuz auf dem Berg<br />
„Auf dem Berg“ nennen die Menschen<br />
in Eilendorf den Standort des<br />
alten Wegekreuzes auf der Anhöhe<br />
an der Von-Coels-Strasse. In früheren<br />
Zeiten befand es sich unmittelbar<br />
vor der Hauswand der damaligen<br />
Schankwirtschaft „Kind“. Eigentümer<br />
der Gaststätte und Stifter des<br />
Kreuzes war Leonhard-Josef Kind.<br />
Später ist dieses Kreuz dann weiter zur<br />
Straße versetzt worden. nach dem zweiten<br />
Weltkrieg wurde es erneuert, da das<br />
holz stark angefault war. alfons Johnen,<br />
ein anwohner und gelernter zimmermann,<br />
stiftete das jahrhundertealte holz und fertigte<br />
daraus das heutige Kreuz. Fromme<br />
und wohlwollende Bürger Eilendorfs hegen<br />
und pflegen das Kreuz bis auf den<br />
heutigen Tag. nochmals im Jahre 1980<br />
erfolgte eine umfassende Restaurierung<br />
durch die nachkommen des obengenannten<br />
Leonhard-Josef Kind, Ururgroßvater<br />
des Besitzers der gaststätte Kind.<br />
Seit 1829 steht hier nun dieses alte Wegekreuz.<br />
Eine mächtige, ausladende Kastanie<br />
beschützt es. Wie ein großer Mantel breitet<br />
sich das Blätterdach von Frühling bis<br />
in den herbst hinein darüber aus. Romantisch<br />
rankt Efeu am gewaltigen Stamm des<br />
Baumes empor, bildet auch zu Füßen des<br />
Kreuzes einen dichten Teppich. ganz besonders<br />
zur Frühlingszeit schmücken die<br />
blühenden Dolden der Kastanie wie ein<br />
Baldachin das Kreuz. Der hintergrund zu<br />
dieser Szenerie lässt alte, wunderschön<br />
hergerichtete, denkmalgeschützte häuschen<br />
erblicken. Besonders das alte haus<br />
der ehemaligen „Schankwirtschaft Kind“<br />
ist liebevoll instand gesetzt. Es beherbergt<br />
heute ein nobles Restaurant. Blumenschmuck<br />
an den kleinen Fenstern und<br />
Türen vermittelt den Eindruck einer Idylle.<br />
Manchmal, wenn mich der Weg hier entlang<br />
führt, fällt der Blick auf das stille<br />
Kreuz. Der Kontrast zwischen dem alten,<br />
anrührenden Kreuz und dem brausenden,<br />
hektischen Motorenlärm, der diese verkehrsreiche<br />
Straße erfüllt, könnte kaum<br />
größer sein. Unzählige Menschen hasten<br />
täglich vorüber. Ob sie wohl jemals das<br />
Kreuz sehen? Vielleicht. Es scheint, als ob<br />
Jesus gelassen von dort oben herab blickt<br />
auf das seltsame Treiben der geschöpfe<br />
gottes. Fragt er sich manchmal, was das<br />
wohl alles soll: diese hektik, diese hast,<br />
dieser Lärm? Ruhelos sind die Menschen.<br />
Viele Leben hat das Kreuz schon überdauert,<br />
doch so hektisch und laut wie heute<br />
war es noch zu keiner zeit. aber als die<br />
Kriege kamen, war das schrecklicher als<br />
hast, Lärm und Stress, und was es sonst<br />
noch so gibt. Ja, es könnte viel erzählen,<br />
das stille Kreuz.<br />
generationen sah es kommen und gehen.<br />
In guten zeiten gingen oft verliebte Menschen<br />
arm in arm an ihm vorüber oder es<br />
wurde jemand zu grabe getragen. Freud<br />
und Leid, glück und Elend, begleiteten die<br />
Menschen zu jeder zeit. all‘ dies sah auch<br />
das Kreuz „auf dem Berg“.<br />
Was mag die Vorfahren wohl bewogen haben,<br />
das Kreuz zu errichten? Die Menschen<br />
in früheren zeiten bauten mehr auf gott<br />
als die heutigen. Vielleicht wurde es zum<br />
Dank errichtet, zum Dank für ein überwundenes<br />
Unglück? Vielleicht, um Unglück von<br />
diesem Ort abzuwenden? Unglück abzuwenden<br />
von dem Ort, wo zwei Wege sich<br />
kreuzten. Oder um zu erinnern an die Sterbestunde<br />
Jesu, wer weiß? zeitlos steht es<br />
dort, im Wandel des geschehens.<br />
Kreuze waren und sind Symbole. Symbole<br />
von gestern, für heute, vielleicht auch noch<br />
für morgen. Stumm, jedoch nicht sprachlos<br />
gehen sie ein in unsere<br />
geschichte.<br />
Karin Peters<br />
Fotos: Heinrich Kluck