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Aachener - Senio Magazin

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25 titelthemA<br />

Atomgefahr ganz nah?<br />

Wer erinnert sich nicht an die Fernsehbilder<br />

aus Japan vor zwei Jahren?<br />

Apokalyptische Abläufe stießen das<br />

technikgläubige Land an den Rand<br />

des Unterganges. Erst ein Seebeben<br />

und dann ein Tsunami brachten als<br />

sicher und unzerstörbar angesehene<br />

Atomreaktoren zum Einsturz und<br />

Versagen aller Systeme bis hin zum<br />

schlimmsten aller denkbaren Unfälle:<br />

der Kernschmelze.<br />

Ein fataler Moment für die anhänger von<br />

Wissenschaft und Technik, die geglaubt<br />

hatten, alles im griff zu haben. Viele<br />

von Ihnen begannen zu zweifeln. Manche<br />

dachten um. Spektakulärstes Beispiel<br />

ist Bundeskanzlerin Merkel: noch<br />

kurz vorher hatte sie die Laufzeiten der<br />

atomkraftwerke in Deutschland verlängert.<br />

Unter dem Eindruck der Ereignisse<br />

in Fukushima gab die promovierte Physikerin<br />

zu, die Probleme und gefahren<br />

falsch eingeschätzt zu haben. Sie ruderte<br />

total zurück. Ihrem ansehen hat das<br />

letztlich nicht geschadet. Der ökonomische<br />

Preis hierfür ist jedoch enorm, die<br />

Stromverbraucher spüren es. Tatsache ist<br />

aber auch, dass nur, weil zur zeit überall<br />

daran erinnert wird, „Fukushima“ den<br />

Menschen wieder bewusst wird. Für die<br />

meisten war es schon aus dem gedächtnis<br />

verschwunden. Dabei befürchten viele,<br />

dass „Fukushima“ irgendwann auch<br />

„Tihange“ heißen könnte.<br />

Südwestlich von Lüttich, ca. 60 km Luftlinie<br />

von aachen, steht in huy die aus<br />

3 atomreaktoren aus den Jahren 1975,<br />

1982 und 1985 bestehende anlage Tihange.<br />

In Doel, nahe von antwerpen, stehen<br />

4 weitere Reaktoren aus den Jahren 1974,<br />

1975, 1982 und 1985. Diese beiden Standorte<br />

produzieren für den Betreiber „Electrabel“<br />

ca. 50 % des belgischen Strombedarfs.<br />

Electrabel betreibt ebenfalls einige<br />

konventionelle Kraftwerke in Belgien und<br />

beherrscht somit den Markt.<br />

Im Jahr 2003 beschloss die dortige Regierung,<br />

die Laufzeiten von atomkraftwerken<br />

auf 40 Jahre zu begrenzen, und<br />

schloss den neubau von weiteren anlagen<br />

aus. Demzufolge hätte Reaktor 1 in<br />

Tihange 2015 abgeschaltet werden müssen.<br />

Im gesetz gab es aber auch eine hintertür:<br />

Im Falle der gefährdung der Versorgungssicherheit<br />

sei eine Verlängerung<br />

der Laufzeit möglich. Im Juni 2012 wurde<br />

mit diesem argument die Laufzeit bis<br />

2023 bzw. 2025 verlängert.<br />

Jörg<br />

Schellenberg<br />

(Foto: privat)<br />

Widerstand<br />

und kritik<br />

Die meisten Menschen nehmen solche<br />

Beschlüsse einfach hin, weil sie weder<br />

Detailkenntnisse haben, noch abschätzen<br />

können, was es bedeutet. Doch gerade<br />

im Bereich der atomkraft gibt es<br />

eine lange und nachhaltige internationale<br />

Tradition von Widerstand und Kritik,<br />

in aachen z.B. das „aktionsbündnis gegen<br />

atomenergie aachen“. Bunt zusammengewürfelt<br />

aus gruppen, Einzelpersonen,<br />

linken Parteien, aber auch „nabu<br />

aachen“ oder „Solarenergie Förderverein<br />

Deutschland e.V.“. Einer der Sprecher des<br />

Bündnisses ist Jörg Schellenberg. Schon<br />

in der Jugend gegen atom eingestellt,<br />

kam für ihn „die Initialzündung durch Fukushima“.<br />

Was die heutigen atomkraftgegner<br />

vielleicht von den Protestlern von<br />

früher unterscheidet, ist, dass sie bestens<br />

informiert sind und mit Detailkenntnissen<br />

bis ins Letzte ihre argumente vertreten.<br />

Den Beschluss der belgischen Regierung<br />

zur Laufzeitverlängerung sehen die<br />

atomkraftgegner sehr kritisch. „Warum<br />

hat man 2003, als die 40 Jahre Laufzeit<br />

beschlossen wurden, nicht sofort ein<br />

Bild: wikipedia.org<br />

Das Atomkraftwerk Tihange 2009 in Betrieb<br />

Konzept für die Energiewende entwickelt<br />

und auf den Weg gebracht?“, fragt<br />

Schellenberg. Die Frage der Versorgungssicherheit<br />

sehen sie ebenfalls anders:<br />

„Trotz der wegen Schäden und Reparaturen<br />

abgeschalteten Reaktoren Doel 3<br />

und Tihange 1 tritt kein Versorgungsproblem<br />

auf. Das sind ganz klar Überkapazitäten,<br />

die man nicht braucht.“<br />

Kritischen Bürgern in Belgien, den niederlanden<br />

und Deutschland macht jedoch<br />

viel mehr der technische und sicherheitstechnische<br />

zustand der beiden<br />

anlagen Sorgen. So haben die zwei baugleichen<br />

Reaktoren Doel 3 und Tihange 2<br />

tausende Risse. Sie wurden nach Entdeckung<br />

vorläufig stillgelegt und die belgische<br />

atomaufsicht „FanC“ beauftragte<br />

eine international zusammengesetzte Expertenkommission,<br />

nach den Ursachen<br />

zu forschen und die Sicherheitslage zu<br />

überprüfen. Die Ergebnisse sollten zunächst<br />

im Januar dieses Jahres vorliegen<br />

und Electrabel wollte mit den Blöcken<br />

wieder ans netz. Doch erst Mitte<br />

Februar lag das gutachten der FanC vor,<br />

die es umgehend auf Ihrer Internetseite,<br />

wie viele andere Dokumente zuvor, der<br />

Öffentlichkeit präsentierte. Wirklich anfangen<br />

können jedoch nur Fachleute etwas<br />

mit all den Informationen. Das „aktionsbündnis<br />

gegen atomenergie“ wird<br />

bei der Bewertung der Unterlagen von<br />

Dieter Mayer, langjähriger Leiter des Bereichs<br />

kerntechnischer Einrichtungen<br />

beim Bundesumweltministerium, unterstützt.<br />

Electrabel kann keine eigentlich<br />

zwingend vorgeschriebene herstellungsdokumentation<br />

vorlegen und nimmt bezüglich<br />

der Risse in den Druckbehältern<br />

„deshalb in Ermangelung einer anderen

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